Nach Herthas Pokal-Aus - "Große Kunst, sich nicht nur von dem Ergebnis blenden zu lassen"

Mo 01.08.22 | 15:23 Uhr
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Sandro Schwarz
Bild: IMAGO/Matthias Koch

In der Sommerpause herrschte Aufbruchsstimmung bei Hertha. Nach dem Erstrunden-Aus im DFB Pokal stehen Sandro Schwarz und sein Team vor dem Bundesligastart nun aber gleich unter Druck. Wie der Neu-Trainer den bitteren Auftakt einordnet.

Die guten Vorsätze zum Start in die neuen Spielzeit konnten sind am Sonntag beim Zweitligisten Eintracht Braunschweig vorerst an der Realität gescheitert: Der Fußball-Bundesligist verlor bei den Niedersachsen im Elfmeterschießen. Was heißt das für den anstehenden Start in die Bundesliga-Saison? Am Montag sprach Herthas Trainer Sandro Schwarz am Rande des Trainings mit den Reportern über ...

... seine Stimmung nach einer Nacht Schlaf.

Es ist die gleiche Gefühlslage. Dennoch sind wir am Morgen schon in der Analyse gewesen und haben der Mannschaft Bilder gezeigt. Wir haben in Braunschweig das komplette Programm mitgenommen, das man bei so einem Pokalspiel mitnehmen kann. Wir hatten viele, viele gute Sachen dabei - das, was unsere Spielweise auszeichnen sollte. Dann gab es aber auch Dinge, die wir nicht gut gemacht haben: Die Kontersicherung etwa, da haben wir zwei Gegentore bekommen. Das gilt es natürlich inhaltlich aufzuzeigen, im Training umzusetzen und im Spiel auf den Platz zu bekommen.

Man hat aber in diesem Spiel gesehen, dass wir viele kleine Schritte brauchen.

Sandro Schwarz

... die Schwankung in der Leistung während des Spiels.

Ich finde, dass das ein normaler Prozess ist. Das war in Braunschweig der Beweis dafür. Klar hätten wir gehofft, dass wir es so durchziehen, wie wir die ersten 50, 55 Minuten gespielt haben. Man hat aber in diesem Spiel gesehen, dass wir viele kleine Schritte brauchen. Wenn wir Dinge umsetzen, mit einer guten Intensität, einfach und zielstrebig Fußball spielen und unsere Geschwindigkeit nutzen, sind wir brandgefährlich. Wenn wir es aber kompliziert werden lassen und zudem nicht in der Kontersicherung sind, wird es schwierig. Wir haben uns natürlich gewünscht, dass wir das Spiel ergebnistechnisch mit nach Berlin nehmen. Auch weil wir eine fantastische Unterstützung hatten, das war großartig. Nun ist es aber nicht so. Das müssen wir aufarbeiten und trotzdem die Grundstimmung aufrecht halten. Das ist extrem wichtig. Und dann geht's Richtung Derby an der Alten Försterei.

... seine Worte zu Dodi Lukebakio nach seinem Lauf Richtung Eckfahne nach dem zwischenzeitlichen 4:3.

Es war nicht Spezifisches. Nur: arbeiten, arbeiten - und weiter dranbleiben.

... die verpasste Gewinnerrolle von Lukebakio durch die späte Negativ-Wende.

Absolut - und das ist halt ärgerlich. Wir hätten gerne so einen Startschuss gehabt. So ein 4:3 wäre echt geil gewesen. Das muss man ganz klar sagen. So zurückzukommen, so ein leidenschaftliches Spiel zu sehen auf beiden Seiten gegen einen schwierigen Gegner. Jetzt haben wir ein umgekehrtes Erlebnis.

... über die Bedeutung der Niederlage im Entwicklungsprozess.

Es ist die große Kunst, sich jetzt nicht nur von dem Ergebnis blenden zu lassen. Das gehört natürlich zur Gefühlslage kurz nach dem Spiel dazu. Aber danach gilt es analytisch zu betrachten, was das Spiel hergibt. Dazu zählt auch, wie wir in der Verlängerung zurückgekommen sind. Das waren auch sehr, sehr gute Verhaltensweisen meiner Mannschaft, nach dem 2:3 so zurückzukommen und zurückzuschlagen. Hintenraus musst du dich dann natürlich clever anstellen - bei der eigenen Eckball-Situation, in der wir dann nochmal in den Konter laufen. Das hat gepasst zu dem wilden Spiel.

... die etwaige Aufbau-Arbeit für 'Pechvogel' Marc Oliver Kempf, der mehrfach nicht glücklich aussah und den entscheidenden Elfmeter vergab.

Nein, es gab keine besonderen Maßnahmen, um ihn nochmal aufzurichten. Es war analytisch. Kempfe ist ist jetzt auch nicht so, dass er hier nur mit gesenktem Kopf durch die Gegend gelaufen ist. Er war wir wir als Mannschaft sauer und frustriert über die Art und Weise, wie wir das Spiel am Ende nochmal hergeschenkt haben.

Wie die Fans uns angepeitscht haben, wie nach dem Spiel mit den Jungs gesprochen haben - genau das braucht man dann auch in so einer Entwicklung.

Sandro Schwarz

... die Auswirkungen auf den Bundesliga-Start beim 1. FC Union.

Die Bundesliga ist ein anderer Wettbewerb. Wir haben das Pokalspiel nun abgearbeitet. Morgen (Dienstag, Anm. d. Red.) ist ein freier Tag und dann geht es ab Mittwoch in einer kurzen Woche in Richtung Union-Spiel. Da wollen wir wieder mit einer Vorfreude rein. Mit dem Glauben - wirklich: dem Glauben -, dass wir auch gut sind, wenn wir spielen, wie wir das wollen und das auch durchziehen. Dieses Selbstverständnis und Selbstvertrauen wollen wir auch ausstrahlen. Mit dem Verein, den Leuten, den Zuschauern, das war wirklich sensationell in Braunschweig. Wie sie uns angepeitscht haben, wie sie nach dem Spiel mit den Jungs gesprochen haben - genau das braucht man dann auch in so einer Entwicklung.

... die Fan-Stimmen, die sagen 'Jetzt geht das schon wieder los'.

Das ist eine menschliche Reaktion. Dennoch darf man nie vergessen - und das habe ich auch meiner Mannschaft gesagt -, dass das in dieser Gemeinschaft das erste Spiel war. Wir wollen nichts bewerten und auch nichts vergleichen mit dem, was vor unserer Zeit war. Wir hatten für uns als Gruppe im ersten Spiel ein Extrem-Erlebnis. Das gehört aber auch zu einer Entwicklung dazu. Jetzt geht es darum, inhaltlich und emotional richtig damit umzugehen. Das liegt an uns. Insgesamt habe ich das Gefühl, dass sehr, sehr viele Menschen - am Samstag (beim Fanfest, Anm. d. Red.) und in Braunschweig nach und während des Spiels - wirklich anerkennen, was für ein Herz wir auf dem Platz gelassen und was für eine Reaktion wir gezeigt haben.

Sendung: rbb24, 01.08.2022, 22 Uhr

7 Kommentare

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  1. 7.

    Mein Gott, die Kommentare von den Jungs aus Oberschweineöde hier sind ja unterirdisch. Euch wurden wohl damals bei Bluten für Union ein paar Milliliter zuviel abgepumpt

  2. 6.

    Das Pokal-Aus ist doch ein cleverer Schachzug der Charlottenburger. Drei Derby-Pleiten in einer Saison sind damit nicht mehr möglich…

  3. 5.

    Naja, wie heißt es so schön, die Hoffnung stirbt zuletzt oder besser, träum weiter.

  4. 4.

    Mach dem Auftritt von Traktor Wuhlheide in Karl Marx Stadt heute mache ich mir für Samstag weniger Sorgen

  5. 3.

    Wichtiger wäre eine Schlappe gegen Union
    Dann wäre der Erwünschte Fehlstart perfekt

  6. 2.

    Nach 4 Niederlagen bis zum Abstiegsplatz. Ich drücke der Hertha fest die Daumen.

  7. 1.

    Noch 4 Niederlagen bis zur Rückkehr von pal dardai

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