Ehemaliger Tagebau Klettwitz - Geplante Schlamm-Deponie stößt auf Widerstand von Anwohnern

Fr 04.08.23 | 11:21 Uhr
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Ein Grubenwasserbehandlungsanlage bei Spremberg (Quelle: dpa/Andreas Franke)
Video: rbb|24 | 04.08.2023 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Bild: dpa/

Zehntausende Tonnen Eisenschlamm will der Tagebausanierer LMBV jedes Jahr in Oberspreewald-Lausitz deponieren. Der Schlamm stammt aus Spree und Schwarzer Elster. Für die LMBV ist die Deponie alternativlos, für Anwohner eine Zumutung.

  • Ehemaliger Tagebau Klettwitz 900 Meter von Kostebrauer Ortskern entfernt
  • Dort sollen jedes Eisenschlamm deponiert werden - von 50.000 Tonnen jährlich ist die Rede
  • Der Eisenschlamm ist Produkt des Tagebaus und macht Flusswasser rostfarben

Eisenschlamm aus der Spree und aus der Schwarzen Elster als Produkt aus dem Tagebau soll nach Kostebrau (Oberspreewald-Lausitz) gebracht werden. Dafür plant der Bergbausanierer des Bundes LMBV, die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft, eine große Deponie in dem Ort. Am Donnerstagabend wurden die Pläne den Einwohnern bei einer Infoveranstaltung vorgestellt.

Laut den Plänen will die LMBV den ehemaligen Tagebau Klettwitz für die Deponie nutzen. Dieser sei gut als Standort geeignet - etwa 900 Meter vom Ortskern entfernt.

Standort für LMBV "alternativlos"

Etwa 50.000 Tonnen Eisenschlamm, die aus der Spree und der Schwarzen Elster geholt werden, sollen zukünftig bei Kostebrau deponiert werden. Laut LMBV befinden sich keine Dörfer in unmittelbarer Nähe, der Boden werde abgedichtet, damit es keine negativen Folgen für das Grundwasser gibt. Zudem hielten sich bei dieser Variante die Eingriffe in die Natur in Grenzen.

"Der Standort hat sich bei unserer Alternativenprüfung, die wir im Jahr 2019 abgeschlossen haben, als der einzig verwirklichbare Standort herausgestellt", sagte Sven Radigk von der LMBV am Donnerstag dem rbb. "Es ist die Ultima Ratio, das letzte Mittel. Das haben wir uns nicht leicht gemacht", ergänzt er. Jeder freue sich zwar über gereinigte Gewässer, aber eine solche Deponie wolle niemand vor der Haustür haben, so Radigk.

Frustrierte Anwohner

Das zeigte sich auch bei den Einwohnern von Kostebrau am Abend. Die Präsentation des Bergbausanierers war immer wieder von zynischen Zwischenrufen gestört worden. Die Moderatoren wirkten zwischenzeitlich überfordert.

"Für mich hat die LMBV keinen guten Grund genannt, dass der Standort hier in Kostebrau sein soll. Ich möchte das hier nicht", sagte eine Einwohnerin nach der Veranstaltung. "Es ist nicht in Ordnung was hier passiert, wir wurden viel zu spät informiert", sagt eine weitere. Ein anderer Einwohner erklärt, nur durch das Engagement des Ortsbeirates habe es die Info-Veranstaltung überhaupt gegeben.

Seit zwei Jahren gibt es bereits Gerüchte, dass die Deponie in Kostebrau angelegt werden soll - konkret wurde es erst am Donnerstagabend. Andere Einwohner befürchten etwa auch zahlreiche Lkw, die den Schlamm anliefern und so für mehr Lärm und Schmutz sorgen. Außerdem gibt es Sorgen vor möglichen Schadstoffen aus dem Eisenschlamm.

Die LMBV widerspricht dem. Giftige Metalle wie Arsen oder Selen kämen nur in geringen Mengen vor und könnten durch den hohen Wassergehalt des Schlamms auch nicht vom Wind weggeweht werden.

Wasseraufbereitungsanlage läuft noch nicht

Der Eisenschlamm ist ein Produkt alter Tagebaue. Nach dem Ende des Bergbaus steigt das Grundwasser wieder an. Dabei werden Sulfat und Eisen aus dem Boden gewaschen und gelangen in die Spree und die Schwarze Elster. Dort setzt sich das Eisenocker als brauner Schlamm am Grund ab.

Bei der Spree zeigt sich das Problem vor allem in der Region rund um Spremberg (Spree-Neiße), aber auch in einigen Zuläufen zum Spreewald. In der Schwarzen Elster wird es besonders in der sogenannten Restlochkette spürbar - das sind mehrere ehemalige Tagebaue, die mittlerweile mit Wasser gefüllt sind. Aus diesen wird ebenfalls Eisen heraufgespült und gelangt - weil die Restseen miteinander verbunden sind - anschließend in die Schwarze Elster. Die LMBV hat dafür eigens eine Wasseraufbereitungsanlage bei Plessa (Elbe-Elster) gebaut, am Ende der Restlochkette und vor dem Übergang in die Schwarze Elster - die ist allerdings noch nicht in Betrieb.

Lieferschwierigkeiten seien dafür verantwortlich, so würden beispielsweise noch immer Schaltschränke für die Elektrik fehlen, so eine LMBV-Sprecherin am Freitag. Der Probebetrieb sollte im Oktober 2022 starten - wann es soweit ist, konnte die Sprecherin wegen der unklaren Liefersituation nicht sagen.

Aus Plessa sollen große Mengen des Eisenschlamms zur Deponie nach Kostebrau gebracht werden. Aktuell wird der Schlamm noch von Spezialfirmen verwertet, das erzeugt für die LMBV aber hohe Kosten.

Nach aktuellen Planungen soll die Deponie in frühestens zehn Jahren ihren Betrieb aufnehmen. 25 bis 30 Jahre könnte sie dann laufen, so die Annahme. Auch die LMBV gibt zu, es ist eine Zwischenlösung. "Mit der Deponie würden wir ein Zeitfenster einer Generation Zeit geben, die Frage nach diesem Zeitraum neu zu beantworten", so Radigk.

Momentan gehen Experten davon aus, dass der Eisenschlamm die Lausitz noch die nächsten 100 Jahre beschäftigen wird.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 04.08.2023, 19:15 Uhr

19 Kommentare

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  1. 19.

    @6 und7,
    Die Frage ist ja wohl berechtigt, wisst ihr es nicht besser oder lügt ihr bewusst?
    Selbstverständlich hat die Leag als Rechtsnachfolger aller Betreiber nach 1989 mit der braunen Brühe zu tun. Nachweislich durch LMBV Gutachten ist der Raubbau zu unter 40% dem Altbergbau und zu 54% den laufenden Tagebauen zuzuordnen.
    Die Differenz ist natürlichen Ursprungs.

  2. 18.

    Es kommt ein bisschen darauf an, wie der Tagebau gefahren wurde. Strömt das Grundwasser durch die Kippe in den Restsee, hat man mit Eisenocker und Sulfat zu tun. Besser ist der umgekehrte Fall, z. B. der Abfluss vom Bärwalder See ist klar und ohne braune Ablagerungen.

  3. 17.

    Zehntausende Tonnen....
    Die Verharmlosung ist schon bemerkenswert. Wer sich mit den Folgen des billigen Kohlestroms auskennt weiß, es geht um Millionen Tonnen !

  4. 16.

    Tatsächlich ist der Eisenschlamm aus alten Tagebaulöchern aus DDR Zeiten. Dafür und die ganzen anderen Umweltsauereien in der DDR muss leider der Steuerzahler einspringen, z.B. auch mit Milliarden für die Wismut. (Für die AKW Fans)

    Die LEAG produziert aber tatsächlich eine zusätzliche Sulfatbelastung der Spree und will sich an den aktuellen Kostensteigerung für die Trinkwassergewinnung nicht beteiligen. Für die Ewigkeitslasten durch LEAG (und den Vattenfall) Tagebaubetrieb sehr ich persönlich schwarz, aber man hat ja schon ein Staatsunternehmen was sich damit auskennt ;)

  5. 15.

    „Aktuell wird der Schlamm noch von Spezialfirmen verwertet, das erzeugt für die LMBV aber hohe Kosten.“ Ach ja?
    Da frag ich mich doch ernsthaft, weshalb die Kosten der LMBV (im Besitz der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen BMF) nicht der LEAG, die Gewinne macht und vom Staat subventioniert wird, aufgedrückt werden?! Dann könnten die Spezialfirmen weitermachen und den Schlamm verwerten.

  6. 13.

    Kohlefreunde reden das Problem gerne klein oder streiten es gleich ab.
    Die Leag ist nicht nur für den Eisenschlamm sondern auch für das Sulfat im Trinkwasser verantwortlich.
    Kann jeder nachlesen:
    https://www.tagesspiegel.de/potsdam/brandenburg/ein-grossteil-kommt-aus-tagebauen-und-kraftwerken-von-vattenfall-7165357.html

  7. 12.

    damit Geld verdienen und Rentenpunkte sammeln..."

    Das neue Motto muß heißen:
    Eisenschlamm zu Rentenpunkten!

  8. 10.

    Hallo, Kostebrau war kurz vor der Wende auch zum abbaggern u umsiedeln verplant. Wäre die Wende nicht gekommen, gäbe es Kostebrau heute nicht mehr! Und so ein bisschen Eisenschlam, davon geht die Welt nicht unter. Ein bisschen Recycling u etwas Geld für den Ort. Wir hatten das auch u es war nach 5 Jahren wieder weg. Nur ein temporäres Problem. Kopf hoch. Wer diese Löcher zulässt, muss halt auch mit den Konsequenzen rechnen. Wäre schlimmer wenn das alte bergrecht greift. Tagebaubagger=Tod. Rip

  9. 9.

    Wäre das nicht ein tolles Forschungsprojekt für die BTU Cottbus, wie man diesen Eisenschlamm zur Rohstoffgewinnung nutzen könnte?

  10. 8.

    "...Einwohner befürchten etwa auch zahlreiche Lkw, die den Schlamm anliefern und so für mehr Lärm und Schmutz sorgen"

    Man kann die Sorgen und Bedenken der Anwohner gut verstehen wenn man sich klarmacht dass man allein für die jetzt genannten 50.000 Tonnen Eisenschlamm schon rund 2.000 LKW-Ladungen transportieren muss.

    Das verursacht eine enorme Belastung in diesem bisher ruhigen und abgelegenen Gebiet. Und was aus der Deponie zukünftig für Probleme erwachsen muss sich erst noch zeigen - aber darum soll sich laut LMBV ja dann die nächste Generation kümmern...

  11. 7.

    Hier geht es um die LMBV und die Altlasten der DDR Tagebaue. LEAG hat hiermit nichts zu tun

  12. 6.

    Na du hast ja Ahnung. Das hat mit LEAG nix zu tun. Das ist die Hinterlassenschaft von 150 Jahren Braunkohlenabbau.

  13. 5.

    Sowas passiert, wenn man Dinge nicht vom Ende her denkt und die Augen vor den Folgen jeglichen Tuns verschließt. Noch schlimmer bei den Folgen von AKWs. Billiger Strom für ein/zwei Generationen, Folgen(kosten) für sehr viele mehr Generationen, die später kommen.

    Wäre schön, wenn wir das endlich einmal anhand solcher Beispiele wie hier lernen würden. Ich fürchte aber, dass es auch unter den jetzt hier Betroffenen Viele gibt, die weiterhin in anderen Bereichen auch kurzfristige Vorteile über langfristige Nachteile stellen.

    Nicht viel zu sehen von sapiens

  14. 4.

    Was läuft in Deutschland so alles falsch. Die Gewinne streicht fiel LEAG & Co. sowie deren Eigentümer gerne ein. Den Abfall und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten und Kosten darf def Steuerzahler tragen, auch wenn er keinen dreckigen Kohlestrom nutzt!
    Soll der Abfall bitte in die Gruben und die Kosten komplett die LEAG übernehmen. Wäre dann auch deutlich teurer Strom!
    Gilt auch für Kernkraftwerke!

  15. 3.

    Das ist alles ein Problem der Leag und der Sanierung.Folgekosten müssen bis zum Schluss vom Unternehmen,oder seinem Nachfolger getragen werden.Genau so wie die vernünftige Renaturierung der Tagebaue.Abwelzen ist nicht.

  16. 2.

    Wann begreift ihr es endlich, der Schlamm ist eben nicht nur ein Produkt alter Tagebaue !!!
    Der Dreck wird noch jahrelang nach auslaufen der Leag Tagebaue mit steigendem Grundwasser "produziert ". Dafür über die LMBV den Steuerzahler heranzuziehen ist eine Frechheit. Woidke schaut zu wie sich die Leag einen schlanken Fuss macht, Abspaltung der Kohlesparte und den Teil pleite gehen lassen. Die EPH lacht sich tot bei soviel Dummheit.

  17. 1.

    Was für eine schöne Herausforderung eine neue Rohstoffquelle nutzbar zu machen. Wenn man sich bildet, was kann und Lust hat mitzumachen statt zu protestieren „was andere zu machen haben“. Man kann sogar damit Geld verdienen und Rentenpunkte sammeln...

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