Nach Kiel ist für die Füchse vor Skjern - Mehr Chancen nutzen, um die nächste Chance zu nutzen
Im Meisterrennen haben die Füchse beim THW Kiel einen Rückschlag erlitten. In Europa geht es nun gegen Skjern Håndbold um das Viertelfinale. Die Ausgangslage ist trotz kurzer Pause gut. Von Jakob Lobach
53 lautet die zum Wochenstart prägende Zahl bei den Handballern der Füchse Berlin. Um kurz vor 16 Uhr am Sonntagnachmittag begann sie zu ticken, die Zeit. 53 Stunden liegen zwischen den zwei Top-Spielen der Füchse beim THW Kiel und gegen Skjern Håndbold aus Dänemark. 53 Stunden, in denen die Füchse verarbeiten müssen, dass sie mit der 29:36-Niederlage gegen Kiel eine Großchance im Titelrennen ausgelassen haben – um es dann im Achtelfinale der European League besser zu machen.
Dabei ist es eine zweite Zahl, die die Berliner aus ihren Köpfen bekommen müssen: die 23. Mit exakt so vielen Paraden trieb Kiels Torwart Niklas Landin die Füchse am Sonntag im Spitzenspiel der Bundesliga zur Weißglut. Ein neuer Karriere-Bestwert für den dänischen Weltklasse-Torhüter, der den Füchsen so fast im Alleingang das Heft des Handelns im Meisterschaftsrennen aus der Hand riss.
Umso wichtiger aus Sicht der Berliner, dass sie am Dienstag (20:45 Uhr, Max-Schmeling-Halle) mit Vorteilen und Favoritenstatus in das Rückspiel gegen Skjern Håndbold gehen.
Am Tag zwischen den beiden wichtigen Partien aber, da hing schon noch die Niederlage gegen den THW Kiel in den Köpfen der Spieler, als diese am Montagvormittag zum Training in Hohenschönhausen eintrafen. Eine Mischung aus Regeneration und Vorbereitung stand auf dem Programm der Mannschaft um Kapitän Paul Drux. Als "sehr bescheiden" bezeichnete der die Stimmung nach der Niederlage gegen Kiel in einer Pause vom Krafttraining am Montag, "weil alle das Gefühl hatten, dass da mehr drin war."
Kiels Landin lässt Füchse verzweifeln
Als Tabellenführer und mit drei Punkten Vorsprung waren Drux und seine Füchse am Wochenende nach Kiel gereist. Mit im Gepäck: die Chance, ein Ausrufezeichen im so engen Titelkampf der Handball-Bundesliga zu setzen. Und an Chancen, sich diese Chance zunutze zu machen, mangelte es am Sonntag auch nicht. "Bis zum Wurf haben wir alles richtig gemacht. Wir haben uns mit Tempo viele komplett freie Würfe herausgespielt und diese Würfe auch nicht unvorbereitet genommen", blickte Trainer Jaron Siewert am Montag zurück. Nur verwandeln konnten die Füchse ihre Würfe eben deutlich zu selten.
Allen voran, weil eben Landin mit seinen 23 teils herausragenden Paraden mitunter selbst sträflichst freigelassene Füchse zur Verzweiflung trieb. "Niklas hat einige Bälle gehalten, die so nicht viele halten", war Drux sich auch am Montag noch bewusst. Dennoch gab Drux anschließend auch seinem Trainer Jaron Siewert recht, der kurz zuvor gesagt hatte: "Natürlich können wir sagen, dass wir an einem überragenden Niklas Landin gescheitert sind. Aber von den 23 Bällen waren 19 oder 20 ganz freie Chancen. Die zu verwerfen, tut weh."
Nicht immer das Beste gegen die Besten
Die zuvor sehr gute Ausgangslage der Füchse im Titelkampf ist nun nicht mehr ganz so gut. Dank eines Spiels mehr als Kiel sind sie zwar immer noch Tabellenführer, haben aber einen Minuspunkt mehr auf dem Konto als der Zweitplatzierte. Auch der Vorsprung auf den Tabellendritten Magdeburg ist weiter geschmolzen. "Es ist allen klar, dass das noch keine Vorentscheidung war", betonte Paul Drux am Montag dennoch – und auch zurecht.
Klar ist aber ebenfalls, dass die Füchse gegen die Besten unter ihren Konkurrenten noch nicht konstant auch ihre besten Leistungen zeigen. Drei Niederlagen gab es in den vier Spielen gegen Kiel und Magdeburg diese Saison. "Die letzten beiden Top-Spiele haben wir deutlich verloren, weil wir klar zu schlecht gewesen sind", kommentierte Jaron Siewert.
Gute Ausgangslage gegen Skjern
Deutlich fröhlicher stimmt den Trainer die Aussicht auf die zeitnahe Chance zur Wiedergutmachung. Genau die nämlich bietet das Achtelfinal-Rückspiel in der European League gegen die Dänen aus Skjern. Ein Sieg würde nicht nur das Viertelfinale sichern, sondern vermutlich auch die Niederlage gegen Kiel ein bisschen weiter im Hinterkopf verschwinden lassen.
Und die nur 53 Stunden zwischen den Spielen vom Sonntag und Dienstag? Die empfindet man bei den Füchsen gar eher als Vorteil statt als Nachteil. Klar, einen weiteren Tag Pause hätte sich auch Paul Drux für den eigenen Körper durchaus gewünscht, aber Trainer Siewert ist sich sicher: "Es ist noch besser, direkt wieder ins Spielen zu kommen – zu beweisen, dass wir besser spielen können."
Die Ausgangslage vor dem Spiel gegen Skjern ist dabei ausgezeichnet. Anders als im Bundesliga-Titelrennen, in dem die Füchse trotz starker Saison noch immer die Jäger und nicht die Gejagten sind, sind sie gegen die Dänen der Favorit. Hinzu kommt ein komfortabler Fünf-Tore-Vorsprung aus dem 28:23-Sieg im Hinspiel vergangene Woche. Dadurch würde den Füchsen selbst eine Niederlage mit bis zu vier Toren Differenz zum Weiterkommen reichen.
Sendung: radioBerlin 88.8, 28.03.2023, 12:30 Uhr