Mehr Energiesicherheit - Leag holt für reaktivierte Kraftwerksblöcke Ex-Mitarbeiter aus Rente zurück

Di 06.12.22 | 17:07 Uhr
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Leag-Mitarbeiter Andreas Sparmann hält seinen Helm an einen Kessel und sein Ohr an den Helm. So hört er, ob die Anlage noch rund läuft (Foto: rbb/Erler)
Audio: Antenne Brandenburg | 06.12.2022 | Sascha Erler | Bild: rbb/Erler

Eigentlich sollte das Kraftwerk Jänschwalde schrittweise runtergefahren werden. Stattdessen läuft es gerade wieder auf Hochtouren, um für mehr Energiesicherheit zu sorgen. Betreiber Leag braucht plötzlich Personal - und hat ein paar Rentner angerufen. Von Sascha Erler

Zugegeben: Die erste Zeit als Rentner war für Andreas Sparmann nicht leicht, nach 39 Jahren im Kraftwerk Jänschwalde (Spree-Neiße). Nach rund zwei Jahren hatte er sich gerade daran gewöhnt, als im August der Anruf kam. "Ich habe es immer geahnt, dass die Anlage nochmal in Betrieb genommen wird", sagte der 68-Jährige am Dienstag dem rbb. Er ist einer von aktuell neun Rentnern, die der Energiekonzern Leag ins Kraftwerk zurückgeholt hat.

Denn das Kraftwerk läuft seit einiger Zeit statt mit weniger Blöcken wieder mit allen, der Konzern braucht plötzlich mehr statt weniger Personal - aber Kraftwerker kann man sich nicht backen. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte die Blöcke E und F aus der Sicherheitsbereitschaft geholt, damit während der aktuellen Krise weniger Gas zur Stromerzeugung genutzt wird. Block E war Anfang Oktober wieder an das Stromnetz angeschlossen worden, wenige Tage später ging auch Block F wieder in Betrieb.

"Mein Herzblut hängt hier dran"

Und so sitzt jetzt Andreas Sparmann zwar nicht wieder in seinem alten Büro, aber im Zimmer daneben. Die meiste Zeit ist er allerdings in der Anlage unterwegs - in seiner Anlage. Schließlich hat Sparmann die Rauchgasentschwefelung des Kraftwerkes geplant, gebaut und jahrelang verbessert. "Das ist mein Kind. Das Herzblut hängt hier dran."

Überlegen musste er deshalb nicht lange, als er gefragt wurde, ob er nochmal arbeiten könnte. Auch seine Frau war lange Zeit bei der Leag und genauso schnell wieder mit im Boot. Nur für seine Eltern hätte er gerne mehr Zeit, aber auch die haben Verständnis.

140 neue Mitarbeiter anlernen

Viel Geld bringt die Arbeit laut Andreas Sparmann nicht. Ihm gehe es um die Ehre, sagt er. "Die soziale Komponente des Einsatzes, die ist unbezahlbar." Außerdem mache es ihm Spaß, mit seinen alten Kollegen "zu kämpfen und zu lachen."

Die ins Unternehmen zurückgeholten Rentner haben vor allem die Aufgabe, die neuen Kollegen anzulernen. Der Personalbedarf ist laut Kraftwerkschef Andreas Thiem - anders als ursprünglich geplant - enorm. "Wir haben durch die Versorgungsreserve einen Mehrbedarf von ungefähr 140 Mann, die den Betrieb fahren." Sie würden alle ausgebildet werden, deshalb seien "solche Lehrmeister" wie Andreas Sparmann wichtig.

Zurück am Netz für einige Monate

Die Kraftwerksblöcke E und F waren im Zuge des Braunkohleausstiegs für den Fall von Notsituationen noch in der sogenannten Sicherheitsbereitschaft. Block F sollte eigentlich im Oktober endgültig stillgelegt werden, Block E ein Jahr später. Nun sind sie zunächst befristet bis zum 30. Juni 2023 am Markt zurück. Sie konnten wieder in Betrieb genommen werden, obwohl sie Umweltstandards nicht erfüllen. Das Brandenburger Landesamt für Umwelt hatte dafür eine Sondergenehmigung erteilt.

Andreas Sparmann ist gerade dabei, eine neue Kollegin einzuarbeiten, die später in der Anlage Betriebsingenieurin werden soll. Das wird vermutlich bis zum Frühjahr dauern. Und dann? "Vielleicht werde ich auch noch was ran hängen", so der 68-Jährige. Diese angehängte Zeit soll aber überschaubar bleiben, sagt er. "Dann ist auch mal Schluss."

Sendung: Antenne Brandenburg, 06.12.2022, 16:40 Uhr

14 Kommentare

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  1. 14.

    "Eigentlich sollte das Kraftwerk Jänschwalde schrittweise runtergefahren werden. Stattdessen läuft es gerade wieder auf Hochtouren, um für mehr Energiesicherheit zu sorgen. ". Heißt, die linksgrüne Energiewende vermindert die Energiesicherheit und sie ist mithin entsprechend der Feststellungen von Professor Sinn ("Energiewende ins Nichts")ein Flop. Dass jetzt Kohlekraftwerke wieder reaktiviert werden, erinnert mich an den Soldatenspruch "vorwärts Kameraden, wir müssen zurück!".

  2. 13.

    Der Wiedereintritt dieser Fachleute in den Beruf ist sehr zu würdigen.
    Mich selbst betrifft das im 53. Berufsjahr in einer anderen Branche, wo qualifizierter Nachwuchs fehlt.
    Der Bund "bedankt" sich für solche Bereitschaft - indem er den bereits versteuerten Lohn dann zusammen mit der Rente ein zweites Mal besteuert. Tausend Dank!

  3. 12.

    Es wäre auch eine Möglichkeit, junge Leute zu unterweisen und anzulernen. Allerdings müssten dazu die Transferleistungen an eine Beschäftigung geknüpft werden!

  4. 11.

    Toller Mensch. Ich finde solchen Einsatz für uns alle Bewundernswert. Meine Hochachtung.

  5. 10.

    Ganz so verzweifelt einen Fachfremden ins Kraftwerk zu holen ist die LEAG dann wohl hoffentlich nicht, aber Sie wissen das ja vielleicht besser als ich?

  6. 9.

    Sehr geehrter ,,Herr Adrian'', sicherlich wäre die LEAG dann auf SIE zugekommen um auf IHRE technischen Fähigkeiten und IHR handwerkliches Geschick zu bauen, da SIE ja hier ständig alles besser können und wissen, und sicherlich auch etwas vom Kuchen abhaben wollen!??

  7. 8.

    Was hätte die LEAG eigentlich getan wenn die Rentner keine Lust mehr gehabt hätten? Sicherheitsbereitschaft heißt doch auch, dass man das nötige Personal in "Sicherheitsbereitschaft" halten muss. Ziemlich skandalös, dass das offensichtlich nicht passiert ist. Aber Hauptsache das Geld für die Sicherheitsbereitschaft einkassieren.

  8. 7.

    Wir sind uns ja eventuell nicht in Allem eing, aber hier ganz bestimmt; das sehe ich namlich genauso. Chapeau.

  9. 6.

    Warum bringt das finanziell nicht viel?
    Minijob?
    Ein Arbeitsvertrag mit dem ehemaligen Gehalt sollte in solchem Fall doch mindestens sein. So 15.000,- netto für ein halbes Jahr, das wäre doch viel Geld. Für mich jedenfalls.

  10. 5.

    Herzblut, Können, Erfahrung und Spass an der Sache. Solche Leute sind einfach unbezahlbar. Da kann man nur den Hut ziehen.

  11. 4.

    Viel Geld bringt Arbeit nicht,es geht ihm um Ehre,mehr Zeit für seine Eltern hätte der68jährige gern(sicher hochbetagt die Eltern). Wohl dem,der heute noch für die Ehre arbeiten geht.

  12. 3.

    Gut das es solche Menschen gibt, die zur Sicherung der Energieversorgung ihre Freizeit an den Nagel hängen. Schade das die Kohlegegner von der Versorgung mit dem „dreckigem Strom“ nicht ausgeschlossen werden können.

  13. 2.

    Eine Bürgerinitiative gegen die Gründung eines solar- und Windparks in einem kohleabbaugebiet nach deren Ausbeutung, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen kranker geht nicht mehr

  14. 1.

    Finanziell nicht viel zu holen?

    Solche Leute sollten doppelten Tarieflohn bekommen, bei den Summen die sich die Energieversorger gerade einstecken.

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