Ganztägiger Ausstand - Sämtliche Abflüge am BER fallen am Donnerstag wegen Warnstreik aus

Do 01.02.24 | 17:57 Uhr
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Archivbild: Streikende laufen während eines Warnstreiks im März 2023 durch das Terminal 1 des BER-Flughafen. (Quelle: dpa/Fabian Sommer)
Video: rbb24 Abendschau | 03.01.2024 | Diana Azzam | Bild: dpa/Fabian Sommer

Der Flugverkehr in Deutschland ist am Donnerstag weitgehend lahmgelegt worden. Am BER konnte kein einziger Passagierflug starten, dafür kann es am Freitag voller werden. Grund ist der Warnstreik einer vergleichsweise kleinen Berufsgruppe.

  • Warnstreik des Sicherheitspersonals am BER soll von 3.30 Uhr bis 23.59 Uhr andauern
  • Sämtliche Starts von Passagierflügen wurden gestrichen
  • Erhöhtes Fluggastkommen am Freitag erwartet
  • Ausstände an zehn weiteren Flughäfen

Der Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) erwartet nach dem ganztägigen Warnstreik am Donnerstag ein leicht erhöhtes Fluggastaufkommen am Freitag. Insgesamt sei mit einem normalen Flugbetrieb zu rechnen, sagte eine Sprecherin des BER. Statt 60.000 dürften am Freitag wegen zahlreicher Umbuchungen gut 70.000 Passagiere am Flughafen in Schönefeld abfliegen oder ankommen.

Warnstreik soll bis Mitternacht dauern

Wegen des Warnstreiks des Luftsicherheitspersonals wurden alle für Donnerstag geplanten rund 170 Starts von Passagierflügen und etwa jede vierte Ankunft gestrichen. Nicht betroffen von dem Streik waren Leerflüge ohne Passagiere. Das Flughafenterminal war weitgehend menschenleer. Nur wenige Passagiere suchten Orientierung.

Die Gewerkschaft Verdi hat die Belegschaften der privaten Sicherheitsunternehmen am BER und zehn weiteren deutschen Flughäfen zu einem ganztägigen Ausstand aufgerufen. Am Flughafen Berlin-Brandenburg begann der Arbeitskampf laut Verdi um 3.30 Uhr und solle bis 23.59 Uhr andauern. Die Streikenden versammelten sich am Morgen für eine Kundgebung vor dem Flughafen.

Zehn weitere Flughäfen betroffen

Neben dem BER sind laut Verdi auch die Flughäfen Hamburg, Bremen, Hannover, Köln, Düsseldorf, Leipzig, Dresden, Erfurt, Frankfurt/Main und Stuttgart von dem Arbeitskampf betroffen. Am Münchner Airport sowie einigen kleineren Flughäfen soll hingegen nicht gestreikt werden.

Nach Schätzung des Flughafenverbandes ADV werden bundesweit rund 1.100 Flüge ausfallen oder verspätet starten. Betroffen seien damit rund 200.000 Passagiere. Neben dem BER haben auch die Flughäfen Hamburg und Stuttgart sämtliche Starts abgesagt, während Düsseldorf und Köln einen Teil aufrechterhalten wollten. In Frankfurt will der Hauptkunde Lufthansa den Großteil seines Programms einschließlich der Fernflüge aufrechterhalten.

Höhere Gehälter für etwa 25.000 Beschäftigte gefordert

Die Luftsicherheitskräfte sind etwa an den Kontrollen für Passagiere, Gepäck und Personal tätig. Ohne sie ist ein normaler Betrieb nicht möglich. Der Flugverkehr dürfte daher in weiten Teilen Deutschlands lahmgelegt werden. Verdi fordert für die bundesweit rund 25.000 Beschäftigten unter anderem höhere Gehälter.

Verdi führt derzeit Tarifgespräche mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS), es gab bereits drei Gesprächsrunden. Am kommenden Dienstag ist die nächste geplant.

In dem Tarifkonflikt fordert Verdi 2,80 Euro mehr Lohn pro Stunde, höhere Funktionszulagen und Mehrarbeitszuschläge ab der ersten Überstunde. Der neue Tarifvertrag soll eine Laufzeit von einem Jahr haben. Derzeit verdienen die Luftsicherheitsassistenten in der untersten Entgeltgruppe 13,83 Euro in der Stunde, was sich bei 160 Monatsarbeitsstunden auf ein Bruttogehalt von rund 2.200 Euro addiert. In der höchsten Entgeltgruppe sind es knapp 3.300 Euro.

Dazu kommen Zuschläge für Nachtarbeit, Sonn- und Feiertage sowie Mehrarbeit. Die Forderung berücksichtige den Kaufkraftverlust durch die Inflation und beinhaltet einen Lohnzuwachs, erklärte Verdi.

Heftige Kritik vom Branchenverband

Der BDLS kritisierte den Streik scharf. "Nach drei Verhandlungsrunden und einem verhandlungsfähigen Angebot unsererseits zu einem bundesweiten, ganztägigen Streik aufzurufen, zeigt deutlich, wie sich die Streikkultur der Gewerkschaften entwickelt hat", erklärte Frank Haindl. Die Arbeitgeber hatten vier Prozent mehr Lohn für 2024 und weitere drei Prozent für 2025 angeboten. Verdi bezeichnete dies als "völlig unzureichend".

Verdi-Chef Frank Werneke indes verteidigte den Streik des Sicherheitspersonals am Donnerstag und den des Personennahverkehrs am Freitag: "Die Arbeitsbedingungen in diesen Bereichen sind so katastrophal, dass die Menschen Entlastung haben wollen", sagte Werneke im ARD-"Morgenmagazin".

Dass die Streiks kurz nach dem Ende des Lokführerstreiks stattfinden, sei ein "Zufall des Kalenders", sagte Werneke. Generell habe die Bereitschaft, sich in Tarifrunden, bei Diskussionen über Forderungen oder bei Streiks einzubringen, zugenommen. Gleichzeitig wies Werneke darauf hin, dass Verdi die meisten seiner Tarifverträge ohne Arbeitskämpfe abschließe.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Beitrags hatten wir das Bruttogehalt in der höchsten Entgeltgruppe fälschlicherweise der untersten Entgeltgruppe zugeordnet. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 01.02.2024, 19:30 Uhr

67 Kommentare

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  1. 67.
    Antwort auf [TRAMSR] vom 01.02.2024 um 20:22

    Da müssen Sie aber schon sehr alt sein, wenn Sie sich an die Mitte 1940er noch zurück erinnern... Im Jahr 1946 verlagern die sowjetischen Luftstreitkräfte ihren Stützpunkt von Johannisthal nach Schönefeld. Noch im selben Jahr nimmt die zivile Luftlinie Aeroflot ihren Betrieb auf, sie bietet unter anderem Direktflüge nach Moskau an. 1947 ordnet die sowjetische Militär-Administration den Bau eines zivilen Flughafens an.

  2. 66.

    Die Zusatzkosten auf Tickets haben Sie aber schon bemerkt, oder? Abgesehen vom tatsächlichen Flugpreis besteht der endgültige Ticketpreis aus einer Vielzahl an zusätzlichen Komponenten: Die Fluggesellschaften müssen einen vom Luftverkehrssteuergesetz festgeschriebenen Betrag, abhängig von der Flugroute und Anzahl der ab Deutschland beförderten Passagiere, aufschlagen. Dieser Steuerbetrag variiert zwischen 7,50 Euro und 42,18 Euro. Innerdeutsch kommt zusätzlich noch die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent dazu.

    Zusätzlich sind Posten wie Sicherheits- oder Flughafengebühren im Ticketpreis enthalten. Diese variieren je nach Airline und Flughafen. Die Airportgebühren enthalten die anteiligen Kosten für die Luftsicherheitsgebühren und die Abfertigungsgebühr für den Abflughafen und Zielflughafen. Schon die Steuern und Gebühren machen deutlich, warum der Tarifdschungel der Airlines so unendlich kompliziert ist und keiner so Ist also nichts mit Renditeerhöhung.

  3. 65.

    "Allerdings gehen alle ankommenden Maschinen leer zurück, ohne einen einzigen Passagier an Bord. Über Sinn und Zweck macht sich bitte jeder seine eigenen Gedanken."

    Sinn und Zweck sind in der Regel, dass die Flugzeuge für den nächsten Umlauf an einem anderen Standort gebraucht werden. Nämlich dort, wohin sie im Normalfall mit Passagieren geflogen wären. Wenn keine Passagiere zusteigen können, muss der Flieger halt trotzdem wieder dorthin, wo er eingeplant ist.
    Die wenigsten Fluggesellschaften haben so viele Flugzeuge, dass sie einen Teil einfach mal stehen lassen und die eingeplanten Maschinen irgendwann später wieder abholen. Von den benötigten Slots, sowohl beim Abflug, als auch bei der nächtlichen Durchsicht vor dem nächsten Flugtag fange ich gar nicht erst an.

  4. 63.

    Dass am Freitag die Schulen ggf zu sind ist wohl einem anderen Streik zu verdanken der aber nicht so lange im Voraus angekündigt wurde wie Sie wahrscheinlich ihre Flugtickets schon haben.
    Lassen Sie ihre Kinder also bewusst schwänzen um billiger in den Urlaub zu kommen?

    Wie bequem hätten Sie es denn gern? Möchten Sie vielleicht persönlich gefragt werden wann gestreikt werden darf damit Ihnen keine Unpässlichkeiten entstehen?

    Streiks sind dazu da um es unbequem zu machen, um ein Ziel zu erreichen und seine Rechte einzufordern.
    Was sind die Menschen doch egoistisch geworden in den letzten Jahren, egoistisch und komplett verweichlicht!

  5. 61.

    Es gibt noch andere Bundesländer außer Brandenburg und Schiff(keines von diesen riesigen Kreuzfahrtschiffen), Bahn, Bus oder das gemeine Auto reichen mir völlig aus.

  6. 60.

    Tatsächlich starten heute viele Maschinen am BER. Allerdings gehen alle ankommenden Maschinen leer zurück, ohne einen einzigen Passagier an Bord. Über Sinn und Zweck macht sich bitte jeder seine eigenen Gedanken.

  7. 59.

    "... Alle haben eine Berufsausbildung ..."

    Die, im Artikel beschriebenen Luftsicherheitsassistenten mit 13,83 Euro/Stunde wohl eher nicht:
    Die Ausbildung/Lehrgang dauert ca. 7 Wochen + 2 Wochen Prüfungen

  8. 58.

    "Profiteure einer jeden Gehaltserhöhung ist der Staat "
    Jo, inkl. Renten- und Arbeitslosenversicherung

  9. 57.

    Auffallend ist, dass fast jeder Flug bei flightradar24 doppelt aufgeführt ist: unter der regulären Flugnummer der Flugscheine ist der Flug annulliert, und mit anderer Flugnummer findet er als Leerflug mit sonst nicht gekannter Pünktlichkeit statt.
    Und dann werden da noch etliche Flüge aufgeführt, deren Status unbekannt ist.

  10. 56.

    Och auch ... Ein Volk von Neidern und Egoisten, wo keiner dem anderen was gönnt aspzial hoch 10!
    Und dann noch falsch: Auf Flugtickets gibt es keine MwSt. und die Preise steigen sws, wegen der Reniditeerwartungen!

  11. 55.

    Als Mutter hat man eine Vorbildfunktion. Aber ich bin enttäuscht von Ihrer unsolidarischen Einstellung, Sie heben hervor Mutter zu sein, haben aber keine Einsicht, wenn es um die Arbeitsbedingungen der folgenden Generationen geht. Denken Sie darüber manchmal nach?

  12. 53.

    So ein Blödsinn! Auf Kerosin gibt es keine Kraftstoffsteuer und auf Flugtickets keine Mehrwertsteuer. Dem Staat sind dadurch in 2022 Steuereinnahmen in Höhe von 4 Milliarden € entgangen.
    Informieren und nicht lügen!
    Ticketpreise rauf, Steuern drauf und das Bodenpersonal anständig bezahlen oder nicht fliegen!

  13. 52.

    viele ... aber danke der Nachfrage !

  14. 50.

    Wenn ich hier so einige Kommentare lese, wird mir schlecht. Welch anmaßende Urteile über Menschen, die arbeiten gehen und ihren Job machen. Einen Spagat machen zwischen eigenem Verständnis und Vorschriften die eingehalten werden müssen. Dafür oftmals angepöbelt werden. Und was heisst hier "nicht die Hellsten auf der Torte"? Alle haben eine Berufsausbildung und mehrere Jahre gearbeitet. Vielleicht erst einmal selbst die Ausbildung für diesen Job machen mit abschließenden Prüfungen vor der Bundespolizei. Danach dann im Schichtdienst arbeiten unter zum Teil "tollen" Bedingungen, welche auf vielen Flughäfen herrschen. Von den ständigen Tests und Überprüfungen die auf einigen Häfen täglich stattfinden rede ich mal gar nicht. Und das trifft auf JEDEN Job zu. Wenn man in einem Bereich noch nie gearbeitet hat und aufgrund dessen das Metier gar nicht oder nur subjektiv "kennt" ... sollte man mit einigen Äußerungen vorsichtig sein.

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