Erinnerung an DDR-Militärgefängnis - "Man hat versucht uns umzuerziehen"

Mi 09.11.22 | 17:18 Uhr
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Militärgefängnis Schwedt
Audio: Antenne Brandenburg | 09.11.2022 | Sabine Tzitschke | Bild: rbb

Detlef Fahle saß drei Monate im ehemaligen Militärgefängnis in Schwedt. Heute gibt er Führungen auf dem Gelände. Beim Gedenken an den Mauerfall 1989 an diesem Mittwoch in den Uckermärkischen Bühnen berichtet er von seinen Erlebnissen.

In Schwedt (Uckermark) wurde am Mittwoch an den Tag des Mauerfalls am 9. November 1989 erinnert. Dort befand sich ab 1968 das einzige Militärgefängnis der DDR. Im Foyer der Uckermärkischen Bühnen informiert eine Wanderausstellung über die Geschichte des Militärstrafvollzuges.

Menschen wie Detlef Fahle lässt das Thema auch nach fast vier Jahrzehnten nicht los: 1983 wurde er in die Disziplinareinheit nach Schwedt versetzt und weggesperrt. "Mein Vergehen war Diebstahl eines LKWs und unerlaubte Entfernung von der Truppe," sagt Fahle. Er hat die Geschichte über das einzige Militärgefängnis aufgearbeitet, hält Vorträge und berichtet über diese Zeit, so wie am Mittwoch im großen Saal der Uckermärkischen Bühnen. "Der Mythos ist im Prinzip dadurch entstanden, dass man über alles Erlebte und Gesagte ein Leben lang zu schweigen hatte unter der Androhung, dass man sonst schnell wieder ins Gefängnis kommt. Das war verschärfter Drill, und man hat versucht uns fertigzumachen und umzuerziehen", berichtet Fahle.

Schwedt Gedenkveranstaltung 2022
Detlef Fahle (Mitte) bei Gedenkveranstaltung zum 9. November in Schwedt | Bild: rbb

Gedenkveranstaltung berichtet von Grausamkeiten im Gefängnis

Auf dieses grausame Kapitel in Schwedt wurde am Mittwoch ein besonderer Blick geworfen. Man erinnerte an das Leid und Unrecht, das den in Schwedt inhaftierten Menschen angetan wurde.

Die Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur, Maria Nooke, appellierte vor allem an die anwesenden Schulkassen: "Denkt an den Geist von 1989; dass es wichtig ist und mutig, seine Forderungen auf die Straße zu bringen, gerade angesichts der Tatsache, dass heute in Europa autokratische Regime herrschen, die die Meinungsfreiheit verbieten und deshalb sollen wir glücklich sein, das Erreichte und die Demokratie zu bewahren."

Viele Jahre hatten sich die Verantwortlichen der Stadt Schwedt vor dem schweren Erbe gedrückt. Der größte Teil des Militärgefängnisses wurde bereits abgerissen. Ein Fehler, sagt die heutige Bürgermeisterin Anne-Kathrin Hoppe (SPD): "Dass wir uns nicht sofort nach der Wende mit dem Thema auseinandergesetzt haben, liegt glaube ich in der Natur der Sache. Alle brauchten ein bisschen Zeit." Man habe die letzten Relikte, die noch da seien, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, so Hoppe.

Militärgefängnis wird 1990 geschlossen

Drei Monate lang saß Detlef Fahle im Schwedter Militärgefängnis. 1989 verließ er die DDR über Ungarn. Heute führt er von März bis Oktober jeden letzten Sonntag im Monat Besucher über das ehemalige Gelände des Militärgefängnisses in Schwedt. Am 26. April 1990 wurde der letzte Militärstrafgefangene entlassen, die Einrichtung dann Ende Mai geschlossen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 09.11.2022, 16:30 Uhr

Mit Material von Riccardo Wittig

27 Kommentare

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  1. 27.

    Zum geschilderten Fall von Detlef Fahle. Ich lese seine Darstellung und kann diese durchaus nachvollziehen. Nur sind KfzDiebstahl und unerlaubte Entfernung keine Kleinigkeiten. Statt Dienst in der DE wäre auch ein Verfahren vor dem Militärgericht möglich gewesen.
    Bemerkung: Nach dem Dienst in der DE war der Soldat nicht vorbestraft, musste allerdings die Zeit nachdienen. Ich möchte hier nichts beschönigen und rechtfertigen. Nur etwas Sachlichkeit in meinem Kommentar vermitteln. Ich kann die negativen Erfahrungen und beschädigten Leben durchaus nachvollziehen und wünsche allen betroffenen Soldaten Glück und Gesundheit und nach über 30 Jahren sollten diese Erfahrungen auch verarbeitet sein.

  2. 26.

    Zum geschilderten Fall von Detlef Fahle. Ich lese seine Darstellung und kann diese durchaus nachvollziehen. Nur sind KfzDiebstahl und unerlaubte Entfernung keine Kleinigkeiten. Statt Dienst in der DE wäre auch ein Verfahren vor dem Militärgericht möglich gewesen.
    Bemerkung: Nach dem Dienst in der DE war der Soldat nicht vorbestraft, musste allerdings die Zeit nachdienen. Ich möchte hier nichts beschönigen und rechtfertigen. Nur etwas Sachlichkeit in meinem Kommentar vermitteln. Ich kann die negativen Erfahrungen und beschädigten Leben durchaus nachvollziehen und wünsche allen betroffenen Soldaten Glück und Gesundheit und nach über 30 Jahren sollten diese Erfahrungen auch verarbeitet sein.

  3. 25.

    Ich war Berufssoldat in der NVA. Sinnigerweise sogar in Schwedt aufgewachsen. Im fraglichen Objekt wurde unterschieden in Disziplinareinheit bzw Militärstrafvollzug. In der Disziplinareinheit wurde zwischen 1 bis 3 Dienst geleistet. Die Disziplinarstrafe war in der entsprechenden DV verankert, wurde vom Regimentskommandeur verhängt und von der Abteilung Innerer Dienst im MfNV bestätitgt. In der DE wurden Dienstvorschriften durchgesetzt. Zum Wie kann ich nichts sagen. Nicht Ausschlafen, der Soldat hatte Anspruch auf 8 Stunden Nachtruhe.

  4. 24.

    Das war früher in der DDR so und ist heute nicht besser.
    Mir wurde in der DDR ein Satz gesagt der Vollständigkeit stimmt kn der heutigen Zeit. Der Kapialismus ist die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen.

  5. 23.

    Ich schrieb "sollte". Nur ein Vorschlag, gibt noch viele Länder mit ähnlichen Haftbedingungen heute.

    Ich finde ein verharmlosendes "Ausschlafen ist kein Grundrecht" zum kotzen. Aus Erzählungen von betroffenen weiß ich, dass das nur 1 Aspekt des Schlafentzugs war,mit weiteren Methoden. Ausreichend Schlaf ist sehr wohl Grundrecht, alles andere ist Folter. Glauben Sie die Häftlinge wurden Abends-Nachts in Ruhe gelassen? Klassische Methode um Leute zu brechen....aber gabs natürlich alles nicht....

  6. 22.

    Tut mir leid, aber diese Aussage verdient einen Platz in der Rubrik völliger Schwachsinn. Kein Regimentskommandeur war in der Lage ohne Gerichtsurteil einen Wehrdienstleistenden nach Schwedt zu schicken. Ob die Gerichtsurteile berechtigt waren oder nicht, sollte hier erst mal zweitrangig sein. Im vorliegenden Fall war Schwedt völlig logisch.

  7. 21.

    Vieles wird gewollt hochgespielt. Wenn Herr Fahne 3 Monate im Schwedter Militärgefängnis einsitzen musste, kann er keinen großen Verstoß gegen das in der ehem. DDR geltende Recht begangen haben.
    Warum sollten die dort gefangenen Soldaten nicht arbeiten? Armeeknast ist nun mal kein Kuraufenthalt. Ich habe öfter die im PCK arbeitenden Kolonen beobachten können und nie Antreiberei und Misshandlungen beobachten können. Sinnvolle Beschäftigung hat noch keinem geschadet. Außerdem konnte ich feststellen, dass oft Armeeangehörige eigenständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Militärgefängnis gekommen sind und ins Objekt mit ihrem Gepäck zu Fuß marschiert sind. 30 Jahre nach dem Mauerfall sollte man die Kirche im Dorf lassen, Es werden auch leider zu viele Unwahrheiten verbreitet. veröffentlicht.

  8. 20.

    Ich finde es traurig, wie hier einige die Gräueltaten von Schwedt herunterspielen. Der Anlass aus dem man dort landen konnte war, wie von einigen beschrieben, einfach eine andere Meinung zu bestimmten Dingen zu haben. So war das in meiner Einheit. Ein Soldat hat halt regelmäßig (unsinnige) Maßnahmen hinterfragt und galt somit als Querulant. Wegen Moralzersetzung der Truppe (oder so ähnlich) hat man ihn 3 Monate nach Schwedt geschickt. Zurück kam er als gebrochener Mensch, eine lebende Marionette. Ohne eigenen Willen. Er war nur noch ein Schatten seiner selbst.
    Also versucht bitte nicht dieses Folterlager zu verharmlosen oder es gar mit heutigem Gefängnis zu vergleichen. Ein Vergleich mit Guantanamo könnte vielleicht noch passen.

  9. 19.

    Herzensguter Dominik,
    natürlich lese ich Ihre Kommentare sehr gern.
    Im allgemeinen bin ich eher selten Ihrer Meinung.
    Sie haben eine eigene Meinung, die habe ich allerdings auch.
    Wenn alle die gleiche Meinung hätten wäre das doch sehr traurig. Sie haben andere Erfahrungen und ziehen andere Schlüsse. Schlimm finde ich es wenn Sie andere zum Auswandern auffordern da diese nicht Ihrer Meinung sind.
    Ist es mit Ihrem Demokratieverständnis doch nicht so weit her?
    Zur sachlichen Kritik, Ausschlafen ist kein Grundrecht.
    Von Schlafentzug schrieben Sie.
    Lesen und Verstehen

  10. 18.

    Kameradendiebstahl in mehreren Fällen, mit deutlicher Vorwarnung habe ich selbst Eggesin erlebt. Derjenige hätte es in dem Fall vermeiden können.

  11. 16.

    Wenn man die heutigen Maßstäbe anlegt, kann man sicherlich alles, was mit DDR zutun hat, "verteufeln". In der NVA herrschte, wie in allen Armeen, eine militärische Disziplin. Wer sich mit einem LKW unerlaubt von der Truppe entfernt, hatte keine Nachsicht, sondern "Schwedt" zu erwarten. Das war normal, heute kann man sich natürlich auf schreiendes Unrecht berufen.

  12. 15.

    Allerliebster Heiko,

    Wie schön, dass Sie sich angesprochen fühlen. Ich denke mit Kommentartor 4 ist alles gesagt, Leute die solche Haftbedingungen toll finden sollten auswandern.

    Sie brauchen meine Kommentare nicht lesen, wenn die Ihnen nicht passen.

    Man sieht ja immer wieder, wie die Meinungsfreiheit von denen die angeblich die Meinungsfreiheit hochhalten, bekämpft wird. Haben Sie irgendwelche sachliche Kritik?

  13. 14.

    Auf "Die letzte Generation" hinzuweisen, ist das einzige, was Ihnen zum Thema des Artikels einfällt?
    Ein bisschen seltsam, finde ich.
    Meines Wissens werden Demonstrationen für Umweltschutz in Deutschland nicht verhindert oder in irgendeiner Weise geächtet.
    Im Gegenteil, sogar Vandalismus in Galerien oder Nötigungen von Autofahrern werden durch die Justiz eher mit Milde behandelt.
    Kein Vergleich damit, wie die DDR mit unangepaßten Personen umgegangen ist.

  14. 13.

    Allerliebster Dominik, lesen und verstehen ist nicht jedermann gegeben!
    Sie wurden daher auserkoren den Menschen im Osten zu erklären was gut und böse ist.

  15. 12.

    Fern aller Pauschalität, die das ganze Rechtssystem betrifft, sollte in der Tat unterschieden werden:
    Die DDR war in allem Sonstigen zweifellos ein Rechtsstaat; was das Verfahren gegen politisch Unliebsame anging, wenn es um so bez. Sicherheitsorgane ging und dergleichen, wurden Verfahren und Urteile einfach durchgestellt. (Vgl. mein Beitrag Nr. 6). Das ist klar und eindeutig der Unrechts(an)teil.

    Bodo Ramelow, der vor wenigen Jahren aufgrund der Thierse-Äußerung einmal dazu befragt wurde, hat Dieses mit sehr ähnlichen Worten unterschieden. Fernab der Schlagzeilen-Mentalität, der selbst ein DLF-Redakteur erlegen war und die darauf abzielen sollte: "Ramelow: DDR war Unrechtsstaat" oder: "Ramelow leugnet DDR als Unrechtstaat."

    Nichts dergleichen konnte getitelt werden.

  16. 11.

    Erschreckend wie hier einige direkt "Recht so" brüllen, am besten garniert mit einem "Früher war alles besser".

    Ich kann mir gut vorstellen, dass ich zu DDR Zeiten auch weggesperrt worden wäre, zu BW Zeiten durfte ich auch mal im "Bunker" der Wache sitzen, bis ein Truppendienstgericht meine Befehlsverweigerung für rechtmäßig erklärte.

    Wie Thomas (5) schon schreibt, konnte man schlicht jeden der unbequem war dort wegsperren unter Menschenverachtenden Bedingungen.

    Und ja, lieber Heiko, ausreichend Schlaf ist ein Grundrecht, Schlafentzug ist Folter. Aber mit relativierern des DDR Unrechts hat man hier im Osten ja öfter zu tun.

  17. 10.

    Ein Militärgefängnis ist kein Spa, und die Haftbedingungen sind auch in der heutigen Zeit und in zivilisierten Ländern härter als in normalen Gefängnissen, auch in Deutschland. Die Vergehen des "Erklärers" sind nun mal keine Peanuts, und dafür wird er auch noch gepampert, das verstehe ich nicht

  18. 9.

    Erschreckend wie hier einige direkt "Recht so" brüllen, am besten garniert mit einem "Früher war alles besser".

    Ich kann mir gut vorstellen, dass ich zu DDR Zeiten auch weggesperrt worden wäre, zu BW Zeiten durfte ich auch mal im "Bunker" der Wache sitzen, bis ein Truppendienstgericht meine Befehlsverweigerung für rechtmäßig erklärte.

    Wie Thomas (5) schon schreibt, konnte man schlicht jeden der unbequem war dort wegsperren unter Menschenverachtenden Bedingungen.

    Und ja, lieber Heiko, ausreichend Schlaf ist ein Grundrecht, Schlafentzug ist Folter. Aber mit relativierern des DDR Unrechts hat man hier im Osten ja öfter zu tun.

  19. 8.

    Der Aussage von Frau Nooke kann man nur zustimmen.
    Die Forderungen gehören auf die Straße. Die letzte Generation
    macht alles richtig und verteidigt die Demokratie!

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