Märkisch-Oderland - Maul- und Klauenseuche ausgebrochen - weitere Tiere getötet
In Märkisch-Oderland ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. Weil die Viruserkrankung für Rinder und Schweine hochansteckend ist, sollen im Umkreis alle Paarhufer getötet werden. Ein erster Verdachtsfall in Berlin war negativ.
- drei verendete Wasserbüffel in Hönow mit Maul- und Klauenseuche infiziert
- weitere Büffel und Tiere in benachbarter Schweinezucht wurden getötet
- Tiertransporte in Brandenburg sowie und Berlin untersagt
- Berlin sperrt vorsorglich Betriebe, erster Verdachtsfall negativ
Nach dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS) in Brandenburg sind mittlerweile die drei Landkreise Märkisch-Oderland, Barnim und Oder-Spree sowie das Land Berlin betroffen. Das sagte die Brandenburger Landwirtschaftsministerin Hanka Mittelstädt (SPD) am Samstag.
Unklar ist nach wie vor, auf welchem Weg das Virus in eine Wasserbüffel-Herde im Landkreis Märkisch-Oderland eingeschleppt wurde. Es gebe bisher keine Hinweise auf den Übertragungsweg, sagte der Vize-Landrat Friedemann Hanke (CDU) am Samstagvormittag nach einer Beratung des Krisenstabs in Seelow.
In der Herde im Ort Hönow nicht weit von der Berliner Stadtgrenze erkrankten wahrscheinlich alle 14 Tiere an der Maul- und Klauenseuche. Drei Wasserbüffel waren auf der Weide verendet. Weitere elf wurden getötet. Bei ihnen seien ebenfalls typische Symptome sichtbar gewesen, sagte Hanke.
Proben seien zum zuständigen Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) gebracht worden, mit Ergebnissen sei ab Sonntag zu rechnen. Hanke sagte, der betroffene Landwirt unterhalte einen Biobetrieb, habe sein Futter abgedeckt und sich sehr umsichtig um seine Tiere gekümmert. Laut dem Amtstierarzt des Kreises habe der Landwirt keine Futtermittel von außerhalb gekauft, sondern selbst Heu geerntet. Die Wasserbüffel seien seit mindestens drei Wochen infiziert gewesen.
Erreger für Menschen ungefährlich
Der Ausbruch war den Behörden am vergangenen Donnerstag durch die drei toten Wasserbüffel bekannt geworden, wie Hanka Mittelstädt am Freitag mitteilte. Daraufhin wurde ein totes Tier im Landeslabor Brandenburg und von den Tierseuchen-Experten des Friedrich-Löffler-Instituts untersucht und dabei der Seuchenerreger festgestellt. Für Menschen ist er ungefährlich, aber hochansteckend, weil er auf mehrere Arten und weite Wege übertragen werden kann.
Ein möglicher Infektionsweg für das hochansteckende und sehr widerstandsfähige Virus können Futtermittel sein. Möglich ist auch, dass Wildtiere wie Wildschweine das Virus zu den Weidetieren brachten. Zum Schutz vor einer Ausweitung der Tierseuche werden Landwirte in Brandenburg aufgefordert, Desinfektionsmatten an Ställen zu nutzen, wie der stellvertretende Landrat Friedemann Hanke sagte. Futtermittelbetriebe, die Ställe anfahren, sollen besonders achtsam vorgehen. Auch Jäger sollten vorsichtig sein. "Es wird von uns nochmal ein Aufruf an alle Jäger gehen, ein Augenmerk darauf zu legen auf Auffälligkeiten beim Wild zu achten. Bewegen sich die Tiere anormal, sind sie etwas apathisch, gibt es nach Erlegung Auffälligkeiten?", sagte Hanke.
170 Schweine in Barnim und 55 Ziegen in Oder-Spree getötet
Wie Hanke außerdem erklärte, werden in einem Umkreis von einem Kilometer um die Weide mit der betroffenen Wasserbüffel-Herde alle Paarhufer getötet. Das betraf unter anderem eine Schweinezucht mit 170 Tieren im angrenzenden Landkreis Barnim, die am Samstagvormittag getötet wurden.
Da der ursprünglich betroffene Betrieb außerdem eine weitere Herde in Schöneiche im Landkreis Oder-Spree hat, wird dem Verdacht nachgegangen, ob diese Tiere ebenfalls mit der Seuche infiziert worden sind. Sämtliche Tiere müssen am Montag getötet werden, teilte Landwirtschaftsministerin Mittelstädt am Samstag mit. Das betrifft 55 Ziegen und Schafe sowie drei Rinder. Keines der dort lebenden Tiere habe Anzeichen einer Infektion gezeigt, sagte die Ministerin. Weil über die Verteilung von Heu von dem Hof in Hönow aber möglicherweise ein Kontakt bestehen könne, müssten die Tiere getötet werden.
Verdachtsfall in Berlin negativ
Um den Tierhalterbetrieb in Hönow ist per Allgemeinverfügung ein etwa drei Kilometer großer Schutzkreis sowie eine zehn Kilometer große Überwachungszone eingerichtet worden. Damit überschreiten die Schutz- und die Überwachungszone auch die Kreisgrenzen - somit sind auch der Landkreis Barnim und die Stadt Berlin betroffen [maerkisch-oderland.de]. Auf den Wegen rund um die Schutz- und die Überwachungszone sollen in den kommenden Tagen Warnschilder aufgestellt werden, Schutzzäune sind laut Kreisverwaltung nicht geplant. In der Schutzzone werden alle potentiell betroffenen Tiere kontrolliert, in der größeren Überwachungszone wird nur stichprobenartig kontrolliert. In beiden Bereichen sind Transporte dieser Tiere verboten.
Wie der Berliner Senat am Freitagnachmittag mitteilte, wurden die betroffenen Betriebe im Stadtgebiet behördlich gesperrt und werden überwacht. Es sei ein Krisenstab Tierseuchen eingerichtet und das Landeskrisenzentrum Tierseuchen aktiviert worden.
In Berlin ist bislang kein Fall von Maul- und Klauenseuche bekannt. Ein verendetes Schaf, das am Freitag auf einer Weide in Marzahn-Hellersdorf gefunden worden war, ist laut Senat nicht infiziert. Die Untersuchung habe keinen Hinweis auf die Maul- und Klauenseuche bei dem Tier ergeben, teilte die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz am Samstag mit. Die Bestätigung durch das FLI stehe aber noch aus.
Alle Berliner Bezirke haben laut Senat sogenannte tierseuchenbehördliche Allgemeinverfügungen zum Schutz vor der Verschleppung der Krankheit erlassen. Sie gelten ab Sonntag. Demnach ist der Transport von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und Kameliden (Klauentiere) und deren Körper oder Körperteile sowie der Gülle dieser Tierarten verboten.
Im Barnim laufen ebenfalls Vorbereitungen. "Nach derzeitiger Einschätzung ist die Gefahr einer potenziellen Ausbreitung der MKS im gesamten Kreisgebiet des Landkreises Barnim sehr hoch", so die Kreisverwaltung. Es sei ein Krisenzentrum eingerichtet worden. Alle Tierhalten sollten sich über die Internetseite des Landkreises täglich über Neuigkeiten informieren.
Landwirtschaftsministerin untersagt Tiertransporte
Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, hat die Brandenburger Agrarministerin Mittelstädt bereits am Freitag eine Eilverordnung erlassen. Seit Samstag ist damit etwa der Transport von Rindern, Schweinen Schafen, Ziegen und Kameliden (also Paar- oder Schwielenhufer, wie etwa Kamele, Dromedare, Lamas oder Alpakas) für 72 Stunden verboten. Innerhalb einer Schutzzone im Umkreis von drei Kilometer werden in allen Tierhaltungs-Betrieben mit Paarhufern Proben genommen und in einer weiteren Überwachungszone sollen Stichproben genommen werden.
Auch die Nutzung von Impfstoffen sei denkbar, sagte Mittelstädt am Samstag. Es müsse aber zunächst abgewartet werden, um welchen Erregertyp es sich handele, sagte sie. Erst daraufhin könne mit einem entsprechenden Impfstoff reagiert werden. Noch am Wochenende oder am Montag seien erste Ergebnisse des zuständigen Friedrich-Loeffler-Instituts zum Virus zu erwarten, sagte Mittelstädt. Damit kann herausgefunden werden, aus welcher Region der Welt der jeweilige Virustyp stammt, von wo er also eingeschleppt wurde.
In Deutschland wurden Rinder dem FLI zufolge bis 1991 jährlich gegen die Maul- und Klauenseuche geimpft. Seither ist die Impfung in der EU verboten, weil die in Europa heimischen Stämme getilgt waren. Gegen aus dem Ausland eingeschleppte Stämme hätten die Impfstoffe kaum Schutz geboten, wie das FLI erläutert. "Jedoch erlauben die europäischen Rechtsvorschriften im Seuchenfall bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Notimpfung." Für diesen Zweck würden in der EU Impfstoffbanken unterhalten. Mit der Impfung allein lasse sich ein MKS-Ausbruch aber nicht wirksam bekämpfen, so die Einschätzung des FLI.
Zoo und Tierpark geschlossen - Keine Rinder und Schweine auf Grüner Woche
Der Berliner Tierpark, der nur rund zehn Kilometer Luftlinie von Hönow entfernt liegt, wurde vorsorglich für Besucher geschlossen - wie lange ist unklar. Ein Teil von ihm liegt in der Überwachungszone. Der Berliner Zoo hat angekündigt, bis einschließlich Montag nicht zu öffnen. Das Aquarium hingegen bleibt auch über das Wochenende hinweg geöffnet. Tierpfleger aus dem Schutzkreis dürfen bis auf Weiteres nicht in Zoo oder Tierpark arbeiten.
Auswirkungen hat der Seuchenausbruch auch auf die Grüne Woche in Berlin. "In Abstimmung mit dem Veterinäramt werden wir keine Paarhufer vor Ort haben", sagte Lars Jaeger, Direktor der Grünen Woche, auf Anfrage. "Es gibt also nicht wie geplant Rinder, Schafe, Ziegen und Alpakas zu sehen, dafür aber viele andere Nutz- und Heimtiere." Die Grüne Woche findet vom 17. bis 26. Januar auf dem Berliner Messegelände statt.
Bundestagsausschuss kommt Mittwoch zusammen
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) reagierte mit der Einberufung eines Zentralen Krisenstabs und will Anfang der Woche mit Vertretern der Agrarbranche sprechen. Nach Angaben der Grünen-Abgeordneten Renate Künast kommt der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft am Mittwoch, 15. Januar auf Antrag ihrer Fraktion und der SPD zu einer Sondersitzung zusammen. An dem Treffen nimmt demnach auch Özdemir teil.
"Es ist wichtig, hier zeitnah alles Notwendige zu tun, nicht nur aus Tierschutzgründen, sondern auch aufgrund zu befürchtender hoher wirtschaftlicher Schäden", sagte Künast.
Bauernpräsident: "Das zieht internationale Handelsbeschränkungen nach sich"
Brandenburgs Landesbauernpräsident Henrik Wendorff macht sich seinen Worten zufolge wegen befürchteter Restriktionen für Landwirte Sorgen. "Das bringt wirtschaftliche Probleme mit sich", sagte er. "Welche Maßnahmen die EU ableitet, ist die nächste Frage."
Deutschland verliert den Status, frei von Maul- und Klauenseuche zu sein. "Das zieht internationale Handelsbeschränkungen nach sich", meinte Wendorff. Auch Schlachthöfe könnten nun aufgrund des Aufbruchs davor zurückschrecken, Tiere aus Brandenburg abzunehmen.
Der brandenburgische Bauernpräsident schätzt auch, dass es langwierig werden könnte, die Ursache für den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche zu finden. "Das wird ein schwieriges Unterfangen sein." Er empfahl auch allen Streicheltierzoos in Märkisch-Oderland und Tierhaltern, entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.
MKS hochansteckend bei Klauentieren - in Deutschland zuletzt 1988 nachgewiesen
Die MKS ist eine enorm infektiöse Viruserkrankung bei Klauentieren wie Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen. Auch viele Zoo- und Wildtiere können daran erkranken. Das Virus kann auf mehreren Wegen übertragen werden, zum einen von Tier zu Tier durch Kontakt mit Sekreten und Exkrementen. Zum anderen indirekt über Menschen, Fahrzeuge, kontaminierte Gegenstände und tierische Produkte. Es kann sich außerdem über große Entfernungen mit der Luft ausbreiten.
Infizierte Tiere scheiden das Virus in großen Mengen aus, durch Flüssigkeit aus aufgeplatzten Blasen sowie durch Speichel und Ausatmungsluft. Tiere können auch nach der Genesung über einen längeren Zeitraum Virusträger bleiben und es mehrere Wochen im Stuhl ausscheiden, selbst wenn sie keine Symptome mehr haben. Wegen all dieser Faktoren kann man bei einem Ausbruch von einer Ansteckung der gesamten Herde ausgehen. Die Erkrankungsrate liegt in den meisten Fällen bei 100 Prozent [tierseucheninfo-niedersachsen.de].
Deutschland und die EU galten dem FLI zufolge in den vergangenen Jahrzehnten als frei von MKS. Die letzten Fälle in Deutschland traten demnach 1988 auf, in Europa zuletzt in Bulgarien 2011. Die MKS kommt laut Friedrich-Löffler-Institut allerdings in der Türkei, im Nahen Osten und in Afrika, in vielen Ländern Asiens und in Teilen Südamerikas vor. Illegal eingeführte tierische Produkte aus diesen Ländern stellten eine ständige Bedrohung für die europäische Landwirtschaft dar, so das Institut.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 11.01.2025, 19:30 Uhr