Trainingslager-Fazit des 1. FC Union - Unerbittliches Fitnessprogramm, ein Gesprächs-Marathon - und offene Aufgaben

Do 21.07.22 | 08:26 Uhr | Von Till Oppermann
Union Berlin im Trainingslager in Österreich. / imago images/Nordphoto
Bild: imago images/Nordphoto

Union ist zurück in Berlin. Nach ereignisreichen Tagen in Österreich blickt ein zufriedener Urs Fischer auf harte Einheiten und zwei Tests zurück. Sein Kollege Oliver Ruhnert hat einen Auftrag: Er muss er dringend Spieler abgeben. Von Till Oppermann

Urs Fischer ist zufrieden. Kurz vor der Abreise aus dem Trainingslager in Österreich bilanzierte der Erfolgstrainer des 1. FC Union: "Die Mannschaft hat gut gearbeitet und Bereitschaft gezeigt." Das war nicht immer so in der laufenden Sommervorbereitung der Eisernen. So schimpfte Fischer etwa nach dem 2:1-Sieg im Vorbereitungsspiel gegen Bohemians Dublin, seine Mannschaft haben einen bescheidenen Auftritt gezeigt und klagte über fehlende Bewegung. Die folgende Abreise ins Trainingslager scheint für seine Spieler genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen zu sein.

Hartes Training am Großvenediger

Zehn Tage verbrachte der 1. FC Union in Neukirchen am Großvenediger. Das ist selbst für ein Sommertrainingslager eine lange Zeit. Insbesondere, wenn Tag für Tag eine Trainingseinheit mit Unions unerbittlichen Fitness-Coach Martin Krüger auf dem Programm steht, die Fischer mit Wohlwollen beobachtete.

"Alles hat ein Ende, nur das Trainingslager nicht", keuchte ein Profi am achten Tag. Damit sprach er so manchem Kollegen aus der Seele. Immerhin: Einem anderen Reiseteilnehmer kam der lange Aufenthalt entgegen. "Wir nutzen die Zeit für Gespräche mit allen Spielern", erklärte Sportdirektor Oliver Ruhnert. Bei einem Kader mit insgesamt 34 Spielern dauert das seine Zeit.

Ruhnert präsentiert Neuzugänge

Dafür ist nicht zuletzt Ruhnert selbst verantwortlich. Mit dem portugiesischen Abwehrrecken Diogo Leite und dem norwegischen Mittelfeldmotor Morten Thorsby präsentierte er im Camp seinen neunten und zehnten Sommerneuzugang. Beide Spieler sind international erfahren und freuen sich auf ihre Zeit bei Union.

Obwohl ein anderer Verein für Thorsby sechs Millionen Euro bot, überzeugte er seinen Ex-Verein Sampdoria Genua, ihn für 3,5 Millionen nach Berlin zu verkaufen. "Alle haben mir gesagt, dass die Bundesliga perfekt zu meinem Spielstil passt", schwärmte Thorsby. Er gilt als intensiv verteidigender Spieler, der im eigenen Ballbesitz gerne in den gegnerischen Strafraum stößt. In der letzten Saison gewann Thorsby mehr Kopfballduelle als 99 Prozent seiner Positionskollegen in den fünf europäischen Top-Ligen.

Das Training hier ist anders. Die Arbeit hier ist sehr taktisch.

Union-Neuzugang Jamie Leweling

Fischer feilt an der Taktik

Diese Attribute passen nicht nur zur Bundesliga, sondern ganz speziell zum Fischer-Fußball. Jamie Leweling, ein weiterer Sommerneuzugang, hat schon nach wenigen Wochen mit der Mannschaft verstanden, was Union auszeichnet: "Das Training hier ist anders. Die Arbeit hier ist sehr taktisch." Keine Bundesligamannschaft verschiebe so kompakt und diszipliniert wie Union, fügte der U-21-Nationalspieler an. Neben den harten Fitnesseinheiten legt das

Trainerteam im Trainingslager auch die taktischen Grundlagen für eine lange Saison in drei Wettbewerben. Unions Fußball sei für Leweling ein Grund gewesen, in Köpenick zu unterschreiben: "Alle sollen hier eins machen. Wenn einer draufgeht, sollen alle draufgehen, wenn keiner draufgeht, bleiben alle hinten."

Zu großer Kader

"Alle" ist das passende Stichwort für Urs Fischer. Denn wenn der Trainer in den Tagen in Österreich ein Problem hatte, dann war es zu überlegen, wie er die ganze Mannschaft sinnvoll ins Training integrieren kann. "Der Kader ist eindeutig zu groß", monierte der Schweizer vor der Abreise.

Das zeigte sich auch in den beiden Testspielen gegen Dynamo Budweis (1:0-Sieg) und Udinese Calcio (3:3-Unentschieden). Obwohl Fischer auf zwei komplett verschiedene Startaufstellungen setzte, kamen nur 26 der 34 Spieler überhaupt zum Einsatz. Zwar versuche er jedem Spieler eine Bedeutung und Wichtigkeit zu geben, aber: "Am Schluss definieren sich die Jungs auch über Spielminuten", so Fischer.

Aufgaben für Fischer und Ruhnert

In den verbleibenden Wochen bis zum 1. September, wenn das Transferfenster schließt, wird also besonders Oliver Ruhnert gefragt sein, für einige Spieler einen neuen Verein zu finden. Den Anfang machte er mit Keita Endo, der an Eintracht Braunschweig verliehen wurde.

Fischers Aufgabe wird es indes sein, herauszufinden, wer in der vierten Bundesligasaison den Kern seiner Mannschaft bilden soll. Im letzten halben Jahr verließen mit Marvin Friedrich, Andreas Luthe und Grischa Prömel einige Lautsprecher den Klub. Es wird interessant sein, welche Spieler bei der Generalprobe gegen Nottingham Forest auf dem Feld das Wort führen.

Ausblick auf den Saisonstart

Denn schon am 1. August geht es für Union in Chemnitz um den Einzug in die zweite Runde des DFB-Pokals. Fünf Tage später steigt zum Bundesliga-Auftakt das Stadtderby gegen Hertha BSC. Aber vorher bekommen die Profis nach den kräftezehrenden Einheiten im Trainingslager am Donnerstag einen freien Tag. Verdient, findet Urs Fischer: "Das, was wir auf dem Plan hatten, konnten wir zu 100 Prozent umsetzen."

Beitrag von Till Oppermann

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