Reiseregion Oder-Spree - Hotels und Pensionen bereiten sich auf die Tourismus-Saison nach Corona vor

Mi 06.04.22 | 17:09 Uhr
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Rezeptionistin Kerstin Neupert im Hotel Waterfront 21 am Scharmützelsee in Bad Saarow
Audio: Antenne Brandenburg | 06.04.2022 | Eva Kirchner-Rätsch | Bild: Eva Kirchner-Rätsch/rbb

Die Corona-Pandemie hat den Tourismus-Sektor in den vergangenen zwei Jahren hart getroffen. Jetzt sind die meisten Einschränkungen aufgehoben und die Saison-Gäste stehen vor der Tür. Doch weil das Personal fehlt, muss improvisiert werden.

Noch gut eine Woche, dann beginnt in Brandenburg mit den Osterferien auch der Saisonstart in der Tourismusbranche. Das Telefon an der Rezeption im Hotel "Waterfront 21" in Bad Saarow am Scharmützelsee klingelt in diesen Tagen regelmäßig. Es sind vor allem kurzfristige Anfragen von Gästen, erklärt Mitarbeiterin Kerstin Neupert. Doch auch die Anzahl Corona-bedingter Absagen sei nach wie vor hoch. Dazu kommen auch erste Buchungen für den Sommer.

Corona, der Ukraine-Krieg und der Fachkräftemangel strüben die Aussichten

Allerdings längst nicht so viele, wie es sein müssten. Corona, der Krieg in der Ukraine und die steigenden Verbraucherpreise zeigen laut Hotel-Chef Jörn Peters ihre Wirkung. "Normalerweise würde jetzt die Zeit sein, in der die Gäste ihren Sommerurlaub planen und diesen festmachen. Aber es ist sehr zurückhaltend."

Eine weitere Sorge des Hotelbetreibers ist fehlendes Personal. Vier Kollegen hätten das Hotel in den vergangenen zwei Jahren verlassen. Und neues Personal zu finden, sei eine schier unlösbare Aufgabe. "Es ist gar nicht möglich zu erklären, was das für ein toller Beruf ist", sagt Peters. "Die Chance hat man gar nicht, weil keiner da ist, dem man das sagen kann und sich keiner mehr bewirbt."

Ein Problem, mit dem Hotelier Peters nicht allein ist. Es fehle in der gesamten Tourismus-Branche an Personal, so Ellen Rußig, die Geschäftsführerin des Tourismusverbandes "Seenland Oder-Spree". Die Entwicklung sei besorgniserregend. "Wir wissen aus statistischen Zahlen, dass circa 20 Prozent aus der Branche abgewandert sind. Wir wissen, dass jede Tourismus-Einrichtung Köche oder Kellner sucht. Und das macht es natürlich schwierig."

Provisorische Lösungen wegen fehlendem Personal

Viele Gastronomie-Betriebe hätten sich aber auf die Situation eingestellt, Lieferungen gedrosselt oder die Auswahl der Menüs verkleinert, so Rußig weiter. "Einige haben sich entschieden nur noch drei oder vier Gerichte auf der Speisekarte zu haben, und nicht mehr 15."

Auch Hotelbetreiber Jörn Peters hat seine Konsequenz aus der Personalentwicklung gezogen. Er biete jetzt im Restaurant verkürzte Öffnungszeiten und öffne nur noch an den Abenden. Außerdem habe er die Anzahl seiner Zimmer reduziert. "Wir sind von 38 Zimmern auf 29 runtergegangen. Wir haben Zimmer größer und komfortabler gemacht. Dadurch brauchen wir weniger Personal, und so geht das Gesamtkonzept auf."

Auch andere Hotels am Scharmützelsee müssten den Gürtel personell enger schnallen. So heißt es, dass in manchen Restaurants die Gäste selbst zur Bestellung und Abholung der Speisen an den Tresen müssten. Es gebe schlicht keine Kellner.

Rußig fordert bessere Arbeitsbedingungen aus ausländische Fachkräfte

Aller innovativer Ideen zum Trotz, könnten provisorische Lösungen allerdings nicht über das Problem des Fachkräftemangels hinwegtäuschen, sagt Tourismusexpertin Ellen Rußig. Hier fordert sie Unterstützung von Seiten der Politik. So müssten beispielsweise bessere Arbeitsmöglichkeiten und -bedingungen für ausländische Fachkräfte geschaffen werden. Von den zahlreichen Sorgen abgesehen, freuten sich die meisten Anbieter in den größeren Häusern aber dennoch darauf, dass es mit den Lockerungen ab Ostern endlich wieder los gehen kann.

Überleben nur mit Zubrot

Bei den kleinen Anbietern in der Region hat die Saison teilweise sogar schon begonnen. So auch bei Alexandra Rademacher in Zaue am Schwielochsee. Die ersten Gäste hat die Pensionsbetreiberin am Dienstagnachmittag verabschiedet. Nun bereitet sie die drei Zimmer und die Ferienwohnung für die nächsten Gäste vor. "Wir freuen uns sehr, dass Gäste hier sind und wir eine ganz tolle Stammkundschaft haben."

Die vergangenen Monate seien aber auch die Gastgeberin schwer gewesen und Corona habe auch ihren Pensionsbetrieb ausgebremst. Doch aufgeben sei für die 44-Jährige nicht in Frage gekommen. Im Gegenteil, sie habe die Zeit für Veränderungen genutzt. So wurde der Hofladen vergrößert und das Sortiment aufgestockt. "Wir vermarkten hier direkt und bieten Eier, Fruchtaufstriche und im Steinbackofen gebackenen Kuchen und Brot. Ohne den Hofladen weiß ich nicht, ob wir hier noch sitzen würden." Doch die erfreulichen Buchungszahlen für den Sommer prophezeien schon jetzt, dass die Übernachtungsgäste das Geschäft wieder in Schwung bringen könnten.

Corona boostert den Aktivurlaub

Aufgrund der Lage direkt an der Spree erwartet Kathrin Paul-Weckewitz viele Wassertouristen. Aber nicht nur. Auch viele Fahrradfahrer haben sich bereits angekündigt. Corona habe viele neue Gäste - vor allem Aktivurlauber - in die Region gebracht, so die Beobachtung der Pensionschefin. "Familien mit Sack und Pack sagen, wir fahren jetzt einfach lieber mit dem Rad durch Deutschland, das Seenland oder die Spree-Region. Da ist in den letzten beiden Jahren viel passiert."

Ein Trend, der wohl auch in diesem Jahr anhält, wie der Blick in den Buchungskalender verrät. So hat die Pandemie die Gastgeber wohl einerseits zwar schwer gebeutelt, aber andererseits auch dafür gesorgt, dass sich Betriebe den neuen Bedingungen angepasst haben.

Sendung: Antenne Brandenburg, 06.05.2022, 16:10 Uhr

Mit Material von Eva Kirchner-Rätsch

3 Kommentare

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  1. 3.

    Dann können die Hoteliers ja auch die vielen Coronahilfen endlich zurückzahlen...

    Leider ist Urlaub im eigenen Land nicht mehr bezahlbar.

  2. 2.

    Nach Corona ? Die Headline hat was ...

  3. 1.

    Es gibt kein nach Corona, der Virus wird bleiben.

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