Liam Gallagher und John Squire in der Columbiahalle - Eine Stunde professionelle Nostalgie

Fr 05.04.24 | 10:20 Uhr | Von Laurina Schräder
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Archivbild vom 21.03.2024: Liam Gallagher spielt gemeinsam mit John Squire ein Konzert im Apollo im britischen Manchester (Quelle: dpa / Mike Gray / Avalon).
Audio: Radioeins, 05.04.2024, Gespräch mit Laurina Schräder | Bild: picture alliance / Photoshot

Zwei Freunde machen ein Album und gehen auf Tour. Von überbordender Euphorie oder gar "Bromance" ist auf der Bühne der Berliner Columbiahalle am Donnerstag allerdings nichts zu spüren. Die Fans gehen am Ende trotzdem glücklich nach Hause. Von Laurina Schräder

Ein Parka, eine Trainingsjacke, und noch eine. Ein, zwei Poloshirts. Fußballtrikot, wieder ein Parka, wieder eine Trainingsjacke. Schon allein am Style des Publikums in der Columbiahalle kann man erahnen, wer hier gleich auf die Bühne kommt. Es wirkt auch so, als wären die meisten schon einmal auf genau diesem Konzert gewesen – auch wenn das geradezu unmöglich ist. John Squire und Liam Gallagher haben erst Anfang März ihre neue und erste gemeinsame Platte veröffentlicht. Seit drei Wochen sind sie damit nun auf Tour, und die endet bereits nächsten Donnerstag wieder.

Der Oasis-Bruder Liam Gallagher ist bereits lange mit John Squire befreundet, der als Gitarrist der Band The Stone Roses bekannt wurde – und maßgeblich für das Album der beiden verantwortlich war. Squire hat Musik und Texte geschrieben, die von Gallagher schließlich eingesungen wurden. Und während Squire eher schüchtern im Hintergrund – wie auch am Abend auf der Bühne – bleibt, hat Gallagher offenbar bereits von einem Nachfolge-Projekt getönt, sollte Squire weitere Songs in petto haben.

Von Nähe ist wenig zu spüren

Die beiden scheinen einen äußerst professionellen Weg gefunden zu haben, der sich auch auf der Bühne spiegelt: um Punkt 21 Uhr geht's am Donnerstag los, und genau eine Stunde später ist der Spaß vorbei. Während des Auftritts rasselt Gallagher mit zwei Maracas zum Schlagzeug, singt und scheint während der wunderbaren Gitarrensoli Squires geradezu abzutauchen. Vielleicht, um nicht im Weg zu stehen, vielleicht verliert man ihn aber zwischen den Köpfen in der ausverkauften Halle auch einfach nur kurz aus den Augen.

Squire interagiert derweil mehr mit dem Rest der Band als mit Gallagher. Eine Nähe der beiden Ikonen, die sich da zusammengetan haben, muss es wohl irgendwo geben – im Publikum ist von ihr allerdings wenig zu spüren. Song für Song ziehen die beiden ihr Set durch – beginnend mit der ersten Single des Albums "Just Another Rainbow". Gallaghers vertraute Stimme hat dabei etwas beruhigend Klares. Deutlich und unverzerrt vertont sie die von Squire geschriebenen Texte, die das Berliner Publikum zum großen Teil bereits mitsingen kann.

Keine Hits von Oasis - die Fans sind vorbereitet

Hits von Oasis oder The Stone Roses werden komplett ausgespart; die Fans sind darauf allerdings vorbereitet und betonen am Ende des Abends lieber nochmal die aktuelle Brillanz des Gesangs und das virtuose Gitarrenspiel Squires. Wobei letzterer insgesamt weniger wahrgenommen wird als Gallagher, denn bloß etwa eine von fünf Personen ist nach einer nicht repräsentativen rbb-Blitzumfrage explizit wegen Squire gekommen. Es fallen Wertungen wie „Amazing“, „Hammer“ und „einfach nur Top“. Gallaghers Aussehen und Frische werden von ein paar jungen Männern um die 20 gelobt; wer weiß, welchen Rockstar sie erwartet hatten.

Es ist ein freundlicher und nüchterner Abend zugleich. Über die „druckfertigen“ Songs – perfektioniert für den Auftritt – lässt sich nicht wirklich meckern; ein bisschen Überraschung und Drama allerdings hätte durchaus sein dürfen, um einem zumindest das illusorische Gefühl zu geben: nicht jedes Konzert von Liam Gallagher und John Squire gleicht dem anderen.

Sendung: Radioeins, 05.04.2024, 5 Uhr

Beitrag von Laurina Schräder

13 Kommentare

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  1. 13.

    Also vom grauen Bart abgesehen darf sich Liam doch wirklich einer gewissen Zeitlosigkeit erfreuen, die hat er doch selbst mal besungen auf einem Album, dessen Namen ich jetzt erstmal nachschlagen musste. Wenn man wie ich hauptsächlich aus persönlich-nostalgischen Gründen auf das Konzert gegangen ist, dann kann man beeindruckt sein von der Beharrlichkeit mit der Liam einfach Liam ist. Sein Zauber ist für mich etwas verflogen aber das liegt wohl eher an mir, schließlich konnte man die freudige Erwartung von früher doch sehr deutlich beim jüngeren Publikum spüren, zumindest vorne vor der Bühne. Es ist genau 7955 Tage her seit dem besten Oasiskonzert meines Lebens auf genau dieser Bühne im Sommer 2002, aber der Geist war noch da, auch wenn's jetzt nicht mehr meine Flasche ist, in der er wohnt. Wo ich gerade über Generationswechsel spreche muss ich noch den Auftritt von Jake Bugg erwähnen, es wird sie immer geben, die englischen Jungs wegen derer Kinder eine Gitarre in die Hand nehmen.

  2. 12.

    Ich bewerte das als ein Ja. Das wäre dann eine gelungende Ost -West Vereinigung. Abgesehen davon, dass sowieso The Jam - the best f....... Band on Earth waren- ... schlage ich ein. Du bist wie immer das Beste in dieser Welt! Thats Entertainment!

  3. 11.

    Yep.
    Aber nur, wenn wir am Brighton Mod-Weekender abflittern : )).

  4. 10.

    Zitat: "Wir freuen uns jetzt schon auf Madness im September. An gleicher Stelle. Da brauch man sich nicht fragen, obs gut wird."

    Madness respektiert seine Fans und bietet diesen immer eine großartige Show. Dieser sich wohl immer noch für ein Gottesgeschenk an die Popmusik haltende und m. E. sehr limitierte Songwriter Liam Gallagher scheint mir eher abfällig auf Fans zu blicken und Konzerte als eine Art Hofhaltung zu betrachten. Nee danke.

    Aber wie man hier gelesen hat, sind nicht wenige dieser modebewusst "inglish" gekleideten Fans ja scheinbar mit sehr wenig zufrieden zu stellen.

  5. 9.

    Ick Dir ooch. Wie isses mit Heirat denne im laufe des Jahres, 32 Jahre sollten reichen für ne Champagne Supernova Pardy, oder wat?

  6. 8.

    Ich meide die beiden überbewerteten Brüder und werde sie immer meiden! Boring!

  7. 6.

    Stimmt zwar, dass Noel die angenehmere Stimme hat (der bessere Songwriter ist er natürlich sowieso), aber ich fand das bei seiner alten Band gerade im Kontrast zu seines Bruders Liam super, der neben einer meinetwegen gewissen Nöligkeit auch was schön rotzig-arrogant-stolzgeschwellt-aufrührerisches hat, was mich äh angenehm an Johnny Rotten erinnert. Man höre sich nur mal "Acquiesce" aus dem (deutlich besseren) Frühwerk seiner alten Band an.

  8. 5.

    Madness kommt nach Berlin? Das einzig wahre in der heutigen Zeit ;-). Aber deren Tickets sind auch nicht gerade günstig, ich wünsche Euch dennoch viel Spaß (neid).

  9. 4.

    Nope, dit war nich wirklich gut. Klar, Nostalgie usw,, allet schön und gut, aber irgendwie wirkte der Gig eher wie ne Jam Session und n paar Songs waren genauso trocken runtergespielt, wie die Platte aufgenommen wurde. Sorry, aber aus unserer Sicht, haben ne Menge Leute nach dem Gig n Fragezeichen über der Stirn gehabt, genauso , wie wir. Also, dass Der letzte Gig im Februar 2020 an gleicher Stelle, der war einfach grandios. Die Stimmung war bombastisch gut. Okay, war ne andere Band, aber dennoch, Litte Barrie, John SQ und Liam wirkten nicht wie eine Band, sondern eben nur wie`n Produkt eines Projektes. Projekt fertig, Kasse durchzählen u. ab dafür... .Aber das , was gestern in 60 Min ablief, nö, nich für 69 EUR! By far too much!! Das beste am ganzen Abend war mein Mädel, we are MODS! Wir freuen uns jetzt schon auf Madness im September. An gleicher Stelle. Da brauch man sich nicht fragen, obs gut wird. All the Mod Cons!

  10. 3.

    Ich frage mich schon seit Jahren, was am Gesang des selbsternannten besten Sänger der Welt so toll sein soll. Ich mochte in den 90ern Oasis, fand den Gesang aber immer ziemlich "nölig" und Live unerträglich, Noel Gallagher war und ist aber nun mal ein brillanter Songwriter und, wie ich finde, auch der Sänger mit der angenehmeren Stimme.

  11. 2.

    Meine Anmerkung als "Boomer", der nicht wenige Konzerte von klein bis ganz groß erlebt hat: Eine Stunde Auftritt zu heutigen Konditionen ist schon ziemlich dreist. Wenn man im aktuellen Projekt nicht mehr Songs hat, muss man halt was covern. Glücklicherweise konnte ich vor gut 40 Jahren auch inflationsbereinigt noch Tickets zu vergleichsweise humanen Preisen kaufen. Und dennoch wussten die Musiker in der Regel, was sie ihrem Publikum schuldig waren, obwohl sie an der Tournee nicht einmal Geld verdienten, sondern an den Plattenverkäufen. Wenn im Vorfeld bekannt war, dass eine Band oder Musiker nicht "lieferten", blieben wir einfach weg. Überhaupt sind die gehyptesten Künstler oft die, die auf ganzer Linie enttäuschen.

  12. 1.

    Rausgeworfenes Geld. Ich habe mich geärgert, dass ich mir das angetan habe. Was hatte ich schon erwartet? Ich frage mich ehrlich, wer da von den Fans "glücklich" nach Hause gegangen ist. Ich hatte nicht gehofft, altes Zeug aus alten Jahren zu hören, bei dem Dargebotenen wäre es allemal besser gewesen. "Hammer" war einzig der Preis.

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