Interview | Ingolf Zellmann, Leiter Leitstelle Lausitz - "Die Prognosen lassen vermuten, dass es schwerer wird als im letzten Jahr"

Do 09.12.21 | 08:54 Uhr
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Blick in die Leitstelle Lausitz (Bild: rbb/Krüger)
Blick in die Leitstelle Lausitz | Bild: rbb/Krüger

Die Corona-Situation an den Brandenburger Krankenhäusern spitzt sich weiter zu, immer mehr Patienten müssen verlegt werden. Der Chef der Notruf-Leitstelle Lausitz, Ingolf Zellmann, glaubt, dass das Schlimmste noch bevorsteht.

rbb|24: Herr Zellmann, aus dem Carl-Thiem-Klinikum Cottbus sollen drei Patienten verlegt werden, das gestaltet sich schwierig, warum?

Ingolf Zellmann: Das sind drei intensivpflichtige beatmete Patienten, die wirklich sehr schwer an Covid erkrankt sind. Der Transport gestaltet sich auf Grund der Witterung und der Entfernung schwer, denn die Patienten sollen nach Nordrhein-Westfalen verlegt werden. Wir bekommen in den nächsten Tagen schlechtes Wetter, so dass wir den eigentlich geplanten Transport mit dem Hubschrauber nicht machen können. Deshalb planen wir zur Zeit den Einsatz eines Flächenflugzeuges mit dem die Patienten nach NRW geflogen werden können.

Der Leiter der Leitstelle Lausitz, Ingolf Zellmann (Bild: rbb/Krüger)
Der Leiter der Leitstelle Lausitz, Ingolf Zellmann | Bild: rbb/Krüger

Das heißt, die Patienten kommen zunächst per Auto zum BER?

Genau, der Planungsstand im Moment ist, dass sie per Flugzeug oder per Auto zum Flughafen BER gebracht werden, dann wie gesagt in ein Flächenflugzeug verlegt werden um zu einem Zielflughafen nach Nordrhein-Westfalen gebracht zu werden, dessen genaues Ziel noch nicht feststeht.

Warum gerade die Verlegung nach Nordrhein-Westfalen?

Also wir verteilen schon viele Patienten, wir haben erst in der letzten Woche 13 Patienten nach Berlin gebracht. Und Berlin hat am Wochenende eine Evakuierung von Krankenhäusern und kann im Moment keine Patienten aufnehmen und andere Regionen in Brandenburg können auch keine Patienten mehr aufnehmen, so dass wir über das Kleeblatt diese Verlegung angemeldet haben und die Durchführung planen.

(Anm. d. Red. Das Kleeblatt-Prinzip beschreibt die regionale Aufteilung. Das System wurde vor dem Hintergrund der ersten Corona-Welle 2020 eingeführt. Die Idee: Um Überforderungen in einzelnen Krankenhäusern zu vermeiden, sollen innerhalb eines Kleeblatts, dem meist noch Nachbarbundesländer angehören, unkompliziert Patienten-Verlegungen möglich sein.)

Jetzt ist ein Massenanfall von Erkrankten ausgerufen worden, was bedeutet das?

Das ist die nächste Stufe, die wir zur Eskalation einleiten können. Wir können damit eine bessere Koordinierung im Rahmen der Integration von Stäben in die Arbeit einbeziehen. Und wir können Einheiten des Katastrophenschutzes zum Transport von Erkrankten einsetzen. Wir haben zum Beispiel Dialyse-Patienten, die mit Covid infiziert sind. Die müssen jetzt mit einem qualifizierten Krankentransport gefahren werden. Dafür setzen wir dann die sogenannten Transporteinheiten des Katastrophenschutzes dann ein.

Welchen Bereich als Leitstelle Lausitz koordinieren Sie?

Das ist Südbrandenburg für die Bearbeitung aller Notrufe, die uns über die 112 erreichen. Darüber hinaus koordinieren wir landesweit den Inter-Hospitalverkehr, also die Verlegung von Schwerstkranken oder schwer Verletzten zwischen Krankenhäusern, die mit Hubschraubern durchgeführt werden. Ebenso die Covid-Verlegungen und die Covid-Abstimmungen innerhalb des Landes zwischen den Krankenhäusern und den Rettungsdiensten. Und wenn wir Patienten innerhalb des Landes oder nach Berlin nicht unterkriegen, dann eben auch in die Bundesrepublik.

Das ist ein Solidarprinzip, da müssen auch alle Krankenhäuser mitmachen, das ist ganz wichtig, damit das überhaupt in der Bundesrepublik funktioniert. Das ist das Kleeblatt-Prinzip. Da gibt es fünf Regionen in Brandenburg, wir gehören zum Kleeblatt-Ost, dazu gehören Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg.

Wir sind in der vierten Welle, wie würden sie die Situation im Vergleich zu den vorangegangenen Wellen beurteilen?

Also wir sind quasi vor der Situation im letzten Jahr. Drei bis vier Wochen vorher. Den Schweregrad kann man jetzt noch nicht beurteilen. Im Moment ist es so wie im letzten Jahr, nur deutlich früher und die Prognosen lassen vermuten, dass es schwerer wird als im letzten Jahr.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte Josefine Jahn.

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2 Kommentare

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  1. 2.

    Wieviel Intensivbetten wurden denn in den 2 Jahren neu geschaffen oder wurde der Bedsrf wie gewohnt ihnoriert?

  2. 1.

    Entsetzlich... , sind dass die Ergebnisse "Woidschker ("Miss-"Erfolgs)Gipfel"? Das kommt dabei raus, wenn man ständig in den Medien liest: "wir wollen"; "bereits schon"; "nachschärfen"; "alles erdenkliche"; "der Bund ist nun gefordert" usw. Und für alle Sprachverschandler: "Missmanagement ist nicht die weibliche Form von Management ;-)

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