Analyse des 1:1 gegen Augsburg - Union kann aufatmen

Sa 25.11.23 | 20:44 Uhr | Von Till Oppermann
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Union-Interimstrainer Marco Grote. (Bild: IMAGO / Beautiful Sports)
Audio: rbb24|Inforadio | 25.11.2023 | Guido Ringel | Bild: IMAGO / Beautiful Sports

Im ersten Spiel nach Urs Fischer wählte das neue Trainerteam einen veränderten Ansatz: mehr Offensive. Nach dem ersten Bundesliga-Punkt seit August kann der Verein nun optimistischer nach vorne schauen. Von Till Oppermann

Die Erlösung kam spät für den 1. FC Union Berlin, aber sie kam: Nach neun Spielen ohne einen Punkt und über 800 Minuten ohne eigenes Tor in der Bundesliga traf am Samstag Kevin Volland gegen Augsburg kurz vor Schluss zum 1:1-Ausgleich. Das Stadion bebte, Volland und seine Mitspieler rannten wie von Sinnen zur Eckfahne.

Nachdem die Berliner zuvor über 80 Minuten lang reihenweise an Augsburgs Torhüter Finn Dahmen gescheitert waren, bedeutete Vollands Tor mehr als nur den Ausgleich in einem Ligaspiel. "Es ist absolut wichtig, dass wir heute nicht wieder ohne Punkte nach Hause fahren", sagte der erleichterte Robin Gosens.

Fischer und Hoffman werden gewürdigt

Vor dem Spiel hatte sich bei den Fans des 1. FC Union noch alles um die Vergangenheit gedreht. Zum ersten Mal seit dem Ende der Ära von Urs Fischer und seinem Co-Trainer Markus Hoffmann waren sie in die Alte Försterei gekommen. Die Männer, die in ihren fünfeinhalb Jahren bei Union die erfolgreichste Zeit der Vereinsgeschichte geprägt hatten, wurden gebührend verabschiedet.

"Ihr habt Träume verwirklicht, die wir eigentlich nie hatten", stand zum Beispiel auf einem großen Banner vor der Waldseite. Der Aufstieg, Europa und schließlich die Champions League: Ohne Fischer und Hoffmann wäre dieser Weg nicht möglich gewesen. Weil aus dem Traum aber seit August ein Albtraum wurde, der sich in die Köpfe der Spieler eingebrannt hat, kam die Trennung wohl zum richtigen Zeitpunkt.

Grote und Eta lassen offensiver spielen

Das zeigte sich am Samstag schon früh im Spiel. Die Mannschaft, die ihre vorherigen Ligaspiele gegen Bremen, Frankfurt und insbesondere Leverkusen sang- und klanglos verloren hatte, kam in der ersten Halbzeit immer wieder zu Torchancen. Interimstrainer Marco Grote und seine Co-Trainerin Marie-Louise Eta hatten Union offensiver aufgestellt als gewohnt. Während Fischer immer wieder erfolglos versucht hatte, Rani Khedira mit Kral zu ersetzten, wählte das neue Trainerteam einen anderen Ansatz.

Anstelle des defensiven Mittelfeldspielers begann der offensivere Volland. Der kreative Aissa Laidouni stand dafür etwas tiefer, um sich früh in den Spielaufbau einzuschalten. Er und seine Mitspieler suchten immer wieder die Spielfortsetzung mit flachen Pässen durch die Mitte. "Viel mehr Respekt als den, den ich vor Urs Fischer habe, geht nicht", beteuerte Grote nach dem Spiel. Dass er den Fußball offensiver denkt als sein Vorgänger, wurde am Samstag trotzdem offensichtlich.

Wir haben heute einen sehr mutigen Auftritt hingelegt.

Kevin Volland, Torschütze für Union zum 1:1 gegen Augsburg

Volland in richtiger Rolle

Torschütze Volland ist in Unions Kader einer der größten Profiteure dieses anderen Mindsets. Für einen wie ihn, der weder sonderlich schnell noch sonderlich groß ist, fehlte in Urs Fischers Zweiersturm der Platz. Wenn sich der Trainer dann doch mal dazu entschieden hatte, mit drei Angreifern zu beginnen, musste Volland auf den Flügel ausweichen. Dabei kann er seine Stärken am besten in einer anderen Zone des Feldes ausspielen: den Halbräumen zwischen der gegnerischen Abwehr- und Mittelfeldlinie.

Genau dort postierten Grote und Eta den 31-Jährigen gegen Augsburg. Volland dankte es ihnen mit klugen Laufwegen, durch die er immer wieder anspielbar war. "Wir haben heute einen sehr mutigen Auftritt hingelegt", sagte er mit Blick auf 15 Torschüsse und 62 Prozent Ballbesitz nach dem Spiel zurecht. Union sei die klar bessere Mannschaft gewesen, da war sich Volland sicher.

Union kann nach vorne blicken

Dass es trotzdem nicht für den ersten Sieg seit dem zweiten Spieltag reichte, sei extrem bitter, so Volland, "aber in unserer Situation tut auch das Unentschieden gut."

Als Union erst auf der einen Seite mehrere klare Chancen auf das 1:0 liegen ließ, und dann auf der anderen Seite nach einem unglücklichen Elfmeter in Rückstand geriet, hätte jeder, der Unions letzte Wochen verfolgt hat, innerhalb von Sekunden das typische Drehbuch dieser Union-Saison aufsagen können. Spätestens nachdem Robin Knoche nach dem Seitenwechsel beim Elfmeter scheiterte, wäre die Mannschaft in den letzten Wochen zusammengebrochen.

Union kann nach vorne blicken

Aber nicht am Samstag, als Union immer weitermachte. "Energie, Wille und Leidenschaft", lobte Grote. Bis zum Ende suchten seine Spieler auch im Spielaufbau immer wieder nach einer fußballerischen Lösung auf engem Raum. Insbesondere die Rückkehr des Langzeitverletzten Andras Schäfer bietet in dieser Hinsicht weiteres Entwicklungspotenzial. Schäfer ist ein Spieler, der sich gerne tief den Ball abholt, kaum Fehlpässe spielt, immer sofort wieder anspielbar ist und Gegner überdribbeln kann.

Während der letzten Wochen wurde mit Blick in die Vergangenheit häufig gefragt, warum bei Union nichts mehr funktioniert. Nach dem Spiel gegen Augsburg kann der Verein endlich wieder nach vorne schauen.

Sendung: rbb24, 25.11.2023, 21:45 Uhr

Beitrag von Till Oppermann

13 Kommentare

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  1. 13.

    Aufatmen? Nach dem Gewinn eines Punktes nach dieser Durststrecke?

  2. 12.

    @RM
    Ich gebe Ihnen Recht. Kontinuierlich Siegen, dann kann man ruhig aufatmen.
    Gut, das ist der Tenor des Schriftstellers, den er auch nach jeden Spiel des BCC777 anschlägt.
    Ich drücke Union beide Daumen für den Klassenerhalt, wie auch dem BCC777.

  3. 11.

    Das ist ja sehr schön ihre Einstellung, aber letztlich zählen nur Punkte. Und da sehe ich in der Hinrunde noch 3 gegen Köln tut mir leid.

  4. 10.

    Aufatmen? Dafür ist ein 1:1 gegen Augsburg schon ein wenig "dünn".
    Immerhin wird man nun doch endlich bescheiden!
    Damit tut sich Berlin an sich ja seit Äonen schwer. Und ohne "Fremdeinwirkung" geschähe sowieso nicht viel.

  5. 9.

    Noch spricht Einiges dafür, dass es nächste Saison wieder ein Hauptstadtderby gibt.

  6. 8.

    Aufatmen? Dafür ist ein 1:1 gegen Augsburg schon ein wenig "dünn". Wenn man nicht absteigen will, sollten und müssen die Spiele gegen Mannschaften aus dem Tabellenmittelfeld gewonnen werden.
    Union hat Glück, dass das Niveau der Mannschaften im unteren Drittel dieses Jahr noch einmal gesunken ist, so dass man unglaublicherweise eine Chance auf den Klassenerhalt hat,

  7. 7.

    Nein, die Fans reden nichts schön, aber sie stehen hinter ihrem Verein und gehen mit ihm durch Dick UND Dünn! Trikots fordern, Spieler anschreien, Team auspfeifen und nur Meckern bringt nichts. Frei nach Klopp: Nicht die Angst vorm Verlieren, sondern die Freude am Gewinnen bringt den Sport voran.
    Ständig nur Meckern ergibt nur Magengeschwüre...
    Eisernes HaHoHe

  8. 6.

    Nicht jeder hält das Fußballstadion seines Vereins für sein Zuhause ;) auch wenn das der ein oder andere Fan(atiker) nur schwer nachvollziehen kann.

  9. 5.

    Erstmal einige Spiele hintereinander nicht verlieren.
    Dann kann man eventuell von aufatmen reden.
    Vorher ist alles Schönrederei.

  10. 4.

    Genau so sehe ich auch. Jetzt übernimmt Raul (Kicker und Bild berichten). Er kann von Madrid direkt nach Braga reisen. Sonst, gestern war die Mannschaft sehr verunsichert und in Spielaufbau durch Augsburgs Pressen ratlos. Wie soll das in München funktionieren???

  11. 3.

    „ "Es ist absolut wichtig, dass wir heute nicht wieder ohne Punkte nach Hause fahren", sagte der erleichterte Robin Gosens.“

    Es war ein Heimspiel, oder wo war Gosens?

  12. 2.

    Warten wir mal Braga ab und dann Bayern,
    Gladbach und Bochum. Und nicht jetzt
    Schon alles schön reden, denn darin sind wir
    Weltmeister.

  13. 1.

    Marie-Louise Eta prägt das Team von Union wie niemand anderes . Es wird Zeit, dass sie auch endlich den leidtragenden Nagelsmann vom A-Team der Männer ablösen wird.

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