Kampf gegen das Coronavirus - Was bei einer Ausgangsbeschränkung erlaubt - und was verboten wäre

Dutzende Menschen in Parks, gut gefüllte Straßencafés: Der Umgang mancher Berliner mit der Corona-Krise stößt der Politik bitter auf. Im Raum steht als letztes Mittel die Ausgangsbeschränkung. Doch was bedeutet das eigentlich genau? Von Frank Preiss
Am Mittwoch drohten sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), mit noch schärferen Maßnahmen, sollten weiterhin nicht alle Menschen in Deutschland den Ernst der Lage erkennen. Sogenannte Corona-Partys, zu denen sich meist Jugendliche und junge Erwachsene auf öffentlichen Plätzen und in Parks treffen, versetzen die Politik in noch stärkere Alarmbereitschaft.
Mögliche Konsequenz: Schon bald könnte Berlin zum drastischsten Mittel greifen: zur Ausgangsbeschränkung.
In Italien gilt sie schon seit Wochen, seit kurzem auch in Frankreich, Spanien und Belgien. Auch in Deutschland, genauer in Bayern, haben erste Landkreise eine Ausgangssperre verhängt. Ob in den kommenden Tagen flächendeckend Ausgangsbeschränkungen verhängt werden, sei allein vom Verhalten der Bevölkerung abhängig, betonen auch am Donnerstag immer mehr politisch Verantwortliche.
Ausgangssperre wäre hierzulande Neuland
Rechtlich gesehen ist die Verhängung einer Ausgangsbeschränkung oder -sperre nicht unproblematisch. Bislang hat es im Nachkriegsdeutschland noch nie eine solche gegeben. Ein Grund ist das "Recht auf Bewegungsfreiheit", verankert im Grundgesetz, Artikel 11, Absatz 2. Der Staatsrechtler der Universität Bayreuth, Stephan Rixen, sieht in Paragraf 28 des Infektionsschutzgesetzes einen möglichen Hebel: "Da das Robert-Koch-Institut die Gefährdungslage mittlerweile als hoch einschätzt, wäre das begründbar." Das Institut stufte die Gefährdungslage am Dienstag von "mäßig" auf "hoch".
Eine Ausgangsbeschränkung oder -sperre verhängen kann eine Gebietskörperschaft, wenn die öffentliche Sicherheit gefährdet ist. Diese Ausgangssperre kann im Rahmen der Seuchenbekämpfung verhängt werden. Mit Gebietskörperschaft ist gemeint, dass ein Landrat oder Oberbürgermeister für seine Gemeinde oder Stadt, eine Landesregierung für ihr Bundesland oder die Bundesregierung für Deutschland eine Ausgangssperre verhängen kann.
Wohin darf man noch gehen?
Anhand der schon in manchen europäischen Staaten verhängten Einschränkungen lässt sich ableiten, was diese Maßnahme für Deutschland bedeuten könnte. Verboten wären das Verlassen der eigenen Wohnung und damit auch das Betreten von öffentlichen Straßen, Plätzen, Parks.
Allerdings nicht ganz und gar: Erlaubt wären nämlich auch weiterhin
- Arztbesuche
- Einkäufe
- Tankstellenbesuche
- Bankbesuche
- die Fahrt zur Arbeit, wenn Homeoffice nicht möglich ist
- Sportarten im Freien, sofern man dabei allein ist
- Gassigehen mit dem Hund, so lange man in Wohnungsnähe bleibt
- Familienzusammenführungen etwa für getrenntlebende Eltern, die ihre Kinder sehen wollen
- die Betreuung Hilfsbedürftiger
All diese Regelungen können, aber müssen nicht in Kraft treten. Die konkreten Beschränkungen obliegen der Gebietskörperschaft.
Welche Strafen beim Verstoß gegen Ausgangsbeschränkungen drohen, hängt von der Lesart des Infektionsschutzgesetzes ab. Dort steht zwar in Paragraf 28, die zuständige Behörde könne "Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind".
Wer einer solchen verbindlichen Anordnung zuwiderhandelt, müsste laut Infektionsschutzgesetz mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen. Diese Regelung umfasst aber eher vorübergehende als längerfristige Ausgangssperren, erläutert Staatsrechtler Rixen.
Franzosen müssen sich schriftlich erklären
In Frankreich gilt bereits landesweit eine Ausgangsbeschränkung, die Präsident Emmanuel Macron verhängt hat. Hunderttausend Polizisten und Gendarme sollen die Einhaltung der Ausgangssperre überwachen. Innenminister Castaner kündigte fest installierte und mobile Kontrollen im ganzen Land an. Wer gegen die Regeln verstößt, könne mit Strafen zwischen 38 und 135 Euro belegt werden.
Jeder und jede, die sich nach Beginn der Ausgangsbeschränkung außerhalb ihrer Wohnung aufhalten, müssen schriftlich nachweisen, dass der Ausgang notwendig ist. Dazu stellt die Regierung Formulare zum Herunterladen bereit, akzeptiert aber auch handgeschriebene Formulare bei allen, die keinen Computer und Internetzugang haben.
In Spanien gilt seit Montagmorgen (16.3.2020) eine Ausgangssperre. Menschen dürfen nicht mehr unnötig das Haus, Hotel, bzw. ihre Unterkunft verlassen. Verboten sind auch Strandspaziergänge, der Aufenthalt am Strand überhaupt, die Besichtigung von Sehenswürdigkeiten oder Städten, Besuchen von Freunden und auch bloßes Umherlaufen und Spazierengehen.