Analyse | Fünfte Niederlage in Serie - Union fehlen Selbstvertrauen und Konzentration

Sa 30.09.23 | 20:46 Uhr | Von Till Oppermann
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Union-Spieler Kevin Behrens wischt sich übers Gesicht (Bild: Imago Images/Langer)
Video: Sportschau | 02.10.2023 | Bernd Schmelzer | Bild: Imago Images/Langer

Nach fünf Niederlagen in Serie rätseln die Unioner über die Gründe für die Schwächeperiode. Auch in Heidenheim hatte der 1. FC Union viele Chancen. Die Probleme des Teams sind mentaler Natur. Von Till Oppermann

Für die 1.700 mitgereisten Unioner war die Niederlage auf der Schwäbischen Alb ein Deja-Vu. Mal wieder verloren die Köpenicker gegen einen Angstgegner aus Zweitliga-Tagen. Und mal wieder entschied ein schmächtiger Heidenheimer mit rotblonden Haaren die Partie durch einen traumhaften Freistoß aus der Distanz.

Der einzige Unterschied: der neue Schütze heißt nicht mehr Marc Schnatterer sondern Jan-Niklas Beste. Es ist nicht so, als hätten sie bei Union nicht schon vor dem Spiel gewusst, was der kann. "Heidenheims Standards sind gefährlich", hatte Urs Fischer unter der Woche gewarnt. Aber mit Fischers Warnungen ist das aktuell so eine Sache: Vieles von dem, was am Samstag in Heidenheim passiert ist, war schon in den letzten Wochen Thema. Und trotzdem gelingt es den Eisernen nicht, die bekannten Fehler abzustellen.

Viele Chancen

Chancen hatte Union Berlin genug: 20:10 Torschüsse und 2,43 zu 0,51 erwartete Tore meldete die Liga nach der Partie. Besonders in der ersten Halbzeit kamen die drei Angreifer Sheraldo Becker, David Datro Fofana und Kevin Behrens in gute Positionen, für ein Tor reichte das aber nicht. "Wir müssen die Tore machen", sagte Kapitän Christopher Trimmel nach dem Spiel. Was banal klingt, ist aktuell Unions offensichtlichstes Problem: In fünf Pflichtspielen im September gelang Union nur ein Tor. Genug Chancen gab es zumindest in der Liga immer.

Gegen Heidenheim vor allem wenn die schnellen Becker und Fofana mit Pässen in die Tiefe geschickt wurden – in dieser Hinsicht ging Urs Fischers Umstellung auf einen Dreiersturm auf. Besonders in den ersten 20 Minuten hatten die Gastgeber große Probleme, die schnellen Köpenicker in den Griff zu kriegen. Allerdings boten sich auch Heidenheim in dieser Phase zwei gute Torchancen - ein erstes Indiz dafür, dass Union mehr Probleme hat als nur die mangelnde Effizienz.

Union fehlen die Stützen

Besonders gegen den Ball sind die Berliner aktuell schwächer als in der vergangenen Saison. Die Neuzugänge Lucas Tousart und Alex Kral spielen im Mittelfeld zwar schöne Pässe, führen gute Zweikämpfe und laufen viel, aber das Organisationstalent und das Raumgefühl des verletzten Rani Khedira fehlen ihnen. Weil gleichzeitig in der Innenverteidigung auch noch Robin Knoche verletzt ist, muss Urs Fischer auf seine beiden wichtigsten Säulen verzichten.

Die ungewohnte Unsicherheit in der Abwehr ist eng mit diesen Ausfällen verbunden. Die Abstände stimmen nicht und ab und zu entsteht der Eindruck, dass die Spieler auf dem Platz zu wenig miteinander reden. "Unsere Struktur ist nicht gut", kritisierte auch Torhüter Frederik Rönnow. Zu oft kam Heidenheim in der ersten Halbzeit mit wenigen Pässen an Unions Abwehr vorbei. Der FCH trug bei zu einem "Spiel mit viel Spektakel und vielen Torraumszenen", wie es Heim-Trainer Frank Schmidt beschrieb. Genau solche Spiele wollte Union in der Vergangenheit eigentlich nicht.

Keine Spielkontrolle für Fischers Mannschaft

Auch wenn die Unioner doppelt so viele Abschlüsse hatten, mehr Zweikämpfe gewannen und in einem sehr intensiven Spiel noch einen Kilometer mehr liefen als die Gastgeber, fehlte Union die Spielkontrolle. Zu den sehr schwer erklärbaren Stärken der Mannschaften von Urs Fischer gehörte in den letzten Jahren, dass sie Spiele kontrollieren konnten, ohne den Ball zu haben. Durch Laufstärke, gutes Verschieben und harte Zweikämpfe drängte Union die Gegner häufig in ungefährliche Zonen, wo sie zwar den Ball laufen ließen, aber kein Tempo aufnahmen. So dominierten die Eisernen den Takt des Spiels.

Entscheidend dafür war neben der taktischen Marschroute des Trainers, dass die Spieler auf dem Feld stets selbstbewusst und konzentriert blieben. Dass Bestes Freistoß am Samstag nahezu perfekt getreten war, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass er seine Chance nur wegen einer Berliner Konzentrationsschwäche bekam. Denn Diogo Leites Foul vor dem Freistoß war unnötig, leicht vermeidbar und schließt so an Leonardo Bonuccis Foul gegen Hoffenheim und Behrens Ballverlust in Wolfsburg an, die ebenfalls Gegentore kosteten und den Spielverlauf beeinflussten.

"Es war nicht alles schlecht"

"Es passt hinten und vorne nicht ganz", fasste es Trimmel zusammen, aber beschwichtigte auch mit einer Phrase, die man sonst eher von DDR-Nostalgikern kennt: "Es war nicht alles schlecht". Da hat er Recht. Statistiken lügen schließlich nicht. Aber sie zeigen auch nicht das ganze Bild, weil sie die mentale Komponente des Spiels nicht erfassen können. Aber genau diese ist entscheidend, wenn eine Mannschaft klare Chancen nicht verwertet und sich in der sonst gut organisierten Abwehr regelmäßig kurze Aussetzer häufen. Nach fünf Niederlagen in Serie fehle der Mannschaft das Selbstvertrauen, gab Trimmel zu. Die Lösung für die Probleme sieht er in den Köpfen seiner Mitspieler: "Es fehlt das Erfolgserlebnis und dann bin ich mir sicher, dass wir uns besser einspielen."

Am Dienstag hoffen Trimmel und die Fans in der Champions League auf ein besseres Deja-Vu. Im letzten Europapokalheimspiel gegen Braga siegte Union mit 1:0.

Sendung: rbb24, 30.09.2023, 21:45 Uhr

Beitrag von Till Oppermann

17 Kommentare

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  1. 17.

    Mal 5 mal nicht gewonnen. So ist das beim Spiel, es ist mal Glück oder Pech. Aber Millionen von Bundestrainer analysieren nun Dinge welche ah vom Glück abhängen

  2. 16.

    Finde gut, dass hier in den Kommentaren noch verstanden wird, dass es zwischen Hertha und Union eine Freundschaft gab und geben sollte.
    Bin mal gespannt ob sie die Klasse halten können, aber vermutlich schon, da es noch ein paar Mannschaften gibt die deutlich schlechter spielen. Das mit Heidenheim war dennoch irgendwie peinlich.

  3. 15.

    Wenn Du etwas Ahnung hast, solltest Du mitbekommen haben, dass Union in jeder Saison immer größere Umbrüche hatte, so dass es kein wirkliches "Alt-Personal" gibt.
    Sie spielen nicht schlechter als vorher, nur die Tore fallen nicht. Und da es in den letzten Jahren nur aufwärts ging, kann man auch mal eine solche "Krise" überstehen.
    Eisernes HaHoHe

  4. 14.

    Ernsthaft jetzt Kritik an der Personalabteilung ?
    Hier spinnen doch einige.
    Als der größte Köpenick-Anhänger bin ich wahrlich nicht bekannt.
    Die Personalentscheidungen der Köpenicker war aber bis jetzt sehr gut. Viele Spieler, die geholt wurden, haben Fragen aufgeworfen, die auf dem Platz mehr als beantwortet wurden. Dass Spieler, die sich sehr gut entwickeln und Begehrlichkeiten bei anderen Clubs wecken, gewinnbringend abgegeben werden ist Teil des Geschäfts.
    Das hat auch mit dem Wunsch des Spielers und Verträgen zu tun und nicht zwingend mit Unfähigkeit der Verantwortlichen oder ähnlichem.
    Natürlich wird der Kader in der Breite den augenblicklichen Anforderungen angepasst. Immerhin sind 3 Wettbewerbe abzudecken. Also ruhig Blut und fokussiert bleiben.
    Bis jetzt hat es meistens hingehauen mit den Spielern.
    Hahohe

  5. 12.

    Ich habe Hochachtung dafür, was bei Union geleistet wurde und wird. Auch für mich war klar, dass sie gleich wieder absteigen. Ich würde eines Besseren belehrt. Leider begeht Union inzwischen den gleichen Fehler wie viele Ostklubs nach der Wende. Man kauft alternde Stars, die ihren Zenit längst überschritten haben und teils in ihren Vereinen keine Zukunft hatten wie wie Kruse, Gentner, Volland, Bounucci. Die Besten dagegen werden verkauft, die Mannschaft immer wieder auseinandergerissen. Dazu kommt eine destruktive Spielweise, die vor allem auf das Zerstören des gegnerischen Spieles ausgerichtet ist. Das Spiel selbst zu gestalten, fällt mangels individueller Klasse schwer. Die gute Platzierung im Vorjahr hat manchem den Blick vernebelt. Union ist jetzt auf einem Tabellenplatz, der dem tatsächlichen Niveau entspricht

  6. 11.

    Die Heimstärke von Heidenheim war vorher bekannt und auch im kommenden Auswärtsspiel beim BVB dürfte es nichts für die Eisernen zu holen geben, dennoch werden sie ihr Saisonziel 23/24 erreichen und mit dem Abstiegskampf nach jeweils klaren 4:1 Siegen gegen Darmstadt und Mainz nicht wirklich was zu tun bekommen, da bin ich mir ziemlich sicher.

    Doch nach der schrittweisen Qualitätssteigerung in der BL von 2020-2022 dürften sie aller Voraussicht nach wohl in der nächsten Saison auf internationaler Ebene eher pausieren, so wie Bäuer:innen, die von natürlichen Kreisläufen etwas verstehen, darauf verzichten ihren Acker nach dreijährigem Fruchtfolgewechsel ein weiteres Jahr mit Erntefrüchten zu bebauen, sondern dem Land ein Jahr wohlverdienter Regenerationszeit gönnen und ihre ausgesäten Hülsenfrüchte im Herbst als Dünger für die folgenden 3 Jahre unterpflügen.

  7. 10.

    Mal es Nicht-Fußballfans ketzerisch gefragt:
    Wie wärs denn die eingekauften teuren „Stars“ in die Ecke zu stellen und es wieder mit dem eigenen Personal zu versuchen? Hatte ja die letzten 10 Jahre gut geklappt!

  8. 9.

    So wie die Siege vorbei geehen, gehen auch die Niederlagen vorbei.
    So iss Fußball.
    Auf geht's gegen Braga
    Eisern

  9. 8.

    Man kann nicht erwarten, dass es in jeder Saison eine Steigerung gibt und es war immer klar, dass es auch mal schlechter läuft. Das ist nun passiert und die Welt dreht sich weiter. Der Trainer hat immer gesagt 40 Punkte ist das Ziel und gerade jetzt sehen wir das er Recht hat. Ich bin Dienstag jedenfalls im Stadion und werde die Mannschaft anfeuern, damit der negative Knoten endlich platzt.

  10. 7.

    Ich verstehe die Personalpolitik von Union einfach nicht.
    Jedes Jahr wird trotz einer erfolgreichen Saison gefühlt die halbe Mannschaft ausgetauscht, anstatt, dass man den Spielern vertraut , die die Erfolge (Aufstieg, Erreichen EL und jetzt CL) eingefahren haben. War es nötig, einen Gosens, Bonucci, Volland, Hollerbach etc. zu verpflichten?
    Kann mir das ein Unioner hier vielleicht erklären?

  11. 6.

    Ich freu mich auf das nächste Stadtderby gegen Hertha. Wenn die es schaffen sollen, die Klasse zu halten.

  12. 5.

    Die Rot Weißen Berliner werden in Kürze wieder gute Ergebnisse erzielen.

  13. 4.

    ...was soll es denn werden?
    Wenn der Klassenerhalt im Oberhaus gelingt, ist das Ziel erreicht. Diese Pflicht heißt zu schaffen.
    Der Rest wäre Kür, bzw. schmückendes Beiwerk....

  14. 3.

    zur Überschrift: vor allem fehlen Union Spieler, die Tore schießen können ........
    weeees nisch, wat hier der Herr Runert so für'n Schitt zusammengebastelt hat ......... :-(
    hier muss er noch üben, das mit dem Ein- und Verkaufen, na
    mal sehen .....

    EISERN UNION !!!!

  15. 2.

    Was soll da groß kommen?
    Für die Offensive wurde niemand wirklich geholt, stattdessen hat man den Transfer von Boniface versammelt.
    Ich erwarte nichts.

  16. 1.

    Die Serie wird also fortgesetzt. Ob das nochmal was wird….

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