Interview | Netzhoppers-Präsident und -Sportdirektor - "Man braucht schon eine halbe Million, um sinnvoll in der Bundesliga mitzuspielen"

Di 23.08.22 | 13:33 Uhr
Volleyballer Dirk Westphal freut sich am Spielfeldrand (Imago/Eibner)
Netzhoppers-Spieler Dirk Westphal | Bild: Imago/Eibner

Die Netzhoppers KW-Bestensee halten sich seit Jahren mit einem kleinen Etat in der Volleyball-Bundesliga. Doch während sich die Liga immer weiter professionalisiert, finden sich keine Aufsteiger mehr. Sind die Anforderungen zu hoch? Fragen an Netzhoppers-Sportdirektor Dirk Westphal und Präsident Edmund Ahlers.

Dirk Westphal.(Quelle:Marc Bernot)
Dirk Westphal | Bild: Marc Bernot

rbb|24: Dirk Westphal, während des Sommers haben Sie eine neue Aufgabe bei den Netzhoppers übernommen. Neuer Titel: Sportdirektor. Gleichzeitig sind sie weiter ein Teil der Mannschaft. Wie ist es zu dieser Doppelfunktion gekommen?

Westphal: Ehrlicherweise bin ich schon ein bisschen länger in dem Verantwortungsbereich mit drin. Eigentlich ändert sich nicht viel. Jetzt haben wir es etwas offizieller gemacht. Seit dem Weggang von Mirko Culic [Anm. d. Red.: Trainer von 2008 bis 2020] vor zwei Jahren helfe ich, die sportlichen Belange zu koordinieren und meine Erfahrungen einzubringen.

Dr. Edmund Ahlers.(Quelle:Marc Bernot)
Netzhoppers-Präsident Edmund Ahlers | Bild: Marc Bernot

Wie sieht diese Zusammenarbeit zwischen Ihnen als Geschäftsführer und Dirk Westphal als Sportdirektor aus?

Edmund Ahlers: Für mich ist es sehr wichtig, von Dirks Erfahrungen zu profitieren. Er hat eine Menge Verbindungen und viele Vereine gesehen. Das ist ein ganz wichtiger Input, um uns weiterzuentwickeln. Meine Hoffnung ist natürlich auch ein bisschen, dass Dirk, auch wenn er nicht mehr weiterspielt, da ist. Insofern ist das hoffentlich ein Übergang in ein zweites Berufsleben.

Ein Übergang, der dann 2040 mit Dirk Westphal als Präsident der Netzhoppers endet? Oder ist das schon zu weit gedacht?

Ahlers (lacht kurz): Das ist zu weit gedacht.

Westphal: Ich habe meiner Familie versprochen, dass es das Abschiedsjahr wird und ich danach meine Volleyballschuhe irgendwo in die Ecke schmeiße. Es bietet sich jetzt natürlich auch an, dass ich den Weg weitergehe, den ich eingeschlagen habe und auf dem ich mich immer wohler fühle.

Das sind die Netzhoppers KW-Bestensee

1991 gegründet, schaffte die Herrenmannschaft der Netzhoppers Königs-Wusterhausen Bestensee 2006 den Aufstieg in die Volleyball-Bundesliga. In der Saison 2013/14 musste der Verein aus wirtschaftlichen Gründen zwangsweise in die zweite Liga, schaffte jedoch den sofortigen Wiederaufstieg. Die größten Erfolge sind die Halbfinal-Teilnahme im Kampf um die deutsche Meisterschaft 2009 sowie der Einzug ins Pokalfinale 2021. Edmund Ahlers ist seit Oktober 2020 Präsident der Netzhoppers. Dirk Westphal spielt seit 2018 beim Verein.

In der neuen Saison werden nur neun statt zehn Mannschaften am Ligabetrieb teilnehmen. Frankfurt hat keine Lizenz bekommen. Die Nachwuchsvolleyballer vom VC Olympia Berlin spielen außer Konkurrenz. Warum entscheiden sich die Zweitligisten gegen einen Aufstieg?

Ahlers: Schlussendlich hängt immer viel an den Finanzen. Der Sprung von der 2. in die 1. Liga ist mit ziemlich viel Geld verbunden. Wir kennen das aus eigener Erfahrung. Bei uns ist es ein knapperes Budget als bei anderen Bundesligisten, aber der Sprung zwischen Zweitligisten und unserem Budget ist nochmal ganz erheblich. Da scheuen sich einfach viele vor. Und es gibt auch mehr organisatorischen Aufwand: die Vorbereitung von Hallen, Spielböden, Werbemöglichkeiten. Da ist die 2. Liga im Verhältnis zur Bundesliga ziemlich entspannt.

Westphal: Meistens ist der Leistungssprung auch enorm. Wenn sich Mannschaften wirklich entscheiden, in die 1. Liga zu kommen, müssen sie ihren kompletten Kader umstellen. Für mich macht es eigentlich nur Sinn, wenn mehrere Mannschaften zusammen aufsteigen. Meiner Ansicht nach ist die Liga für 12 Teams ausgeschrieben. Dann hat man auch einen konkurrenzfähigen Unterbau der Liga. Es wäre ein System, mit dem man nachhaltig und langfristig probieren könnte, mehr Teams in die Bundesliga zu bekommen.

Wie teuer ist es für einen Erstligisten die Klasse dauerhaft zu halten?

Ahlers: Wir haben eine ziemlich große Spanne in der Bundesliga. Wir sind am unteren Ende und haben so ein Budget von 700.000 bis 750.000 Euro. Aber die großen Vereine wie Berlin, die natürlich in den letzten zehn Jahren einen tollen Job gemacht haben, reden sicherlich vom Dreifachen oder mehr.

Westphal: Nach meinem Erkenntnisstand braucht man schon eine halbe Million, damit man sinnvoll in der Bundesliga mitspielen kann.

Sind die Anforderungen der Volleyball-Bundesliga zu hoch?

Ahlers: Teilweise ist das schon so. Es gibt einen Masterplan, der diese Auflagen definiert und aus meiner Sicht nicht grundsätzlich verkehrt ist. Für viele ist es aber schwer, den zu erfüllen. Wir haben bei uns immer das Thema Halle. Wir haben keine bundesligataugliche Halle, was den Eventcharakter angeht. Es sind zu wenige Plätze. Wenn ich auf die Zweitligisten schaue, spielen die auch total oft in solchen Schulsporthallen und haben keine schnelle Möglichkeit das zu ändern.

Für die Landkost-Arena Bestensee gibt es nur eine Ausnahmegenehmigung der Liga. Sie sind auf der Suche nach einem neuen Spielort. Wie ist dort der aktuelle Stand?

Ahlers: Es gibt gute Gespräche und auch ein Konzept. Aber es ist noch zu früh darüber zu reden. Ich gehe davon aus, dass es da im Laufe des Jahres Neuigkeiten gibt. Aber selbst wenn es dann Pläne gibt, reden wir danach über mehrere Jahre, bis das Ding gebaut ist.

Wie schwer oder leicht ist es denn, Volleyballer aus Deutschland oder dem Ausland für den Standort KW-Bestensee zu begeistern?

Westphal: Ich glaube, Berlin als Metropole hilft schon. Gerade wenn man Spieler aus Nordamerika verpflichtet. Da kann man die Leute schon locken und sagen, dass wir eigentlich vor der Haustür von Berlin sind. Wir merken auch, dass Spieler ihre Verträge verlängern, weil sie sich wohlfühlen, eher im Beschaulichen zu wohnen, aber trotzdem massig Freizeitangebote mit einer schnellen Zugverbindung zu haben.

Ahlers: Wir sind eher der Verein, der Spieler entwickelt. Und wenn sie dann richtig gut geworden sind, gehen sie zu anderen Vereinen. Nicht jeder kann von Anfang an bei den BR Volleys spielen.

Die Liga entwickelt sich momentan vor allem in der Außenpräsentation. Die Spiele werden auf Twitch gestreamt, vor dem Saisonauftakt ist ein Zuschauerevent mit allen Mannschaften geplant. Bemerken Sie ein größeres Interesse?

Ahlers: Durch dieses Format ist das Interesse schon größer geworden. Das ist von Sponsoren auch immer die erste Frage: Wie seid ihr denn in den Medien vertreten? Und das sind nicht mehr nur die klassischen Printmedien, sondern auch soziale Netzwerke. Da hat sich viel getan und ich verspreche mir da viel von.

Westphal: Gerade die Geschichten hinter den Spielern werden besser erzählt und wir werden als Athleten mehr wahrgenommen. Ob man das jetzt schon monetär auf den Verein übertragen kann, ist in der gesamtglobalen wirtschaftlichen Situation schwierig einzuschätzen. Aber gerade in der jüngeren Zielgruppe gewinnen wir.

Für Sie wird es die letzte Saison. Was nehmen Sie sich als persönliches und als Mannschaftsziel vor?

Westphal: Ganz ehrlich – obwohl es vielleicht nicht ganz so populär ist – persönlich will ich einfach nur eine schöne Saison haben und das schlechte Jahr vergessen machen, in dem ich viele Probleme mit meiner Schulter hatte. Einfach wieder viel Spaß und Freude am Volleyball haben und auf Abschiedstournee gehen.

Es spricht für sich, dass meine persönlichen Ziele nicht auch die Teamziele sind. Je weniger Teams in den unteren Tabellenrängen da sind, desto schwieriger wird es auch Spiele zu gewinnen. Das ist auch so eine Sache, die man rückblickend übers letzte Jahr sagen könnte: Wir haben nicht viel gewonnen, aber sind trotzdem wieder besser gewesen als die Jahre davor. Das waren gute Ergebnisse, aber es hat sich einfach schlechter angefühlt. Ich möchte natürlich, dass es so hoch wie möglich geht. Wir probieren da einfach unseren besten Volleyball zu spielen und schauen, was die Tabelle am Ende ausspuckt.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Lynn Kraemer, rbb sport.

Sendung: rbb24, 22.08.2022, 21:45 Uhr

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