Konzertkritik | Lauren Mayberry in Berlin - Für größere Bühnen gemacht

Fr 13.10.23 | 11:28 Uhr | Von Hendrik Schröder
Archivbild:Lauren Mayberry bei einem Konzert am 9.10.2023.(Quelle:picture alliance/CapitalPictures/M.Harris)
Audio: rbb24 | 13.10.2023 | Hendrik Schröder | Bild: picture alliance/CapitalPictures/M.Harris

Mit ihrer Band Chvrches spielte die schottische Sängerin Lauren Mayberry in den letzten zehn Jahren weltweit große Hallen. Für ihre erste Solo Tour geht sie es kleiner an. Und spielte im Lido in Berlin Songs, die noch keiner kennt. Von Hendrik Schröder

Es ist natürlich ein bisschen seltsam, wenn eine Künstlerin auf der Bühne steht, die dem Großteil der Zuschauer zwar wohlbekannt ist, deren Solo-Songs aber eigentlich noch keiner kennt. Mayberrys Solo-Album ist nämlich noch gar nicht draußen.

Es kann kaum Absicht gewesen sein, jetzt ohne Album und nur mit zwei veröffentlichten Singles auf Europatour zu gehen, aber so ist es jetzt. Und sowohl Band als auch Fans machen an diesem Abend das Beste daraus. Aber wildes Ausflippen, Schreien, Jubeln bei Intros von Lieblingssongs oder gemeinsames in den Armen Liegen bei einem Grande Finale gibt es nicht. Stimmungshöhepunkt soll kurz vor Schluss eine sehr süß gemacht Coverversion von "99 Luftballons" sein. Nun ja.

Keine Songs von Chvrches

Und Songs von Mayberrys Band Chvrches gibt es schon mal gar nicht. "Tut mir leid", sagt Mayberry in einer Ansage, "heute gibt es nur mich". Und dann sieht man schon ein paar enttäuschte Gesichter bei den geschätzt 200 Zahlenden im Lido, von denen nicht so wenige in Chvrches-T-Shirts gekommen sind.

Aber das ist nur konsequent: Mayberry redet seit 2015 davon, dass sie auch mal was solo machen will. Jetzt macht sie es, da kann sie nicht am Ende dann doch Lieder ihrer Hauptband spielen, das ist völlig klar. Auch wenn ihr Solo-Style sich gar nicht so sehr von den bisherigen Sachen unterscheidet. Elektronisch und durchaus mal ballernd geht es zur Sache. Mit einer hämmernden, digital verstärkten Bassdrum, mit viel Synthie-Kram und Effekten auf der Stimme. Dann wieder sanfter und leiser. Und das alles mit dreiköpfiger Frauenband an Schlagzeug, Bass und Keyboards.

Solo durchstarten

Und auch wenn die Show, die Lauren Mayberry da bringt, eigentlich für viel größere Bühnen gemacht ist und im kleinen, kaum halb vollen Lido etwas zu dick aufgetragen wirkt: Die Frau weiß, wie man eine Bühne ausfüllt. Mit produzierten Intros vom Band, in denen das Licht auf Schwarz schaltet und dann "bämm" geht auf die Eins der Spot an und Lauren reckt die Arme. Im hautengen, schwarzen Kleid macht sie lustige Ansagen, nimmt sich ein bisschen selbst hoch ("Wir Briten sind eigentlich zu nichts zu gebrauchen, wir können nicht mal Fremdsprachen"), dem Publikum schmeichelt ("Ich weiß, wir haben mit Churches viel zu wenig bei euch gespielt"), glockenklar singt (und das so intensiv, bis das Organ fast kippt).

Also Lauren Mayberry hat die Stimme, den Charme, die Songs, die Performance, um auch solo echt durchzustarten. Und dann werden die paar Leute, die gestern da waren, stolz sagen: Ha, ich hab die noch gesehen, da hat die noch im Lido gespielt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.10.2023, 7 Uhr

Beitrag von Hendrik Schröder

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