Nach 20 Stunden Warnstreik - GDL lehnt Streikpausen an Verhandlungstagen mit der Bahn ab

Fr 17.11.23 | 14:19 Uhr
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Symbolbild: Reisende bei der Bahn im Hauptbahnhof unterwegs. (Quelle: dpa/Daniel Bockwoldt)
Audio: rbb24 Inforadio | 17.11.2023 | Michael Ernst | Bild: dpa/Daniel Bockwoldt

Der 20-stündige Warnstreik der GDL ist beendet, die Züge rollen wieder. Die Bahn will sich jedoch nicht auf die Forderungen der Gewerkschaft einlassen. Ende November soll erneut verhandelt werden - weitere Streiks sind nicht ausgeschlossen.

  • Lokführer-Warnstreik ist beendet, Züge fahren am Freitag wieder planmäßig
  • Laut GDL habe es eine hundertprozentige Streikbeteiligung der Gewerkschaftsmitglieder gegeben
  • GDL schließt weitere Streiks während Verhandlungen mit der Bahn nicht aus

Der bundesweite Warnstreik der Lokführergewerkschaft GDL ist am Donnerstagabend um 18 Uhr offiziell zu Ende gegangen. Laut Bahn fahren die Züge im Fern- und Regionalverkehr am Freitag wieder nach regulärem Fahrplan. Allerdings könnten diese voll sein oder werden, da viele Fahrgäste nun Fahrten nachholten.

Neue Tarifverhandlungen am 23. und 24. November

Doch auch nach dem Warnstreik will sich die Deutsche Bahn im Tarifstreit nicht auf eine 35-Stunden-Woche einlassen. Wie Bahnsprecher Achim Strauß am Donnerstag dem rbb sagte, wäre der Job sicher attraktiver. "Aber es ist natürlich unrealistisch, wenn man durch Erfüllung dieser Forderung plötzlich zehn Prozent mehr Mitarbeiter braucht."

Strauß verwies auf den Fachkräftemangel, der auch für Lokführer gelte. "Es ist eine Illusion jetzt mal eben zehn Prozent mehr Menschen für diesen Job zu gewinnen." Weitere Gespräche zwischen GDL und Bahn sind für den 23. und 24. November angesetzt. Die Deutsche Bahn hoffe, dass diese Verhandlungen stattfinden können, so Strauß weiter. "Es hängt jetzt von der GDL ab, ob sie weiter eskaliert. Der Ball ist ganz klar auf der Spielfeldhälfte der Lokführergesellschaft."

Erneute Warnstreiks schloss GDL-Chef Claus Weselsky am Donnerstag nicht aus. Möglicherweise rückt in den nächsten Tagen auch das Thema Urabstimmung stärker in den Blick. Immer wieder hatte Weselsky betont, sich frühzeitig rechtlich absichern und seine Mitglieder über unbefristete Streiks abstimmen lassen zu wollen.

Weselsky sagte am Freitag dem rbb, Bahn-Personalvorstand Martin Seiler sei nicht der Erziehungsberechtigte der Gewerkschaft und habe keine Bedingungen zu stellen. Ob gestreikt werde und wann, entscheide die GDL ganz alleine. Seiler hatte zuvor eine Streik-Pause an Verhandlungstagen gefordert.

GDL-Chef Weselsky zufrieden mit Warnstreik

Mit dem ersten 20-stündigen Warnstreik in der aktuellen Tarifrunde zeigte sich Weselsky zufrieden. Es habe eine hundertprozentige Streikbeteiligung der Gewerkschaftsmitglieder gegeben. Dadurch sei der Regionalverkehr weitgehend zum Erliegen gekommen. Auch der Notfallplan der Bahn im Fernverkehr sei nicht in allen Fällen einhaltbar gewesen, so der GDL-Chef. Von Mittwochabend bis Donnerstagabend war der Fern-, Regional- und S-Bahnverkehr auch in Berlin und Brandenburg erheblich eingeschränkt.

Bahnverkehr stand in Berlin und Brandenburg fast ganz still

Der Streik hatte am Donnerstag fast den gesamten Bahnverkehr lahmgelegt. Wegen des GDL-Warnstreiks bei der Bahn fielen am Donnerstag auch in Berlin und Brandenburg die meisten Züge im Fern- und Regionalverkehr aus. In Berlin wichen viele Fahrgäste auf U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen aus, die nicht vom Streik betroffen waren. Entsprechend voll war es an vielen Stationen.

Fahrgäste, die ihre Reise aufgrund des Streiks verschoben haben, können ihr Ticket nach Angaben der Deutschen Bahn zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt nutzen. Die Zugbindung ist demnach aufgehoben. Wer wegen des Streiks auf seine Fahrt verzichtet hat, bekommt laut der Deutschen Bahn den Fahrpreis vollständig erstattet.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.11.2023, 07:10 Uhr

127 Kommentare

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  1. 126.

    In diesem System ist die Inflation systemisch. 1000 Zeichen sind zu wenig für eine Grundsatzdiskussion des Kapitalismus. Aber nur soviel, auch systemisch haben die Menschen, die nur ihre Arbeitskraft verkaufen können nur die eine Chance, sich gewerkschaftlich zu organisieren und so durch angemessene Tarifabschlüsse der Geldentwertung entgegenzusteuern.
    Leider halten viele Menschen den Wohlstand für selbstverständlich und blenden die dafür notwendigen Zusammenhänge aus Unwissen- oder Bequemlichkeit komplett aus.

  2. 125.

    Ich würde Ihnen sofort zustimmen, wenn sich sämtliche Gehälter prozentual am Gewinn des Unternehmes orientieren würden. Dann sitzen alle im gleichen Boot und können sich gegenseitig stimulieren. Als Grundeinkommen ein nach Berufsgruppen gestaffeltes Fixum und der Rest nach Gewinn. Im Detail muss man das natürlich gründlich durchdenken. Dann haben alle ihr Einkommen selbst in der Hand, Weselsky kann wieder auf der Rangier-Lok seinen Beitrag leisten und muss nicht mit dem Flugzeug in der Welt rumgondeln.

  3. 124.

    Mich kotzt es an, dass jeder nen inflationsausgleich bekommen will. Warum sorgt die Politik nicht einfach für weniger inflation? Andere Länder wie Spanien schaffen es doch auch erfolgreicher.

    Ich bekomm auch nicht automatisch mehr Geld. Ich muss auch sparen. Ich habe wenig Verständnis für solche Streiks.

  4. 123.

    Einfacher wäre es bestimmt die Erfolge derer zu bestimmen welche die Bahn so führen wie sie geführt wird und wie sie sich ihre Erfolge selbst vergüten. Die die den Laden am Laufen halten, sind nicht für das Management, oder? Mir wäre dies zumindest absolut neu.

  5. 122.

    „Die Bahn legte ein Angebot mit elf Prozent mehr Lohn sowie einer Inflationsprämie von bis zu 2.850 Euro bei einer Laufzeit von 32 Monaten vor. “
    Also bei einer Laufzeit von 32 Monaten sind das gerade mal 4,125 % also weniger als die Inflation. Das wäre die einzig verlässliche Größe. „Bis zu“ kann alles oder nichts (sehr wenig) bedeuten.
    Also ein leicht sinkendes Lohnniveau bei unverändert schlechten Arbeitsbedingungen würde ich genau als Peanuts bezeichnen!!

  6. 121.

    "... Es gibt viele Missstände im Betrieb, die ich aber hier nicht öffentlich nenne oder Diskutieren werde. ..."
    Dies muss ich dann wohl akzeptieren und es erübrigt sich jeder weiterer Kommentar.
    Noch schönen Abend

  7. 120.

    Das bei Verhandlungen jeder mit einer bestimmten Forderung ins Rennen geht und man sich dann irgendwo trifft ist bei Verhandlungen normalerweise üblich. Da hat glaube ich noch keiner seine Maximalforderung durchgesetzt, oder gibt es da anderslautende belastbare Informationen zu?

  8. 119.

    Mich kotzt es nur an, dass beide Gewerkschaften nicht zur selben Zeit streiken. Im Abstand eines halben Jahres streiken nervt. Verspätungen, Ausfälle und Streiks. Super Verkehrswende. Dazu nehmen wir noch den Abbau der Bahn-Infrastruktur, der fahrzeugflotte und des Personals. Schuld ist aber kein db-manager oder Bundesminister. Die Schuld wird jetzt nur noch dem deutschlandticket gegeben. Wie können es die Leute, die kein Auto haben, es jetzt wagen die den ÖPNV nutzen? Eine Frechheit.

  9. 118.

    Hier hat wohl Weselsky die Feder geführt ? Das es Bahn nicht gut geht, auch und wegen wegen der immer wiederkehrenden Streiks, ist schon seit Jahren ein offenes Geheimnis. Wieviele Mitarbeiter scheffeln sich den jetzt auch unter der Regie von Weselsky die Taschen voll und um welche Gesamt-Summen geht es im Endeffekt ? Das sollten Sie mal dezidiert darlegen.

  10. 117.

    Durch bessere Arbeitsbedingungen und angemessene Löhne kann man Arbeitsstellen attraktiver machen. Liegt ja wohl auf der Hand.
    Bei der Bahn werden die Angestellten mit schlechten Arbeitsbedingungen, für ihre Leistungen ( zb. Die Verantwortung für die Fahrgäste ) viel zu niedrigen löhnen abgespeist. Zudem wurde das Schienennetz und der Fuhrpark schon von den Vorgänger des jetzigen Vorstandsmop kaputtgespart.
    Gleichzeitig scheffeln sich Herr Seiler und Co. Die Taschen voll und heulen den Leuten was vor wie schlecht es der DB angeblich geht.
    Leute wie sie glauben Seiler den Mist was er erzählt auch noch.
    Es gibt viele Missstände im Betrieb, die ich aber hier nicht öffentlich nenne oder Diskutieren werde.

  11. 116.

    Bevor ich zur Bahn und deren "Schieflage" gehen würde, würde ich mir lieber bei der Polizei für kleines Geld 24/7 die Hucke voll hauen lassen. Da gibts auch keine Streiks.

  12. 115.

    "... was in diesem Betrieb alles Schief läuft. ..."
    Können Sie etwas konkreter werden?
    Ist dies dann evtl. auch mit die Ursache für fehlendes Personal bzw. Neu-Einstellungen?
    Kann man die "Schieflage" durch die Geldforderungen auszugleichen?

  13. 114.

    Da hat der Bahnvorstand wohl etwas geflunkert. Er meinte wahrscheinlich, dass 2023 bei der Bahn wieder automatisch gestreikt wird. Die wichtigste Frage für Kunden ist und bleibt die Risiko-Frage : Fahren sie oder fahren sie nicht ? So kann das natürlich nie was werden und schon gar keine schwarzen Zahlen generieren.

  14. 113.

    Ich glaube das sie keinerlei Ahnung haben was der Beruf Lockführer bei der DB bedeutet und was in diesem Betrieb alles Schief läuft. Ich habe vollstes Verständnis für die Streikenden und wünsche Ihnen einen guten Abschluss.

  15. 112.

    Danke für die "Hintergrundinformationen"!
    War mir so nicht bekannt.

    Die Kündigungsfrist kann doch aber nicht willkürlich verändert werden.
    Wo liegt da der Fehler? Was sagt ein Arbeitsgericht dazu?

  16. 111.

    Ich würde 550 Euro mehr im Monat, Inflationsprämie von 3.000 Euro, 25 Prozent mehr Schichtzulagen nicht gerade als Peanuts bezeichnen.

  17. 110.

    ... oder die Kündigungsfrist wird einfach mal auf 6 Monate verlängert. Also einfach mal wechseln ist somit leider nicht mehr möglich obwohl sich dies vielleicht die ein oder andere Person wünscht. Es ist schon irre wenn teilweise fast 2/3 hinter GDL stehen, diese aber nach den zwischen Bahn und Haustruppe festgelegten Spielregeln tanzen dürfen.

  18. 109.

    Wie man so Forderungen stellen kann? Ganz einfach: mit den jetzigen Konditionen wird der Bahn niemand die Tür einrennen für einen absolut Familienunfreudlichen Job, im Hintergrund die Werbung des Bahnvorstandss, dass 2023 die Bahnen automatisch fahren, Schichtarbeit 24/7 an 365 Tagen im Jahr die Chance auf Hunderte Überstunden und und und
    Kommt da keine spürbare Verbesserung, wird die Arbeit des Personals welches immer Gegensatz zur Haustruppe um ihren Tarifvertrag und etliche Sozialleistungen betrogen wurde nicht langsam angemessen gewürdigt, braucht sich keiner wundern warum es ist wie es ist. Warum torpediert die Bahn eigentlich immer noch die Auszählung der Personale nach Haustruppe & nach GDL? Könnte da auffallen, das Recht bei der Anwendung der Tarifverträge sagen wir mal vorsichtig ausgedrückt gebeugt wurde und dies schon 2 Jahre? Mit dieser Bahnspezifischen Rechtsauslegung darf man als GDLer auf einmal 2 Jahre später in Altersteilzeit oder die Kündigungsfrist...

  19. 108.

    Erpressung hört sich so negativ an. Freiwilliger Zwang kommt doch etwas freundlicher rüber, oder ? Wenn die Bahnkunden nicht befördert werden und nicht an ihr Ziel kommen, ist das auch überwiegender freiwilliger Verzicht. Danke Claus für alles !

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