Größte Anlage der Welt - 300-Meter-Windrad soll noch in diesem Jahr in Schipkau aufgestellt werden
Die Windanlagen-Zukunft soll in 300 Metern Höhe liegen. So groß soll ein Windrad in der Lausitz werden. Rund ein Jahr lang hat an der Stelle ein Messmast Daten gesammelt. Mit positivem Ergebnis. Von Sebastian Schiller
Mitten im Wald von Schipkau (Oberspreewald-Lausitz) wird die größte Windkraftanlage der Welt entstehen. Sie wird bis zum Mittelpunkt des Rotors (Nabe) 300 Meter hoch sein, bis zur Rotorblattspitze 365 Meter - und noch in diesem Jahr in Betrieb gehen, sagte die künftige Betreiberfirma Gicon am Dienstag dem rbb.
Das Unternehmen hat rund ein Jahr lang mit einem gleichhohen Windmessmast in der Nähe des geplanten Standorts Daten gesammelt. Dabei ging es um die Frage, ob so eine Anlage in so einer Höhe sinnvoll sein kann. Die Ergebnisse sind vielversprechend.
Energie aus drei Etagen
Normale Windräder haben ihre Nabenhöhe bei 140 Metern. Schon vor Beginn der Messungen in Schipkau war angenommen worden, dass in 300 Metern Höhe mehr Wind weht. Die gesammelten Daten haben gezeigt, dass er konstanter weht. "Im Vergleich zu normalen Anlagen bei gleichem Rotordurchmesser haben wir mehr als den doppelten Ertrag", sagte der geschäftsführende Gesellschafter der Gicon-Gruppe, Jochen Großmann, am Dienstag. Das bedeutet, dass ein Windrad dieser Höhe rund 8.000 Haushalte mit Strom versorgen könnte.
Hinzu kommt, dass die neuen Anlagen keine zusätzliche Fläche benötigen, sondern zwischen bestehende Windräder gebaut werden. "Die Türme sind so hoch, dass sich die Rotoren nicht überschneiden und gegenseitig den Wind wegnehmen", so Großmann. Gicon will so erneuerbare Energien gewissermaßen auf drei Etagen gleichzeitig produzieren können, hieß es bereits zu Beginn des Projekts. Unten könnten sich Photovoltaik-Anlagen befinden, darüber konventionelle Windräder, darüber wiederum die 300-Meter-Anlagen.
Geplant ist nun, dass bis zum Ende 2024 das erste Windrad dieser Art steht. Gebaut wird es nicht in der bisher typischen Spargelform, sondern als Gitterkonstrukt. Der Betrieb ist auf 20 Jahre angelegt.
Der Riese soll nur der Anfang sein. Bis zum Jahr 2030 plant das Unternehmen, deutschlandweit bis zu 1.000 solcher Windräder aufzustellen. Dabei schaut Gicon besonders auf Bayern.
Baupläne ohne Widerstand
Gegen die Baupläne gibt es, anders als bei manchen anderen Windkraftprojekten, keinen Widerstand aus der Bevölkerung in Schipkau und Umgebung. Die Gicon-Gruppe ist schon seit Jahren vor Ort, hat in Schipkau den damals größten Windpark Europas eingeweiht und bei dem neuen Projekt von Anfang an die Bewohner informiert und mit einbezogen.
Das Unternehmen beteiligt die Bevölkerung auch an den finanziellen Einnahmen des Projekts. 2015 hat es mit dem "Bürgerstrom-Modell" angefangen, bei dem jeder ein Stück vom Kuchen abbekommt. Dabei sind in den vergangenen Jahren rund drei Millionen Euro ausgezahlt worden. Mit dem Geld wurden zudem ein neues Feuerwehrfahrzeug kofinanziert sowie Schulen und Straßen saniert.
Eine Rolle für die Akzeptanz spielt möglicherweise auch die Lage. Die Windparks sind auf einer alten Tagebaukippe angelegt worden. Die Bevölkerung ist eine Geräuschkulisse durch die Kohleförderung gewöhnt. Die Windräder machen im Vergleich weniger Lärm.
Der Windmessturm wird im Mai in Schipkau abgebaut und dann ins Ruhrgebiet transportiert, um dort wieder aufgebaut zu werden.
Sendung: Antenne Brandenburg, 09.04.2024, 16:10 Uhr