Marode Infrastruktur - Die Bahn ist 2023 wieder nicht pünktlich genug

Fr 10.11.23 | 17:20 Uhr
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Symbolbild:Ein Lokführer steigt am Berliner Hauptbahnhof in seinen Führerstand.(Quelle:dpa/C.Soeder)
Audio: Fritz | 11.11.2023 | Nachrichten | Bild: dpa/C.Soeder

Für ihre Pünktlichkeit ist die Deutsche Bahn wirklich nicht bekannt - zurecht, wie neue Zahlen beweisen. Im Oktober waren weniger als 60 Prozent der IC- und ICE-Züge pünktlich und es wird nicht besser, befürchtet der Fahrgastverband Pro Bahn.

Die Bahn verpasst ihr selbst gestecktes Pünktlichkeitsziel in diesem Jahr deutlich: Zu Jahresbeginn hatte sich der Konzern eine Pünktlichkeit im Fernverkehr von deutlich über 70 Prozent zum Ziel gesetzt. "Mit einer Pünktlichkeit von rund 66 Prozent in den ersten zehn Monaten ist klar, dass die angestrebte Pünktlichkeit von rund 70 Prozent für 2023 nicht mehr zu erreichen ist", teilte ein Sprecher nun mit.

Nicht zuletzt wegen vieler Baustellen erreichten die ICE- und IC-Züge des Konzerns im Oktober lediglich 58,6 Prozent ihrer Halte ohne große Verzögerung, wie der Konzern am Freitag mitteilte.

Als pünktlich gilt ein Zug mit weniger als sechs Minuten Verspätung. Ausgefallene Züge werden in der Statistik nicht berücksichtigt. Auch verpasste Anschlüsse gehen aus ihr nicht hervor.

Viele Baustellen

Ein Hauptgrund für die schlechten Werte in Deutschland ist die marode Infrastruktur, auf der die Bahn zwar schon seit Jahren fährt, die aber jetzt regelrecht kollabiert. Nach Angaben des Konzerns waren im Oktober fast drei Viertel der Fernverkehrszüge auf ihrer Fahrt von mindestens einer Baustelle betroffen. Auf der für den bundesweiten Fernverkehr besonders wichtigen Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim kommt es laut DB täglich zu mindestens einer Störung. Seit Mitte Oktober hätten zudem neu eingeführte Grenzkontrollen zu verspäteten Zügen im internationalen Fernverkehr geführt.

Als "nicht mehr akzeptabel" bezeichnet Detlef Neuß vom Fahrgastverband Pro Bahn die aktuelle Situation. Gerade wenn die schlechte Leistung bei der Pünktlichkeit mit schlechter Kundeninformation gepaart werde, sei der Ärger bei den Fahrgästen verständlicherweise groß. "Auch die App ist vollkommen überfordert", sagt Neuß, der auch für seine eigene Fahrt nach Berlin und wieder zurück ins Rheinland am Wochenende mit Problemen rechnet. "Und leider Gottes muss man sagen: Kurzfristig wird sich nichts verbessern."

Burnout beim Bahn-Personal

Während die Bahn vor allem auf die vielen Baustellen als Gründe verweist, zählt Neuß auch weitere Aspekte auf: "Aus meiner Sicht liegt es auch am Mangel an Wagen, am Mangel an Personal. Dann kommt der Verschleiß an den Strecken dazu, die vielen Langsamfahrstrecken." Es folge ein problematischer Kreislauf: "Viele Fahrgäste sind dann verärgert und lassen das leider auch am Zugpersonal aus. Dann erhöht sich wiederum der Krankenstand", sagt Neuß. Bei der DB fielen nicht nur viele Mitarbeiter wegen Infektionskrankheiten aus, sondern aufgrund der Belastung auch wegen Burnout.

"Wir werden mit der Situation bis in die 30er Jahre leben müssen", prognostiziert Neuß. Die Politik habe in den vergangenen Jahrzehnten zu viel versäumt, "einige CSU-Verkehrsminister hatten nur die Automobil-Branche im Blick statt der Bahn". Er hoffe aber, dass die anstehenden Generalsanierungen die Bahn wieder zuverlässiger und pünktlicher machen.

Generalsanierungen als Lösung

Die erste dieser Generalsanierungen steht im zweiten Halbjahr 2024 auf der bereits erwähnten Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim an. Danach sollen Dutzende weitere, besonders wichtige Strecken folgen.

Das Konzept der Generalsanierungen sieht vor, dass eine Strecke für mehrere Monate komplett gesperrt wird, um dann alles auf einmal zu reparieren. Auch zahlreiche Bahnhöfe entlang der Strecken sollen dabei renoviert werden. Nach einer Generalsanierung hofft die Bahn auf acht bis zehn Jahre Baufreiheit auf dem jeweiligen Streckenabschnitt.

Sendung: Fritz, 11.11.2023, 01:30 Uhr

47 Kommentare

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  1. 47.

    Die FDP, mit dem Herrn Wissing, brillieren seid der CSU im Verkehrsministerium. Damit haben die Grünen diesmal wirklich nichts zu tun...

  2. 46.

    Soweit mir bekannt ist, unterliegen Patientendaten der Geheimhaltung.

  3. 45.

    Sie sind, glaube ich, falsch abgebogen. Es geht doch nicht um den Öffentlichen Nahverkehr in Berlin und seine Probleme, sondern um das gesamte deutsche Schienennetz. Das ist dann schon eine Nummer größer und wird wohl , nach jahrelanger Vernachlässigung, auch längere Zeit benötigen.

  4. 44.

    Na ich nutze eher den Fernverkehr, schaun wir mal, wie´s wird. Aber danke für Ihre Dystopie. In Berlin fahre ich meist mit dem Auto oder dem Rad bei trockenen Bedingungen, da ich zu Zeiten unterwegs bin, wenn noch nicht gestaut wird ;-P
    Öffis in Berlin zu Berufszeiten? Nee danke.

  5. 43.

    Beim nächsten Ersatzverkehr werden Sie es merken. Die Menschen für die der Ersatzverkehr gedacht war, fährt Ubahn und Anwohner, die dort Leben sind auf den für andere bereitgestellten Ersstzverkehr angewiesen. Viel Dpass in den Öffis.

  6. 42.

    Die Deutsche Bahn ist auch Teil des Problems. Wenn die Gewinne der S-Bahn Berlin ins Netz und zusätzliche Fahrzeuge investiert werden würden, würde es sicher etwas nachhaltiger sein. Aber wenn die Gewinne aus dem öpnv aus den Regionen abgezogen werden, um die Verluste in anderen sparten wie db Cargo auszugleichen oder im Ausland auf Shoppingtour zu gehen, ändert sich wohl nie etwas bei der s bahn berlin

  7. 41.

    Als Fahrgast haben sie keine Rechte. Berlin könnte einen engeren takt bestellen. Aber ob die profitorientierte Infrastruktur, mit noch mehr Fahrzeugen klar kommt, bezweifel ich. Als Berliner sollten Sie bitte mit dem Fahrrad oder lastenrad zur Arbeit fshren. Alles andere stört den Betriebsablauf der S-Bahn. Warum müssen Sie überhaupt pendeln? Suchen die sich einen gut bezahlten Job, dann können Sie sich auch wieder eine Wohnung in der Nähe Ihrer Arbeit suchen. Es gibt ja (k)ein wohnungsproblem.

  8. 40.

    Ja es wurden zu viel 49 Euro Tickets verkauft. Dadurch funktioniert der Öpnv nicht mehr. Es gibt jetzt einfach zu viele Leute, die es wagen den ÖPNV zu nutzen. Die Bundesländer erhalten regionalisierungsmittel vom Bund für das bestellen von öpnv-leistungen. Die Bus und Bahnunternehmen schicken die bestellten Sitzplätze auf den bestellten strecken in dem bestellten takt zur Verfügung. Geld was nicht ausgegeben wird, landet im Haushalt oder in den rücklagen (Sparbuch) der Länder. Niemand juckts.

  9. 39.

    Also gab es vor dem 49 Euro Ticket keine vollen Züge? Warum ist ein Ticket, welches es seit Mai gibt, allein für volle Züge und der fehlenden Investitionen der letzten 30 Jahre verantwortlich. Andere Bundesländer waren aber ehrlich gesagt nur cleverer. Die hatten fertige Projekte in der Schublade und der Bundesverkehrsminister hatte zufällig das selbe Parteibuch. Kann doch mal passieren und sich alle vier Jahre wiederholen. Die SPD stellte auch mal einen Bundesverkehrsminister. Es änderte nichts

  10. 38.

    Politikerversprechen/-Bekenntnisse, Verspätungen und Ausfälle sind wir Bahnnutzer ja gewöhnt. Auch in den nächsten Jahren können wir das totale Versagen der zuständigen Bundes- und Landesminister bestaunen und das Leben in VOLLEN Zügen genießen. Jetzt ganz neu mit den Ausreden Fachkräftemangel und dem bösen Deutschlandticket, welches z. B. alleinig für die vollen RE5 Züge schuld sein soll. Ein 2 h Takt & zu wenig bestellte Sitzplätze, sorgten in den letzten 20 Jahren nie zu vollen Zügen ans Meer

  11. 37.

    Nun ja, die S-Bahn war schon immer bei der Reichsbahn und dann bei der DB. Speziell auf der Ringbahn häufen sich in den letzten Monaten die Polizeieinsätze wegen Fehlverhalten von Fahrgästen bzw. Bürgern. Da werden Gleisanlagen z.b.gerne als direkte Verbindung von A nach B angesehen und genutzt. Was sind die Folgen? Die Triebwagenführerschaft muß einen Notruf absetzen, alle Züge in dem Bereich müssen umgehend anhalten, die Fahrdienstleitung sperrt den Bereich und die Bundespolizei fängt mit der Suche an. Kann dauern. Weiterfahrt dann nach Melden der Polizei an die Fahrdienstleitung und dann gehts irgendwie erst weiter. Ärztliche Notfälle in Zügen bedingen, daß die Weiterfahrt erst nach Ansage des Rettungsdienstes erfolgen kann. Wer das nicht wahrhaben will, kann gerne sich bei der S-Bahn erkundigen.

  12. 36.

    Noch sind wir ein freies Land, auch was die Mobilität betrifft.
    Die DB ist unatraktiv, unpünklich, oder nicht vorhanden, und ich als Rentnerin mit viel Zeit und keinen Terminzwang nutze die DB trotzdem.

  13. 35.

    Genau wegen einer solchen Einstellung ist es notwendig, den motorisierten Individualverkehr so weit wie möglich einzuschränken.

  14. 34.

    „ Bei der DB fielen nicht nur viele Mitarbeiter wegen Infektionskrankheiten aus, sondern aufgrund der Belastung auch wegen Burnout.“
    Patientendaten sind wohl jedem zugänglich.
    Oder teilt man nur eine Vermutung einer Schätzung die unter Umständen….. mit ?

  15. 33.

    Was?? Skandal!! Ach so, nee. So ist das halt, wenn man nicht in den Wettbewerb treten muss und das Geld so oder so rein kommt.

  16. 32.

    Die Bahn jammert ja gerne und schiebt die Schuld anderen in die Schuhe. Würde sie stattdessen die Anzahl ihrer Fahrten um 20 Prozent reduzieren, könnte sie pünktlich sein. Von unvorhergesehenen Ereignissen mal abgesehen. Am Beispiel der Bahn ist deutlich zu sehen, wie Effizienz und Optimieren von Abläufen am Ende des Tages zum Gegenteil führen.
    Leider ist die Bahn allerdings auch gefangen in politischen Wunschträume. Daher ist eine Besserung nicht in Sicht, eher sogar ausgeschlossen.

  17. 31.

    Seit die S Bahn in Hand der DB fährt,geht z.B.auf der Ringbahn fast gar nichts mehr,die wenigen Züge die noch kommen,sind so überfüllt, daß Zusteigen nicht mehr möglichl ist,auf diese Weise habe ich im laufenden Jahr bereits zwei Arbeitsplätze verloren,bei der Beschwerdestelle zeigt man sich da rechts gelassen,ich denke mal,hier wäre ja wohl Erstattung des Verdienstaufalls angebracht,danke, dass ich hier mal meine Meinung beitragen dürfte.

  18. 30.

    "Bei dem 49 Ticket kein Wunder."

    Bremst das die Ich und ICE Züge aus oder warum kein Wunder?

  19. 29.

    Jawoll! Nie wieder das Ressort Verkehr an die CSU! Verkehr können NUR die Grünen: Wegen Klima, und so -Geballter Sachverstand-in Berlin zu bewundern.

  20. 28.

    Bei dem 49 Ticket kein Wunder.

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