Fünf Jahre Flutung - Flutung des Cottbuser Ostsees laut Leag wieder auf Normalkurs
Vor fünf Jahren noch ein riesiges, wüstenartiges Loch - inzwischen eine riesige blaue Fläche: Der Cottbuser Ostsee nimmt immer mehr Gestalt an. Und er soll mehr werden als nur ein Naherholungsgebiet.
Vor fünf Jahren hat die Flutung des ehemaligen Braunkohletagebaus Cottbus Nord begonnen. Am 12. April 2019 begann die Verwandlung des Areals zum Cottbuser Ostsee. Zum Jubiläum ziehen das Energieunternehmen Leag, die Stadt und der Förderverein an diesem Freitag Bilanz.
Viereinhalb Jahre musste die Flutung wegen Trockenheit immer wieder unterbrochen werden. Erst im vergangenen Oktober kamen die ersehnten ergiebigen Niederschläge. Anfang Februar 2024 hatte der See erstmals eine nahezu geschlossene Wasserfläche. "Wir sind jetzt wieder auf Normalkurs", sagte der Leiter der Geotechnik bei der Leag, Thomas Koch, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Seit Mitte Dezember darf das Unternehmen fünf Kubikmeter Wasser pro Sekunde in die ehemalige Tagebaugrube einleiten.
Leag: Flutungsende im Idealfall 2025
Der Cottbuser Ostsee soll der größte künstliche See Deutschlands werden. Mitte April lag der Wasserstand bei 61,2 Meter. Seinen endgültigen Stand von 62,5 Meter soll der See nach Prognosen der Leag in einem Jahr erreicht haben. Voraussetzung dafür seien ein feuchter Herbst und ein feuchtes Frühjahr, so Koch. Bei längerer Trockenheit könne es auch länger dauern, bis der See voll geflutet sei.
Der Wasserexperte Ingolf Arnold vom Verein Wasser Cluster Lausitz geht davon aus, dass der Ostsee Ende 2025 oder Anfang 2026 komplett gefüllt sein wird, sagte er dem rbb. Danach werde es voraussichtlich noch ein weiteres Jahr dauern, bis sich der Wasserstand bei der Zielmarke von 62,5 Meter stabilisiert hat, so Arnolds Prognose.
Rückschläge durch Uferabbrüche
Bei der Entwicklung des Sees hatten in den vergangenen Jahren Uferabbrüche für Rückschläge gesorgt. Diese Uferbereiche müssen wiederhergestellt werden, um die Sicherheit für Besucher zu gewährleisten und die Nutzung zu ermöglichen, so der Leag-Geologe Koch.
Rutschungen sind laut dem Unternehmen während der Flutung eingeplant und normal. Eine Rutschung am Nordufer sei hingegen überraschend gewesen, sagte im März Thomas Koch dem rbb. Berechnungen hätten sie nicht vorhergesehen. Die Leag versucht aktuell, die Ursache für die Rutschung zu finden.
Mitte März hatte sich der Braunkohlenausschuss des Brandenburger Landtags mit dem Ostsee befasst. Dabei wurde erläutert, wie die Stadt Cottbus ihre Planungen rund um den See anpassen muss, nachdem bekannt wurde, dass eine Sicherheitszone rundherum vergrößert werden muss. Das hat zum Beispiel Auswirkungen auf einen geplanten Radweg. Die Streckenführung müsse unter Umständen geändert werden, sagte damals die zuständige Cottbuser Dezernentin, Doreen Mohaupt.
Das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) empfielt eine Sicherheitszone von 50 bis zu 75 Metern auch nach der vollendeten Flutung. In diesem Bereich solle besser nicht gebaut werden, so das LBGR, weil es dort zu Rutschungen am Ufer des Sees kommen könnte.
See auch wichtig bei Energiewende
Der Cottbuser Ostsee soll einerseits touristisch erschlossen werden, aber auch eine Rolle bei der Energiewende spielen. Die Cottbuser Stadtwerke wollen bei der Erzeugung von Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien künftig mindestens 40 Prozent der Fernwärme durch eine Großwärmepumpe im Cottbuser Ostsee bereitstellen. Für die Finanzierung müssen mit Bund, Land und EU noch die Weichen gestellt werden.
Außerdem baut die Leag auf dem See eine riesige schwimmende Solaranlage. Mit einer Fläche von 16 Hektar, also rund 22 Fußballfeldern, soll sie nach Angaben des Betreibers und des Projektentwicklers EP New Energies (EPNE) die größte schwimmende PV-Anlage in Deutschland und eine der größten in Europa werden. Die nlage soll laut Leag jährlich genug Strom erzeugen, um mehr als 8.000 Haushalte versorgen zu können.
See als Wasserspeicher
Auch wenn es um den künftigen Wasserhaushalt in der Region geht, könnte der Cottbuser Ostsee eine Rolle spielen. Künftig werden mit dem Klimawandel mehr Starkregen-Ereignisse erwartet. Um Wasser in der Region zu halten, könnte auch der Ostsee als Speicher genutzt werden. Über diese Möglichkeit wurde erst in dieser Woche bei einer Wasserkonferenz in Cottbus gesprochen. Dabei haben vor allem Vertreter von Industrie und Wirtschaft über ein Wassermanagement diskutiert, das künftig eine ausreichende Versorgung für alle Verbraucher sichern soll.
Am Mittwoch hatten die Brandenburger rot-schwarz-grünen Koalitionsfraktionen von der Landesregierung Nachbesserungen bei der gemeinsamen Wasserstrategie für Brandenburg und Berlin gefordert. Einem gemeinsamen Antrag unter anderem mit dem Vorschlag, den Cottbuser Ostsee als Speicher zu nutzen, wurde im Umweltausschuss mehrheitlich zugestimmt. Damit wird der Antrag im Parlament behandelt.
Die Speicherfunktion des Sees solle zur Unterstützung des Wasserhaushaltes in der Lausitz mit dem Spreewald und im unteren Spreegebiet bis nach Berlin dienen. Dafür müssten die fachlichen, rechtlichen, technischen und finanziellen Voraussetzungen identifiziert und Zuständigkeiten für die Umsetzung benannt werden, hieß es von den drei Koalitionsfraktionen. Der zurückliegende Winter mit reichlich Niederschlag habe gezeigt, dass der Ostsee als Speicher eine reale Option sein könne.
Klimaneutrales Quartier geplant
Auch die Stadt Cottbus hat konkrete Pläne für den See. So soll unter anderem eine Seevorstadt entstehen, die das Gewässer mit Cottbus einmal städtebaulich verbindet. Das Stadtquartier soll klimaneutral werden. Geplant sind am Wasser neue Wohnbereiche, Gewerbefläche, ein Energiecampus als Denkfabrik und ein Bildungs- und Behördenzentrum. Für die Stadt sind das weiche Standortfaktoren, um Fachkräfte in die Region zu locken.
Der Cottbuser Ostsee entsteht auf dem Gelände des früheren Tagebaus Cottbus-Nord. Er war mit rund 83 Millionen Tonnen abbaubarer Braunkohle der kleinste der fünf Tagebaue des damaligen Energiekonzerns Vattenfall und diente ausschließlich der zusätzlichen Versorgung des Kraftwerks Jänschwalde (Spree-Neiße). Der Tagebau ist Ende 2015 stillgelegt worden.
Sendung: Antenne Brandenburg, 12.04.2024, 09:30 Uhr