Hohe Zahl an Covid-Patienten - Berliner Intensivmediziner schaut "mit großer Sorge" auf Weihnachten

Mo 07.12.20 | 08:03 Uhr
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Ärzte stehen in einer Covid-Intensivstation. (Bild: dpa/Waltraud Grubitzsch)
Audio: rbb | 07.12.2020 | Jörg Weimann | Bild: dpa/Waltraud Grubitzsch

In mehr als jedem vierten Bett auf Berliner Intensivstationen liegt inzwischen ein Corona-Patient. Jörg Weimann leitet die Intensivmedizin am Sankt-Gertrauden-Krankenhaus in Wilmersdorf. Es gebe kaum noch Kapazitäten, mahnt er.

Der Leiter einer Berliner Intensivmedizin hat sich am Montagmorgen im Inforadio besorgt über die hohe Auslastung der Intensivbetten mit Corona-Patienten gezeigt. "Auf einem Viertel unserer Kapazitäten behandeln wir nur noch eine Krankheit", sagte Jörg Weimann, Chef der Intensivmedizin am Sankt Gertrauden-Krankenhaus in Berlin-Wilmersdorf am Montagmorgen dem rbb. Er schaue "mit sehr großer Sorge auf Weihnachten".

Am Wochenende ist die Berliner Corona-Ampel für die Auslastung der Intensivbetten mit Corona-Patienten auf Rot gesprungen - mit 26,6 Prozent liegt dieser Wert so hoch wie noch nie während der Pandemie. Weimann betonte, diese 26,6 Prozent bedeuteten zugleich, "dass wir zur selben Zeit nur noch 75 Prozent für andere Intensivpatienten übrig haben. Das muss man steuern, wir haben kaum noch freie Betten", so der Intensivmediziner.

Personalmangel auf den Intensivstationen

Die Behandlung dieser Intensivpatienten sei "extrem aufwändig", schilderte Weimann die Lage in den Krankenhäusern. "Unser Personal muss immer wieder die Schutzkleidung wechseln, hinzu kommen die komplexen Beatmungen, Dialysen, Lagerungstechniken."

Hinzu komme, dass man nicht mehr das übliche Personal zur Verfügung habe: "Auch dort ist der Krankenstand nach oben gegangen, weil sich unser Personal im privaten Bereich angesteckt hat oder in häuslicher Quarantäne bleiben muss, weil Kinder oder Partner sich infiziert haben", so Weimann.

"Verhalten mancher konterkariert Lage in den Krankenhäusern"

Er sei besorgt über die aktuelle Entwicklung in Berlin, so Weimann. Auf lange Schlangen vor dem Glühweinausschank von Restaurants oder vor Geschäften blicke er zwiespältig: "Einerseits habe ich Verständnis dafür. Wir haben es mit einem Marathon zu tun und haben noch sehr viele Kilometer vor uns, da sind die Leute genervt. Wenn ich dann aber auf die Intensivbetten-Auslastung schaue, fehlt mir jegliches Verständnis."

Weimann betonte, Covid-19 sei eine schwere Erkrankung. "Neben den Sterbefällen gibt es auch schwerwiegende Langzeitfolgen. Schwerstkranke Patienten werden lange brauchen, bis sie sich wieder erholt haben. Dieses Verhalten mancher konterkariert das, insofern schaue ich auch mit sehr großer Sorge auf Weihnachten", so Weilmann im Inforadio.

Werden die Feiertagsregelungen nochmal verschärft?

Unterdessen deutet immer mehr darauf hin, dass neben Berlin auch andere Bundesländer die Kontaktbeschränkungen zumindest für die Zeit nach Weihnachten und über Silvester nochmal verschärfen. Bislang gilt in den meisten Bundesländern die Regelung, dass vom 23. Dezember bis zum 1. Januar zehn Personen aus zehn Haushalten zusammenkommen können. In Berlin dürfen es über die Weihnachtstage fünf Personen aus fünf Haushalten sein, danach wieder lediglich fünf Personen aus zwei Haushalten. In Brandenburg dürfen sich an Weihnachten zehn Personen aus zehn Haushalten treffen, ab dem 27. Dezember erneut nur noch fünf aus zwei Haushalten. Kinder werden jeweils nicht mitgezählt.

Am Sonntag beschloss die bayerische Landesregierung ein Abweichen von dieser Regelung. In Kreisen mit hohen Inzidenzwerten soll es nächtliche Ausgangssperren geben. Auch im Bundeskanzleramt werden Überlegungen lauter, bei den Regelungen für die kommenden Wochen nochmal nachzusteuern. Kanzleramtschef Helge Braun sprach sich in der "Bild"-Zeitung für schärfere Corona-Regeln in Hotspots aus. Weil ein "Lockdown dieser Art" auf Dauer nicht funktioniere, werde man "mindestens in den Hotspots nochmal richtig deutliche Verschärfungen machen müssen“, sagte der CDU-Politiker am Sonntagabend.

Mit Blick auf Silvester sagte Braun, es sollte keine Partys geben. Bund und Länder hatten vereinbart, bei Familientreffen vom 23. Dezember bis 1. Januar zehn Personen plus Kinder zuzulassen. Der Kanzleramtschef betonte, der Spielraum sei gedacht gewesen für Menschen, die über Weihnachten arbeiten müssen. Diese Regelung dürfe aber kein Einfallstor für Millionen andere sein, Silvester Partys zu feiern. Braun warb dafür, Weihnachtsbesuche bis 27./28. Dezember zu beschränken.

Sendung: Inforadio, 7.12.2020, 6:25 Uhr

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49 Kommentare

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  1. 49.

    Was ist eigentlich mit der in Rekordzeit extra erbauten Coronaklinik am Messedamm ?? Darüber hört man rein gar nichts mehr. Die haben da doch auch 500 - 800 + Betten. Wie ist denn da die Belegung ?? Ist die überhaupt in Betrieb ??

  2. 48.

    Insbesondere wenn sie nicht den "Gegner" erreichen. Es könnte ja sein, das der Gegner zuerst schießt.

  3. 47.

    Sehe ich genauso--. Und wer unbedingt die 5 Personen ausreizen will, sollte meiner Meinung nach die Kinder MITZÄHLEN, denn im Bekanntenkreis haben wir eine Mutti und ein Kleinkind, die beide positiv sind, man kann also nicht davon ausgehen, die Kleinen brächten schon keine Gefahr. Wir haben 85jährige Verwandte in Spanien, dort gehen die Zahlen angeblich zurück, die Wahrheit ist aber, die zählen seit kurzem anders und feiern sich jetzt dafür, dabei herrscht dort, besonders bei Ärzten, ein dramatischer Personalmangel, die "echten" Zahlen sind immer noch scheiße und wir haben auch immer Panik, dass dort jmd. aus d. Familie ins Krankenhaus muss, weil zwischendurch das Volk schon aufgerufen wurde, bitte keine Herzinfarkte zu bekommen: https://www.merkur.de/welt/coronavirus-spanien-madrid-krisenregion-regierung-fordert-militaer-aerzte-soldaten-zr-90052882.html
    Übrigens, wer Medizin im höheren FS studiert/ ein med. Vorkenntnisse hat, Vivantes sucht auf den Coronastationen dringend Helfer.

  4. 46.

    Im Krankenhaus möchte man (sowieso nicht) aber zur Zeit wirklich ganz und gar nicht liegen! Es ist keinerlei Besuch erlaubt, und man darf noch nicht mal für den Kranken was abgeben!
    Mein liebster Kumpel musste gerade wegen einer schweren Blutvergiftung eine Woche im Krankenhaus verbringen. Falls man keine Möglichkeit hatte, vorher eine Tasche zu packen, hat man dann nichts da, kein Nachthemd, kein Buch...die Cafeteria ist geschlossen, auf den Gängen darf man sich eh nicht aufhalten.
    Man kann quasi "glücklich" sein, krank & mit Medikamenten vollgestopft genug zu sein, die Zeit in möglichst benebeltem Zustand hinter sich zu bringen.

  5. 45.

    " " Mit Waffen ist Frieden nicht zu schaffen, sondern durch weniger Waffen. "

    dieser Aufruf verhallt stets ungehört , im Gegenteil : manche Staaten fühlen sich nur halbwegs sicher mit Atomwaffen und streben die deshalb an , so Iran, Nordkorea , die stehen aktuell im Focus eines anderen Staates , Indien u. Pakistan sind inzwischen raus , und andere länder haben bisher nicht die technolog. Voraussetzungen, sind aber globalpolitisch aus Sicht gewisser Staaten nicht so relevant

  6. 44.

    Das mit dem fehlenden Personal habe ich doch nie bestritten oder?
    Trotzdem kann man doch irritiert sein, wenn es hieße 75% der Betten sind frei und 25% ist die magische Grenze...
    Ich bin übrigens nicht der Einzige in meinem Bekanntenkreis, der das mit den 25% falsch verstanden hat.
    By the way:
    Man hätte ja mal Massentests, richtige (also kontrollierte und sanktionierte) Quarantäne sowie Personal ausbilden können. Stattdessen lassen Politiker das Kind lieber in den Brunnen fallen, um es anschließend heraus zu fischen, satt den Sturz in den Brunnen zu verhindern... egal führt zuweit...

  7. 43.

    " Menschen scheinen nicht ganz so systemimmanent zu sein... "

    doch , denn von deren Steueraufkommen finanziert sich der Staat

  8. 42.

    das Gesundheitssystem ist stark privatisiert , " genügend Geld " ; schon möglich , aber nicht für die Kräfte, die sich darin aufreiben , also das Pflegepersonal pauschal

  9. 41.

    " Mit Waffen ist Frieden nicht zu schaffen, sondern durch weniger Waffen. "

    und dann gibt es noch " Si vis pacem para bellum " = Wenn du Frieden willst, rüste zum Krieg.
    und dazu die TS heute : "Weltweite Rüstungsausgaben steigen "
    Stand: 07.12.2020 01:54 Uhr

  10. 40.

    Intensivbetten frwi beisst nicht dass es genug mediziner gibt die sie betreuen
    Schon gar nicht wenn diese sich selber anstecken

    Ausserdem kann diese Zahl potientiell daduch extrem steigen....

    Wie weit denkt ihr denn

  11. 39.

    Waffen töten nicht, sondern Menschen. Aber ohne Waffen hat Mensch dabei deutlich mehr Mühe. 2% Rüstung, um Trump zu gefallen - und nun haben wir den Salat! Menschen scheinen nicht ganz so systemimmanent zu sein...

  12. 38.

    Für das Gesundheitssystem wäre genügend Geld da. Stattdessen soll aber die Rüstung hochgeschraubt werden 2%.
    Einfach gute Politik machen, dann könnte der Rüstungsetat sogar abgesenkt werden. Da ist aber die Lobby stärker.
    Also Rüstung rauf und Gesundheitsversorgung weiter absenken und totsparen. Dann gibt es Tote sowohl durch Rüstung als auch Einsparungen im Gesundheitssystem. Mit Waffen ist Frieden nicht zu schaffen, sondern durch weniger Waffen.
    Liebe Grüße aus Steglitz

  13. 37.

    Wer noch ganz bei Trost ist orientiert sich nicht an dem, was die Politik vorgibt, sondern an dem, was der "gesunde Menschenverstand" gebietet.
    Und der sagt mit bebender Stimme, bleibt zu Weihnachten und Silvester bloß zu Hause und stattet auch alten Menschen keinen persönlichen Besuch ab.
    Besser stundenlang telefonieren und das Gefühl vermitteln, Du bist nicht allein.
    Aber persönliche Besuche.....? Lasst bloß die Finger davon!
    Ich bange jeden Tag um meine über 86-j. Mutter und mache drei Kreuze, wenn alles gut geht.
    Auch das ist eine nimmer enden wollende psychische Belastung für die Angehörigen.

  14. 36.

    Ich verstehe die Krankenhäuser und das mit den Lockerungen zu Weinachten geht gar nicht. Es ist eh Wahnsinn...5 personen und Kinder sind ausgeschlossen...so ein Schwachsinn...corona weiß macht nicht vor weinachten halt. Auch was in den Schulen passiert ist furchtbar. Mein Sohn ist nun schon mehrmals auf Quarantäne wegen Fällen in der Klasse und die Bildungssenatorin macht nichts. Ganz ehrlich bei meiner Freundin die Hybriedunterricht macht fällt weniger Unterricht aus. Das ist hier eine Unverschämtheit was hier mit den Schulen passiert....nichts hören ...nichts sehen....nichts sagen....das ist das Motto.

  15. 34.

    Die Frage beantworte ich gern:
    "75 Prozent für andere Intensivpatienten übrig haben."
    übrig haben = frei sein
    so hatte ich es zumindest verstanden.

  16. 33.

    Light ist nicht mehr zeitgemäß !

  17. 32.

    @Susanne Hahn.Die Gesundheitssenatorin und auch Herr Broemme haben mehrfach betont,dass genug Personal bereitstündige.Sie werden doch wohl nicht die Unwahrheit gesagt haben?Das wäre fatal und würde die Glaubwürdigkeit immer weiter erschüttern.Jedenfalls bei mir.

  18. 30.

    Die Berliner SPD sollte jetzt nicht mauern:
    https://www.spiegel.de/politik/deutschland/corona-cdu-ministerpraesident-tobias-hans-fordert-bundesweite-ruecknahme-der-lockerungen-zum-jahreswechsel-a-8b46a9ee-9764-4143-a79c-8877bc2b05bf

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