Berliner Boxer Hamsat Shadalov - "Bronze geht gar nicht"

Mo 14.12.20 | 14:08 Uhr | Von Friedrich Rößler
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Hamsat Shadalov (Quelle: imago images/Holger John)
Bild: imago images/Holger John

Der Berliner Boxer Hamsat Shadalov will hoch hinaus. Sein großes Ziel heißt Olympiasieg 2021 in Tokio. Die Qualifikation dafür war turbulent für den 22-jährigen Federgewichtler. Das restliche Jahr ebenfalls. Von Friedrich Rößler

Aufgeregt sei er, nervös. Am Mittwoch reist der Berliner Boxer Hamsat Shadalov ins Rheinland zum "Cologne Boxing World Cup". "Das ist eines der besten internationalen Turniere", sagt der in Grosny geborene Boxer. Rund 100 Boxerinnen und Boxer aus acht Nationen kämpfen dort um die Medaillen. "Die Inder zum Beispiel sind schon längst alle da, auch komplett durchgetestet", berichtet Shadalov, der beim SC Eintracht Berlin in Marzahn trainiert.

Bei dem Kölner Turnier wird ohne Zuschauer geboxt, alle Teilnehmer wurden vorab getestet, sowohl vor Ort als auch in ihrem Heimatland. "Wir haben in Köln alle einen Lehrgang gehabt, wurden durchgetestet und ich bin Freitag erst nach Berlin zurückgekommen", erzählt Shadalov. Für seine Teamkollegen von der Deutschen Nationalmannschaft gehe es dort um wichtige Punkte für die nationale Rangliste, die mit ausschlaggebend für eine Olympia-Teilnahme sei. Für den 22-jährigen Berliner spielen andere Dinge eine Rolle: "Bei mir geht es um Erfahrung, die ich sammeln möchte. Mein Ziel ist ganz klar Olympia."

Kuriose Qualifikation in London

Bei der Olympia-Qualifikation in London im März hatte der Federgewichtler (Kampfgewicht bis 57 Kilogramm) seinen letzten Kampf bestritten. Er setzte sich damals klar gegen den Europameister Kurt Walker aus Irland durch und sicherte sich mit diesem Erfolg die Olympiateilnahme. Völlig überraschend und als einziger des deutschen Teams. Denn kurz darauf wurde das Turnier abgebrochen. Das sei lange her und Shadalov wisse nicht in Hinblick auf Köln, ob "das Ringgefühl dafür reicht, wenn man lange nicht im Ring war." Es sei gerade eine harte Zeit: Pandemie, Lockdown, außerhalb des Rings Maske auf, keine Zuschauer und immer die Unsicherheit, ob das Turnier jetzt stattfinde oder abgebrochen werde, so wie die Olympia-Qualifikation in London.

Niemand hätte ihm gesagt, dass die Kämpfe in London kurz vor dem Abbruch gestanden hätten, um ihn nicht abzulenken, sagt Shadalov. "Ich habe es dann trotzdem raus gefunden und das hat mich noch mehr motiviert." Hamsat Shadalov konnte sich dann in seinem Kampf gegen den irischen Europameister wie "noch nie zuvor konzentrieren, mit dem Willen, unbedingt diesen letzten Kampf gewinnen zu wollen". Er sei selbst erstaunt gewesen, dass er mehr habe abrufen können als erwartet. "Ich habe mir einfach eingeredet, dass ich der Beste sei und das packen muss und bin so in den Ring.", erinnert sich der Rechtsausleger. "Am nächsten Tag konnte ich mich kaum bewegen und mir tat alles weh."

Nach Infektion immer noch Geschmacksverlust

Nach seiner Rückkehr von der Insel an die Spree hieß der Alltag für Shadalov dann Lockdown. "Ich habe mich dann draußen fit gehalten, habe allein trainiert oder war joggen". Im September hielt sich der 22-jährige Berliner dann mit der deutschen Nationalmannschaft in Österreich im Trainingslager auf und infizierte sich mit Corona. Das bedeutete dann zehn Tage Quarantäne in den Alpen und nach seiner Rückkehr mit dem Mietwagen nach Berlin einen Monat Pause. "Ich hatte starke Symptome: Geschmacks- und Geruchsverlust, Schüttelfrost und Fieber." Bis heute könne er nicht richtig schmecken, sagt Shadalov, ansonsten fühle er aber wieder topfit. "Ich musste in der Berliner Charité einen Sporttauglichkeitstest bestehen und seitdem ging es langsam wieder bergauf."

Hamsat Shadalov lebt in Berlin-Hohenschönhausen und trainiert in Marzahn - muss also keine großen Distanzen zwischen Wohnung und Sportstätte zurücklegen. Doch einen geeigneten Sparringspartner zu finden, war nicht so einfach. "In die Halle darf ja nicht jeder rein und so hast du manchmal Pech und musst gegen einen boxen, der zehn Kilogramm mehr als du wiegt." Doch mit dem Kreuzberger Profiboxer Murat Yildirim hatte Shadalov einen idealen Trainingspartner zur Seite.

"Ich bin kein Panzer!"

Seinen Boxstil beschreibt der 22-Jährige als flink und schnell, er sei kein Panzer, eher ein technischer Boxer, der "trifft ohne Gegentreffer". Als Vorbild gibt er den Ukrainer Wassyl Lomatschenko an. Der 32-jährige Leicht- und Federgewichtler wurde vor drei Jahren gewichtsklassenunabhängig als bester Boxer der Welt bezeichnet, vier Goldmedaillen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften untermauern diesen Ruf.

Da möchte der Berliner Shadalov auch hin. Die Verschiebung der Olympischen Sommerspiele in Tokio um ein Jahr habe ihm gut getan, sagt er. "Ich bin physisch und psychisch viel stärker geworden und habe viel Aufregung und Vorfreude in mir." Wie es als Underdog funktionieren kann, hat der Rechtsausleger im Frühjahr in London längst bewiesen. Und motiviert ist Hamsat Shadalov bis in seine schwarzen Haarspitzen: "Ich will Gold im Fliegengewicht - Bronze geht gar nicht."

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Beitrag von Friedrich Rößler

1 Kommentar

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  1. 1.

    Hoffentlich gibt es keine Prügel, falls er doch "nur" Bronze (oder gar nichts) mitbringt.

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