Silvesterkrawalle in Berlin - Innensenatorin Spranger plant Böllerverbotszonen in Neukölln

Mi 22.11.23 | 15:22 Uhr
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Archivbild: Ein Hinweisschild für das Verbot von Feuerwerkskörpern an Silvester klebt im Eingang eines Hochhauses in der Pallasstraße. (Quelle: dpa/K. Nietfeld)
Bild: dpa/K. Nietfeld

Die Bilder von Angriffen auf Rettungskräfte während der letzten Silvesternacht haben bundesweit Entsetzen ausgelöst - eine Wiederholung soll durch Böllerverbotszonen verhindert werden. Wie weit diese reichen sollen, wird derweil kontrovers diskutiert.

  • Auch in Neukölln soll es Böllerverbote geben - wo genau ist noch unklar
  • Innensenatorin peilt großflächige Böllerverbotszonen an
  • Wirtschaftssenatorin Giffey reagiert darauf zurückhaltend
  • Polizei und Feuerwehr bereiten sich schon jetzt auf Silvester vor

In der kommenden Silvesternacht soll es in Berlin mehr Böllerverbotszonen als im vergangenen Jahr geben. Das kündigte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Mittwoch an. "Mein Ziel ist es, auch in Neukölln Verbotszonen einzurichten", sagte Spranger.

Im vergangenen Jahr hatte der Senat drei Zonen im Bereich Alexanderplatz, der Pallasstraße in Schöneberg und rund um das Gefängnis in Moabit festgelegt. Ob ein oder mehrere Zonen in Neukölln dazukommen, werde noch geprüft. Im vergangenen Jahr war es unter anderem im Bereich der Sonnenallee bzw. der High-Deck-Siedlung zu Ausschreitungen gekommen.

Spranger erwägt großflächige Böllerverbote

Nach Sprangers Angaben plant die Polizei in diesem Jahr mit deutlich mehr Beamten: Zum vergangenen Jahreswechsel waren nach Angaben der Innenverwaltung 1.300 Polizeikräfte im Einsatz. Diesmal plane man mit mehr Kräften, weil man neben den Erfahrungen des vergangenen Jahres auch eine verschärfte Sicherheitslage durch den Nahostkonflikt habe.

Spranger bekräftigte, dass sie sich im Rahmen der Bundesinnenministerkonferenz Anfang Dezember für eine Öffnungsklausel einsetzen will. Diese würde es zum Beispiel den besonders betroffenen Stadtstaaten erlauben, auch großflächig das Böllern zu verbieten.

Gegen ein allgemeines Böllerverbot habe es in der Innministerkonferenz erheblichen Widerstand aus anderen Bundesländern gegeben, so Spranger. Die Innensenatorin war in diesem Jahr Vorsitzende der Innenministerkonferenz und gibt diesen Posten turnusgemäß zum Jahreswechsel ab.

Giffey: Verbote müssen auch umsetzbar sein

Berlins Wirtschaftssenatorin und ehemalige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hält derweil komplette Böllerverbote nicht für durchsetzbar. Jedes Verbot müsse auch umsetzbar sein, sagte sie bereits am Montag. "In einer fast Vier-Millionen-Metropole ist ein komplett flächendeckendes Böllerverbot nicht zielführend, weil es nicht überall zu kontrollieren und durchzusetzen ist", so die SPD-Politikerin.

"Und ein Verkaufsverbot nur in Berlin würde dazu führen, dass in den nahe gelegenen Bundesländern oder in Polen eingekauft wird, wo das dann nicht gilt." Forderungen nach einem Verkaufsverbot für Böller in Berlin seien deshalb eine Scheindiskussion. "Wer kaufen will, der kauft dann eben anderswo."

Giffey war zum Jahreswechsel 2022/2023 noch Regierende Bürgermeisterin und hatte die Ausschreitungen und Angriffe auf Rettungskräfte scharf kritisiert. Gleichzeitig hatte sie davor gewarnt, die Silvester-Krawalle als Zeichen gescheiterter Integrationspolitik zu interpretieren und als Reaktion darauf für eine Mischung aus konsequenter Strafverfolgung und präventiver Jugend- sowie Schulsozialarbeit plädiert. Nach der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl im Februar wurde Giffey Wirtschaftssenatorin im neuen schwarz-roten Senat.

Polizei und Feuerwehr gehen in die Kieze

Unterdessen verstärken Polizei und Feuerwehr in Berlin noch einmal ihre vorbeugenden Maßnahmen gegen Gewaltausbrüche. Dazu zählen weitere Präventionsveranstaltungen in Problemkiezen, Jugendschutzkontrollen und die Planung von Polizeibegleitung für Feuerwehreinsätze.

Polizei und Feuerwehr wollen zudem in der Nacht enger zusammenarbeiten, um die Gefahrenlage zu analysieren und Freiwillige Feuerwehren von den gefährlichen Orten fernzuhalten. Das geht aus einer Antwort des Senats auf eine CDU-Anfrage hervor.

In den kommenden Wochen will die Polizei noch mal gezielt auf Schüler und andere Bewohner vor allem in den entsprechenden Stadtteilen in Neukölln, Schöneberg, Wedding und Gesundbrunnen zugehen. In Schulen und Jugendeinrichtungen soll über die Angriffe auf Polizisten und Feuerwehrleute mit Feuerwerkskörpern und die drohenden Strafen gesprochen werden, kündigte der Senat an.

Feuerwehrkräfte tragen spezielle Ausrüstung

Die Feuerwehr empfiehlt ihren Leuten, in der Silvesternacht bestimmte Schutzausrüstung zu tragen, zudem werden ergänzende Schulungen angeboten. Es gibt Informationen zur Notruf-Funktion im Digitalfunk. Das sogenannte Einsatznachsorgeteam zur psychologischen Betreuung nach schwierigen Einsätzen wird Silvester verstärkt und soll auch am 1. Januar bereit stehen.

Außerdem sollen Polizisten Feuerwehrleute zum richtigen Verhalten in Gefahrensituationen beraten und schulen. Die Empfehlungen fließen auch in die Dienstanweisungen der Feuerwehr zu Silvester ein. In absehbar schwierigen und gefährlichen Situationen wird die Feuerwehr von der Polizei begleitet, heißt es in der Antwort der Senatsinnenverwaltung.

In der vergangenen Silvesternacht waren Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter in einigen deutschen Großstädten bei ihrer Arbeit behindert sowie vor allem von jungen Männern mit Böllern und Raketen beschossen worden. Heftige Ausschreitungen gab es in Teilen von Berlin-Neukölln sowie in anderen Stadtteilen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 22.11.2023, 19:30 Uhr

71 Kommentare

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  1. 71.

    Sie denken weder zu weit noch zuviel denn das sind exakt auch meine Gedanken, ich danke Ihnen.

  2. 70.

    Ja,leider gibt es immer noch zu viele Menschen,die sich nicht richtig informieren, die nicht an Bildung interessiert sind, die auf "deutsch gesagt" nicht über ihren "Tellerrand" hinaus schauen wollen.

  3. 69.

    Mein Beitrag dazu,dass das Böllern auch bei Menschen , die ihre Heimat aufgrund eines Krieges verlassen mussten, Ängste hervorrufen könnte, wurden leider entfernt. Denke ich zu weit und zuviel ?

  4. 68.

    Rücksicht ist tatsächlich das Wort der Stunde die genommen werden muss.Böller am besten Bundesweit verbieten,Niemand braucht diesen unsäglichen gefährlichen Quatsch,auch die Notaufnahmen nicht

  5. 67.

    Rücksicht auf andere nehmen ist schon lange zuviel verlangt und völlig aus der Mode gekommen. Gerade in dem hippen linksgrünen und verdreckten Berlin ist das eine Eigenschaft, die als Makel wirkt. Das kann man jeden Tag erleben. Egoismus ist das Wort der Stunde.

  6. 66.

    Es geht doch gar nicht darum, ob sie vorher schon da waren oder nicht. Es geht darum, dass diese Menschen jetzt vielleicht Verwandte dort haben und um sie bangen. Ich glaube nicht, dass Jüdinnen und Juden dieses Jahr groß feiern wollen, wenn der Krieg in Israel noch nicht beendet sein sollte. Könnte man vielleicht auch mal etwas Rücksicht auf andere nehmen oder ist das zuviel verlangt? Dass ein komplettes Verbot "Schwachsinn" ist, ist Ihre Meinung. Ich sehe das vollkommen anders, sorry.

  7. 65.

    Ich halte Frau Spranger nach den letzten Silvesterkrawallen und bei dem agieren gegen die LG für völlig ungeeignet diesen Posten nun im neuen Senat immer noch inne zu haben. Sie disqualifiziert sich fast täglich selbst

  8. 64.

    Also wieder alle doof, haben bestimmt auch wieder ein Exklusivrecht auf "die Wissenschaft" und "Wahrheit" gepachtet. Dann aber wundern, wenn diese Arroganz wieder nach hinten losgeht.

  9. 63.

    Ich glaube die waren schon vorher da, oder gibt's jetzt ne Massenflucht aus Israel? Und die anderen ballern doch kräftig mit? Ein komplettes Verbot ist Schwachsinn.

  10. 62.

    Friedlich ist das Letzte was gewollt ist. Nicht nur Silvester oder beim Fußball. Das scheint in der Natur des Menschen zu liegen ? Die Kriege sprechen doch eine deutliche Sprache.

  11. 61.

    „ tanzen und feiern ohne andere zu verletzen, abzufackeln oder zu verprügeln. Stelle ich mir wirklich toll vor.“
    Da sollte man doch ersteinmal kleiner anfangen. Beim nächsten „wichtigen“ Bundesligaspiel werden Trommeln verteilt und dann schauen wir mal ob alles friedlich bleibt.

  12. 60.

    Es wäre wunderbar, wenn ein großteil der Bevölkerung Mindestgebildete wären. Nicht ohne Grund ist seit Jahren auf den Wahlplakaten immer wieder die Forderung der Politik nach Bildung zu lesen. Allerding ohne erkennbare Resonanz.

  13. 59.

    Hallo Holger, hoffentlich wird Ihr

    SEHR GUTER VORSCHLAG

    von einer zu entscheidenden Person gelesen und umgesetzt.

    Würde mich sehr freuen!!

  14. 58.

    Das Sprengstoffgesetz ist ein Bundesgesetz und nach Art 73 Abs. 1 Nr. 12 GG hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebung auf dem Gebiet des Sprengstoffrechts. Da das GG außer für Fälle der Neugliederung des Bundesgebiets keine Volksabstimmungen vorsieht, kann folglich über die Materie nicht per Volksentscheid bestimmt werden. Eine entsprechende Volksabstimmung wäre unzulässig.

  15. 57.

    Der ist klasse. Dann wird in Berlin mit allen Arten von Percussionsinstrumenten das neue Jahr begrüßt. Das wäre doch mal was. Trommeln, tanzen und feiern ohne andere zu verletzen, abzufackeln oder zu verprügeln. Stelle ich mir wirklich toll vor.

  16. 55.

    Naja, vielleicht die Mehrheit der Baumschulabsolventen, die Rechtschreibung und Grammatik geschwänzt haben. Die Mehrheit der wenigstens Mindestgebildeten und aufwärts ist bestimmt für ein Feuerwerkverbot und ein Zentralfeuerwerk.
    Ich fände eine Volksabstimmung okay.

  17. 53.

    Wer Krach braucht, um die bösen Geister zu vertreiben, soll sich eine Trommel kaufen, finde ich.

  18. 52.

    Und vermutlich werden am 2. Januar Forderungen laut nach noch mehr Geld für Anti-Gewalt-Programme.
    Wenn dann keine Haushaltssperre vorliegt.
    Aber fordern kann man ja mal.

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