Interview | Walldorfer Bürgermeister vor DFB-Pokal - "Es sollte mehr Vereine wie Union geben"

Mi 09.08.23 | 18:23 Uhr | Von Shea Westhoff
Der FC Astoria Walldorf setzte sich im Finale des Landespokals gegen 1. CfR Pforzheim durch. (Foto: picture alliance / GES/Helge Prang)
Bild: picture alliance / GES/Helge Prang

Matthias Renschler ist Bürgermeister der Kleinstadt Walldorf, dem Pokalgegner von Fußball-Bundesligist Union Berlin am Sonntag. Er spricht im Interview über seinen Heimatort, den FC-Astoria und einen berühmten Sohn der Stadt.

rbb|24: Wie haben Sie den Moment der Auslosung erlebt, als klar wurde: Es geht für den FC-Astoria Walldorf gegen Union Berlin?

Matthias Renschler: Ich habe mich riesig gefreut. Ich bewundere die Leistung von Union Berlin der letzten Jahre, auch ohne den ganz großen Hype. Es sollte mehr Vereine wie Union geben.

Die Köpenicker sind für ihre intensiv geführten Spiele bekannt, der Gegner wird selten unterschätzt. Also ein denkbar hartes Los?

Gegen einen richtig Großen - und dazu zählt Union mittlerweile – zu spielen, das ist ein Erlebnis. Selbst wenn wir dann zehn Tore kassieren, aber einer von Walldorf ein Tor schießt, dann ist er der Held auf Lebenszeit.

Walldorf, das sind 16.000 Einwohner in einer Kleinstadt in der Rhein-Neckar-Region. Trotzdem ist der Ort in aller Munde: die Hotelkette Waldorf-Astoria, eine Zigarettenfirma, der Waldorfsalat. Was machen die Walldorfer besser als andere?

Schwer zu sagen. Prägend war sicher Johann Jacob Astor, der reichste Mann seiner Zeit. Er wurde hier geboren, in ärmlichen Verhältnissen, ist dann über England in die USA emigriert. Er hat mit Pelzhandel, aber vor allem mit Immobilien das große Geld gemacht. Er hat Teile Manhattans aufgekauft und weiterverkauft. Astor hatte vor seinem Tod eine Spende an Walldorf verfügt, 50.000 Dollar – eine damals unvorstellbar hohe Summe. Das ging an die Astor-Stiftung, deren Vorsitzender der Bürgermeister immer Kraft Amtes ist. Wir betreiben damit ein Pflegezentrum.

Ein weiterer Walldorfer Export-Schlager ist nun der Fußballklub. Was zeichnet die Mannschaft aus?

Es ist großer Enthusiasmus zu spüren, eine Leidenschaft. Klubpräsident Willi Kempf fördert den Walldorfer Fußball ja schon seit Jahrzehnten. Auch durch seine enge Freundschaft zu Dietmar Hopp, ist die Entwicklung des Klubs in der Form möglich geworden: durch die SAP, die hier ansässig ist, und durch das persönliche Engagement von Herrn Hopp.

Wenn unsere Astoria gewinnt, bin ich stolz. Wenn sie verliert, dann hat man immer noch gegen einen richtig Großen hier in Walldorf spielen dürfen.

Das Stadion heißt entsprechend Dietmar-Hopp-Sportpark. Wird der Namensgeber beim Spiel gegen Union Berlin anwesend sein?

Das weiß ich nicht. Und das würde ich im Vorfeld auch nicht erfahren.

Das von Dietmar Hopp gegründete Unternehmen SAP hat in Walldorf seinen Hauptsitz. Wie prägt das die Stadt?

Die Gewerbesteuer-Einnahmen gehen zum bedeutenden Teil zurück auf die SAP. Dadurch hat man in dieser Stadt einiges umsetzen können. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SAP leben hier mit ihren Familien und prägen dadurch das Bild. Zum anderen haben wir einen hohen Zuzug erleben dürfen von vielen Nationalitäten sowohl durch SAP als auch durch Heidelberger Druckmaschinen AG und John Deere. Über 90 Nationalitäten sind es hier mittlerweile. Walldorf ist international und so soll es auch bleiben, trotz der dumpfen Töne, die wir natürlich auch bei uns verspüren im Moment.

In der Pokalsaison 2016/17 gelang dem Verein schon mal eine Sensation. Mit Siegen gegen VfL Bochum und SV Darmstadt drang man ins Achtelfinale vor. Haben Sie Hoffnung, dass den Kickern am Wochenende erneut die große Überraschung gelingt?

Hoffnung ist zu weit hergeholt. Der Wunsch ist da. Aber wenn es nicht gelingt, werden wir sicherlich trotzdem ein großartiges Spiel erleben. Wenn unsere Astoria gewinnt, bin ich stolz. Wenn sie verliert, dann hat man immer noch gegen einen richtig Großen hier in Walldorf spielen dürfen. Das ist auch schon viel wert.

Der FC-Astoria erhielt gemäß den Vereinsförderrichtlinien einen Zuschuss in Höhe von 4.500 Euro, der für "bedeutende Wettkämpfe" gewährt wird. Wissen Sie, wie der Betrag eingesetzt wurde?

Nein, das obliegt dem Verein. Es ist ein Pauschalbetrag, der beantragt werden kann, und dann vom Verein rund um das Spiel eingesetzt werden kann.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Shea Westhoff, rbb Sport.

Sendung: rbb24, 9.8.2023, 18.15 Uhr

Beitrag von Shea Westhoff

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