Idee einer Magnetschwebebahn - Ist Berlin erschwebenswert?

Mo 20.11.23 | 18:36 Uhr | Von Anna Bordel
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Visualisierung: Maglev Train Stations, von der Graft GmbH für die Magnetschwebebahn TSB (Transport System Bögl) entwickelt. (Quelle: © GRAFT GmbH)
Audio: rbb24 Inforadio | 20.11.2023 | Anke Michel | Bild: GRAFT GmbH

Die CDU möchte Berlin eine Magnetschwebebahn bescheren. Ihr verkehrspolitischer Sprecher schreibt ihr eine Vorreiter-Rolle zu. Experten bezweifeln, dass die Stadt sie benötigt und Umweltschützer, dass sie zum Klimaschutz beiträgt. Von Anna Bordel

Mal ein bisschen über den Tellerrand gucken. Warum sollte Berlin nicht mal Vorreiter in irgendwas sein? Nicht immer in alten Mustern denken. Mit solchen Argumenten und Gedanken rechtfertigt Johannes Kraft, verkehrspolitischer Sprecher der Berliner CDU-Fraktion, die Idee, bald eine Magnetschwebebahn durch Berlin fahren zu lassen. Die CDU hatte das zusammen mit der Vorstellung des Doppelhaushalts 2024/25 angekündigt, finanziert werden sollen die geplanten 80 Millionen Euro aus dem Sondervermögen Klimaschutz.

Und warum nicht? Eine Magnetschwebebahn soll sich auf recht kurzer Strecke von einer Untergrundbahn zu einer hochgestützten Hochbahn wandeln lassen, je nach Bedarf. Ihre Züge können entweder Güter oder Fahrgäste transportieren oder sogar beides kombiniert. Sie fahren ohne Zugführer und dazu noch recht energieeffizient. Aber braucht Berlin so etwas überhaupt?

Verkehrsexperte: Magnetschwebebahn löst Probleme nicht

Nein, findet Andreas Knie, Verkehrsexperte vom Wirtschaftszentrum Berlin. "Die Magnetschwebebahn würde etwas stärken, was Berlin schon hat", sagt er. "Wir haben schon sehr gute Verkehrsmittel, die Menschen und Güter sehr effizient von A nach B tranportieren. Die moderne Welt ist über diese Struktur hinaus gewachsen". Ihm zufolge sei das aktuelle Problem des Nahverkehrs, wie Menschen und Güter zu den Bahnhöfen kommen. Das könne eine Magnetschwebebahn, die auch nur von einem Bahnhof zum nächsten fährt, auch nicht lösen.

Kraft sieht das anders. Kein herkömmliches Bahnsystem soll sich ihm zufolge so schnell und kostengünstig bauen lassen wie die Magnetschwebebahn. "Ein Hersteller sagt, sie können eine solche Strecke mit bis zu 15 Kilometer innerhalb von zwei Jahren fertig gebaut haben", so Kraft gegenüber rbb|24. 80 Millionen Euro seien zwar angedacht, aber je nachdem, wie lang die Strecke werde, könne das auch weniger kosten, sagt er. Im Haushalt seien bereits Mittel für die beginnende Planung der Strecke festgelegt.

Finanzierung aus Sondervermögen noch ungewiss

Dass die 80 Millionen Euro aus dem Sondervermögen des Klimafonds bezahlt werden könnten, ist, wenn man es genau nimmt, noch nicht sicher. Sondervermögen, für die das Land Schulden aufnimmt, müssen mit einer konkreten Notlage begründet werden. Vor einigen Tagen hatte der Landesrechnungshof Berlin Zweifel daran geäußert, dass die Klimakrise eine solche ist. Den Verdacht, die Magnetschwebebahn könnte aus der Schublade geholt worden sein, um den Zweifeln des Rechnungshofes mit einem klar umrissenen Projekt auszuräumen, weist Kraft zurück. Er arbeite schon seit Anfang des Jahres an der Idee.

Inwiefern eine Magnetschwebebahn im Nahverkehr mit Klimaschutz zu tun hat, kann auch auf anderer Ebene angezweifelt werden. Transrapid-Züge sind deshalb energieeffizient, weil weite Strecken mit weitestgehend niedriger Reibung zurückgelegt werden. Kraft räumt ein, dass die Energieeffizienz einer Magnetschwebebahn im Nahverkehr tatsächlich abhängig davon sei, wie weit die Stationen auseinander liegen. "Je länger die Abstände sind, desto effizienter wird auch dieses Transportsystem", sagt er.

Klimaschützer gegen Magnetschwebebahn

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) geht noch weiter und spricht von "einer Verhöhnung aller Menschen, die ernsthaft den Klimaschutz voranbringen wollen". Die Gelder des Sonderfonds sollten dafür eingesetzt werden, schnell Energie und Kohlenstoffdioxid zu sparen und nicht um "absurde Projekte" zu finanzieren, teilte der BUND am Montag mit.

Gefragt, inwiefern eine Magnetschwebebahn zum Klimaschutz passe, antwortet Kraft pragmatisch: "Jede Person und jede Tonne Güter, die wir von der Straße auf die Schiene bekommen, leistet selbstverständlich einen positiven Beitrag zum Klimaschutz". Im Moment liege der Fokus zwar noch auf dem Personenverkehr, aber wenn sich eine Strecke in ein Gebiet mit viel Einzelhandel finden lasse und am Ende der Strecke liege beispielsweise ein Hafen oder ein Güterbahnhof, dann könne das den Lkw-Verkehr der Stadt deutlich entlasten.

Archivbild: Die Ära der Berliner Magnetbahn, die zwei Millionen Fahrgäste seit dem 28. August 1989 zwischen den Bahnhöfen Gleisdreieck und Kemperplatz testeten, geht zu Ende. Aufnahme vom 24.06.1991 (Quelle dpa-Zentralbild/Bernd Settnik)Die Zeit der Berliner Magnetbahn, die zwei Millionen Fahrgäste zwischen den Bahnhöfen Gleisdreieck und Kemperplatz testeten, ging 1991 zu Ende. (Quelle: dpa-Zentralbild/Bernd Settnik)

Alte Berliner Magnetschwebebahn verschrottet

Magnetbahnen fahren bislang auf der Welt nur wenige. Das berühmteste Beispiel ist der Transrapid in Shanghai, der mit bis zu 430 Stundenkilometern über eine Strecke von 30 Kilometern nagelt.

Angedacht wurde ein solches Projekt schon mehrmals für Berlin, es ist sogar schon mal für wenige Jahre eine über Westberliner Schienen gefahren. Zwischen 1984 und 1991 verkehrte die sogenannte M-Bahn unter Regie der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) auf einer Teststrecke zwischen dem Gleisdreieck in Kreuzberg und dem Kemperplatz in Tiergarten. Nach einer langen Testphase ohne Fahrgäste durften eine Zeitlang auch Passagiere mitfahren.

Bahnstrecke wurde nach der Wende für Ost-West-Verbindung gebraucht

So zum Beispiel Markus Jurziczek, der damals ein Schülerpraktikum bei der Magnetschwebebahn absolvierte. "Dass die Bahn geschwebt ist, hat man kaum bemerkt. Natürlich war es sehr angenehmes Fahren, aber das schafft man mit gut gefederten S-Bahnen heute auch", sagt er.

Jurziczek arbeitet mittlerweile in der Planung der Berliner S-Bahn. Eingestampft wurde die Magnetschwebebahn samt Trassen, weil die Bahnstrecke nach der Wiedervereinigung für die Ost-West-Verbindung benötigt wurde. Das Projekt von damals hinterlässt heute laut Jurziczek aber keine Spuren mehr. "Das wurde damals alles abgewickelt". Oder verschrottet, wie man wohl auch sagen kann. Für ihn zu Recht. "Berlin hat alle Nahverkehrsysteme, wieso sollte da noch etwas oben drauf?"

Sendung: rbb24 Inforadio, 20.11.2023, 18:20 Uhr

Beitrag von Anna Bordel

34 Kommentare

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  1. 34.

    Es geht vordergründig nicht um die Magnetschwebebahn sondern um die Verlagerung des innerstädtischen Schienenverkehrs in eine andere Ebene. Unten drunter werden dann 5m Breite Radautobahnen, Grünanlagen, Kinderspielplatz, Sitzecken mit Barbetrieb und Coffeeshops wie in Holland, Blumeninseln und Anderes entstehen.
    Die Autos werden auf dem Gelände des ehemaligen BER geparkt, denn geflogen wird dann auch nicht mehr.
    Ironie aus
    Und bitte keinen politischen Angriffe, ich bin nicht grün.
    Hochbahnen sind nichts neues. So richtig durchgesetzt haben sie sich nicht. Wir sehen was aber dabei rauskommen kann in Kreuzberg ;)

  2. 33.

    Träumen kann man ja mal .... Aber diese Idee ist kein Traum, sondern eine geistige Blähung - so unvorstellbar sinnlos in einer Zeit knapper Kassen. Wir brauchen Wohnungen, wir brauchen gute Lehrer, Polizisten, Rettungskräfte samt optimaler Ausrüstung. Wir brauchen ein soziales Miteinander und die Möglichkeiten dazu - Berlins Mängelliste ist länger als die gewünschte Bahntrasse :-(

  3. 32.

    Schublade voller Trampläne! Gut erkannt! Was ist nicht alles an neuen Strecken von Günther versprochen worden. Wenn es aber mit der Planung ernst werden sollte, hatten Linke und Linkslaternatuve Bedenken gehabt. Es ist fast schon ein EU der, dass zwei noch unter Rot-Schwarz gestartete Planungen fertig gestellt worden sind.

    Die B96 ist ein klassisches Beispiel konzeptloser Symbolpolitik. Busse und LKW sind auch Autos. Die verschwinden ebenso wenig einfach nur weil man Radweg baut wie das auch für PKW gilt. Wien hat es vorgemacht, Paris zieht nach und baut die U-Bahn aus. An der Seine gibt es übrigens ebenso wie hier versch. U-Bahnsysteme.

    Lustig auch, dass das TSB vom Immobilitätssenat mit der Begründung abgelehnt worden ist, dass die Eisenbahn ausreiche. Später war denen die U-Bahn zum BER wichtiger als nach Soandau bei Berlin.

  4. 31.

    Da soll lieber über der hand- u. fußfesten Realität geschwebt werden, als dass ebenerdige Straßenräume augenfällig schöner und zudem noch effizienter aufgeteilt werden: Mit zwei Gleisen und einem 5-Min.-Takt einer Straßenbahn werden so viel Menschen von A nach B bewegt wie bei einer vierspurigen Autostraße, bei Taktverdichtungen auf 2 1/2 - 3 Minuten sind es so viel wie bei einer sechsspurigen Autostraße.

    Wer mit dem wertvollen Platz in der Stadt sorgsam umgeht, weiß, was diesbezüglich zu tun wäre. Nicht so die CDU bzw. die FDP, bundespolitisch Olaf Scholz und wie scheint mittlerw. auch die Berliner SPD: Eine ineffiziente und den Straßenraum verunstaltende Fortbewegungsart wird weiterhin auch im Zentrum hochgehalten, vermeintlich aus der Befürchtung heraus, dass dann weniger Menschen die hochkarätigen Gefährte kaufen. Am Stadtrand würden sie sich verlieren, im Zentrum rücken sie ins Blickfeld. ;-

    Kein substanzieller Grund, wie ein HB-Männchen in die Luft zu gehen. ;-

  5. 30.

    Knie ist lustig. Wo werden bei S- oder U-Bahn Güter transortiert außer in der Phantasie von Changing Cities in den Wartungspausen? Der Hauptvorteil ist neben dem Platzbedarf die deutlich geringere Lautstärke. Daß Rad/Schiene Krach macht, wusste man schon vor 120 Jahren und hat die U-Bahn deshalb nur in ausgewählten Bezirken als preiswertere Hochbahn ausgeführt. Heute freuen sich Radler über den Platz darunter.

    Hauptnachteil ist mangelde Kompatibilität, woran, neben den Kosten als Hauptgrund, der Transrapid gescheitert ist. TSB kostet jedoch deutlich weniger, nämlich in Größenordnung einer Hochbahn, ist aber auch bedeutend langsamer. Allerdings haben S-, U- und Straßenbahn auch nur Spurweite gemeinsam.

  6. 29.

    Wieder was man dann aus der Rentenkasse klaut?

  7. 28.

    Aber manchmal ist auch in der Politik eine Versicherung ratsam, zwar ungewöhnlich und unüblich, aber gut, wenn man sie dann hatte, in den Situationen, wo sie denn zweckmäßig und angeraten erscheinen, was man aber in den seltensten Fällen vorher weiß...........
    konez filma

    Übrigens Versicherung. Habe heute meine Kfz-VS bekommen. Wie üblich per email der Hinweis, dass ich mich einloggen soll, da ich Post habe. Und was schätzen alle? Fast 90 Euronen mehr. Aber "Finanztip" hatte das angekündigt.
    Nun gut, dann fahren wir eben Schwebebahn. Mir doch egal.

  8. 27.

    Die Vorschläge der CDU sind 30 Jahre alt (Olympia, Transrapid) und schon damals krachend gescheitert. Es ist schlimm, dass eine Partei von gestern mit Ideen von vorgestern unser Heute gestalten möchte. Ich freue mich auf die nächsten Abgeordnetenhauswahlen. Versicherungsvertreter bleibt eben Versicherungsvertreter. Diese Stadt braucht Zukunft!

  9. 26.

    Da will sich anscheinend wer ein Denkmal setzen.
    Ungefähr genau so peinlich und sinnlos, wie unser Einheitsdenkmal, was nach 35 Jahren kein Mensch mehr braucht, nur teurer.
    Und fertig werden wird's auch nicht

  10. 25.

    Berlin 2036:
    Mit der Magnetschwebebahn zu Olympia, dann mit dem Hyperloop nach Hause und abends mit dem Flugtaxi zum Briefkasten... oh Berlin, wie tief bist du in nur einem Jahr gesunken... kümmer dich bitte darum, dass die Busse wieder häufiger fahren, dass wir bei Pisa-Studien nicht immer nur Schußlucht sind und dass der Rettungswagen kommt wenn man ihn braucht... kurz: Einfach um uns Menschen!

    .

  11. 24.

    Schon wieder eine Magnetbahnteststrecke? Fällt euch nicht mal was Neues ein?

  12. 23.

    oder so
    "Es fährt ein Zug nach Nirgendwo
    Den es noch gestern gar nicht gab
    Ich hab' gedacht, du glaubst an mich
    Und dass ich dich für immer hab'

    Es fährt ein Zug nach Nirgendwo
    Und niemand stellt von grün auf rot das Licht......"

    Die jeweils zweiten Zeilen finde ich am besten.

  13. 22.

    Was für ein unsinniges Prestigeobjekt der CDU. Die Kassen sind leer und der Nahverkehr ist wirklich gut ausgebaut in Berlin. Man sollte besser den derzeitigen Nahverkehr weiter verbessern. Solche Projekte sind schon mal aber auch in München schon mal gescheitert.

  14. 21.

    Empfehle dringend eine Dienstreise nach Bangkok, um den Schwebebahnfans, ausgerüstet mit Kameras, mal einen Blick auf die Betonhochbahn zu ermöglichen. Praktisch für Benutzer, aber für Anwohner ein Albtraum.
    Bei den explodierenden Baukosten werden die veranschlagten Kosten niemals einzuhalten sein. Wieviel Wohnungen könnten dafür gebaut werden?

  15. 20.

    Wer soll das bezahlen?
    Wer hat das bestellt?
    Wer hat so viel Pinkepinke?
    Wer hat so viel Geld?

  16. 19.

    Liebe CDU, lieber Senat, kümmert euch doch bitte um die vielen Tram-Vorhaben, die seit Jahren in den Schubladen liegen. Die Trassen sind bereits vorausgewählt, Tram muss nicht getestet werden und gut für den Klimaschutz ist eine ebenerdige Straßenbahn ohne aufwändige Betonstelzen allemal.
    Ein Senat, der Fahrradspuren verkleinert oder gar ganz absägt oder auch Fördergelder wie am Halleschen Ufer verfallen lässt, sollte nicht das Sondervermögen Klimaschutz für seine unsinnigen Träumereien ausgeben (dürfen).
    Lächerliche Idee, liebe CDU, die nach hinten losging.

  17. 18.

    ... und das wissen Sie jetzt schon, dass es gegenteilige Gutachten dazu gibt?? Oder beziehen Sie sich auf Anekdoten?? Der Gedanke wurde heut erst publik.

  18. 16.

    Achtung Berlin, wenn die CDU Berlin eine Magnetbahn möchte! Berlin hat die M1 aus den 80zigern nicht vergessen!

    Damals hat der CDU geführte Senat eine "ungünstige" Strecke ausgewählt: vom Gleisdreieck auf einer U-Bahnbrücke statt z.B. von Jungfernheide zum Flughafen Tegel! Fast so, als wenn die CDU Berlin nie auf den Mauerfall hoffte?

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