Kommentar | Pergamonmuseum wird saniert - Störfaktor Museumsgast

Di 28.03.23 | 07:52 Uhr | Von Maria Ossowski
  18
Blick bei einer Baustellenbesichtigung in den Hellenistischen Saal im Berliner Pergamonmuseum. Eines der beliebtesten deutschen Museen muss wegen umfassender Sanierungsarbeiten für etwa vier Jahre komplett geschlossen werden (Quelle: dpa / Jörg Carstensen).
Audio: rbb24 Inforadio | 28.03.2023 | Maria Ossowski | Bild: dpa

Während der Sanierung wird ein Teil des Pergamonmuseums geöffnet bleiben, sagten die Verantwortlichen vor Baubeginn. Dieses Versprechen wurde nun kassiert, der Termin für die Fertigstellung auch. Liegt es am Störfaktor Museumsgast? Von Maria Ossowski

Die Schlange war noch länger als sonst. Hunderte Menschen warteten geduldig, um im Sommer 2014 ein letztes Mal den Pergamonaltar zu bewundern. Mitten drin stand eine sehr alte Dame aus dem Berliner Osten, die seit Jahrzehnten ein Mal pro Monat ihren Pergamonaltar besuchte. Sie wirkte traurig. 95 sei sie, und 2018 oder 2021, wenn dieses Wunderwerk wieder zu sehen sein soll, erlebe sie wohl nicht mehr.

Angesichts der jetzt verkündeten Verschiebung wäre ein Besuch der alten Dame bei der Wiedereröffnung ein medizinisches Wunder.

Ein Teilbereich sollte eigentlich immer geöffnet bleiben

Erst 2027, viel später als geplant, soll der Altar aus dem 2. Jahrhundert vor Christus wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Und weitere zehn Jahre später, 2037, dürfen wir endlich alles im neuen Glanze feiern; das gesamte Museum mit der Prozessionsstrasse vor dem Ishtartor, mit dem Markttor von Milet und den anderen unschätzbaren Kunstwerken, die ab Oktober hinter Baustellengittern verschwinden werden. Seit 2013 wird das Pergamonmuseum, der berühmteste Teil des Unesco-Weltkulturerbes Museumsinsel, grundsaniert.

Eigentlich sollte immer ein Teil geöffnet bleiben fürs Publikum. Das lange Zeit bestbesuchte Museum Deutschlands, das selbst während der Teilschließung noch über 800.000 Besucherinnen und Besucher pro Jahr hatte, wird jetzt also komplett dicht gemacht.

Ja, es ist marode. Die Kriegsschäden wurden nur notdürftig repariert, das Haus schludrig renoviert, der Untergrund der Museumsinsel und die feuchte und bröckelnde Bausubstanz sind für die monumentalen Kunstwerke eine Gefahr. Sie können nicht einfach abgebaut und ausgelagert werden. Neue Gebäudeteile werden die Ausstellungsfläche des Hauses vergrößern.

All das jedoch war immer bekannt. Weshalb wird das Publikum jetzt plötzlich zum Störfaktor?

Kein Trost per 3D-Projektion

Warum ist Bauteil A mit dem Pergamonaltar insgesamt 13 Jahre gesperrt? Und 14 Jahre gar das Ishtartor, das Markttor von Milet, das vorderasiatische Museum? Ist es eine naive Forderung, wenigstens hin und wieder für einige Wochen dieses Weltwunder zugänglich zu machen?

Digitale 3-D-Projektionen, auf Reisen gehende kleinere Kunstwerke oder ein Babylonpanorama sind wahrlich kein Ersatz. Würde die Renovierung nicht auch glücken, wenn sie etwas weniger aufwändig und teuer geplant worden wäre? Nein, sie sei alternativlos, so die Referatsleiterin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung.

Ich finde das mitleidlos gegenüber all den Berlinbesuchern und den Museumsfans weltweit. Eine "zweite Meinung" hätte ich da gerne mal gehört.

Ein kleiner Trost: das Pergamonmuseum wird komplett barrierefrei wiedereröffnet. In 14 Jahren… oder, beim deutschen Bautempo, wahrscheinlich noch später. Dann dürfen wir den Pergamonaltar und das Ishtartor also immerhin mit Rollator bestaunen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 27.03.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Maria Ossowski

18 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 18.

    Kaum ein Kommentar, der wie der Ihre Fragen stellt. Ich bin der Meinung, dass es durchaus Untersuchungen geben sollte! Man muss nicht Schukdige suchen. Aber das einfach so hinnehmen? Nein!

  2. 17.

    Werte Dame, Sie argumentieren hier mit Vernunft und Fakten. Beides hat aber nichts zu melden, wo Ideologie die Vorherrschaft hat. Dafür gibt es ja leider viele traurige Beispiele.

  3. 16.

    Nachdem wegen Corona meine bereits geplanten Besuche in St. Petersburg ausfielen und inzwischen meine Lust nach Russland zu fahren vergangen ist, schnell noch auf die Museumsinsel. Könnte sein, dass ich bei Wiedereröffnung von der Barrierefreiheit "profitiere".

  4. 15.

    Wobei man hier so ehrlich sein muss, dass hier die Berliner Verwaltung eher weniger dafür kann. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz untersteht direkt dem Bund.

  5. 14.

    Was sind schon 14 Jahre Wartezeit angesichts einer (Beriner) Verwaltung, in der nach Jahrhunderten gerechnet und gehandelt wird?

  6. 13.

    Oder an der Kommentatorin?

    Wollen Sie Stimmung gegen die Stiftung/das Museum machen?

    Und gehen Berliner nicht ins Pergermonmuseum ?

  7. 12.

    Bis 2027 ist das gesamte Museum geschlossen. Der Südflügel mit Ishtartor und Markttor von Milet eröffnet 2037

  8. 11.

    Zeitungen schreiben bis 2027. Was stimmt denn nun?

  9. 10.

    Danke für den Kommentar. Sie sprechen mir aus der Seele Frau Ossowski.

  10. 9.

    Selten so einen ausgemachten Unfug gelesen. Die hier beschriebenen Kunstwerke und Ausstellungsstücke weisen rein zeitlich keinen Bezug zu Kolonialherrschaft her.

    Vielleicht wird Ihnen der Artikel und sein Inhalt etwas klarer, nachdem Sie sich mit den verschiedenen Zeitaltern bekannt gemacht haben.

  11. 8.

    Offenbar hat ein Team entschieden, die 'fest verbauten Teile' Prozessionsstraße mit Ishtartor und Markttor von Milet, im Gebäude zu belassen. Ich denke mal, dass es eine sehr umfassend abgewogene Entscheidung ist. In solchen Teams sitzen ja Leute, die auch etwas verantworten müssen. Und ich denke mal, dass es einen umfassenden Untersuchungsbericht gab über den dann diskutiert und letztlich entschieden wurde. - Auslagern wird auch schwierig.., weil...

  12. 7.

    Erstaunt war ich schon, nur jeder, der sich schon einmal mit einem mehr als 80jährigen Haus beruflich o. privat beschäftigen musste, kann viel erzählen. Wir sind immer schnell dabei zu denken, früher wurde am Bau nicht 'gepfuscht'. Aber auch schon uU einfach vom eigentlichen Bauplan abgewichen. Ich möchte nicht wissen, auf welche baulichen Überraschungen das Team bei den jetzt zur Debatte stehenden Gebäudeteilen gestoßen ist. Und es ist zu berücksichtigen, dass sich rechtliche Baubestimmungen, v.a. zur Brand- u. technischen Sicherheit u. unter dem Aspekt der Möglichkeit Gebäudeversicherungen anzupassen oder zu erneuern stark 'angezogen' haben. Und: Es ist immerhin ein Öffentliches Gebäude. Deshalb würde ich mit voreiligen Schlussfolgerungen eher vorsichtig sein. Und wer weiß, ob der prom.Bauherr ein so einsichtiger war oder nach - kann weg- gehandelt hat. Es spielen viele Aspekte eine Rolle. Zur Gebäudetechnik kommt nun noch die energetische Sanierung dazu. Bleibt, hoffen, dass...

  13. 6.

    Deutschland baut und es wird eine Lachnummer. Ich frage mich immer häufiger “sind andere Länder oder deren Bewohner klüger”. Egal was wir anfangen es wird teurer, es wird später und hat nach kurzer Zeit schwerwiegende Mängel.

  14. 5.

    Es wäre ja möglich, die Objekte an anderen Orten zu zeigen.

  15. 4.

    Wenn grünlinke Zerstörerinnen endlich die ganze Macht haben, werden sie sowieso alles Stücke zurückgeben, verschenken und überall Kolonialismus sehen auch wo gar kein Deutscher war.
    Ende von Dtl. ist sowieso beschlossen. Also alles weg!

  16. 3.

    Viele Berliner Gebäude, unter anderem auch der Reichstag, ruhen auf Holzpfählen, die im Spreemorast stecken. Anders aus von Ihnen vermutet, faulen die aber nicht, solange sie im Morast stecken und nicht mit Luft in Kontakt kommen.

  17. 2.

    2037 Neueröffnung! !
    Da bin ich 90 Jahre, falls ich die erleben werde, was ich ja hoffe!
    Ob es mir dann hilft, daß ich dann mit dem Rollator durchs Bodemuseum schlurfen kann?
    Warum kann man nicht das ganze Museum digitalisieren, dann kann man weltweit per Mausklick, auch gegen Bezahlung, durchlaufen! ?

  18. 1.

    Ich vermute, dass das Thema Sicherheit neu bewertet wurde und einen eigenen Raum in der Planung einnimmt.
    Das ganze Gebäude ruht auf Stehlen im Morast. Die sollten langsam durchgefault sein.
    Es wird eine bautechnische Meisterleistung sein, dieses Gebäude zu sanieren.

Nächster Artikel