Johannisthal gegen den Vatikan - "Es gilt als Länderspiel und wird von den Hymnen beider Staaten begleitet"

Di 28.02.23 | 12:43 Uhr
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Blick auf den Petersplatz (Quelle: IMAGO / imagebroker)
Bild: IMAGO / imagebroker

Aurelio Balbis ist Organisator von Fußball-Länderspielen des Vatikan. Nun fädelte er zwei Duelle gegen den KSV Johannisthal mit ein. Balbis erzählt im Interview, wie die Spiele zustandekamen - und was den Berliner Amateurklub in Rom erwartet.

rbb|24: Herr Balbis, Sie organisieren die internationalen Spiele der Fußballauswahlen des Vatikan. In Juni werden zwei Mannschaften aus Berlin - ein Männer- und ein Frauenteam des KSV Johannisthal - in Rom zu Gast sein. Wie kam es dazu?

Aurelio Balbis: Ich bekam eine Anfrage von Elmar Werner, dem Präsidenten des KSV Johannisthal, auf den Tisch. Wir haben Kontakt aufgenommen und ich informierte mich über die Geschichte dieses Vereins, der 1982 von dem evangelischen Pfarrer Elmar Werner und seinem katholischen Freund gegründet worden war. Die fand ich doch sehr spannend und ich habe dann beim Präsidenten des vatikanischen Fußballverbandes meine Fühler ausgestreckt.

Zur Person

Werden - wenn die Vatikan-Auswahl aufläuft - wie bei sonstigen Länderspielen auch Nationalhymnen gespielt?

Natürlich. Das sind Länderspiele mit Flaggen und Nationalhymne. Die des Vatikan heißt "Marche Pontificale" und stammt von Charles Gounod.

Hat der Vatikan auch eine eigene Fußballliga?

Ja, seit mindestens 50 Jahren wird im Vatikan eine Meisterschaft ausgespielt, dazu ein Pokal und ein Supercup, also Meister gegen Pokalsieger. In den 1980er Jahren gab es kurze Unterbrechungen, als mal eine Saison nicht gespielt wurde. Auch in der Corona-Pandemie fiel der Spielbetrieb zwei Jahre aus.

Wie groß ist die Liga?

Unterschiedlich. Sie besteht meistens aus etwa zehn Mannschaften, manchmal auch aus zwölf. Es kommt immer darauf an, wie viele Teams mit vatikanischen Angestellten sich anmelden. In diesem Jahr sind es acht. Abstiege gibt es nicht.

Wen vertreten die Teams?

Zum Beispiel die vatikanischen Museen, das vatikanische Radio, die Gendarmeria, die Schweizergarde, die Gärtnerei, die vatikanische Bibliothek oder das Kinderspital. Letztere sind Serienmeister und -pokalsieger. Vielleicht trainieren die mehr als die anderen. Gespielt wird eins plus sieben auf Kleinfeld, vor schätzungsweise drei bis 60 Zuschauern - meistens Ehefrauen, Kinder und Arbeitskollegen der Angestellten. Beim Supercup gucken auch mal rund 150 zu.

Gibt es auch eine Frauenliga?

Nein. Es gibt nur eine Auswahl, in der Vatikanangestellte oder Ehefrauen und Töchter von Vatikanmitarbeitern spielen. In der Regel so vier-, fünfmal im Jahr auf Einladung zu Benefizturnieren in Italien. Im letzten Jahr gab es auch eine Partie gegen eine Frauenmannschaft in einem Frauengefängnis. Ein Spiel der Frauen-Nationalmannschaft gegen ein ausländisches Team gab es bisher noch nicht. Das gegen die Berliner Auswahl im Juni ist das erste. Es gilt als Länderspiel und wird auch von den Hymnen beider Staaten begleitet. Es ist wohl auch ein Empfang in der Deutschen Botschaft am Heiligen Stuhl geplant.

Null komma null. Aber er wird von ihnen mitbekommen.

Aurelio Balbis über die Wahrscheinlichkeit, dass der Papst zuschaut.

Wo genau werden die beiden Spiele stattfinden?

Auf einem Spielfeld außerhalb der vatikanischen Mauern. Innerhalb des Vatikanstaates gibt es keinen Platz. Der Sportplatz Petriana, abgeleitet von St. Petro, liegt auf einem Hügel, von dem man einen herrlichen Blick auf die Kuppel des Petersdoms hat.

Wie groß sind die Chancen, dass sich Papst Franziskus, der bekanntermaßen ein großer Fußballfan ist, die Spiele anguckt?

Null komma null. Aber er wird von ihnen mitbekommen. Er kennt ja auch die Vatikan-Liga. Vor wenigen Wochen wurde sogar zum ersten Mal der ganze vatikanische Fußballverband vom ihm empfangen. Das geschah allerdings so plötzlich, dass ich nicht dabei sein konnte, weil ich gerade zu Hause in der Schweiz weilte.

Die "Berliner" Spiele

Das doppelte Duell des KSV Johannisthal gegen die vatikanischen Nationalmannschaften findet am 17. Juni 2023 statt. Die Johannisthaler werden vom 15. bis zum 18. Juni nach Rom reisen. Gespielt wird auf dem Sportplatz Petriana, abgeleitet von St. Petro, mit Blick auf die Kuppel des Petersdoms. Das Rückspiel ist für 2024 in Berlin geplant.

Das Herrenteam des KSV wird sich vorwiegend aus Spielern der Ü40-Mannschaft des Klubs zusammensetzen. Ergänzt wird die Auswahl vom Top-Stürmer der Ü50, Spielern aus dem All-Star-Team des Vereins - und dem ehemaligen Union-Torhüter Sven Beuckert.

Ein eigenes Frauenteam hat der KSV Johannisthal nicht. Hier wird der Klub deshalb mit dem FC Pichanga, einem Freizeitliga-Team von Tasmania, kooperieren. Man habe schon "einige Turniere und Spiele zusammen gemacht", sagt KSV-Gründungsmitglied Elmar Werner. Zudem nehmen Spielerinnen des Pichanga-'Ablegers' aus Leipzig und zwei Fußballerinnen teil, die aus Barcelona und Brüssel dazu stoßen.

Wie viele Fußball-Aktive gibt es nach Ihrer Schätzung insgesamt im Vatikan?

Wenn man davon ausgeht, dass jedes Ligateam rund zwanzig Mitglieder hat, würde man auf vielleicht 200 bis 250 kommen. Im Vatikan leben 200 bis 300 Menschen, mit allen Außenstellen rund um die Zentrale am Petersplatz gibt es annähernd 4.000 Angestellte. Ich finde, das ist dann doch eine ganze Menge fußballspielender Leute.

Ob davon auch einige zu den Rückspielen 2024 nach Berlin kommen werden?

Das weiß ich nicht, aber es wäre natürlich toll.

Sie haben kürzlich in Berlin das Spiel des 1. FC Union gegen Ajax Amsterdam besucht. Wie immer an der Alten Försterei riefen die Union-Fans dort bei der Nennung der Spielernamen den Zusatz "Fußballgott". Fanden Sie das seltsam?

Das kenne ich tatsächlich von woanders nicht, aber ich fand es schön. Ich war ja nicht das erste Mal in der Alten Försterei, sondern schon vor sieben, acht Jahren ein paar mal dort, als Union in der zweiten Liga spielte. Die Fans und die Geschichte des Vereins, vor allem dieses Underdog-Sein von Union gegenüber Hertha, hatten mich fasziniert.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Gunnar Leue.

11 Kommentare

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  1. 11.

    Viel Vergnügen den beiden Berliner Teams!

    Zum Stadionfoto: Gut, Hartplatz ist natürlich erst mal gewöhnungsbedürftig.
    Den Umlauf mit den Toiletten und Bierständen hat man jedoch tatsächlich recht gut vom Oly kopiert, auch der Blick vom Marathontor ins Stadioninnere hält einem Vergleich zum Original durchaus stand, da könnte Heimspielatmosphäre für die Johannisthaler aufkommen.
    An der eigensinnigen Ausarbeitung der Elfmeterpunkte und insbesondere des Anstoßpunkts kann man sehr gut die gestalterischen Freiheiten des Vatikan ablesen; da man dort weder bei der Uefa noch bei der Fifa Mitglied ist, hat man in solcherlei Dingen natürlich sehr viel mehr kreativen Spielraum.
    A propos Spielraum: Für Taktiknerds ein Genuss zu sehen, wie die Verteidigungslinie der rechten Mannschaft wie an einer Perlenschnur aufgereiht ist.
    Sehr gut gefällt mir im Übrigen, dass die Zuschauer auch direkt am Spielfeldrand mitfiebern dürfen, das stärkt das Wir-Gefühl bei den Teams und den Fans. :-)

  2. 10.

    Leute, das war nicht ernst gemeint. Da sind doch keine Tribünen. Vor allem ist der Platz ist Nord/Süd-Richtung gebaut - nischt mit Ostkurve.

  3. 9.

    Ich finde es echt witzig, wie Herthasympathisanten sich erst ewig als Hauptstadtclub gefeiert haben und sobald (verständlicherweise) mal ein witziger Spruch gegen sie gemacht wird, fangen sie an rumzuheulen und einem zu diktieren was Spaß oder Ironie ist, und was nicht... Sie sollten mal über sich selber lachen, das macht vieles leichter! Und damit meine ich nicht auslachen, wie es halb Deutschland tut!
    Junge, junge ey, wie derbe verbohrt kann man sein???

  4. 8.

    Na ja, angesichts des eher dümmlichen Spruches zu Hertha würde ich eher auf jemanden schließen, der Ironie nicht mal ansatzweise beabsichtigt hat. Aber das ist spekulativ, der erste Kommentar ist eher symptomatisch für das Niveau des Schreibers.

  5. 7.

    Alle "Ironieversteher" der bisherigen Kommentare haben ein J als Anfangsbuchstaben. Zufall?

    Noch nie gesehen, wenn das große Oval des Petersplatz mit hydraulischer Unterstützung gewendet wird und der gepflegte Rasenplatz an der Oberfläche erscheint?

  6. 6.

    Interessant, hab noch nie über den Vatikan und seine Fußballer nachgedacht. Danke rbb für diesen Einblick und bitte am Ball bleiben, wie die Länderspiele ausgehen.

  7. 5.

    Lieber Jürgen, liebe June!

    Das waren nichts weiter als amüsante Spaßbeiträge von Matze und dem Teufelsbraten. Humor eben. Kennen Sie sowas?


  8. 4.

    Erstens ist auf dem Foto kein Stadion abgebildet sondern der Petersplatz und zweitens ist der Spruch zu Hertha völlig unnötig an dieser Stelle.

  9. 3.

    Haha, leider stört das hohe Bauwerk in der Mitte bei langgezogenen Pässen in die Tiefe des Raumes. Als Ausgleich ist die Halbzeitverpflegung ganz ordentlich (Oblaten und Wein).

  10. 1.

    Stadion oben sieht gut aus, Abstiege gibt es nicht - Hertha kann umziehen.

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