Ganztägiger Ausstand - Sämtliche Abflüge am BER fallen am Donnerstag wegen Warnstreik aus
Der Flugverkehr in Deutschland ist am Donnerstag weitgehend lahmgelegt worden. Am BER konnte kein einziger Passagierflug starten, dafür kann es am Freitag voller werden. Grund ist der Warnstreik einer vergleichsweise kleinen Berufsgruppe.
- Warnstreik des Sicherheitspersonals am BER soll von 3.30 Uhr bis 23.59 Uhr andauern
- Sämtliche Starts von Passagierflügen wurden gestrichen
- Erhöhtes Fluggastkommen am Freitag erwartet
- Ausstände an zehn weiteren Flughäfen
Der Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) erwartet nach dem ganztägigen Warnstreik am Donnerstag ein leicht erhöhtes Fluggastaufkommen am Freitag. Insgesamt sei mit einem normalen Flugbetrieb zu rechnen, sagte eine Sprecherin des BER. Statt 60.000 dürften am Freitag wegen zahlreicher Umbuchungen gut 70.000 Passagiere am Flughafen in Schönefeld abfliegen oder ankommen.
Warnstreik soll bis Mitternacht dauern
Wegen des Warnstreiks des Luftsicherheitspersonals wurden alle für Donnerstag geplanten rund 170 Starts von Passagierflügen und etwa jede vierte Ankunft gestrichen. Nicht betroffen von dem Streik waren Leerflüge ohne Passagiere. Das Flughafenterminal war weitgehend menschenleer. Nur wenige Passagiere suchten Orientierung.
Die Gewerkschaft Verdi hat die Belegschaften der privaten Sicherheitsunternehmen am BER und zehn weiteren deutschen Flughäfen zu einem ganztägigen Ausstand aufgerufen. Am Flughafen Berlin-Brandenburg begann der Arbeitskampf laut Verdi um 3.30 Uhr und solle bis 23.59 Uhr andauern. Die Streikenden versammelten sich am Morgen für eine Kundgebung vor dem Flughafen.
Zehn weitere Flughäfen betroffen
Neben dem BER sind laut Verdi auch die Flughäfen Hamburg, Bremen, Hannover, Köln, Düsseldorf, Leipzig, Dresden, Erfurt, Frankfurt/Main und Stuttgart von dem Arbeitskampf betroffen. Am Münchner Airport sowie einigen kleineren Flughäfen soll hingegen nicht gestreikt werden.
Nach Schätzung des Flughafenverbandes ADV werden bundesweit rund 1.100 Flüge ausfallen oder verspätet starten. Betroffen seien damit rund 200.000 Passagiere. Neben dem BER haben auch die Flughäfen Hamburg und Stuttgart sämtliche Starts abgesagt, während Düsseldorf und Köln einen Teil aufrechterhalten wollten. In Frankfurt will der Hauptkunde Lufthansa den Großteil seines Programms einschließlich der Fernflüge aufrechterhalten.
Höhere Gehälter für etwa 25.000 Beschäftigte gefordert
Die Luftsicherheitskräfte sind etwa an den Kontrollen für Passagiere, Gepäck und Personal tätig. Ohne sie ist ein normaler Betrieb nicht möglich. Der Flugverkehr dürfte daher in weiten Teilen Deutschlands lahmgelegt werden. Verdi fordert für die bundesweit rund 25.000 Beschäftigten unter anderem höhere Gehälter.
Verdi führt derzeit Tarifgespräche mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS), es gab bereits drei Gesprächsrunden. Am kommenden Dienstag ist die nächste geplant.
In dem Tarifkonflikt fordert Verdi 2,80 Euro mehr Lohn pro Stunde, höhere Funktionszulagen und Mehrarbeitszuschläge ab der ersten Überstunde. Der neue Tarifvertrag soll eine Laufzeit von einem Jahr haben. Derzeit verdienen die Luftsicherheitsassistenten in der untersten Entgeltgruppe 13,83 Euro in der Stunde, was sich bei 160 Monatsarbeitsstunden auf ein Bruttogehalt von rund 2.200 Euro addiert. In der höchsten Entgeltgruppe sind es knapp 3.300 Euro.
Dazu kommen Zuschläge für Nachtarbeit, Sonn- und Feiertage sowie Mehrarbeit. Die Forderung berücksichtige den Kaufkraftverlust durch die Inflation und beinhaltet einen Lohnzuwachs, erklärte Verdi.
Heftige Kritik vom Branchenverband
Der BDLS kritisierte den Streik scharf. "Nach drei Verhandlungsrunden und einem verhandlungsfähigen Angebot unsererseits zu einem bundesweiten, ganztägigen Streik aufzurufen, zeigt deutlich, wie sich die Streikkultur der Gewerkschaften entwickelt hat", erklärte Frank Haindl. Die Arbeitgeber hatten vier Prozent mehr Lohn für 2024 und weitere drei Prozent für 2025 angeboten. Verdi bezeichnete dies als "völlig unzureichend".
Verdi-Chef Frank Werneke indes verteidigte den Streik des Sicherheitspersonals am Donnerstag und den des Personennahverkehrs am Freitag: "Die Arbeitsbedingungen in diesen Bereichen sind so katastrophal, dass die Menschen Entlastung haben wollen", sagte Werneke im ARD-"Morgenmagazin".
Dass die Streiks kurz nach dem Ende des Lokführerstreiks stattfinden, sei ein "Zufall des Kalenders", sagte Werneke. Generell habe die Bereitschaft, sich in Tarifrunden, bei Diskussionen über Forderungen oder bei Streiks einzubringen, zugenommen. Gleichzeitig wies Werneke darauf hin, dass Verdi die meisten seiner Tarifverträge ohne Arbeitskämpfe abschließe.
Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Beitrags hatten wir das Bruttogehalt in der höchsten Entgeltgruppe fälschlicherweise der untersten Entgeltgruppe zugeordnet. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 01.02.2024, 19:30 Uhr