Start der Investorensuche - Licht am Ende des ICC-Tunnels

Mo 25.11.24 | 20:55 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Innenansicht des ICC Berlin, am 25.11.2024. (Quelle: rbb24/Sebastian Schöbel)
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Audio: rbb24 Inforadio | 25.11.2024 | Sebastian Schöbel | Bild: rbb24/Sebastian Schöbel

Mit einem Wettbewerbsverfahren will der Senat einen Investor finden, der im ICC wieder das Licht anknipst. Zum Start des Konzeptverfahrens gab es viel Lobhuddelei auf das Gebäude - aber auch die Erkenntnis, dass es nicht schnell gehen wird. Von S. Schöbel

Unter dem "Gehirn" sah die Zukunft des ICCs schon an diesem Montag rosig aus: Die gewaltige Rundplastik, in der die mehrfarbigen Neonröhren des Wegeleitsystems zusammelaufen, stand die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) und versprach einen "Meilenstein, eine große, wichtige Weichenstellung für diesen ganz besonderen Ort".

Wenige Stunden zuvor war die Ausschreibung für das Konzeptverfahren gestartet, mit dem Giffey und die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) einen Investor für das gigantische Ex-Kongresszentrum finden wollen. Und zwar weltweit: "Wir wollen, dass die besten Ideen, die tragfähigsten Konzepte, die das Potenzial haben, dieses einzigartige Bauwerk wieder zu beleben, auch hier tatsächlich eingereicht werden."

Innenansicht des ICC Berlin, aufgenommen am 25.11.2024. (Quelle: rbb24/Sebastian Schöbel)
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Ex-Senator wird ICC-Botschafter

Giffey hat sogar einen eigenen "ICC-Botschafter" ernannt, der die Investorensuche für das Gebäude weltweit bewerben soll: ihren Amtsvorgänger Stephan Schwarz. Der sei natürlich ehrenamtlich tätig, fügte Giffey schnell hinzu.

Nur mit ein paar Flyern und ein paar freundlichen Worten muss er freilich nicht agieren, denn professionelles Werbematerial gibt es genug. Es wurden schnell geschnittene Videos produziert, die das ICC zu stampfende Beats als Kongress-Kathedrale des Futurismus präsentieren, die "die Welt inspiriert". Extra für VR-Brillen wurde ein virtueller Rundgang zusammengestellt, und Europas einst innovativstes Kongresszentrum hat nun auch eine eigene Webseite. Immer dabei: eine gehörige Prise Berlin-Patriotismus.

Unter den Wandverkleidungen lauert das Unbekannte

Dass unter der Haube dieses "Meisterwerks der internationalen High-Tech-Architektur" dann doch der Lack ganz schön ab ist, zeigt ein Blick in das aktuelle Gutachtender BIM zur Schadstoffbelastung. Zwar gebe es "keine Schadstoffe, die ausgebaut werden müssen", jedenfalls nicht, wenn man alles so belassen würde. Aber weil "sämtliche technischen Anlagen erneuert werden müssen", sind teils massive Eingriffe in das Gebäude notwendig - und dann stehe fest, dass "Schadstoffsanierungen durchgeführt werden müssen".

Schon das Rausreißen einer einzelnen Leitung kann im ICC also böse Überraschungen mitbringen. "Asbest", zählt BIM-Geschäftsführer Matthias Hardinghaus zögerlich auf, "aber auch noch vieles andere mehr". Was genau das ist, verrät er auf Nachfrage nicht.

Finanziell beteiligen, wie ursprünglich einmal geplant, wird sich das Land Berlin nun nicht mehr. Wer auch immer den Zuschlag erhält, trägt das Risiko allein. Wohl auch das ein Grund, warum das ICC ein unfassbares Schnäppchen ist, zumindest laut offiziellem Verkehrswert: 1 Euro.

Das aber ist nicht der Kaufpreis, denn vergeben wird das ICC nur in Erbbaupacht für 99 Jahre. Der Verkehrswert ist aber Grundlage für die Berechnung der Pacht, die der künftige Investor pro Jahr an das Land zahlen wird zahlen müssen. Und hier wird das ICC sicher keine Cashcow für die öffentliche Kasse.

Das "Raumschiff" sucht 45 Jahre nach Eröffnung neuen Investor

(Fast) alles darf, nichts muss

Dafür mit seinen hoffentlich zahlreichen neuen Gewerben: Denn aus dem ICC soll "ein multifunktionaler Ort für Kunst, Kultur, Kreativwirtschaft, Innovation und Kongresse" werden. Man habe das absichtlich offen formuliert, so Giffey, um ein möglichst vielfältiges Angebot zu bekommen. Die Wettbewerbsunterlagen machen zahlreiche Anregungen: Ausstellungen, Bibliothek, Projekträume, Produktionsstudios für diverse Medien, Co-Working, Seminare, Designstudios, Forschung und Entwicklung.

Dass dafür das ICC-Innenleben teils drastisch verändert werden müsste, räumt Berlins oberster Denkmalschützer Christoph Rauhut, der ebenfalls zum Start des Konzeptverfahrens, auch ein. Er sei für vieles offen, so der Landeskonservator, spricht von "Veränderungen, die in diesem Gebäude stattfinden müssen, damit man es betreiben kann", und sagt sogar, dass man in der Ikone ICC sogar noch "vieles verbessern kann".

Innenansicht des ICC Berlin, am 25.11.2024. (Quelle: rbb24/Sebastian Schöbel)Schon Teil der historischen Originalpläne: Ein Hotel gegenüber vom ICC

Nicht nur Sanierung, sondern auch Neubau

Dennoch bleiben Zweifel, ob das in diesem sehr speziellen Gebäude gelingen kann. Weswegen der Senat sein Angebot an ICC-Abenteurer nochmal verbessert hat: Neben dem Gebäude selbst wird auch der Parkplatz auf der gegenüberliegenden Seite des Haupteingangs an der Neuen Kantstraße angeboten. Hier ist unter anderem ein neues Gebäude mit bis zu 80 Metern Höhe genehmigungsfähig.

An dieser Stelle sah auch das Originalkonzept des ICC ein Gebäude vor, das aber nie errichtet wurde. Möglich wären also ein Hotel, Büro oder Eventflächen, mit denen der Betrieb des ICC querfinanziert werden könnte. Allerdings liegt der Verkehrswert des ziemlich schmucklosen Parkplatz bei 28 Millionen Euro - zumindest hier darf Berlin also eine erkleckliche Pacht erwarten.

Auch das Parkhaus am südlichen Ende des ICC darf umgebaut oder gar abgerissen werden. Hier gilt allerdings die Beschränkung: Was auch immer an dessen Stelle gebaut wird, darf maximal so hoch werden wie das ICC. Diese Einschränkung hat das Baukollegium Berlins vorgegeben.

Baustart frühestens 2027

Die abgegebenen Konzepte sollen bis März 2026 analysiert und gegebenenfalls nachgebessert werden. Danach folgt bis Juni 2026 die Zeit für konkrete Angebote. Im Dezember 2026 schließlich soll das ICC einem Investor übergeben werden.

Frühestens 2027 könnte also gebaut werden. Ob die LkW dann auch den Weg zur Anschrift Messedamm 11 finden, ist allerdings unklar: Irgendwann in den kommenden Jahren verwandelt sich nämlich das Autobahndreieck Funkturm in eine gigantische Baustelle. "Das kommt irgendwann", räumt Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt ein, aber "frühestens Anfang der 30er Jahre".

Den ICC-Enthusiasten und vor allem dem möglichen künftigen Investor ist zu wünschen, dass sie damit richtig liegt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 25.11.2024, 16 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel

38 Kommentare

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  1. 37.

    alle hoffen/hofften dass mit der Neu- und Umnutzung des ICC die City West einen Impuls erhält - Markt und Rahmenbedingungen haben sich jedoch in vielerlei Hinsicht verändert; die Richtung der Ausschreibung (Keativwirtschaft, Kunst, Kultur, Kongresse)könnte dem Businessmodell von Investoren widersprechen; zumal Berlin mit einem ICC 2.0 im Wettbewerb mit München, Hamburg und europäischen Metropolen stehen würde (!); das ICC hätte auch zu einem neuen Zentrum eines der Cluster der Berliner Wirtschaft werden können (auch verkleinert) - zum Beispiel der Gesunheitswirtschaft; der Senat versucht mit der Ausschreibung wirtschaftliche Risiken vom Land auf private Investoren zu übertragen, verständlich; die erhofften Impulse werden sich erst viel viel später einstellen;

  2. 36.

    Das "Licht am Ende des ICC-Tunnels" sieht erst einmal wie eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für einer Giffey-Parteigänger aus, der als "ICC-Botschafter" durch die Welt jettet, um Investoren für die Schrottimmobilie zu suchen. Da muss man ja schon froh sein, dass Sie da nicht auf ihren Mann gekommen ist.
    Wieder wird gutes Geld dem Schlechten hinterher geworfen, statt endlich das Ding abzureißen.

  3. 35.

    Haben SIe eine Vorstellung davon was es kostet abzureißen, geschweige denn dann die ganzen Schadstoffe fachgerecht zu entsorgen? Das macht es einfach mal gleich um ein vielfaches teurer. Und da scheint ja Asbest noch das geringfügigste Problem zu sein, wenn man auf Nachfrage die weiteren Schadstoffe nicht genannt werden. Ich verstehe schon das es für Berlin günstiger ist dieses Objekt an Investoren weiter zu verkaufen. Denn dan haben die das Problem. Und die Stadt bekommt sogar ein bisschen Pacht, was nicht viel ist aber immerhin eine Einnahme.

  4. 34.

    Weil es sein bunkerartiges Aussehen nicht verleugnen kann und dies gerade langsamer mit Gehtempo unterwegs Seienden so entgegenschlägt, habe ich gerade den Einfall, es ähnlich zu halten wie beim Hochbunker auf dem Hamburger Heiligengeistfeld: Im Gegensatz zum dortigen Bunker gäbe es beim ICC quasi wie von selbst Wege auf das Dach, der Rest könnte einer Begrünung anheimfallen. Auch ein Teil der Autobahn und der Schienenwege könnte dabei gleich mit-überdeckelt werden, um die beiden Teile Charlottenburgs wieder fußläufig attraktiv zu verbinden.

  5. 33.

    Berlin hat´s gebaut und unterhalten, jetzt soll es an irgendwelche "Investoren" verscherbelt werden, die maximale Gewinne rausholen werden. Am Besten abreissen und städtische Wohnungen drauf.

  6. 32.

    Erst lassen Politiker dieses Gebäude verrotten um dann einen Investor zu suchen.
    Warum nicht gleich?
    Ich glaube das liegt an der Gleichgültigkeit der Politik wenn es um Steuergelder geht.

  7. 31.

    Ein Investor kauft das ICC und anschließend gammeln es vor sich hin wie beim SEZ.

  8. 28.

    Das ist der perfekte Platz für einen Google Campus.

  9. 27.

    Es gibt Gebäude, die waren schon am Anfang hässlich, dann nutzlos sowie gefährlich und außerdem teuer. Das ICC reiht sich bei den vielen Berliner Bausünden ein und ist ein ebenso hoffnungsloser Fall. Man kennt sie alle noch oder immer noch: Palazzo Prozzo, Steglitzer Kreisel, Sozialpalast usw.

    Da aber so ein Abriss auch ziemlich teuer ist, wäre es am besten, Heizung und Wasser abzustellen und das Gebäude einfach verfallen zu lassen. Vielleicht siedeln sich dort dann selztene Tiere und Pflanzen an. Besser als ein Erhalt wäre es mit Sicherheit.

  10. 25.

    Warum hat man das ICC nicht gleich abgerissen - dann müsste man heute nicht im Kulturbereich sparen.

  11. 24.

    Genau - so sehe ich das auch. Warum werden seit Jahren im ICC Millionen an Steuergeldern verbrannt? Andere beliebte und vergangenheitsträchtige Gebäude wurden schnell mal abgerissen - vornehmlich im Ostteil der Stadt . Diesbezüglich das Vertrauen und Verständnis der Bürger wieder zu bekommen - das dürfte schwer sein, solange mit zweierlei Maß gemessen wird.

  12. 20.

    Sanierung CCH ,geplant 190 Mio Euro, tatsächlich 290 Millionen Euro. Geplant 3 Jahre, tatsächlich 5 Jahre. Asbest in allen Fugen,die vorher nicht zu sehen waren, alte Bauplanungen nicht mehr gefunden, also neue Statik .
    Um einen Foristen hier etwas Euphorie zu nehmen, Aufzüge und Fahrtreppen haben nach 40 Jahren ihr Leben hinter sich.

  13. 19.

    Wenn der Abriss mal so einfach wäre... Autobahn, S - Bahn alles hängt davon ab. Diese Verbindungen wären Jahrelang gesperrt und man müsste riesige Umwege fahren bzw. Verkehrschaos ohne Ende...... mal daran Gedacht.

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