Warenhaus beantragt Staatshilfe - Jeder dritten Galeria-Filiale droht die Schließung

Mo 31.10.22 | 19:14 Uhr
  59
Archivbild: "Sale" steht in den Schaufenstern des Galeria Kaufhofes am Alexanderplatz. (Quelle: dpa/A. Riedl)
Video: rbb24 Abendschau | 01.11.2022 | N. Siegmund | Bild: dpa/A. Riedl

Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof steckt schon seit vielen Jahren in der Krise, jetzt muss erneut der Staat aushelfen. Die Konsequenzen werden inzwischen konkreter: Jeder dritten Filiale droht das Aus.

Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof ist in existenzieller Not und erneut auf staatliche Hilfe angewiesen. Die Warenhauskette sucht aufgrund stark einbrechender Einnahmen Rettung in einem Schutzschirmverfahren, wie ein Unternehmenssprecher am Montag in Essen mitteilte. Nach dpa-Informationen benötigt der Konzern mehr als 200 Millionen Euro.

Auf den Handelsriesen, der in Berlin und Brandenburg ein Dutzend Standorte betreibt, kommen damit weitere Filialschließungen zu. Galeria-Chef Miguel Müllenbach sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", das Filialnetz müsse im Zuge des Schutzschirmverfahrens "um mindestens ein Drittel reduziert werden". Betriebsbedingte Kündigungen seien unvermeidbar.

Galeria-Chef verweist auf Ukraine-Krieg und Inflation

Müllenbach hatte erst kürzlich in einem Mitarbeiterbrief gewarnt, das Unternehmen befinde sich "erneut in bedrohlicher Lage". Der Krieg in der Ukraine und die hohe Inflation hätten Galeria Karstadt Kaufhof bei seinen zunächst vielversprechenden Sanierungsbemühungen stark zurückgeworfen.

Der Konzern hat bundesweit 17.000 Mitarbeiter und betreibt noch 131 Warenhäuser in 97 deutschen Städten. In Berlin gibt es noch zwei Galeria-Kaufhof-Filialen (Ring-Center und Alexanderplatz) sowie sieben Galeria-Karstadt-Häuser (Hermannplatz, Tempelhofer Damm, Müllerstraße, Kurfürstendamm, Schloßstraße, Wilmersdorfer Straße, Carl-Schurz-Straße) und eine Galeria-Filiale in Tegel (Gorkistraße). In Brandenburg gibt es in Potsdam (Brandenburger Straße) und in Cottbus (August-Bebel-Straße) jeweils eine Galeria-Karstadt-Filiale.

Seit März 2019 traten Karstadt und Kaufhof unter dem gemeinsamen Namen Galeria Karstadt Kaufhof auf. Im Januar 2020 wurden die beiden Unternehmen zu einem Unternehmen verschmolzen.

Galeria musste bereits vom Staat gerettet werden

Es ist das zweite Mal innerhalb von weniger als zwei Jahren, dass der Warenhauskonzern den Weg zum Insolvenzgericht antreten muss. Denn bereits während des ersten Corona-Lockdowns im April 2020 hatte das Unternehmen Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Das Insolvenzverfahren dauerte damals bis Ende September.

Damit verbunden waren harte Einschnitte: Die Schließung von rund 40 Filialen, der Abbau von rund 4.000 Stellen und die Streichung von mehr zwei Milliarden Euro Schulden sollten dem Unternehmen einen Neustart ermöglichen. Doch die Hoffnung, dass der Konzern danach von vielen Altlasten befreit erfolgreich durchstarten könnte, erfüllte sich nicht. Im Gegenteil: Anfang 2021 und Anfang 2022 musste der geschrumpfte Handelsriese angesichts der Pandemie um staatliche Unterstützung bitten. Insgesamt griff der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Traditionsunternehmen in zwei Hilfsaktionen mit 680 Millionen Euro unter die Arme.

Kritiker halten das Geschäftsmodell von Galeria Kaufhof Karstadt für überholt, bemängeln eine mit den Hilfen verbundene Wettbewerbsverzerrung oder sehen den Galeria-Eigentümer, den österreichischen Immobilienmilliardär René Benko, in der Pflicht. Befürworter von Staatshilfen verwiesen auf die große Bedeutung der Warenhäuser für die Attraktivität vieler Innenstädte.

Sendung: Antenne Brandenburg, 31. Oktober 2022, 19:30 Uhr

59 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 59.

    "Von der Glühbirne bis zu Schreibwaren, von Geschirr bis zu Sportartikeln, von Heimwerkerbedarf bis zur Zooabteilung, von Schnürbändern für Schuhe bis hin zu Kleidung aller Art. Von Spielwaren bis Musik und Video. Dazu dann noch eine Lebensmittelabteilung mit vernünftigen Preisen..."
    Beispiel Steglitz - da bekommen Sie Glühbirnen, Schreibwaren, Geschirr, Sportartikel (bei Sportscheck im gleichen Haus, gehört ja beides zusammen), Heimwerkersachen in Maßen, Schnürsenkel sicher auch. Spielwaren ebenso, Kleidung auch brauchbar, jedenfalls für meinen Geschmack.
    In der Lebensmittelabteilung bin ich auch ganz gerne...

  2. 58.

    "...drei bis fünf Mal sieben bis elf Minuten an irgendwelchen Kassenbereichen warten muss?"
    Ist ja ein komisches Kaufhaus. Sie können doch an jeder Kasse im ganzen Haus alles bezahlen, was Sie haben wollen!?
    Und dann gibt es zusätzlich noch die Sammelkasse aus früheren Zeiten.
    In Steglitz bin ich jedenfalls gern; ein schönes Haus mit schönen Sachen. Nur meine Meinung natürlich, und ich kann auch damit leben, wenn vielen das nicht mehr so gefällt... :-)

  3. 57.

    Nun mal immer schön auf dem Teppich bleiben und nicht von Enteignung faseln.

    Benko bietet lediglich 15 % Eigenbeteiligung an der Rettung an. Der ist ein solcher Betrüger. Unser Staat soll dem nicht den A.... retten. Für uns und unsere Steuergelder ist es preiswerter, wenn wir Arbeitslosengeld zahlen als diesen Skrupellosen weiter zu finanzieren.

  4. 56.

    Benko ging es nie um dem Einzelhandel. Seiner Signa geht es ausschließlich um die Immobilien. Wie aus dem restlichen Umfeld der korrupten FPÖ geht es ausschließlich um Finanzbetrug und Steuervermeidung, wobei die üblichen Verdächtigen, Berger, PWC usw. mitgeholfen und -verdient haben.

    Benko ist umgehend zu enteignen und eine Auffanggesellschaft für die Beschäftigten zu gründen.

  5. 55.

    Aber in Tegel wurde gerade eine neue Filiale eröffnet. Das passt irgendwie nicht zusammen!

  6. 54.

    Tja, der Onlinehandel ist halt doch für die bequemen Menschen ansprechender. Kein Gedrängel, alles wird nach Hause gebracht und die APPs zum WIndow shopping werden immer mehr zu Shoppingberatern, die man im stationären Handel meist vergeblich sucht.

  7. 53.

    Wenn sich dieser verstaubte Laden nicht selbst retten kann - bleibt nur Abwickeln übrig. Basta.

    Wer bitte benötigt Galeria Kaufhof - ich glaube ich war das letzte mal vor 45 Jahren in so einem Laden. Das was man Verkäufer:innen nannte waren eher alte graue Reichsbeamte - da will ich nicht hingehen, schon gar kein Geld lassen.

  8. 52.

    Sie haben die soziale Komponente und ganz besonders das Sporadische vergessen? Übrigens, Sie würden in Ihrer „modernen Welt“ (wer hat denn da die Deutungshoheit, Retro?) niemals auf Leute wie Herrn Krüger u.a. stoßen. Was schade wäre, oder?

  9. 51.

    Sind Sie gerade vom Philosphiekurs zurück? Also bei mir lassen Warenhäuser keine Gedanken für "dieses und jenes" reifen. Ich brauche etwas und kaufe es. Für Sie ist ein Entfalten der Sinne etwas Haptisches? Was für ein Widerspruch.

    Nein , Kaufhäuser sind schon lange keine Ankergeschäfte mehr, sondern aus der Zeit gefallen. Ein Kaufhaus muss auch nicht "kulturell verankert" sein.

    Alles arg weit hergeholt und nicht dem 21. Jahrhundert und seinen wirtschaftlichen Bedürfnissen entsprechend.

  10. 50.

    Ich frage mich, warum so viele das online Shopping, zu dem ja auch Klamotten gehören, besser finden als vor Ort Kleidung anzuprobieren. Es kann mir keiner erzählen, dass man in jedes bestellte Teil gut reinpasst und es dann auch noch so aussieht an einem wie auf dem Monitor. Größen fallen halt unterschiedlich aus. Und dann schickt man etwas oder alles davon zurück. Das verursacht unnötig Kosten, belastet die Umwelt und beutet Kurierfahrer aus.

  11. 49.

    Ich bin Generation 50+ und gehe auch nicht mehr dort einkaufen. Warum? Weil das Konzept "Alles unter einem Dach" schon lange aufgegeben worden ist. Früher, in den 70er und 80er Jahren, hat man in den Kaufhäusern ALLES bekommen, was man zum täglichen Leben benötigt. Von der Glühbirne bis zu Schreibwaren, von Geschirr bis zu Sportartikeln, von Heimwerkerbedarf bis zur Zooabteilung, von Schnürbändern für Schuhe bis hin zu Kleidung aller Art. Von Spielwaren bis Musik und Video. Dazu dann noch eine Lebensmittelabteilung mit vernünftigen Preisen - und kein Feinkostladen für reiche Leute. Dieses Konzept "Alles unter einem Dach" war ein Hauptgrund für den Erfolg der Kaufhäuser. Das ist seit den 90er Jahren systematisch eingedampft worden. Heute sind diese Kaufhäuser eigentlich nur noch überteuerte Klamottenläden mit angeschlossener Parfümerie. Alles andere fehlt. Ich finde dort gar nichts mehr.

  12. 48.

    Die Existenz der Warenhäuser als Anker in innerstädtischen Geschäftslagen ist nach meinem Dafürhalten nach wie vor richtig. Auch sämtliche ZUSÄTZLICHE neue Möglichkeiten setzen diese Logik m. E. nicht außer Kraft. Warenhäuser bilden eine Zusammenschau, lassen oft auch Gedanken für Dieses, Jenes und noch was Anderes reifen; ihr Sortiment ist recht breit, doch eben nicht sehr "tief" in dem Sinne, dass mengenmäßig viel von etwas da wäre.

    Abstrakt allein auf den Sehsinn fokussiert kann dies nur unzureichend gelingen. Die Phantasie eilt der Realität voraus und überdeckt sie. Das Ergebnis ist dann die Enttäuschung, weil das tatsächlich Erhaltene anders ausfällt als das mit schönem Schein auf dem Bildschirm und Display Beworbene.

    Es geht wie überall sonst auch um das Entfalten unserer Sinne, um etwas Haptisches.

    Wie dies weiterhin kulturell verankert werden kann, das ist die Aufgabe.

  13. 47.

    Naja, Bansner hat gerade kundgetan, wie wenig Ahnung er/sie hat. Die Mitarbeiter sind bemüht. Nur: Mühe allein reicht nicht. Der Fisch fängt am Kopf an zu stinken.
    Der Onlinehandel ist grandios gegen die Wand gefahren worden. Service und womöglich Antworten bei Problemen? NULL. An der Kasse stehen Dumpfbacken (outgesourct), die auf die Frage, wo man Kurzwaren findet, völlig hilflos gucken.
    Weg mit diesen Läden.
    Und an Toscana: Bitte sprechen Sie nur für sich. Ich "Älterer" kaufe sowohl als auch.

  14. 46.

    " jetzt muss erneut der Staat aushelfen"
    NEIN. Er muss mein Steuergeld nicht erneut verschwenden. Dieser milliardenschwere Österreicher soll seinen Laden gefälligst von seinem Geld finanzieren.

  15. 45.

    Kaufhof am Alex ist sicherlich erhaltenswert.
    Aber schon in Steglitz kommen mir Zweifel, von Karstadt/Hermannplatz gar nicht erst zu reden. Ringcenter ist ein Krempeltempel.
    Auf der einen Seite heißt es König Kunde und dann soll man sich ernsthaft gut umsorgt fühlen, wenn man drei bis fünf Mal sieben bis elf Minuten an irgendwelchen Kassenbereichen warten muss? Um dann das zu tun, worum es eigentlich geht: Bezahlen und dem Haus damit Einnahmen generieren. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Man will die Leute zum Konsum animieren und errichtet dann eine Konsumschranke, die das wieder konterkariert. So kann es nicht funktionieren.
    Eigentlich müsste man doppelt bis dreimal soviel Personal einstellen, wenn man das Kaufhauskonzept noch retten will. Das Sortiment muss permanent aktualisiert und an sich verändernde Kundenstrukturen angepasst werden. Versäumnis Ringcenter.

  16. 44.

    "Seit Jahren habe ich keine Filiale dieses Konzerns besucht" achso und dadurch haben Sie quasi per Funkübertragung dir große Ahnung von Kaufhof Galeria. Ihr KOmmen tar ist herablassend und voll arrogant gegen die MItarbeiter - Pfui!

  17. 43.

    Seit Jahren habe ich keine Filiale dieses Konzerns besucht. Die Zeiten von Kaufhäusern sind vorbei. Keine Kunden, keine Kaufhäuser.... das ist normal. Nicht künstlich am Leben halten. Die Mitarbeiter finden sofort einen neuen Arbeitsplatz. Kaufland, EDEKA, Rewe, Aldi usw. suchen Mitarbeiter in Massen. ..... Stellenangebote sieht man an jeder Schaufensterscheibe...... leider muss man dort arbeiten und kann nicht schön spazierend durch einen Laden ohne Kunden gehen....

  18. 42.

    Definitiv benennen sie die Akteure und die Gründe des Scheiterns korrekt!
    Ich möchte ergänzen, dass auch die älteren Generationen als Kunden von dem Konzept unter den Herren Benko & Co nicht mehr angesprochen werden. Ich hoffe, dass die Regierung denen keine weiteren öffentlichen Mittel hinterher werfen wird.

  19. 41.

    Die Totengräber heißen Middelhoff, Berggruen und Benko.
    Karstadt hat einfach mal den Einstieg in den Onlinehandel verpasst und erreicht auch wegen des Sortiments und Marketing keine jungen Zielgruppen mehr.
    Zum Glück braucht der Einzelhandel zur Zeit viel Verkaufspersonal, da sollte sich für alle 4000 Mitarbeitenden, die entlassen werden sollen, schnelle neue Jobs finden lassen.
    Und der Ramschhandel freut sich bestimmt schon auf die frei werdenden Filialen.
    Ein Trauerspiel....

  20. 40.

    Wenn man seit Jahren keine Qualität mehr bietet, sondern immer nur die Preise im Auge hat und sie ungerechtfertigt erhöht, sollte nicht nach dem
    STAAT ZUR RETTUNG
    schreien.

Nächster Artikel