Bagatellanrufe bei der Leitstelle Lausitz - Wann ist ein Notfall ein Notfall?

Di 07.11.23 | 11:24 Uhr
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Symbolbild:Blaulicht bei einem Notarzteinsatz.(Quelle:imago images/Fotostand/Gelhot)
Bild: imago images/Fotostand/Gelhot

Wenn der Rettungsdienst nicht kommt, stehen möglicherweise Menschenleben auf dem Spiel. Besonders kritisch wird es, wenn zur normalen Belastung noch Bagatell-Anrufe hinzukommen. Die Cottbuser Leitstelle verzeichnet immer mehr davon.

Die Leitstelle Lausitz in Cottbus verzeichnet immer mehr Bagatellanrufe, also Anrufe, die nicht wegen tatsächlicher Notfälle abgesetzt werden. Das sagte Rüdiger Maus, Einsatzkoordinator in der Leitstelle dem rbb Magazin Super.Markt auf Nachfrage.

Laut Maus liegt die Zunahme der Anrufe auch darin begründet, dass das örtliche Gesundheitssystem nicht funktioniere, also dass Haus- und Fachärzte fehlten. Zudem sei die Hemmschwelle den Notruf 112 zu wählen in den letzten Jahren gesunken.

Rettungsdienst kann keine Rezepte ausstellen

Einsatzkoordinator Maus stellt zudem fest, dass viele Bagatellanrufe vor allem von jungen Menschen getätigt werden. Das Wissen darüber, welche Krankheitssituationen wirklich lebensbedrohlich sind, nehme ab. "Die Generation, die alt geworden ist, die weiß noch, was man bei Fieber macht", so Maus. Viele jüngere Menschen seien dabei aber bereits überfordert.

Dabei seien die Möglichkeiten des Rettungsdienstes beschränkt. "Wir können keine Rezepte schreiben", so Maus. Das sei nicht die Aufgabe des Rettungsdienstes.

Eine zusätzliche Belastung sei es außerdem, wenn die Rettungsdienstmitarbeiter, auch am Telefon, beschimpft und beleidigt werden, so Maus. Häufig gebe es Beschwerden, weil die Mitarbeiter am Telefon zunächst durch Nachfragen herausbekommen müssten, ob es sich wirklich um einen Notfall handelt.

Notruf nur im Notfall wählen

Bagatellanrufe können im Ernstfall zu einer Verzögerung in echten Notfällen führen. Der Notruf 112 sollte nur in lebensbedrohlichen Situationen gewählt werden. Dazu gehören:

  • Ohnmacht, Atemnot oder ein allergischer Schock
  • unkontrollierte Blutungen
  • schwere Unfälle
  • Sprach- oder Sehstörungen
  • heftigste Brust-, Bauch- und/oder Rückenschmerzen
Für andere Fälle sollte hingegen der kassenärztliche Bereitschaftsdienst unter der Nummer 116 117 kontaktiert werden. Auch diese Rufnummer ist 24 Stunden am Tag besetzt und für akute, aber eben nicht lebensbedrohliche Krankheitssymptome gedacht.
 
Bis zu 400 Notrufe nehmen die Mitarbeiter in der Leitstelle Lausitz jeden Tag auf. Die Leitstelle deckt dabei ein Gebiet von etwa 7.000 Quadratkilometern ab. Rund 800.000 Menschen leben hier.

Sendung: Antenne Brandenburg, 07.11.2023, 11:30 Uhr

2 Kommentare

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  1. 2.

    Ich habe in der letzten Zeit 2x probiert einen Notarzt über die 116117 zu bekommen. In Lübeck kam nach kurzer Zeit ein Arzt. In Cottbus wurde ich vom kassenärztlichen Bereitschaftsdienst abgewimmelt, es wäre schon nicht so schlimm. Da lasse ich natürlich den Rettungsdienst kommen. Unser Gesundheitswesen ist schon arg heruntergewirtschaftet und ich sehe keinen Lichtschimmer am Horizont.

  2. 1.

    Danke für diesen wirklich wichtigen Artikel. Ich würde mir eine Analyse wünschen, WER da bspw. wegen Banalitäten anruft? Alleine schon, um die aktuell immer wieder kursierenden Gerüchte zu entwerten oder eben auch zu bestätigen. Im letzteren Fall sollte dann dieser Klientel ggf. mal erklärt werden, was in Deutschland ein "NOTRUF" ist. Sicher nicht das Taxi zum 24/7 Doktor für das kleine Wehwechen von vor drei Tagen.

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