Schäden durch die Pandemie - Tausende Künstler und Veranstalter demonstrieren in Berlin

Mi 28.10.20 | 17:30 Uhr
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Tausende Künstler und Veranstalter demonstrieren in Berlin (Quelle: dpa/Abdulhamid Hosbas)
Video: Abendschau | 28.10.2020 | Christian Titze | Bild: dpa/Abdulhamid Hosbas

Kaum Konzerte, kaum Messen - erneut sind am Mittwoch Tausende Menschen aus der Veranstaltungsbranche für umfassendere staatliche Hilfen in der Corona-Krise auf die Straße gegangen. Unterstützt wurden sie auch von Promis wie Tote-Hosen-Frontmann Campino.

Das Aktionsbündnis #AlarmstufeRot hat am Mittwoch mit einer Demonstration in Berlin auf die schwierige Lage der Veranstaltungsbranche in der Corona-Krise aufmerksam gemacht. "Die Kultur
stirbt" oder "Kultur ist systemrelevant" war unter anderem auf Plakaten zu lesen.

Unter dem Motto #OnFire trafen sich am Vormittag Hunderte mit ihren Lkw, Transportern und Autos und fuhren in einem Korso vom Olympischen Platz aus zum Brandenburger Tor. Laut Berliner Verkehrszentrale gab es rund um die Strecke teils erhebliche Staus.

"Offensichtlich hat die Politik den Sommer verschlafen"

Zur gleichen Zeit startete zudem ein Fußmarsch mit rund 6.000 angemeldeten Teilnehmern vom Roten Rathaus. Auch ihr Ziel war das Brandenburger Tor, wo am Nachmittag die Abschlusskundgebung stattfand.

Zahlreiche Künstler und Popstars wie Dieter Hallervorden, Frank Zander oder Roland Kaiser solidarisierten sich mit dem Umzug. "Offensichtlich hat die Politik den Sommer verschlafen", sagte Tote-Hosen-Sänger Campino bei der Abschlusskundgebung. "Eine Lockdownstrategie in Schwarz-Weiß, das ist einfach zu wenig." Es gehe hier "nicht um Weihnachten. Es geht um ein ganzes Jahr und Tausende Existenzen."

Aktionsbündnis fordert gezielter zugeschnittene Hilfsprogramme

Organisiert wurde der Protestmarsch vom Aktionsbündnis #AlarmstufeRot, angemeldet wurden für den Korso und den Marsch insgesamt 12.000 Teilnehmer. Auch der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga sowie der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft riefen zur Teilnahme auf.

Bereits im September waren Tausende Menschen aus der Branche bei einer ersten Demo mit Hunderten Fahrzeugen in Berlin unterwegs. Auch Prominente hatten sich damals für die betroffenen Branchen stark gemacht, etwa Herbert Grönemeyer. Weil nach wie vor Großveranstaltungen kaum stattfinden dürfen, sind Veranstalter und Künstler sowie die Hotel- und Gastrobranche wirtschaftlich besonders schwer getroffen.

Sie fordern gemeinsam Hilfsprogramme, "die sich gezielter an den Bedürfnissen der Unternehmen orientieren als die bisher von der Regierung aufgelegten Förderprogramme", heißt es in einem Aufruf.

#Alarmstuferot hat prominente Unterstützer

Der Musiker Roland Kaiser betonte am Mittwochmorgen im rbb, er erwarte, "dass man die Freiberufler, die Soloselbstständigen nicht zwingt, in Hartz IV zu gehen, sondern dass sie genauso unterstützt werden wie andere berufliche Zweige." Der Wirtschaftszweig der Veranstaltungsbranche sei von enormer Bedeutung, ihm gehörten immerhin 1,5 Millionen Menschen an. Mit einem Jahresumsatz von mehr als 130 Milliarden Euro sei die Branche die sechst stärkste Wirtschaftskraft in Deutschland, noch vor dem Baugewerbe und den metallverarbeitenden Betrieben, so Kaiser.

Auch der Berliner Trompeter und Komponist Till Brönner forderte bereits am Dienstag im rbb mehr Augenmaß. Zwar gehe Gesundheit immer vor, "auf der anderen Seite wird man schon gewahr, dass es auch gewisse Inkonsequenzen zu geben scheint. Warum im Flugzeug plötzlich alle dicht an dicht sitzen dürfen, im Konzert aber nicht. Das muss sicherlich nochmal rekapituliert werden, wie konsequent das eigentlich ist."

Demonstration der Veranstaltungsbranche für umfassendere staatliche Hilfen in der Corna-Krise am 28.10.2020. (Quelle: dpa/Emmanuele Contini)

Weiterhin Verbot von Großveranstaltungen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) traf sich am Mittwoch mit den Länderchefs, um angesichts der rapide steigenden Infektionszahlen über erneute Einschränkungen für das öffentliche Leben zu beraten. Großveranstaltungen bleiben demnach weiterhin verboten.

Mit einem offenen Brief richtete sich am Mittwoch auch die Interessengemeinschaft der Berlin-Brandenburgischen Schausteller an Berlins Regierenden Bürgermeister, Michael Müller (SPD). "Mit der Absage von Veranstaltungen wie Weihnachtsmärkten oder Volksfesten beziehungsweise mit der Beschränkung auf Besucherzahlen, die eine wirtschaftliche Durchführung nicht rechtfertigen, ist auch die letzte Chance vertan, dass die Schausteller vor der Winterpause noch einmal aus eigener Kraft Geld verdienen", heißt es darin.

Sendung: Abendschau, 28.10.2020, 19:30 Uhr

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41 Kommentare

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  1. 41.

    Wenn sich die Regierung mal bequemen würde, das internet sicherer und besser zu machen, das Bezahlsystem zu erweitern, sichern und zu vereinfachen, könnten auch viele neue Dinge im kulturellen Bereich entstehen. Beispielsweise interaktive Theateraufführungen mit halbem anwesenden Publilkum und die andere Hälfte ist online live dabei. Ähnlich dem Theatersport kann das Onlinepublikum Vorschläge oder Sätze zum Stück beitragen usw. Nicht einfach nur: Ich spiele Gitarre in der Quarantäne und poste es im internet..Man kann zunächst einfach kostenlos reinschauen, dann immer Stücke dazukaufen. Ähnlich wie diese Gesundheitsyoutuber Libscher und Bracht...

  2. 40.

    Hallo, ich verfolge auch die Zahlen täglich und diese auch von mindestens zwei Quellen. Und höre mir mindestens 2-3 Optionen an. Ob die Zahlen in Tschechien oder Belgien steigen, interessiert mich erstmal zweitrangig, weil ich in Deutschland / Berlin lebe. Und bevor Sie wieder mit den Argument kommen, das Virus kennt keine Grenzen, ja klar ist das so. Aber diese Länder haben auch nicht so ein gutes Gesundheitssystem wie wir.Ich glaube schon, das es andere Lösungsansätze gibt, was die Politik derzeit nicht zulässt, weil Sie immer auf die gleichen Experten hört. Hauptsache erstmal verbieten und dann mal sehen und dann wieder von einer Verlängerung zur nächsten durchhängen. Woran liegt dann das, das sich KH Personal infiziert? Mangelte oder schlechte Ausstattung. Wer ist in der Regel schuld? Der Staat, weil Krimmer weiter gespart hat. Wirksame Massnahmen ergreifen ja, aber nicht immer das gleiche Schema, wann soll das vorbei sein? Durchsuchung wurde ja verhindert, Medizin?

  3. 39.

    Wären Sie auch noch so entspannt, wenn ab sofort der Fernseher schwarz, das Radio stumm und das Internet "nicht erreichbar" wäre? Dann beglückwünsche ich Sie zu einem autarken Leben in der freien Natur und ohne jegliche Kultur. Denn all diese Dienste kann man nur durch Kulturschaffende genießen. Sie sehen, man muss nicht einmal ins Theater, in Konzerte oder ins Kino gehen um Kultur zu erleben...

  4. 38.

    130 Milliarden Jahresumsatz!? Ich befürchte, im Zusammenhang mit einer Pandemie, kann ´Grösse´ auch von Nachteil sein! Indirekt erwähnt Roland K. den Grund, ist doch klar das dieser Umsatz, unter diesen Umständen, nicht annähernd ausgeglichen/verschenkt werden kann. Also die Branche und deren Beschäftigte muss sich modifizieren, umorientieren, umschulen, Hartz4 oder irgendwie anders auf diese Notlage reagieren!
    Wenn alle Stars und vermarktenden Firmen die an diesen 130 Milliarden Jahresumsatz der letzten Jahre beteiligt waren, zusammenlegen, müsste die Branche auch für die nächsten sechs Monate gerettet werden können! Oder?

  5. 37.

    Nach vorgegebene Linie zu tanzen, das liegt mir überhaupt nicht.
    Ich verfolge die Gesamtzahlen auf der intraaktiv morgenpost Seite. Dort kann man die Corona - Entwicklung weltweit gut nachverfolgen. Schauen Sie sich beispielsweise die derzeitige Corona - Entwicklung in Tschechien. Dort ist bereits das Gesunheitssystem gefährdet, wegen zu hoher Zahlen an infizierten Personal. Zu lange zögerte man (wegen der Wirtschaft und Verdrossenheit der Bevölkerung) wirksame Maßnahmen zu ergreifen, und nun das!
    IIch finde diesen Weg sollte man wirklich nicht nachmachen.
    Ob einzelnen Maßnahmen angemessen sind, das können Gegner notfalls die Gerichte entscheiden lassen.

  6. 36.

    Ich halte die jetzt entschiedenen Maßnahmen für richtig und notwendig. Physische Kontakte müssen JETZT soweit wie möglich reduziert werden, damit die Situation nicht weiter eskaliert. Klar ist m.E. aber auch, dass die Veranstaltungsbranche und Kulturbetriebe in ausreichender Form finanzielle Untersützung brauchen und bekommen müssen, damit sie die Zeit überbrücken können. Alles mit dem Ziel, möglichst bald wieder der Normalität näher zu kommen - und Gesundheit und Leben zu schützen.

  7. 35.

    Schäden durch die Pandemie "Tausende Künstler und Veranstalter demonstrieren in Berlin"
    "Die Kultur stirbt" oder "Kultur ist systemrelevant" war unter anderem auf Plakaten zu lesen.

    Nochmal, genauer lesen!!!!

  8. 34.

    Die 65+ haben wahrscheinlich 40+ gearbeitet und können auf Ihre dummerhafte "Weisheit" auch verzichten.

  9. 33.

    Ich finde es echt hart wie nüchtern einige hier das sterben von Unternehmen, die vielleicht bereits mehreren Generationen ihr Auskommen gesichert haben, als "Marktbereinigung" darstellen. Genauso gut könnten wir auch einfach die Alten an den Coronafolgen sterben lassen. Kosten ja eh nur noch Geld und belegen dringend benötigten Wohnraum. Wir nennen das dann einfach "Natürliche Auslese" oder "Sozialbereinigung". Wär doch ne Option oder?

  10. 32.

    Auf Ihren " Kommentar", kann man erst recht verzichten. Sie glauben die Wahrheit über das reale Leben gepachtet zu haben, und behalten diese doch lieber für sich. Warum eigentlich?

  11. 31.

    Marktbereinigung im Falle von Arbeitsverboten?
    Genau durch solche Unkenntnis können doch Regierungen machen, was sie wollen.

  12. 30.

    Ach in den USA hat Trump die Krise verursacht und bei uns das Volk? Genau diese Legende soll scheinbar verbreitet werden.
    Unglaublich!

  13. 29.

    Hallo Dagmar, schön mal wieder jemand zu treffen der voll nach Linie tanzt und nicht mal ansatzweise sich mit Alternativen beschäftigt. Ich habe mir heute mal das Papier und die dazugehörige Pressekonferenz und Fragen von X Medienvertreter angehört. Und zwar das von Herrn Gassen, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung und diversen Virologen, Herr Streeck und Co. Die haben Vorschläge eingebracht und auch eine große Unterstützung von Verbänden dazu bekommen. z.B . Einführung einer AmpelSystem Bundesweit, Betrachtung aller Zahlen, nicht nur die der Neuinfektionen, das auch mehr die Ärzte einbezogen werden sollen...und und . Schauen Sie sich mal an und dann sprechen wir weiter. Es sind nicht nur die Folgen der Corona Erkrankungen zu berücksichtigen, sondern der Gesamtschaden dieser Massnahmen. Und wenn Sie schon so anfangen, ich habe nicht gesagt das ich ein Corona Verstorbenen mit einer anderen Verstorbenen gegen rechne, ich habe aber das Gefühl die meisten sehen nur noch Corona Opfer.

  14. 28.

    Was wäre denn Ihre Lößung?
    Scheinbar so zu tun, als wäre nichts passiert.
    Der Haufen von Toten und Gesunheitgeschädigten wäre dann der Colateralschaden der Ihnen viel besser gefallen würde.
    Obendrein soll auch noch das Gesunheitssystem zusammenbrechen, Hauptsache alles andere läuft wie gewohnt.
    Was für eine Vorstellung!!!

  15. 27.

    Genau so isses. Endlich mal jemand der mitdenkt. Es kann nicht einfach so ein Impfstoff auf die Menschheit losgelassen werden! In so kurzer Zeit! Das ist völlig unrealistisch. Danke.

  16. 26.

    Selbst die paar Haare aufm Kopf sträuben sich bei mir bei dem Zynismus einiger hier, die ua von "Marktbereinigung" reden und offensichtlich nicht mal verstehen, worum es bei dieser Aktion eigtl geht. Aber SIE (Paul) haben mit Ihrem Vergleich, was die Nationalsozialisten getan haben, in die allertiefste Schublade gegriffen. GEHTS NOCH? Unfassbar...

  17. 25.

    Ich hier ALLE Kommentare völlig belanglos, da die Meinungen ob Pro oder Kontra scheinbar von 65+ aus der kuschligen Rentenecke geschrieben wurden und tatsächlich nichts mit dem realen Leben zu tun haben. Auf die Weisheiten kann man wie immer hier verzichten.

  18. 23.

    Sehr geehrter Herr Realist,
    sehen Sie doch die Sache mal realistisch. Alle Impfstoffe brauchen von der Entwicklung bis zur Zulassung einen Zeitraum von 6-8 Jahren. Und ausgerechnet jetzt haben die soooo plötzlich eines da? Haben die Entwickler schon auf Nachwirkungen untersucht? Ich möchte Sie ja nicht beleidigen, aber sie könnten sich ja als Probant zur Verfügung stellen
    Mit freundl. Grüßen

  19. 22.

    Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Genau dieses, ich und immer nur ich ist das Problem.
    In besonderen Situationen muss man zusammen stehen und gemeinsam den Schaden für die Gemeinschaft versuchen so gering wie möglich zu halten. Das hat in Krisen schon immer am besten funktioniert, aber lang, lang ist’s her. Heute ist sich jeder selbst der Nächste.

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