Investor will verkaufen - So könnte es mit Windhorsts Hertha-Anteilen weitergehen
Die Zusammenarbeit von Lars Windhorst und Hertha BSC steht vor dem Aus. Der Investor will seine Anteile verkaufen und das Kapitel abschließen. Doch ganz so leicht wird er es dabei nicht haben. So könnte es mit seinen Hertha-Anteilen weitergehen. Von Lukas Witte
Nach den Vorwürfen gegen Lars Windhorst und der Eskalation des Streits mit dem Verein, will der Investor nun seine Anteile an der Profi-Abteilung von Hertha BSC verkaufen. Doch gibt es überhaupt Interessenten - und welches Mitspracherecht hat der Fußball-Bundesligist? Vier Optionen, wie es mit den Hertha-Anteilen weitergehen könnte:
1. Sehr unwahrscheinlich: Hertha kauft Anteile zurück
Der Investor hat Hertha BSC angeboten, die Anteile an der Profi-Abteilung in Höhe von 64,7 Prozent zurückzukaufen. Dazu ist er auch formell verpflichtet, denn der Verein hat ein Vorkaufsrecht. Dafür will Windhorst allerdings die 375 Millionen Euro wiederbekommen, die er selbst bezahlte. Dass Hertha diese finanziellen Mittel aufbringen könnte, gilt als ausgeschlossen.
2. Unwahrscheinlich: Hertha und Windhorst finden gemeinsam einen Käufer
Hertha zeigte sich in einer Stellungnahme gewillt, Windhorsts Tennor Gruppe auf der Suche nach einem geeigneten Käufer zu unterstützen und einen "geordneten Investorenprozess im besten Interesse von Hertha BSC und Tennors Investoren und Gläubigern" zu ermöglichen. Jemanden zu finden, der die hohe Summe bezahlen möchte, wird aber schwierig werden.
Denn Windhorst hatte den Wert der Anteile wohl schon bei seinem Kauf viel zu hoch eingeschätzt. "Da war sicherlich viel Fantasie in der Bewertung von 375 Millionen. (...) Hertha BSC wird keinen Käufer zu diesem Preis für diese Anteile finden", erklärt der Wirtschaftswissenschaftler Henning Zülch von der Handelshochschule Leipzig. Außerdem wird auch der sportliche Misserfolg in den vergangenen Jahren stark dazu beigetragen haben, dass der Marktwert des Bundesligisten eher gesunken als gestiegen ist.
Zusätzlich könnte Windhorst als abschreckendes Beispiel für mögliche andere Investoren wirken. Er brachte viel Geld in den Verein, hatte aber kaum Mitspracherecht. Vier der neun Plätze im Aufsichtsrat durfte er mit seinen eigenen Leuten besetzen, der hat allerdings nur eine kontrollierende Funktion und keine weitreichenden Mitbestimmungsmöglichkeiten. Außerdem steht ihm ein Platz im Beirat zu, der zwar einer ganzen Reihe von Geschäften, dem jährlichen Budget und Transaktionen von über 25 Millionen Euro zustimmen muss, in dem er aber auch keine Mehrheit hat. Es ist unwahrscheinlich, dass sich potenzielle Käufer auf dieses Geschäft einlassen.
3. Unwahrscheinlich: Windhorst findet allein einen Käufer
Schon vor der Eskalation des Streits und den Vorwürfen gegen Windhorst ging das Gerücht um, dass er seine Anteile am Bundesligisten loswerden wolle. Tennor-Sprecher Andreas Fritzenkötter widersprach dem allerdings am Donnerstag. "Es gab keinerlei Versuche, die Anteile schon vorher loszuwerden. Im Gegenteil, Windhorst hat zu Beginn der Ära Bernstein nochmal angeboten, 'nachzulegen', also Geld zu geben", sagte Fritzenkötter dem rbb. Gerüchte, die Anteile seien aktuell verpfändet, bezeichnete er als "Quatsch". Hertha habe das Rückkauf-Angebot, jetzt warte Tennor auf eine Reaktion.
Welche Möglichkeiten hat der Investor aber, wenn Hertha die Anteile nicht zurückkauft und er nicht gemeinsam mit dem Verein einen neuen Investor findet? Er könnte allein auf die Suche nach einem Käufer gehen, der bereit ist, eine hohe Summe für wenig Mitsprache zu investieren. "Wir wissen ja aus der Premier League, dass es in den USA oder auch in anderen Teilen der Welt Menschen, Investoren, Kapitalgesellschaften oder Fonds gibt, die daran Interesse haben, im europäischen Fußball einzusteigen", erklärt Finanzexperte und Sportökonom Henning Vöpel dem rbb.
Daraus könnte sich allerdings auch ein Problem für Hertha BSC ergeben. "Wenn man mit Lars Windhorst ein Agreement geschlossen hat und er die Anteile weiterverkauft, holt man sich irgendwann jemanden ins Boot, den man gar nicht kennt, den man gar nicht haben möchte. Das ist genau das Problem. Man kann für die Hertha nur hoffen, dass das geregelt ist", sagt Vöpel.
Tatsächlich traf der Bundesligist für diesen Fall wohl Vorkehrungen. Hertha hat - so erfuhr der rbb übereinstimmend von mehreren Quellen - offenbar ein Einspruchsrecht und könnte den Verkauf der Anteile an windige Geschäftspartner ablehnen, wenn das gut begründet ist.
4. Am wahrscheinlichsten: Hertha und Windhorst müssen es noch länger miteinander aushalten
Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass Windhorst wesentlich weniger als 375 Millionen für die Anteile akzeptieren würde. Dubiose Investoren, die möglicherweise bereit wären, die hohe Summe zu zahlen, wird Hertha durch das Einspruchsrecht möglicherweise ablehnen können. Was passiert also, wenn sich kein Käufer finden lässt?
"Dann passiert im besten und gleichzeitig im schlimmsten Fall nichts, außer dass Lars Windhorst die Anteile behält und irgendwie an den Verein gebunden bleibt", sagt Sportökonom Vöpel. Eine Lösung, mit der beide Parteien nicht wirklich zufrieden sein dürften. Hertha müsste weitere Unruhe im Verein aushalten, die sich auch auf den sportlichen Erfolg auswirken könnte. Am schlimmsten ist es dann aber wohl für Lars Windhorst gelaufen, findet Wirtschaftswissenschaftler Zülch: "Der größte Gelackmeierte ist Herr Windhorst. Der bekommt sein Geld nicht wieder, er kann nichts machen, dem sind die Hände gebunden."
Trotzdem wird dieses Szenario erst einmal am wahrscheinlichsten bleiben, solange Windhorst den Preis für die Anteile nicht erheblich senkt. Sollte er das aber doch tun, wäre es auch denkbar, dass Hertha zumindest einen Teil zurückkauft und für den Rest einen geeigneten Investoren findet, um die finanzielle Belastung zu verteilen.
Sendung: rbb24, 06.10.2022, 18 Uhr