Schlichtung kommt - Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst gescheitert
Die Tarfiverhandlungen im öffentlichen Dienst sind gescheitert. Jetzt müssen Schlichter übernehmen. Auch größere Streiks stehen wieder zur Debatte - wenn auch nicht sofort.
- Arbeitgeber und Gewerkschaften erklären dritte Tarifrunde für gescheitert
- Arbeitgeber boten 8 Prozent mehr Einkommen an
- Nun sind Schlichter am Zuge
- Streiks erst wieder nach Ostern möglich
Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen sind gescheitert - jetzt sind unabhängige Schlichter am Zug. Ab diesem Sonntag herrscht nach Angaben von Verdi für die Zeit der Schlichtung Friedenspflicht. Bis dahin seien höchstens kleinere regionale Warnstreiks geplant.
Mit Spannung wird jetzt erwartet, ob die Schlichter den aufgeheizten Tarifstreit lösen können - oder ob auch die Schlichtung scheitert und in einigen Wochen, nach Ostern, neue Streiks bevorstehen.
Nach zähem Ringen über drei Tage hinweg erklärten Verdi und der Beamtenbund DBB die Verhandlungen in der Nacht zu Donnerstag in Potsdam für gescheitert. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte für die Arbeitgeber daraufhin an: "Wir werden jetzt die Schlichtung einberufen."
Gewerkschaften votierten einstimmig für das Scheitern
Die Schlichtung folgt einem festgelegten Verfahren mit Fristen. Eine Schlichtungskommission hat bis Mitte April Zeit, einen Einigungsvorschlag für das Einkommen der 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen vorzulegen. Die Vorsitzenden der Schlichtungskommission sind der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) für die Arbeitgeberseite und der ehemalige Bremer Staatsrat Hans-Henning Lühr (SPD) für die Gewerkschaften, wobei Lühr die entscheidende Stimme hat.
In drei Verhandlungsrunden ab Januar war Gewerkschaften und Arbeitgebern keine ausreichende Annäherung gelungen. Verdi-Chef Frank Werneke sagte: "Am Ende mussten wir feststellen, dass die Unterschiede nicht überbrückbar waren." Der Chef des Beamtenbunds DBB, Ulrich Silberbach, spielte auf die großen Teuerungsraten und die hohen Energiepreise in Deutschland an. Auftrag der Beschäftigten an die Gewerkschaften sei es gewesen, "dass sie nicht nur einen Inflationsausgleich erhalten, sondern eine Reallohnerhöhung". Die Gewerkschaftsgremien hätten einstimmig für das Scheitern votiert, erklärten Werneke und Silberbach.
Arbeitgeber boten 8 Prozent mehr Einkommen an
Ministerin Faeser und die Verhandlungsführerin der Kommunen, Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge (beide SPD), zeigten sich enttäuscht. "Ich bedauere sehr, dass die Gewerkschaften jetzt die Verhandlungen abgebrochen haben", sagte Faeser. "Wir hätten uns anderes gewünscht, und ich glaube, dass gerade in diesen Krisenzeiten es gut gewesen wäre, am Verhandlungstisch noch zu bleiben." Die Arbeitgeber seien "bis an die Grenze des Verantwortbaren für die öffentlichen Haushalte" auf die Gewerkschaften zugegangen.
Die Arbeitgeber boten laut Faeser 8 Prozent mehr Einkommen und einen Mindestbetrag von 300 Euro an - dazu eine steuerfreie Einmalzahlung von 3.000 Euro mit einer Auszahlung von 1.750 Euro bereits im Mai. Verdi und dbb hatten 10,5 Prozent mehr Einkommen gefordert, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Der Mindestbetrag, der vor allem Bezieherinnen und Beziehern unterer Einkommen zugute käme, war für sie zentral.
Nach dem 18. April muss erneut verhandelt werden
Wie es nach der Schlichtung weitergeht, ist offen. Spätestens am 18. April müssen nach einer Aufstellung der Gewerkschaften die Verhandlungen der Tarifparteien wieder aufgenommen werden. Der Tarifstreit kann dann endgültig gelöst werden - aber es können auch reguläre Streiks folgen. Streiks nach gescheiterter Schlichtung gab es bereits Anfang der 1990er Jahre im öffentlichen Dienst.
Betroffen von den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sind Angehörige etlicher Berufe - unter anderem Erzieherinnen, Busfahrer, Angestellte von Bädern, Feuerwehrleute, Krankenschwestern, Verwaltungsangestellte, Altenpflegerinnen, Klärwerksmitarbeiter, Förster und Ärzte. Es geht um das Einkommen von über 2,4 Millionen Tarifbeschäftigten der kommunalen Arbeitgeber und 134.000 des Bundes. Auf die Beamtinnen und Beamten soll das Ergebnis nach dem Willen der Gewerkschaften übertragen werden.
Verdi Brandenburg: Angebot der Arbeitgeber zu wenig
Die Brandenburger Verdi-Landesleiterin Andrea Kühnemann sagte zum Scheitern der Verhandlungen, besonders für die unteren Einkommensgruppen spiele der von Verdi geforderte Mindestbetrag eine große Rolle. "Das letzte Angebot der Arbeitgeber, die 300 Euro, waren den Kollegen definitiv zu wenig", so Kühnemann. 300 Euro reichten kaum, um die Einkommensverluste durch die Inflation auszugleichen.
Auch kritisierte sie die angebotene lange Laufzeit des Tarifvertrages. Die Arbeitgeber hatten eine Laufzeit von 24 Monaten vorgesehen, über die der Tarifabschluss Bestand habe. Die Gewerkschaften forderten eine kurze Laufzeit von zwölf Monaten.
Sendung: rbb24 Inforadio, 30.03.2023, 09:25 Uhr
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