Debatte über Wahldebakel im Abgeordnetenhaus - Senator Geisel übersteht Anträge mit Rücktrittsforderungen

Do 06.10.22 | 14:55 Uhr
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Andreas Geisel (SPD), Innensenator von Berlin, kommt am 08.10.2021 zu einer Pressekonferenz zu den Pannen bei der Wahl am 26. September 2021 in Berlin. (Quelle: dpa/Christoph Soeder)
Video: rbb24 Abendschau | 06.10.22 | Franziska Hoppen | Bild: dpa/Christoph Soeder

Wegen der vielen Wahl-Pannen in Berlin steht Senator Geisel unter Druck. Einen Missbilligungsantrag lehnte das Parlament ab, ebenso wie einen Antrag zu seiner Entlassung. Derweil gelobt Rot-Grün-Rot eine bessere Wahlorganisation.

Der Berliner Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) hat einen Missbilligungs- sowie einen Entschließungsantrag im Abgeordnetenhaus überstanden. Damit muss er weder zurücktreten, noch wird er entlassen.

In einer ersten namentlichen Abstimmung votierten am Donnerstagvormittag im Parlament 124 Abgeordnete gegen einen entsprechenden Missbilligungsantrag der AfD. 12 stimmten dafür, es gab keine Enthaltungen. Bei dem Entschließungsantrag gab es am Nachmittag 80 Nein-Stimmen, 38 Ja-Stimmen sowie 11 Enthaltungen.

Die AfD schreibt Geisel eine Mitverantwortung an den Pannen bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen im vergangenen September zu. Er habe vor der Wahl Hinweise auf Probleme ignoriert, so der Vorwurf. Geisel stand damals als Senator der für das Thema Wahlen zuständigen Innenverwaltung vor. In dem Antrag forderte die Fraktion, Geisel deswegen das Misstrauen auszusprechen, sowie seine Entlassung.

Den Entschließungsantrag der AfD unterstützte auch die CDU-Fraktion. Die Opposition forderte von Geisel, Verantwortung für die Probleme bei der Wahl zu übernehmen und rief die Regierende Bürgermeisterin, Franziska Giffey (SPD) dazu auf, ihren Senator zu entlassen. Sie hatte sich zuvor bereits hinter Geisel gestellt.

CDU und AfD sehen in Geisel den Hauptverantwortlichen

In der Aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus hatten die Fraktionen über das Wahldebakel vor einem Jahr debattiert. Neben der Kritik von CDU und FDP gab es die Zusicherung von Innensenatorin Iris Spranger (SPD), die unabhängigen Wahlorgane so auszustatten, dass Wahlen in Zukunft reibungslos verlaufen könnten. Auch sollten die Zuständigkeiten klarer geregelt werden, damit die Innenverwaltung ihre Kontrollpflicht wahrnehmen könne.

Spranger verwies auf Änderungen bei der Organisation von Wahlen, die die Innenverwaltung bereits angeschoben habe. Die Durchführung der Wahlen liege in erster Linie in der Verantwortung der unabhängigen Landeswahlleitung, betonte die Innensenatorin. Ihre Aufgabe als Innensenatorin sei es allerdings, die notwendige Unterstützung zu gewährleisten.

Grüne und Linke kritisierten ebenfalls die mangelhafte Vorbereitung der Wahl, versicherten aber, als Koalition in Zukunft alles dafür zu tun, dass Wahlen reibungslos ablaufen könnten.

Verfassungsgericht entscheidet über Wahlwiederholung

In Berlin gab es am 26. September 2021 bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zum Bundestag massive Probleme. So lagen in manchen Wahllokalen falsche Stimmzettel, in anderen fehlten sie ganz. Vielerorts gab es zu wenige Wahlurnen, zeitweise wurden Wahllokale geschlossen, es kam zu teils stundenlangen Wartezeiten. Mitunter stimmten Wähler weit nach 18 Uhr oder auf eilig kopierten Stimmzetteln ab, weil Nachschub fehlte.

Der Berliner Landesverfassungsgerichtshof kündigte am Donnerstag an, seine Entscheidung zu einer möglichen Wahlwiederholung am 16. November verkünden zu wollen. Eine solche Wiederholungswahl müsste dann spätestens binnen 90 Tagen nach dieser Verkündung geschehen. Das entspricht spätestens dem 14. Februar 2023. Landeswahlleiter Stephan Bröchler peilt für den Fall der Fälle Sonntag, den 12. Februar, an, wie er dem "Spiegel" sagte.

Ampel-Koalition im Bund will Wiederholung in rund 300 Wahllokalen

In der vergangen Woche hatte die Diskussion um die Wahlen nochmals Fahrt aufgenommen. So will die Ampel-Koalition der Bundesregierung die Abstimmung in 300 der knapp 2.300 Wahllokalen wiederholen lassen.

Der Vorsitzenden des Wahlprüfungsausschuss, Daniela Ludwig (CSU) hatte dies als nicht weitgehend genug kritisiert. Man sei im Sommer mit dem Vorschlag auseinandergegangen, die Wahl in über 400 Wahllokalen zu wiederholen. Jetzt werde dies "runterreduziert", so Ludwig.

Der Ausschuss soll darüber noch im Oktober abstimmen. Vertreter der Ampel-Koalition halten dort die Mehrheit.

Sendung: rbb24 Abendschau, 06.10.22, 19:30 Uhr

92 Kommentare

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  1. 92.

    "Der Bursche ist aalglatt, alles perlt an ihm ab. In der Privatwirtschaft wäre er längst fristlos gekündigt."
    Nachvollziehbar, aber Wunschdenken. In der Privatwirtschaft schaut bloß niemand hin, oder man erfährt es nicht. Heisst ja auch Privatwirtschaft.

  2. 90.

    Na, dann, erst bei sich anfangen, und leise sein vor man.......

  3. 89.

    "Wir sind hier nicht im Kindergarten und benehmen sie sich nicht wie ein bockiges Kind das keiner leiden konnte . Was ist ihr Problem hat ihnen früher niemand zugehört ,das Sie jetzt hier so ein Geltungsbedürfniss haben. Eine vernünftige Umgangsform mit anderen Menschen hat man ihnen wahrscheinlich nicht beigebracht, aber die Hoffnung stirbt zuletzt vielleicht lernen Sie es auch noch. "

    Sie machen haargenau das was sie anderen vorwerfen. So macht man sich lächerlich, von ihren hanebüchenen Ausführungen und Rechtfertigungsversuchen mal ganz abgesehen.

  4. 88.

    Echt schade, dass Senator Geisel die Rücktrittsforderungen überstanden hat. Als Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen von Berlin macht er auch eine sehr schlechte Arbeit, insbesondere mit der Wohnungsvergabe für ukrainische Flüchtlinge bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Für diese Personengruppe ist es unmöglich eine Wohnung anzumieten. Obwohl man den Senator auf die Missstände schriftlich hingewiesen hat und um eine Rückmeldung gebeten wurde, passiert einfach nichts. Es ist auch ganz offensichtlich, dass die einige landeseigene Wohnungsbaugesellschaften den Ukrainern keine Wohnungen geben wollen, bis auf Schufa und MIetschuldenfreiheitbescheinigung alles vorliegt. Vom Prinzip her handelt es sich bei den Ukrainern um Wohnungslose. Da bleibt nur zur hoffen, dass es tatsächlich zu Neuwahlen kommt und sowohl Herr Senator Geisel als auch Frau Senatorin Kipping nicht mehr in der Landesregierung vertreten sind.

  5. 87.

    Na ja, sie ist ihren Dr.-Titel losgeworden aber zurückgetreten ist Schummelchen als Bundesministerin nicht. Sie wollte in Berlin Bürgermeisterin werden und hatte vorher die Beendigung ihres Jobs als Familienministerin verkündet.

  6. 86.

    Im Senat des Regierenden Bürgermeister Franziska Giffey (SPD) sind die Ansprüche nicht so hoch. Dort darf auch im Amt bleiben, wer sich als hoffnungslos überfordert mit seiner Aufgabe erweist. Unfähigkeit ist im Team Giffey ein Club-Ausweis.

  7. 85.

    Carsten es gibt ein Sprichwort "Was ich selber denk und tu das traue ich auch jedem anderen zu. "Wenn es bei der Wahl Unregelmäßigkeiten gegeben hat und das Gericht dies bestätigt ist die Wahl zu wiederholen. Das ist kein Geschwafel sondern so steht es im Gesetz und an das muss sich jeder halten. Andere Meinungen scheinen nicht ihr Ding zu sein sonst würden Sie hier anders Denkende nicht mit ihrer herablassenden Art versuchen zu belehren. Wir sind hier nicht im Kindergarten und benehmen sie sich nicht wie ein bockiges Kind das keiner leiden konnte . Was ist ihr Problem hat ihnen früher niemand zugehört ,das Sie jetzt hier so ein Geltungsbedürfniss haben. Eine vernünftige Umgangsform mit anderen Menschen hat man ihnen wahrscheinlich nicht beigebracht, aber die Hoffnung stirbt zuletzt vielleicht lernen Sie es auch noch.

  8. 84.

    „Es muß demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“"

    Das stetige Wiederholen einer nichtzutreffenden Aussage macht sie nicht weniger unzutreffend!

    Was meinen Sie mit "stetige Wiederholen einer nichtzutreffenden Aussage[n]"?
    Das was Ulbricht sagte, oder das, was Leonhardt in seinem Buch schrieb?
    Haben Sie das Buch "Die Revolution entlässt Ihre Kinder" überhaupt gelesen?
    Noch heute ist das Buch, erschien 1955, ein Zeugnis für die Verkommenheit der SED-DIE LINKE.

  9. 83.

    "als Koalition in Zukunft alles dafür zu tun, dass Wahlen reibungslos ablaufen könnten."
    Die Koalition hat eine korrekte Wahl sicherzustellen.
    Selbst Burkina Faso wird qualitativ besser aufgestellt sein als dieser Senat.

  10. 82.

    Meine Antwort bezog sich auf die nicht haltbare Aussage des "C".
    "Fake News aus der rechtsextremen Ecke."
    Sollten sie des Lesens nicht mächtig sein, enthalten sie sich bitte solcher plumper Anmache.

  11. 81.

    "Na das erzählen sie mal der Berliner Zeitung"
    Da ich bereits da auch schon drauf verlinkt hatte... hat da doch der eine oder andere da mal nachgeschaut...
    Und ist denen aufgefallen: aktualisiert 06.10.2022 - 19:57 Uhr

  12. 80.

    Bei Geisel frage ich mich, ob es bloß Verachtung der Wählerinnen und Wähler ist oder Verachtung der Demokratie insgesamt. Als ob es egal wäre, ob eine Wahl fehlerfrei abgelaufen ist oder nicht.

  13. 79.

    §1 Landeswahlordnung: "Die Wahlen in Berlin stehen unter Aufsicht der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung" - Wie kann Geisel nach dem von ihm zu verantwortenden Wahlchaos im Amt bleiben? Giffey ist wegen einer gefälschten Doktorarbeit zurückgetreten...

  14. 78.

    Boah, zum einen bezog nicht die BZ Stellung, sondern bezog sich nur auf die Aussage Peter Müllers, zum anderen wurde eben diese Aussage auch hier in der Kommentarspalte in einem solchen Ausmaß thematisiert, dass Sie mit Ihrem plumpen Kommentar einfach etwas spät dran sind. Mal wieder...

  15. 77.

    Nein, sie hatten im Prinzip in #71 mit ihrer Argumentation prinzipiell recht. Das macht ja gerade den Unterschied, wenn ein amtierender Richter des höchsten und im Beschwerdefall zudem zuständigen Gerichts dem Beschluss des VerfGH Berlin mit seinen Äußerungen vorgreift.
    Wäre Müller nicht mehr im Amt, wäre es was anderes. Allerdings hat sich Müller mit seinen Diktaturvergleich vollständig verhoben. Wenn er stattdessen argumentierte, es ist die bisher schlampigste Wahl seit Gründung der Bundesrepublik, dann könnte man ihm schwerlich widersprechen.

  16. 76.

    Carsten:
    "Antwort auf [Immanuel] vom 06.10.2022 um 17:45
    Müller ist noch bis zum 30. Sep. 2023 amtierender Richter des Zweiten Senats, es ist also vollkommen richtig was Thomas anmerkt. Aber für bedenkliche Possenspiele war sich Müller noch nie zu schade, siehe #55.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesverfassungsgericht#Zweiter_Senat"

    O.k., ich hatte einfach die Anmerkung hier im Forum, dass er ehemaliger BVerf-Richter sei, übernommen, ohne dies zu überprüfen.

    Aber auch ein amtierender Richter kann sich zu politischen und Rechtsfragen äußern. Er unterliegt dabei aber dem Mäßigungsgebot. Und ich persönlich erwarte da mehr inhaltliche Substanz und Differenzierungsvermögen von einem BVerf-Richter und nicht solch einen platten Diktaturvergleich.

  17. 75.

    Na das erzählen sie mal der Berliner Zeitung
    https://www.berliner-zeitung.de/news/wahlpannen-in-berlin-karlsruher-richter-sieht-zustaende-wie-in-einer-diktatur-li.273785

  18. 74.

    Ich hoffe Peter Müller gibts nicht zweimal, aber der ehemalige Ministerpräsident des Saarlandes ist seit 2011 amtierender Verfassungsrichter im 2. Senat des BVerfG.

  19. 73.

    Müller ist noch bis zum 30. Sep. 2023 amtierender Richter des Zweiten Senats, es ist also vollkommen richtig was Thomas anmerkt. Aber für bedenkliche Possenspiele war sich Müller noch nie zu schade, siehe #55.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesverfassungsgericht#Zweiter_Senat

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