Trotz Fan-Sorgen und Orban-Ärger - Warum Union Berlin als Favorit ins Europa-League-Rückspiel gegen Malmö geht

Mi 12.10.22 | 20:19 Uhr | Von Jakob Lobach
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Union Berlins Sheraldo Becker (Bild: IMAGO/Langer)
IMAGO/Langer
Video: rbb24 | 12.10.2022 | Johanna Rüdiger | Bild: IMAGO/Langer

Am Donnerstag empfängt Union Berlin Malmö FF zum wichtigen Rückspiel in der Europa League. Im Vorfeld erzeugten die Sorge vor neuerlichen Fan-Ausschreitungen und ein Besuch von Viktor Orban Störgeräusche, denen es nun zu trotzen gilt.

Themen der Woche

Natürlich war auch das Sportliche ein Thema, als Union Berlin am Mittwochmittag zur obligatorischen Pressekonferenz vor dem Europa-League-Rückspiel gegen Malmö FF einlud. Auch, aber eben bei weitem nicht ausschließlich. Zwar gab Trainer Urs Fischer wie üblich Auskunft über die Spielfähigkeit seiner Spieler, auch gab der Schweizer Einblicke in seine Beobachtungen zum schwedischen Gegner. Mindestens genauso präsent waren am Mittwoch allerdings zwei Themen fernab des Fußballerischen: die Sorge vor erneuten Fan-Ausschreitungen und die Kritik an einem Besuch des umstrittenen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban.

Ganze 27 Minuten war das Hinspiel in Malmö in der vergangenen Woche zwischenzeitlich unterbrochen. Die gesamte Partie war geprägt und wurde überschattet von anhaltenden Provokationen zwischen beiden Fanlagern, auf das Spielfeld geworfener Pyrotechnik, Raketen und auch Festnahmen. Eine Woche später wurde Union-Pressesprecher Christian Arbeit am Mittwoch gefragt, wie man solchen Vorkommnissen beim Rückspiel vorbeugen wolle. "Es gibt sehr viel Polizeipräsenz", erklärte er. Auch die Anzahl der vom Verein bereitgestellten Ordner werde von 300 auf 400 erhöht.

Nicht mehr vorbeugen konnte Union am Mittwoch der Kritik, der sich der Klub nach einem Besuch von Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban an der Alten Försterei ausgesetzt sah. Am Dienstag hatte dieser – begleitet von viel Polizei und außerordentlich öffentlichkeitswirksam inszeniert – seinen Landsmann und Unioner Andras Schäfer dort besucht. Wenngleich Pressesprecher Arbeit sich am Mittwoch bemühte, die private Natur des Treffens hervorzuheben und dieses zu entpolitisieren, wurden nicht zuletzt auch aus dem eigenen Fan-Umfeld und auch am Tag nach dem Treffen noch kritische Stimmen laut.

Die Frage, ob die Kombination dieser beiden Köpenicker Nebenschauplätze den Fokus auf das Spiel gegen Malmö gefährden könnte, stellte sich auf der Pressekonferenz am Mittwoch fast automatisch. Union-Trainer Urs Fischer beantwortete sie mit einem Kopfschütteln.

Der Gegner

Zumindest mit Blick auf die Spielweise und das Spielerische dürften am Donnerstag keine sensationellen Überraschungen auf Fischer und seine Schützlinge zukommen. Spätestens seit dem Hinspiel weiß man sowohl bei Union als auch beim 22-fachen schwedischen Meister um die Stärken und Schwächen des jeweils anderen. Dass Malmö in der Europa League diese Saison noch ohne Punkt ist und sich auch in der heimischen Liga aktuell mitunter schwertut (aktuell Tabellenplatz fünf), will Urs Fischer dabei nicht überbewerten. "Wir müssen unser Leistungspotenzial ausschöpfen und uns am Limit bewegen", sagte er.

Auch, weil Malmö sich durch eine gewisse Flexibilität auszeichnet. Die Mannschaft von Trainer Aage Hareide agiert mal eher aktiv, mal wiederum eher abwartend und passiv. Grundlage ist dabei eine zumeist kompakte Verteidigung, die nicht selten tief steht. "Beide Mannschaften werden ihr Augenmerk auf die Defensive legen", glaubt auch Unions Defensivmann Paul Jaeckel. Urs Fischer sprach währenddessen am Mittwoch selbst noch einmal besagte Variabilität der Gäste an, sagte aber auch: "Darauf sind wir vorbereitet."

Personal

Die Mannschaft von Union Berlin im Kreis (Bild: IMAGO/Matthias Koch)
IMAGO/Matthias Koch

Bei Union fehlen:

Andras Schäfer (Rotsperre)

 

Zum Angeben

Für alle diejenigen, die am Donnerstagabend ihre Fußballexpertise auch noch mit Zahlen hinterlegen wollen, bieten die Statistiken aus dem Hinspiel viel Futter. Maßgeblich bedingt durch die rote Karte von Andras Schäfer machte Malmö dort das Spiel. Die Schweden hatten 62 Prozent Ballbesitz und spielten 647 Pässe mit einer Erfolgsquote von 87 Prozent. Union hingegen verzeichnete nur 38 Prozent Ballbesitz, 257 gespielte Pässe und eine Passquote von 72 Prozent.

Ein Problem war das nicht, ist doch hinlänglich bekannt, dass Union aktivere Gegner nicht nur zu bespielen weiß, sondern zumeist sogar bevorzugt. Wenn ihre Kontrahenten das Spiel machen, sind die Köpenicker zumeist gut. Auch bedingt durch viel Effizienz kam Union so im Hinspiel nicht nur auf 19:6 Schüsse, 7:4 Torschüsse und 6:2 herausgeholte Ecken, sondern sicherte sich eben auch den so wichtigen 1:0-Sieg.

So könnte Union spielen

Am Matchwinner der Vorwoche dürfte auch im Rückspiel kein Weg vorbeiführen: Sheraldo Becker ist bestens in Form und hat zuletzt oft genug bewiesen, dass er gemeinsam mit Jordan ein gutes Sturmduo bildet. Am Donnerstag bekommen sie die nächste Möglichkeit. In der Abwehr hat Urs Fischer hingegen die Qual der Wahl. Nach seinem Siegtreffer in Stuttgart am Wochenende wird Paul Jaeckel erneut in der Startelf stehen, Diogo Leite kehrt für Danilho Doekhi zurück in die Startelf. Auch im Mittelfeld rotiert Fischer: Morten Thorsby ersetzt den rot-gesperrten Schäfer, Janik Haberer und Christopher Trimmel kehren für Genki Haraguchi und Niko Gießelmann in die erste Elf zurück.

So könnte Union beginnen: Rönnow – Leite, Knoche, Jaeckel – Ryerson, Haberer, Thorsby, Khedira, Trimmel – Becker, Jordan

Die Prognose

Angesichts dieser Namen, vor allem aber der fußballerischen Qualität, die sich hinter ihnen verbirgt, geht Union Berlin als Favorit in das Rückspiel im Stadion an der Alten Försterei. Die Berliner spielen in der Bundesliga seit Wochen stark und gewannen zuletzt auch ein vergleichsweise schwieriges Spiel in Stuttgart. Dazu trotzten sie vergangene Woche in Malmö nicht nur Schäfers Platzverweis und den Fan-Krawallen, sondern auch dem Druck, dringend einen Sieg zu brauchen.

Ein Erfolg am Donnerstag würde den Köpenickern nicht nur den dritten Platz und damit den Einzug in die Playoffs um die K.o.-Phase der Conference League sichern, sondern vor allem die Chancen auf das Weiterkommen in der Europa League deutlich erhöhen. Gepaart mit den größeren spielerischen Qualitäten der Unioner werden diese Aussichten die Gastgeber nicht nur zusätzlich motivieren, sondern ihnen auch den zweiten Europa-League-Sieg der Vereinsgeschichte einbringen.

Der rbb|24-Tipp: 2:0

Sendung: rbb24 , 12.10.2022, 21:45 Uhr

Beitrag von Jakob Lobach

3 Kommentare

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  1. 3.

    Ich schreib es mal in einem extra Kommentar,der rbb hat gestern einen Artikel mit Kritik am Besuch Orbans geschrieben. Die Stimmen stammen fast nur von Unbekannten auf twitter. Anders lautende Meinungen scheint es wohl nicht gegeben zu haben. Und auf diesen Artikel beruft ihr auch in diesem Text. Ist das wirklich euer Anspruch an Journalismus?
    Nur mal als Hinweis,twitter bildet nicht die Gesellschaft ab,auch wenn offenbar die meisten Journalisten sich dort rumtreiben.
    Der Verein hat den Besuch nicht hervorgehoben,also was soll das? Aber es ist wieder etwas,um sich zu empören. Scheint wohl eh ein Hobby von vielen zu sein.

  2. 2.

    Zum Sport:
    Eine Niederlage sollte in jedem Fall vermieden werden. Malmö muss gewinnen und könnte somit Räume für Union öffnen. Das dominante Spiel liegt uns ja eh nicht so. Platz 3 und damit ein Überwintern ist jedenfalls machbar.

    Zur Nebensache:
    Das Wort Fan-Ausschreitungen wurde ja nun mittlerweile in genug Artikeln untergebracht. Man kann es auch übertreiben,denn es spiegelt die Ereignisse in meinen Augen nicht wieder. Wie nennt man dann die Geschehnisse in Nizza oder Marseille?
    Die Raketen und die Böller ärgern jeden echten Unioner und ich hoffe die Malmöer zeigen heute,dass sie es besser können. Wir normalen Fans haben keine Probleme mit dem Verein und deren Anhängern. Ich werde jedenfalls im Stadion für die Gäste laut applaudieren.

  3. 1.

    Der 1.FC Union hat für sich das Unangepasstsein, kritische, unbequeme kantige Image gebucht. Und dies nicht erst seit gestern. Der freundliche Empfang beim Besuch des ungarischen Präsidenten steht für mich in dieser Tradition.
    Also nichts auszusetzen an dieser Aktion.

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