Geschichten aus dem Amateurfußball - Pinguine und Frühaufsteherinnen

Sa 04.11.23 | 13:53 Uhr | Von Fabian Friedmann
Spielszene aus der Landesliga-Partie Polar Pinguin gegen den SV Empor. (Bild: IMAGO / Matthias Koch)
Bild: IMAGO / Matthias Koch

Der Amateurfußball in Berlin und Brandenburg liefert allwöchentlich neben sportlichen Höhepunkten auch kuriose Geschichten. Wir haben fünf aus der jüngsten Vergangenheit herausgesucht. Von Fabian Friedmann

Berliner Dominanz in der Oberliga Nord

Die Oberliga Nord (fünfte Liga) ist so etwas wie die kleine Schwester der Regionalliga Nordost. Vereine aus drei Bundesländern kämpfen hier um den Auf- und Abstieg. Momentan ist die Oberliga aber eher so etwas wie der Austragungsort der Berliner Amateurmeisterschaften. Die ersten sieben Vereine in der Tabelle kommen allesamt aus der Hauptstadt.

Tabellenführer sind aber nicht die Ex-Bundesligisten von Tennis Borussia (Platz 3) oder Tasmania (Platz 5), sondern FC Hertha 03. Die Zehlendorfer, bekannt durch ihre gute Jugendarbeit und ihr schmuckes Stadion an der Onkel-Tom-Straße dominieren die Liga. Das Team von Trainer Robert Schröder holte aus elf Spielen zehn Siege, nur Regionalliga-Absteiger Lichtenberg 47 kann als ärgster Verfolger noch mithalten. Kurios: Bester Torschütze von Hertha 03 ist Abwehrspieler Lenny Stein mit neun Treffern.

Am Sonntag kommt der Vierplatzierte Sparta Lichtenberg zum Spitzenspiel ins Ernst-Reuter-Sportfeld und wird versuchen, die Zehlendorfer Spitzenreiter ein bisschen zu ärgern. Anstoß ist um 14 Uhr.

Ahrensfelde mischt die Brandenburgliga auf

Ahrensfelde kennt der Berliner gemeinhin nur als Endbahnhof für die launige S7. Dass in der Jahnsportstätte des SV 1908 Grün-Weiß Ahrensfelde auch hochklassiger Fußball gespielt wird, war bis vor Kurzem vermutlich nur Speckgürtel-Insidern bekannt. Aber Grün-Weiß ist aktuell das Spitzenteam der Brandenburgliga. "Von der Meisterschaft zu reden, ist für uns sehr, sehr weit weg", stapelte Trainer Oliver Richter zuletzt in der Berliner "Fußball Woche" tief. Richter war erst 2022 mit seinem Team in Brandenburgs höchste Spielklasse aufgestiegen. Prominentester Spieler in Ahrensfelde ist Ex-Profi Manuel Schmiedebach, der bereits für Hannover 96 und Union Berlin die Fußballschuhe geschnürt hat.

Am Samstag müssen die Ahrensfelder beim Schlusslicht Victoria Seelow ran und werden mit Sicherheit wieder von zahlreichen Fans unterstützt. Gut möglich, dass dann Grün-Weiß-Toptorjäger Blenard Colaki (acht Treffer) seine Torausbeute weiter in die Höhe schrauben wird. Beginn ist um 14 Uhr in der Sparkassenarena in Seelow.

Polar Pinguin: Der etwas andere Verein der Landesliga

Polar Pinguin ist nicht etwa der Name eines Schiffes für die nächste Antarktis-Expedition, sondern ein Fußballklub aus Berlin-Schöneberg, der gerade für Furore in der 2. Abteilung der Landesliga sorgt. Ursprünglich wurde der Verein während einer Bierlaune im Jahr 1990 von ein paar Punkrockern im Schöneberger Pinguin Club gegründet. In die kleine Kneipe in der Wartburgstraße schauten gerne auch mal Musiker von "Die Ärzte" oder den "Toten Hosen" vorbei.

Zunächst waren die Pinguine jahrelang in der Berliner Freizeitliga aktiv. Doch irgendwann wurde die zu klein und man beschloss 2015, in den organisierten Fußball zu wechseln. Mittlerweile hat man eine Jugendabteilung (die Pinguinis) und eine Frauen-Abteilung (die Pinguinas) und auch eine zweite Mannschaft, die sich einfach nur "Zweete" nennt.

Die 1. Herren der Pinguine hat sich mittlerweile bis hoch in die Landesliga gewatschelt und besticht dort mit ungewöhnlichen Ergebnissen. Nach einem famosen Saisonstart mit fünf Siegen in den ersten sechs Spielen hagelte es anschließend zwei 0:6-Klatschen in Folge. Doch vergangene Woche rehabilitierten sich die Pinguine mit einem 4:2 gegen den FC Liria.

Der nächste Gegner ist am kommenden Sonntag der SC Gatow, mit ihrem bekannten Sturmjuwel Ramy Raychouni. Anstoß ist dann um 14 Uhr im heimischen Habitat an der Markgrafenstraße in Berlin-Tempelhof.

Wenn in Spandau die Trainer nicht auftauchen

Ebenfalls in der Landesliga ereignete sich vergangene Woche eine kuriose Geschichte aus dem Bereich: "Dit ist Spandau". Denn am dortigen Ziegelhof geht es (mal wieder) drunter und drüber. Beim Auswärtsspiel des FC Spandau 06 suchte man die Trainer Oliver Kieback und Olaf Gericke vergeblich auf der Gäste-Bank. Das Gespann hatte am Freitag der Mannschaft mitgeteilt, nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Als Interimstrainer wurde kurzerhand Spieler Mahmoud Akkaoui bestimmt. Der Vize-Präsident der 06er, Carsten Neik, wusste auf Nachfrage der "Fußball-Woche" nichts von dem Svensson-Move der beiden Trainer.

Kieback begründete seinen Schritt damit, dass "Versprechungen nicht eingehalten worden seien". Es geht wohl mal wieder ums liebe Geld, wie so oft im Berliner Amateurfußball. Am Sonntag geht es für das neu formierte Trainerteam sofort zur Reifeprüfung beim Tabellenführer Hohen Neuendorf. Hoffentlich ist die Gästebank dann ausreichend besetzt. Anpfiff ist um 12 Uhr am Sportplatz an der Niederheide.

Die Frauen-Berlin-Liga für Frühaufsteherinnen

Wer Schlafprobleme hat oder seinen Clubbesuch mit einem Fußballspiel ausklingen lassen möchte, der sollte am Sonntag um 9 Uhr(!) das Stadion an der Kreuznacher Straße in Berlin-Steglitz aufsuchen. Dann trifft in der Berlin Liga der Frauen-Tabellenführer Türkiyemspor II auf den Gastgeber und Tabellenzweiten Stern 1900 zum Spitzenspiel aufeinander.

Wir gehen fest davon aus, dass im hiesigen Sport-Casino starker Kaffee ausgeschenkt wird. Ob es Decken für die Zuschauer gibt (10 Grad Celsius maximal), sollte sicherheitshalber vorab erfragt werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.11.2023, 15:15 Uhr

Beitrag von Fabian Friedmann

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