100-km-Straßenlauf-Weltmeisterschaften in Bernau - Wenn der Marathon nicht extrem genug ist

Do 25.08.22 | 16:26 Uhr | Von Lukas Witte
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Symbolbild Ultramarathon (imago images/Jochen Eckel)
Bild: imago images/Jochen Eckel

Bernau bei Berlin wird am Wochenende Treffpunkt der Weltelite des Ultramarathons. Bei den 100-km-Straßenlauf-Weltmeisterschaften gehen 250 Läufer an den Start, um bei der extremen Sportart auf Medaillenjagd zu gehen.

Für viele Menschen ist es ein großes sportliches Ziel, einmal in ihrem Leben einen Marathon zu laufen. Für die sogenannten Ultraläufer, die sich am kommenden Samstag in Bernau bei Berlin versammeln, ist das ein Klacks. "Ich laufe im Training jedes Wochenende einen Marathon", sagt der 50-jährige André Collet, der vor den Toren Berlins bei der 100-km-Straßenlauf-Weltmeisterschaft einen Rekord knacken möchte.

Wenn der Marathon nicht ausreicht

Collet ist Manager des deutschen Ultramarathon-Teams, wird in Bernau aber auch selbst antreten. "Es ist das erste Mal, dass ich in einer Doppelfunktion dabei bin. Aber als aktiver Läufer ist es schon meine achte WM“, erzählt er. Allerdings wird es seine erste im eigenen Land sein. Die Ansprüche hat er dabei ziemlich hoch gesetzt. Collet will den Weltrekord von 6:43:33 Stunden in seiner Altersklasse knacken.

Als Ultramarathon werden alle Laufdistanzen bezeichnet, die weiter als die klassische Marathonstrecke (42,195 km) sind. Dabei wird entweder auf sogenannten Trails durch die Natur gelaufen, oder die Athleten gehen auf dem harten Asphalt bei Straßenläufen an den Start. Etwa 11.000 Menschen gibt es in Deutschland, die aktiv der extremen Sportart nachgehen, welche auch offiziell vom Deutschen Leichtathletikverband (DLV) anerkannt wird. Der 100-Kilometer-Straßenlauf gilt dabei als Königsdisziplin des Ultramarathons.

Berlin war der Wunschort

Schon im letzten Jahr fand in Bernau als Generalprobe vor der WM die deutsche Meisterschaft über 100 Kilometer statt. Den Titel gewann damals der heutige Teammanager André Collet. Eigentlich wollten die Veranstalter den Wettkampf der Weltelite an diesem Wochenende lieber in Berlin stattfinden lassen. Doch in der Hauptstadt war es organisatorisch nicht möglich, eine geeignete Strecke zu finden.

"Es wäre natürlich schöner gewesen, wenn wir in Berlin mitten in der Stadt gewesen wären. Dort hätte man eine ganz andere Aufmerksamkeit erregen können. Doch in Bernau war die Organisation einfacher und es gehört ja quasi zur Metropolregion", sagt Martin Rudolph, der Mitglied des Organisations-Komitees ist. Ultramarathon-Veranstaltung würden sonst vor allem in der Provinz ausgetragen werden und kaum für Aufmerksamkeit sorgen. Das sollte sich in Berlin ändern.

Zumindest das Athleten-Hotel befindet sich aber mitten in der Hauptstadt am Alexanderplatz. Von dort aus geht es mit Shuttle-Bussen an die Strecke. Am Samstag um 6.30 Uhr fällt dann der Startschuss am Bauhausdenkmal in Bernau. Nach einer 2,5 Kilometer langen Einführungsrunde absolvieren die Ultraläufer dann 13 Runden á 7,5 Kilometer, die vor allem über eine Landstraße führen, auf der es zwei Wendepunkte gibt. "Das führt dazu, dass die Läufer sich gegenseitig sehen und auf der jeweiligen Straßenseite aneinander vorbeilaufen. Das ist atmosphärisch vielleicht langweilig, aber sportlich hoch interessant, weil die Abstände für die Athleten deutlich zu sehen und einzuschätzen sind", erklärt Rudolph.

Vier Japaner an der Weltspitze

Mit bis zu 1.000 Zuschauern rechnen die Veranstalter an der Strecke. Und die könnten vielleicht sogar eine deutsche Medaille in der Teamwertung erleben. "Wenn man nach den Meldezeiten bei den Männern geht, könnten die deutschen Herren eigentlich Bronze holen", sagt Rudolph. Auch der Mannschaftsmanager ist optimistisch: "Ich bin seit 13 Jahren dabei und bin noch nie mit so einem starken Team gelaufen." Die deutschen Frauen seien ebenfalls mit einer soliden und erfahrenen Mannschaft vertreten, so Collet. Für eine Medaille wird es bei ihnen aber wohl nicht reichen.

Als unschlagbar gelten hingegen die Japaner. Auch in Bernau gehen sie mit den vier schnellsten Läufern der Welt an den Start. Die Dominanz geht vor allem auf die Popularität des Ausdauersports in dem ostasiatischen Staat zurück. So werden die japanischen Athleten für ihr Training teilweise von ihren Jobs freigestellt, was ein großer Vorteil ist. "Ultraläufer sind keine Profis. Und wenn man in der Nationalmannschaft laufen will, muss man in den zwölf Wochen vor dem Wettkampf schon um die 200 Kilometer die Woche trainieren. Das ist bei einem 40-Stunden-Job nicht so einfach," sagt Rudolph. Auch den Weltrekord hält ein Japaner. Nao Kazami lief die 100 Kilometer 2018 in 6:09:14 Stunden.

Der schnellste Deutsche ist derzeit Alexander Bock. Im März wurde der 29-Jährige mit einer Zeit von 6:37:52 Stunden deutscher Meister und will sich in Bernau noch einmal verbessern. Dabei wird es vor allem auf die richtige Taktik ankommen. "Es laufen am Anfang immer ein paar Leute vorne weg und da darf man sich nicht dranhängen, sondern muss cool bleiben", erklärt Collet. Vielen Läufern würde das schwerfallen. "Das fühlt sich im Rennen dann fast so an, als würde man am Anfang stehen bleiben und sich gar nicht anstrengen. Ich habe bei Kilometer 20 immer den Running Gag, dass mir einer einen Kaffee bringen soll. Bei Kilometer 30 machst du diesen Witz dann nicht mehr", sagt der Aachener.

Gummibärchen zum Aufheitern

Dann beginnt das Laufen langsam zur Qual zu werden. Abhilfe sollen die Verpflegungsstationen schaffen, die an der Strecke aufgebaut sind. Dort gibt es Wasser, nährstoffhaltiges Gel oder auch Bananen. "Manche essen sogar mal ein Gummibärchen zwischendurch, um sich auch psychisch ein bisschen aufzubauen", erzählt Collert lachend. Ein klarer Kopf und Fokus sei besonders wichtig, weil sich am Ende jeder kleine Fehler aufsummieren würde. "Obwohl es 100 Kilometer sind, liegen zwischen den ersten drei Teams und Einzelläufern manchmal nur Sekunden," weiß auch der Veranstalter Rudolph.

Nur wenn alles passt, schafft man es also am Ende auf das Podest bei der Siegerehrung. Diese wird am Samstagabend dann wieder im Hotel am Alexanderplatz stattfinden. "Da sind alle wieder geduscht und frisch gestylt," scherzt Martin Rudolph. Er hofft, dass dort auch deutsche Läufer eine Medaille erhalten werden.

Sendung: rbb24, 25.08.2022, 18 Uhr

Beitrag von Lukas Witte

1 Kommentar

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  1. 1.

    Schön, dass der RBB dazu berichtet aber warum nicht auch zu den 100 Meilen die seit 10 Jahren jährlich rund um den 13. August von der LG Mauerweg Berlin e.V. veranstaltet wird? Und das mitten in Berlin mit einem wichtigen politischem Bezug, sollte doch dem RBB ein Bericht wert sein?!

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