Interview | Meteorologe zu Schwüle - "Wir können nicht effektiv schwitzen, wenn es feucht und heiß ist"

Do 22.06.23 | 08:58 Uhr
Ein Straßenarbeiter wischt sich bei großer Hitze den Schweiß ab. (Quelle: dpa/Frank Leonhardt)
Bild: dpa/Frank Leonhardt

Warme, feuchte Luft vom Mittelmeer strömt derzeit in die Region. Vielen Menschen macht die schwüle Luft zu schaffen. Wieso das so ist, erklärt Wetterexperte Robert Noth vom Deutschen Wetterdienst.

rbb|24: Wie hoch ist die Luftfeuchtigkeit denn gerade in Berlin in Brandenburg?

Robert Noth: Die Luftfeuchtigkeit selbst variiert, wie wir sehen sehr stark. So am späten Mittwochnachmittag hatten wir eine Luftfeuchtigkeit von 40 bis 55 Prozent. Am Mittag gab es mal Werte von 50 bis 70 Prozent. Das ist also kein guter Wert, um irgendwas daran festzumachen.

Ein Beispiel: Wenn es neblig ist, beträgt die Luftfeuchtigkeit 100 Prozent. Das heißt einfach nur, da ist Wasser. Am Morgen gab es in Berlin und Brandenburg 85 bis 100 Prozent Luftfeuchtigkeit, einfach weil es Dunst- und Nebelfelder gab und es geregnet hat.

Wenn nicht von der Luftfeuchtigkeit, wovon hängt es dann also ab, dass sich die Luft schwül anfühlt?

Eine Rolle spielt die Temperatur. Über 30 Grad Celsius ist da ein guter Wert, ab dann reden die Meteorologen von einem heißen Tag. Die Luftfeuchtigkeit selbst ist dabei natürlich auch wichtig, viel wichtiger ist aber der sogenannte Taupunkt.

Was ist der Taupunkt?

Der wird auch in Grad Celsius angegeben und meint den Punkt, auf den man die Luft abkühlen müsste, damit sie anfängt zu kondensieren, also flüssig zu werden. Am heutigen Mittwoch liegt der Taupunkt bei 16 bis 20 Grad. Das ist schon ordentlich. Wenn die Luft also 28 Grad warm ist und der Taupunkt bei 18 Grad liegt, dann müsste man die Luft auf diesen Wert abkühlen, damit beispielsweise Wasser sich an den Wänden absetzt. Die Luft wird also von den Menschen umso feuchter wahrgenommen, desto höher die Temperatur und der Taupunkt sind.

Wieso macht schwüle Luft manchen Menschen und Tieren zu schaffen?

Je höher die Temperatur ist, desto mehr Wasserdampf kann in der Luft koexistieren. Das heißt in einer kalten Winterluft ist viel weniger Wasserdampf als in sommerlich warmer Luft. Uns Menschen fällt es schwer, wenn der Taupunkt hoch ist, über unseren Schweiß einen Kühlungseffekt hinzubekommen. Schweiß verdunstet auf der Haut, dafür wird Energie benötigt, diese Energie wird der umliegenden Luft entzogen, daher haben wir einen Abkühlungseffekt auf unserer Haut. Das ist nicht möglich, wenn die Luftmasse schon so feucht ist. Das hemmt nämlich die Verdunstungsmöglichkeit des Schweißes.

Wir können also nicht effektiv schwitzen, wenn es heiß und feucht ist, deswegen nehmen wir das als sehr unangenehm war. Wenn man Wäsche an einem trockenen, warmen Tag raushängt, trocknet die schnell. Wenn man die Wäsche an einem schwülen Tag raushängt, braucht die ewig bis sie trocken ist, weil die Luft schon so einen hohen Wassergehalt hat.

Erwartet uns das jetzt öfter? Inwiefern beeinflusst der Klimawandel die Luftfeuchtigkeit?

Die heißen Temperaturen nehmen aufgrund des Klimawandels zu, aber heiße Luft muss ja nicht immer feucht sein. Aktuell ist es so, dass wir Mittelmeerluft haben, warm und feucht. Sehr oft haben wir ja aber auch Festlandsluft, die dann eher heiß und trocken ist.

Wie kommt man am besten mit schwüler Luft zurecht?

Natürlich macht es Sinn, sich luftig anzuziehen. Ich würde empfehlen, unmittelbare Sonne zu meiden und viel zu trinken. Man kann das Schwitzen nicht beeinflussen, aber man kann die eigene Aufheizung beeinflussen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führte Anna Bordel, rbb|24.

Nächster Artikel