Fußball-Bundesligist Union Berlin - Endgültig in der Krise

Sa 28.10.23 | 20:20 Uhr
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Trimmel (l.), Khedira
Video: Sportschau | 28.10.2023 | Stephan Schiffner | Bild: IMAGO/Matthias Koch

Union Berlin rutscht immer tiefer in den Abstiegskampf. Die Niederlage gegen Bremen wiegt besonders schwer, weil zwei der zuverlässigsten Spieler Fehler machten. Trainer Urs Fischer steht unter Druck, die Offensive zu verbessern. Von Till Oppermann

Am Ende hatten sie sogar noch Glück, die Unioner. Als der völlig frustrierte Aissa Laidouni seinem Gegenspieler nach einem belanglosen Zweikampf an der eigenen Eckfahne ins Gesicht fasste, hätte er durchaus die rote Karte bekommen können. Schiedsrichter Tobias Stieler beließ es bei gelb. Es wäre der zweite Mittelfeldspieler, den Urs Fischer an diesem Nachmittag in Bremen für die kommenden Aufgaben verloren hätte.

Rani Khedira hatte nach einer Stunde die erste rote Karte seiner Bundesligakarriere gesehen, er war mit offener Sohle in den Bremer Romano Schmid gesprungen. Er habe der Mannschaft damit einen "Bärendienst erwiesen", entschuldigte sich Khedira und meinte damit die Vorentscheidung des Spiels gegen Werder.

In Unterzahl gelang Union noch weniger als vorher. Das Ergebnis war die zehnte Pflichtspielniederlage in Serie. Wie so oft in den letzten Wochen war sie sportlich verdient. Die Eisernen befinden sich endgültig in der schwersten Krise seit mindestens sechs Jahren.

Keine Gewissheiten mehr

Zu Beginn der beispiellosen Niederlagenserie blieb die Stimmung bei Union trotz der schlechten Ergebnisse entspannt. Es gab gute Erklärungsansätze: etwa, dass es ganz normal sei, dass ein Verein nicht immer nur Erfolg habe. Dass viele der Neuzugänge erst spät in der Vorbereitung zur Mannschaft kamen. Und dass mit Rani Khedira und Robin Knoche die beiden wichtigsten Spieler der letzten Jahre verletzt fehlen würden. Spätestens, wenn sie wieder zur Mannschaft zurückkämen, würde alles wieder gut werden, so hofften viele. Gerade deshalb wog die Niederlage in Bremen besonders schwer.

Denn ausgerechnet die einst so zuverlässigen Knoche und Khedira sorgten am Samstag für die entscheidenden Fehler und stachen so aus einer schwachen Teamleistung noch heraus. Khediras rote Karte, Knoches Eigentor in der 38. Minute und sein Stellungsfehler in der 75. Minute, der Marvin Ducksch den Raum für den 2:0-Endstand eröffnete, gaben den Bremern so viel Sicherheit, dass ihr Sieg nie in Gefahr geriet. Knoches und Khediras Leistungen zeigten, dass es bei Union so gar keine Gewissheiten mehr gibt. Außer vielleicht, dass ein Gegentor reicht, um der Mannschaft das Genick zu brechen.

Schwieriger mentaler Spagat

Die Partie zeigte einmal mehr auf, wie schwer der mentale Spagat zwischen der Champions League und dem Abstiegskampf in der Bundesliga ist, in dem sich Union nach einem Viertel der Saison nun definitiv befindet. Nach der Niederlage am Dienstag gegen Napoli hatten sich Spieler und Trainer gegenseitig für eine couragierte Leistung gegen den italienischen Meister gelobt. Am Wochenende verlor man dann in der Bundesliga gegen Bremen. Das ist eine der Mannschaften, die Unions namhaft verstärkter Kader schlagen kann und muss.

Robin Knoche versprach zwar eine schonungslose Analyse der Fehler in Spiel, aber in Unions aktueller Situation muss es noch grundsätzlicher werden. Im Spagat zwischen dem Glanz der Champions League und der noch frischen Erinnerung an die Erfolge der letzten Jahre auf der einen Seite und der aktuellen Leistungen in der Liga auf der anderen, droht Union zu überdehnen. Das Spiel gegen Bremen war nach der Partie gegen Stuttgart in der Vorwoche die zweite Ligapartie in Serie, in der Union chancenlos war. "Wir haben einfach nicht das Niveau der letzten Jahre", sagte Knoche. Er hat Recht.

Wenn man sieht, was er für den Verein geleistet hat, ist er auf jeden Fall der Richtige.

Rani Khedira über Trainer Urs Fischer

Kein Spieler ist in Form

Dabei sollten namhafte Neuzugänge wie Brenden Aaronson, Kevin Volland, Robin Gosens und Leonardo Bonucci das Niveau merklich anheben. Bisher konnte keiner von ihnen wirklich überzeugen. Ein Bestandteil der aktuellen Krise ist, dass Oliver Ruhnert erstmals, seit er bei Union arbeitet, kein Volltreffer auf dem Transfermarkt gelang. Die Diskussion darüber, ob die neuen Stars für Unions Probleme verantwortlich sind, ist aber müßig. Denn auch die Stützen der Vorjahre spielen schwach. Khedira und Knoche patzten am Samstag, aber auch Frederik Rönnow fehlt jede Sicherheit. Der ehemalige Topscorer Sheraldo Becker findet weder seine Mitspieler, noch trifft er selbst das Tor.

Derzeit spielt kein Spieler im Kader an seiner Leistungsgrenze. Auch deshalb blockten Khedira und Knoche auch nach der zehnten Niederlage jede Kritik an Urs Fischer ab. "Wenn man sieht, was er für den Verein geleistet hat, ist er auf jeden Fall der Richtige", so Khedira. Fischer selbst ist sich da wohl nicht mehr ganz so sicher. Er versuche jedes Training sein Bestes zu geben, so der Schweizer, aber: "Sollte das nicht mehr ausreichend sein, dann muss man mit dieser Entscheidung entsprechend auch umgehen."

Union braucht Tore gegen die Krise

Nach der Niederlage gegen Werder will man ihm zurufen, dass er sich in den Trainingseinheiten auf seine Offensive konzentrieren sollte. Als Christopher Trimmel schon nach 50 Sekunden die Führung auf dem Fuß hatte, wirkte es, als habe Union sich hier wieder verbessert. In der Anfangsphase in Bremen kam die Mannschaft in mehrere gute Abschlusspositionen. Es gab zwei Wege nach vorne: entweder ein langer Ball auf Kevin Behrens, den der Stürmer verlängern sollte oder einen Steilpass auf Becker, der über den rechten Flügel sein Tempo ausspielen sollte.

Als die Bremer das in der fünfzehnten Minute verstanden hatten und ihre Abwehr darauf einstellten, wurde Union auf einen Schlag ungefährlich. Von außen gelang es Fischer danach nicht, seinem Team eine andere Idee mit auf den Weg zu geben. Sein großes Ziel des Sommers war es, Unions fußballerische Möglichkeiten im letzten Drittel durch mehr Kombinationsspiel zu verbessern. Daran ist Fischer bisher gescheitert. In den letzten sieben Ligaspielen danach gelangen nur drei Tore. Das ist nicht bundesligareif.

Sendung: rbb24 Inforadio, 28.10.2023, 18:15 Uhr

27 Kommentare

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  1. 27.

    Wer feiert die Hamas? Wenn schon sowas behauptet wird, dann bitte was konkretes und nicht solch blablabla.
    Und was für ne öffentliche Förderung? Genau son nachplappern von irgendeinem Geschwätz.

  2. 26.

    Wenn man kein fussballfan ist, sollte man Kommentare zum Fussball unterlassen. Der Kommentar des Journalisten war leider sehr negativ. Nichts was eine Mannschaft aufbauen könnte. Das wird man doch noch sagen dürfen! Union wird sich wieder aufrappeln und mit viel Glück hertha auch. Dann gibt es wieder ein Derby-;).
    Blau-weisse Grüße an union.

  3. 25.

    Und so ein Verein bekommt öffentliche Förderung? Ganz großes Vorbild. Zwei dutzend solide Profifußballer, die sich spielerisch offenbar nicht auf die Reihe bekommen und stattdessen foulen was das Zeug hält. Dazu einer, der die Hamas feiert. Danke, sowas braucht keine Gesellschaft. Im Profifußball läuft offenbar so einiges schief.

  4. 24.

    Es muss niemandem gefallen, wie Hertha in prekärer Lage seine Zahlungsfähigkeit sicherstellt, aber von Erschleichen einer Lizenz kann keine Rede sein. Und zum Thema "Millionen Schulden" muss ich mal nachfragen: Wer hat die denn nicht? Es macht sich immer gut erst einmal im eigenen Keller nachzuschauen. Ach, und dann noch zum Tabellenplatz: Nach 9 Spieltagen der letzten Saison stand Hertha mit seinem damals völlig disfunktionalen Kader mit 8 Punkten auf Platz 14. Hertha hat diesen Punkteschnitt bis zum Schluss in etwa gehalten und ist dann als Tabellenletzter abgestiegen. Hoffen wir also mal, dass Union sich noch steigern kann.

  5. 23.

    Die machen uns (Hertha) alles nach, peinlich.

  6. 22.

    Das einzige was von Union 2022/23 blieb ist der Name des Vereins.

  7. 21.

    Schaut euch mal die Tabelle Hinrunde 2014/15 an, Borussia Dortmund unter Jürgen Klopp auf dem Abstiegsplatz 17 und was haben die dann für eine fantastische Rückrunde gespielt. Leider ist klopp dann trotzdem gegangen.

  8. 20.

    Der Kommentator zeigt die üblichen hochgeschraubten Erwartungen und findet in einer Krise nur noch Negatives. Das Spiel hätte besser, aber auch schlechter sein können. Was Becker gemacht hat ist ein Symptom davon. Darf aber niemals passieren! Eine öffentliche Entschuldigung evtl. sogar vom ganzen Verein wäre angebracht!
    Auch die gegenseitigen Häme helfen Niemandem, auch wenn ich als alter rotblauweisser den dummen Hass mehr von den Blauen ertragen muss.
    Jeder für Sein Verein
    Eisernes HaHoHe

  9. 19.

    Hertha hatte zum gleichen Zeitpunkt mehr Punkte auf dem Konto als jetzt Union. Da sollten sämtliche Alarmglocken angehen.

  10. 18.
    Antwort auf [Marco] vom 28.10.2023 um 20:41

    Man kann es sich auch schönreden. Vielleicht einfach mal der Realität ins Auge sehen. Union spielt diese Saison nur um den Klassenerhalt. Fischer hat das erkannt. Du als Fan solltest das langsam auch, wenn du nicht in der zweiten Liga aufwachen willst.

  11. 17.

    Ein Spiel wie ein Unfall. Vor allem die 2. HZ war von Union nicht bundesligareif. Und die nächsten BL-Gegner sind Frankfurt, Leverkusen, Augsburg. In der derzeitigen Verfassung können sie vielleicht nur Darmstadt und Heidenheim schlagen. Na ja, nächstes Jahr dann wieder Berliner Derby in der 2. BL.

  12. 16.

    Mal schauen, wie der Verein reagiert. Ein Spieler wurde suspendiert, als er dem Trainer den Handschlag verweigert. Und nun wird ein Spieler aggressiv ggü. einem Kind. Muss man mal klar so sagen. Der Ballungen fiel nach hinten über.

  13. 15.

    Ja das Stimmt.
    Der war nur Dumm, das gehört sich nicht.
    Da liegen viele Nerven wohl Blank bei Union.
    Solche Balljungen sind oft auch Fans von Union Berlin.
    Sowas kann für ein solch einen Jungen eine große Enttäuschung sein.
    Herr Becker sollte sich dafür Persönlich bei ihm Entschuldigen.

  14. 14.

    Was sollte der Schubser von Becker? Einen Ballungen einfach mal so umzustoßen ist echt das Allerletzte.

  15. 13.

    An dem Trainer liegt es sicher nicht. Das passiert einfach mal, ging auch bei anderen renommierten Clubs so.
    Alles Gute und Kopf hoch.

  16. 12.

    CL war ein schöner Traum und hat ein Paar Einnahmen gebracht, aber BITTE, werdet jetzt wieder „UNSER UNION“

  17. 11.

    "Wenn man sieht, was er für den Verein geleistet hat, ist er auf jeden Fall der Richtige". Nein, Herr Khedira, so funktioniert das nicht. Die Abschlusstabelle der letzten Saison ist so alt wie die Börsenkurse von gestern. Das sieht Urs Fischer offensichtlich absolut realistisch. Sollte Union auf die direkten Abstiegsränge abrutschen, dürfte seine Zeit in Köpenick vorbei sein. Allerdings tummelt sich im Tabellenkeller in dieser Saison eine Menge Kanonenfutter: Mainz, Köln, Bochum und wahrscheinlich auch Darmstadt und Heidenheim werden es Union schwer machen abzusteigen. Und damit Fischer vielleicht den Job retten.

  18. 10.

    Superschlauer Kommentar. Union hat keine zweite Mannschaft. Insofern zieht ihr Witz nicht.

  19. 9.
    Antwort auf [Marco] vom 28.10.2023 um 20:41

    Ich denke viele Leute haben dieses Spiel gesehen.
    Vielleicht mal die Unionbrille absetzen, und die Realität erkennen.
    Viel wichtiger, es geht auch ohne Beleidigung eines Journalisten!

  20. 8.

    „ Ist Unruhe doch in der Mannschaft durch Einkäufe, die nicht passen?“
    Ich würde Ihrem Kommentar zustimmen. Müssen es immer internationale Millioneneinkäufe sein, die offensichtlich nicht passen. Union hat doch einen guten Nachwuchs …

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