Kommentar | Verbot von Corona-Demos gekippt - Niederlage des Innensenators zeigt die Stärke der Demokratie

Sa 29.08.20 | 18:59 Uhr | Von René Althammer, rbb24 Recherche
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Teilnehmer sitzen auf der Straße bei einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen. (Quelle: dpa/Bernd Von Jutrczenka)
Bild: dpa/Bernd Von Jutrczenka

Mit der Entscheidung der Gerichte, am Samstag in Berlin Demonstrationen und Kundgebungen gegen die Corona-Regeln zuzulassen, hat Innensenator Geisel eine Niederlage erlitten. Die Demokratie hingegen hat für René Althammer einen Sieg davongetragen.

 

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) ist, das sollte er sich immer vergegenwärtigen, qua Amt für den Schutz und die Verteidigung der Grundrechte aller Bürger verantwortlich. Er ist "Verfassungssenator", ein Amt, in dem er als Bürger persönliche Überzeugungen haben und vertreten kann und soll - in dem er sich als Senator aber davon nicht leiten lassen darf. Der Maßstab seines Handelns muss das Grundgesetz sein, nicht seine persönliche Überzeugung.

Nachdem die Versammlungsbehörde beschlossen hatte, die Demonstration gegen die Corona-Politik der Bundesregierung zu verbieten, hätte es Geisel sein müssen, der die Frage stellt, ob dies verfassungskonform ist. Hat er aber nicht, leider. Denn mit seiner uneingeschränkten Zustimmung hat er nicht nur seine persönliche Überzeugung, die für mich nachvollziehbar ist, zum Ausdruck gebracht, sondern auch ein fragwürdiges Amtsverständnis offenbart.

Demonstrationsrecht steht auch Andersdenkenden zu

Das Demonstrationsrecht, die freie politische Meinungsäußerung ist eines der bestimmenden Grundrechte unserer parlamentarischen Demokratie, unseres Staates. Es steht auch denen zu, deren Meinung der eine, andere - oder viele nicht teilen.

Die Einschränkungen sind klar geregelt: Offen menschenverachtenden, extremistischen, rassistischen und antisemitischen Meinungen steht die Demonstration als Bühne der öffentlichen Meinungsäusserung nicht zur Verfügung. Ansonsten gelten Auflagen, die der allgemeinen Sicherheit dienen - in diesem speziellen Fall Abstandsregeln und ein Hygienekonzept.

Gerichtsentscheide offenbaren falsches Amtsverständnis

Werden sie nicht eingehalten, so tragen die Organisatoren und die Teilnehmer die Konsequenzen, mehr nicht. Im konkreten Fall heißt das, die Demonstration wird aufgelöst. Das muss die Polizei und sie tut es. Die Veranstalter haben sich das selbst zuzuschreiben: Wer demokratische Grundrechte einfordert, der muss sich auch an die Spielregeln, in diesem Fall die gerichtlich verfügten Auflagen halten.

Die gerichtlichen Entscheidungen, um das Demonstrationsrecht gegen den "Verfassungssenator" durchzusetzen, sind ein Sieg der Demokratie, der Gewaltenteilung und offenbaren zugleich ein falsches Amtsverständnis der handelnden Politiker. Senatoren, Minister, Ministerpräsidenten und die Kanzlerin, sie alle haben die Pflicht, die Grundfesten unserer Gesellschaft auch für all jene zu verteidigen, deren Überzeugung sie nicht teilen.

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Beitrag von René Althammer, rbb24 Recherche

84 Kommentare

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  1. 83.

    Unser Genom besteht zu einem großen Teil aus Viren-RNA. Viren sind allgegenwärtig und einige brauchen wir sogar. Viele sind für uns völlig harmlos, manche nur manchmal schädlich, die wenigsten tödlich. Wäre auch dumm von den Viren, denn sie brauchen einen lebendigen Wirt. Ihre Aussage ist grob unwissenschaftlich und falsch. Solches Unwissen zu verbreiten ist schädlich, schädlicher als die meisten Viren.

  2. 82.

    Viren sind tödliche Krankheitserreger. Wie können wir uns vor den Zellparasiten schützen. Zwar mag sich die Maske für manchen „ein bisschen lästig anfühlen“, sie sei aber ein „sehr, sehr wirksamer Schutz gegen weitere Ansteckungen“. Den Maskenmuffeln ist das egal, Rücksichtslos. Solidarische Einstellung ist besser. Sich und andere schützen. Um sich auf die Auswirkungen von Sars-CoV-2, dem Virus, das Covid-19 verursacht, vorzubereiten und dessen Ausbreitung einzudämmen. Schütz dich, schütz mich, schütz alle.

  3. 81.

    Nein, ich war nicht vor Ort. Aber selbst wenn ich dagewesen wäre, wäre ich nicht so vermessen, mir zuzutrauen, einfach Pi mal Daumen rsp. via Augenmaß zuverlässig einschätzen zu können, wie viele Menschen vor Ort waren. Wenn jemand etwas anderes behauptet, dann zeugt das - mit Verlaub - lediglich von reinstem Größenwahn, und so was kann ich nicht ernst nehmen. Dafür gibt es mathematisch-räumliche Verfahren, die jede noch so gute Schätzung überflüssig machen. Denn Augenmaß ist subjektiv, Mathematik hingegen ist objektiv.

  4. 80.

    Sehr einverstanden.
    Es ist schon erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit so einige davon ausgehen, dass vor allem andere für ihr Wohlergehen verantwortlich sind. In einer Situation, in der man zum einen für sich selbst verantwortlich sein kann, es zum anderen aber doch gefährlich wäre, sich auf andere zu verlassen, ob MNB-Träger oder nicht.

  5. 79.

    Ja diese fürsorglichen Leute kenne ich noch vom April ..... die wurden alle fürsorglich als eine maskenpflicht eingeführt wurde.
    Da habe ich wohl eine falsche Herangehensweise..... was kann ich tun um mich zu schützen ...erst danach kommt was müssen andere tun.
    Bequemer ist es natürlich zu schreien .... die anderen müssen dafür sorgen bzw. der Staat muss doch dafür sorgen.

  6. 78.

    Schade, dass Sie so zynisch und unsachlich pöbeln. Genau Sie zerstören jede Diskussionskultur und damit ein wichtiges Stück Demokratie.
    Waren Sie vor Ort? Dann könnten Sie - statt abwertender Sprüche - Ihre Erfahrungen und Ihr Wissen von der Demo hier beitragen.
    Aber statt pauschaler Verunglimpfungen kommt von Ihnen leider wenig. Nichts beizutragen aber abwerten. Sowas brauchen wir hier nicht.

  7. 77.

    Nur war sein Versuch von sehr schlechter Qualität. Mit etwas mehr Kompetenz und Sorgfalt in der Begründung hätte er Erfolg haben können.

  8. 76.

    Nein, denn die müssen sich bei Ihrer Entscheidung zwingend an geltenden Gesetzen orientieren, was Herr Geisel eben nicht getan hat. Sein Verbot war "rechtswidrig". Zitat aus der Begründung des OVG Berlin.

  9. 75.

    Für mich zeigt es nur die Unfähigkeit eines Innensenators, ein Demonstrationsverbot vernünftig zu begründen und auch dessen eigenartiges Demokratieverständnis. Einfach mal die Entscheidungsbegründung des OVG Berlin durchlesen. Vernichtend für Herrn Geisel.

  10. 74.

    Guter Kommentar.
    Vielen Dank

  11. 73.

    Ja, klar. Auf Ihr legendäres Augenmaß ist bekanntlich Verlass ... Wenn Leonore sagt: "Es waren mehr", dann ist das so! Danke, Leonore (aka Rainman)! Was würden wir bloß ohne Ihre übermenschlichen Fähigkeiten tun?

  12. 72.

    Meine Güte, ist es so schwer? "Sachlich und emotionslos" ist ein Bericht, aber kein Kommentar. Dies ist der Kommentar eines Journalisten. Somit ist hier alles subjektiv, was weit weg davon ist, sachlich und emotionslos zu sein.

  13. 71.

    Das ist der Kommentar eines Journalisten - hier sind subjektive Ansichten erlaubt. In einem Bericht jedoch nicht, da gilt Objektivität. Verstehen Sie das jetzt?

  14. 70.

    "Niederlage des Innensenators zeigt die Stärke der Demokratie"

    In erster Linie zeigt das die Naivität und Kurzsichtigkeit unserer Gerichte.

  15. 69.

    Liebe Marina, tragen Sie es mit Fassung und lächeln Sie drüber.
    Für Martina bin ich seit einem Kommentar auch ganz ganz sicher männlich (und habe mich nur als Frau ausgegeben), weil ich in Sachen Gendering, Benachteiligung von Frauen usw. nicht Ihrer Meinung war.
    Hab mir inzwischen das Infoheft des Senats zum Gendering durchgelesen, hab mich entschieden, dass mein liebstes Geschlecht daraus Katze wäre (kein Scherz, steht wirklich drin) und warte jetzt darauf, dass Martina mich in Zukunft streichelt und füttert :-), auf ihre Kommentare antworte ich aber nicht mehr.

  16. 68.

    Als Sternstunde der Demokratie kann ich die Niederlage des Innensenators nicht gerade bezeichnen. Das, was sich gestern in verstörender Weise bewahrheitet hat, war abzusehen. Herr Geisel hat mehr Weitsicht gezeigt, als die Justiz. Ich finde, dass angesichts der Erfahrungen aus den bisherigen "Anti Corona Demos" und dem, was im Vorfeld der gestrigen Veranstaltung bekannt geworden ist, hätte auch anders entschieden werden können.

  17. 67.

    Das ist schlechter Stil Frau Marina. Sagen Sie einfach Sie möchten meine Kommentare nicht lesen. Statt den erfolglosen Versuch zu unternehmen mich zu beleidigen. Das gereicht Ihnen zum Schaden. Nicht mir.
    Ansonsten freue ich mich auf inhaltlich-sachliche Erwiderung.

    PS. Seien Sie nicht beleidigt und empfinden als respektlos, was durch Soziologie, Politikwissenschaften, kritische Ökonomie, kritische Theorie und tiefergehenden gesellschaftlich-historischen Diskurs bereits gut beschrieben ist und einige Katastrophen in Geschichte und Welt verursachte: Ein wohlstandsverwahrlost-verängstigter Mittelstand, der immer mehr zu autoritären, antidemokratischen Pseudolösungen, Erzählungen und Haltungen neigt. Um dann der Gesellschaft eine Diktatur zu bescheren. Ist keine Analyse die auf meinem Mist gewachsen wäre.
    Und: Sie können sich entscheiden wozu Sie gehören wollen. Müssen nicht beleidigt sein. Ist ja auch gar nicht mein Ziel.

  18. 66.

    Sie unterliegen einem gefährlichen Problem: Es ist Ihre ahistorische, die Fakten nicht zur Kenntnis nehmende Überzeugung den Kontext dennoch redlich herzustellen. Nehmen Sie zur Kenntnis das Demonstrationsverbote in der Bundesrepublik Deutschland in vielen Jahrzehnten Legion sind. Gehen Sie in sich wie oft Sie sie nicht hinterfragten, weil Sie ein Verbot, - von denen viele ja auch nur Verbotsversuche waren - schlicht irgendwie so im vorbeigehen richtig fanden.
    Es gehört zu diesem Milieu der Gernegroße, der Selbstüberhöhung das ihnen allein die Ungeheuerlichkeit, der Skandal, die Unverfrorenheit widerfährt, für die sie sich ansonsten einen Dreck interessieren. Betreffen bürokratische Drangsalierungen andere. Und nehmen Sie zur Kenntnis: Demonstrationsverbote sind mit dem Grundgesetz zu legitimieren. Und Gerichte legen da zum Glück scharf korrigierende Maßstäbe an, was anderseits zweifellos manchmal als Demonstration besser nicht stattfindet. Letzteres nennt man politische Haltung.

  19. 65.

    Nennt sich Gemeinwesen, Gemeinschaft, gesellschaftlicher Zusammenhalt, Fürsorge schwächeren ggü... Ich glaub, der Platz hier würde nicht reichen, um alles zu schreiben. Vlt. in Kurzfom: Staat.

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