Landesparteitag der Berliner SPD - Ab in die Mitte

Sa 12.11.22 | 16:47 Uhr | Von Jan Menzel
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Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin, und Raed Saleh (SPD), Fraktions- und Landesvorsitzender. (Archiv-Foto: Jörg Carstensen/dpa)
Audio: rbb24 Abendschau | 12.11.2022 | Dorit Knieling + Gespräch mit Franziska Giffey (SPD) | Bild: Jörg Carstensen/dpa

Noch hat der Landesverfassungsgerichtshof nicht entschieden. Aber die Berliner Parteien stellen sich auf eine Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl ein. Die SPD bringt sich mit ihrem Landesparteitag in Position - mit Eigenlob und Watschn. Von Jan Menzel

Die Hälfte ihrer Redezeit ist vorbei, da holt Franziska Giffey den Waschlappen heraus. "Wir machen keine Waschlappen-Politik", ruft die Regierende Bürgermeisterin und SPD-Landesvorsitzende in den Saal und Applaus brandet auf. Dazu muss man wissen: Lieber waschen als duschen, war der Ratschlag eines grünen Spitzenpolitikers in der Energiekrise. Für Giffey ist dieser Tipp jedoch keine Hilfe, sondern Hohn. Es gebe schließlich sehr viele Menschen, die würden sich die ganze Zeit überlegen, wie und wo sie sparen könnten.

Der Waschlappen ist in dieser Rede nicht das Einzige, was Giffey den Grünen um die Ohren haut. Auch die grüne Verkehrssenatorin Bettina Jarasch bekommt in Sachen autofreie Friedrichstraße einen mit. Modellprojekte, die nicht funktionierten, passten nicht in eine Metropole, lässt Giffey die mögliche Konkurrentin im Kampf um das Rote Rathaus wissen, ohne sie beim Namen zu nennen. "Wer steht für Blütenträume und wer steht für pragmatische Politik?", fragt sie und markiert die Linie, entlang der die SPD in diesen Wahlkampf ziehen will.

Giffey steht mittendrin

Die Ausgangslage bei diesem lange vorbereiteten Parteitag ist für die SPD und ihre Spitzenfrau etwas tricky. Die Regierende Bürgermeisterin noch einmal offiziell zur Spitzenkandidatin küren und den Wahlkampf mit Pauken und Trompeten einläuten, verbietet sich. Denn noch hat das oberste Berliner Gericht seine Entscheidung nicht verkündet. Gleichwohl stellen sich alle im politischen Berlin darauf ein, dass die Richter am Mittwoch verfügen: Die Abgeordnetenhauswahl muss wiederholt werden.

Aber wohin die Reise geht, soll natürlich schon klar werden. Dafür hat die Parteitagsregie auch am Bühnenbild gearbeitet. In der Kongresshalle des Neuköllner Estrel-Hotels sind alle Stuhlreihen um die runde Bühne in der Mitte herum gruppiert. Franziska Giffey steht, mit Headset und im blauen Kostüm, wo sie am liebsten steht: mittendrin. Und sie sagt einen Satz, den sie in den Wochen bis zur wahrscheinlichen Wahl noch öfter sagen wird: "Wir stehen für die ganze Stadt." Während die anderen eher Politik für ihr jeweiliges Wählerklientel machen würden, so die Implikation.

SPD will mit 29-Euro-Ticket punkten

Programmatisch setzt die SPD dabei ganz auf die Senatspolitik der Regierenden Bürgermeisterin. Der im breiten Konsens erarbeitet Leitantrag liest sich streckenweise wie ein Best-of aus den Senatspressekonferenzen der jüngsten Zeit. Da ist das Neustart-Programm, mit dem die Berliner Wirtschaft nach der Corona-Zeit wieder auf Kurs gebracht wurde. Giffey zählt auf, dass Polizisten eingestellt werden, der Wohnungsneubau weitergehen soll und die Schulbauoffensive Fahrt aufnehme. Gerade erst hat sie die Sanierung der völlig maroden Pankower Schule am Europasportpark zur Chefinnensache gemacht.

Besonders energisch reklamiert die SPD-Landesvorsitzende das 29-Euro-Ticket für sich und ihre Partei. "Das war unsere Idee", ruft Giffey in den Saal und weckt Hoffnungen, dass es dieses günstige Ticket nicht nur bis Ende März sondern für länger geben könnte. Ein Schelm, wer dabei nicht schon an den nächsten Wahlkampfschlager denkt. Passend dazu trudelt just zur gleichen Zeit die Pressemitteilung ein, dass die rot-grüne-rote Koalition den geplanten Nachtragshaushalt aufstocken wird. Rund drei Milliarden Euro stark soll dieser Etat nun sein. Das sind 400 Millionen Euro mehr als zuletzt geplant und das vergrößert den finanziellen Spielraum für die kommenden Jahre.

Fraktionschef Raed Saleh hatte am Samstag im rbb24 Inforadio gesagt, es gehe darum, dass Berlin für alle Menschen bezahlbar bleibe. Er wolle nicht, dass Menschen auswandern müssten. Auch wolle er keine weitere Gentrifizierung in Berlin, so Saleh. Es sei wichtig, dass Berlin in seiner Vielfalt erhalten bleibe. Deshalb müssten die Menschen weiter entlastet werden. Kein anderes Bundesland nehme dazu so viel Geld in die Hand wie Berlin.

"Klammer zwischen Spandau bis Hellersdorf"

Fast noch wichtiger als Geld und Programmatik ist für Giffey, dass dieser Parteitag ein Debakel wettmacht. Im Juni hatte die Regierende Bürgermeisterin bei ihrer Wiederwahl als Landesvorsitzende mit nicht einmal 60 Prozent einen veritablen Denkzettel verpasst bekommen. Gemessen am Applaus nach ihrer Rede und der 100-prozentigen Zustimmung zum Leitantrag "Berlin packt das" sind diese parteiinternen Differenzen im Angesicht der Wahl hintenangestellt. Selbst die Parteilinke und der Parteinachwuchs Jusos geben sich handzahm.

Als Gastredner hatte SPD-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil für diese Geschlossenheit geworben, die Parteiseele gestreichelt und eine Lobeshymne auf die Regierende Bürgermeisterin angestimmt, die in dem Satz gipfelte: "Es gibt keine Bessere." Vor allem dürften die Parteifreunde eines nicht vergessen, gab ihnen der Niedersachse Heil mit auf den Weg: "Die Berliner SPD ist die Klammer zwischen Spandau und Hellersdorf, zwischen Reinickendorf und Britz. Ihr seid die Berlin-Partei."

 

In den jüngsten Umfragen war die SPD von diesem Anspruch aber noch relativ weit entfernt. "Platz eins ist gut, da wollen wir hin, oder?", scherzt Franziska Giffey in ihrer Rede. Der Spitzenplatz bezog sich aber auf ein aktuelles Städte-Ranking. Darin kommt Berlin im Vergleich mit mehreren Metropolen auf einen beachtlichen zweiten Platz. Siegerstadt wurde Barcelona. Dorthin wolle sie im Frühjahr reisen und sich anschauen, was sich von den Katalanen lernen lässt, kündigt die Regierende Bürgermeisterin an. Vorher muss sie aber wohl noch eine Wahl gewinnen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 12.11.2022, 18:00 Uhr

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Beitrag von Jan Menzel

30 Kommentare

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  1. 30.

    Wie bitte? Können sie das auch ins Deutsche übersetzen? Ihre sozialdarwinistische, antidemokratische, antiegalitäre, reaktionäre und neofeudale Einstellung ist hier hinlänglich bekannt aber sie sie jetzt endgültig in braune Lager gewechselt?

  2. 29.

    Leider nichts verstanden und deshalb andere als dumm diskreditieren und diskriminieren. Das hat schon was....

  3. 28.

    Gott schütze und vor einem erbeuten RRG-Experiment. Der Elias hatte auch immer so seine Probleme damit gehabt, wenn man daran erinnerte, dass die Linke sich selber als Rechtsnachfolgerin der SED sieht. Für den wäre aber sogar Honecker ein Rechtsextremisten gewesen. Dabei zeigt sich zudem immer wieder, dass so langsam die Kreide bei der Linke knapp wird.

    Und wie kompetent die Grünen in Bezug auf die Verkehrswende sind, sieht man an Günther und jetzt wieder an Dienstwagennutzerin Jarasch.

  4. 27.

    Was ist denn mit Ihnen passiert, hat Sie jemand umgedreht oder ist das alles hier nur Fake? Sonst haben Sie ganz anders kommentiert?

  5. 26.

    Hä? Es gibt keine "der Antifa" und Rechtsextremisten und Antifaschisten schließen sich grundsätzlich aus. Der Satz ist so dumm wie überflüssig.

  6. 25.

    Sie sind sehr schnell im betiteln „rechtsextrem“. In einer Art und Weise, die genau dafür Sympathien erzeugen soll?

  7. 24.

    Die Partei besteht aus ein Paar mehr Mitgliedern als die zwei und nur diese Mitglieder können dafür sorgen, dass das Theater mit der Ampel endlich aufhört und Berlin mehrheitlich von der SPD regiert wird. Das sage ich als junger Mensch, der sich von den Grünen und Linken veräppelt fühlt, von der Opposition ganz zu schweigen!

  8. 23.

    Da hat die SPD Glück, dass keine militanten Rechtsextremisten im Stile der ANTIFA gestört haben.

  9. 22.

    "Dann verschwinden auch die SED-Nachfolger. " Wer 2021 noch von "SED-Nachfolger" schwafelt, der ist entweder nicht ganz richtig im Kopf oder rechtsextrem. Wobei das eine das andere nicht ausschließt.

    "Sollen doch die Anderen mal beweisen, dass sie es besser machen. " Wer denn? Die FDP die kein Programm hat und deshalb tote Schauspieler ausgräbt? Oder die cDU, genau so konzeptlos aber dafür weiß man wie man eine Großstadt nachhaltig in die Pleite treiben kann?

  10. 21.

    Recht haben Sie, aber nach den ganzen Theater ist beim rbb24 kein Geld mehr da genau wie bei Senat.
    Ich frage ich echt wo das ganze Geld herkommen soll für den Nachtragshaushalt!?.
    So üppig können ja die Steuereinnahmen in Berlin auch nicht sein.
    Warten wir mal ab was aus demnächst ganzen Versprechungen wird. Nicht als heisser Sand auf derDüse beim Senat.

  11. 20.

    Was ist mit dem Bürgergeld? Die Sätze sind seit Jahren verfassungswidrig zu niedrig und bleiben es, Schonvermögen werden die Wenigsten haben und sind lächerlich niedrig angesetzt und Sanktionen werden sich nicht ändern.

    Das Bürgergeld für allen drei Koalitionären getragen und welche Krise soll denn vom Bürgergeld ausgelöst worden sein, wenn es noch nicht existiert?

  12. 19.

    Jüngstes Beispiel: Bürgergeld. Auch wenn es die Bundes SPD ist

  13. 18.

    Der echte "Poster" schreibt nicht so einen Unsinn und so viele Rechtschreibfehler.

  14. 17.

    Führen? Eher gönnerhaft Schulden zuteilen und ansonsten vom Bund fordern. Das ist keine Leistung. Das ist Blendwerk. Das ist, andere sollen .... und man selber „lässt kümmern“.... Wie in so manchen Kinderzimmern.

  15. 16.

    "SPD will Berlinerinnen und Berliner durch Krise führen"
    Na da damit können sie doch gleich mal beginnen und dieses Theater der Kleblinge beenden.
    Die Mehrheit der Bürger wäre begeistert da ca. 85% diese Nötigungen ablehnen.
    Gerade mit Sicht auf event, Neuwahlen könnte die SPD hier ne Menge Punkte beim Bürger sammeln.

  16. 15.

    "Mit ihren Gesetzen und Verordnungen sind die meisten Krisen doch erst entstanden! "

    So? Welche Gesetze und Verordnungen sind denn gemeint?

  17. 14.

    Erst heftig in die Krise führen, dann wieder rausführen. Ohne Worte.
    -----------------------------------------------------------------------------

    Das ist doch immer das Gleiche hier: Viermal abgeschickt, viermal nicht gelungen. Beim fünften Mal: Störung.
    Der RBB kriegt soviel Geld von den Bürgern. Stellt mal Programmierer, die ihr Handwerk beherrschen, ein.

  18. 13.

    Durch die Krise muss mich niemand führen.Das schaffe ich ganz allein.Von den Politikern die führen wollen möchte ich nichts mehr zu tun haben.Die Gaben die so großzügig ausgeschüttet werden,holt man sich durch die Steuerabgaben wieder rein.

  19. 12.

    @Meyer
    Das sind einige Jahre zu viel. Es ging mit ihr immer besser, wenn sie sich in der Opposition "erholen "konnte. Vielleicht ginge es auch ohne den Spandauer Dorfschulzen besser. Eine Pause sollte ihr der Wähler mal gönnen. Dann verschwinden auch die SED-Nachfolger. Sollen doch die Anderen mal beweisen, dass sie es besser machen.

  20. 11.

    Sorry rbb, könnte es außer Schlagzeilen und Worthülsen auch etwas konkreter gehen, was Konzepte angeht?
    Vielleicht auch mal kritisch hinterfragen bei Politikern.
    Zur SPD: Als einfacher Arbeitnehmer/Steuerzahler fühle ich mich bei dieser Partei absolut nicht mehr aufgehoben.
    Das zieht sich durch sämtliche Politikfelder (Asyl, Energie, Preise, Renten, Mieten, EU-Schuden, Steuern, Sprach-Gängeleien)
    Dazu die erneute Koalition mit den Grünen und Linken.
    Nein danke! Auch wenn ich Giffey an sich nicht verkehrt finde.

  21. 10.

    SPD seit Jahren am Ruder. Die Stadt wird immer mehr in die Grütze geritten.
    Nun lassen die sich auch noch feiern das zB eine durch Vernachlässigung marode Schule in zwei Jahren saniert werden soll.
    Mal schauen. Eigentlich sollten sich die Mitglieder und Wähler dieser Partei schämen.

  22. 9.

    Ich verstehe die bisherigen Kommentare hier nicht: Da steht nichts von „aus“ der Krise führen sondern nur „durch“ die Krise! Und das wäre dann ja vollkommen Ergebnisoffen…..
    Haben die bestimmt von der Werbeindustrie gelernt.

  23. 8.

    Wegen der SPD sind wir erst in die Krise gekommen
    ABER sie führt uns nicht

    DURCH DIE KRISE,

    SONDERN IMMER WEITER HINEIN

  24. 7.

    Wow !!! Dafür wurden die Verantwortlichen doch gewählt oder?

  25. 6.

    Habe immer die SPD gewählt. Aber die Versprechen Lügen von Denen kann ich nicht mehr hören .Sind mit den linken und grünen zusammen. Die Politik wird immer beschissener.Also werde ich keinen mehr von diesem Pack wählen

  26. 5.

    Bei den beiden Herrschaften sehe ich mehr als schwarz.
    Die blockgieren sich gegenseitig.
    Die Grünen und Linken sind noch weniger in der Lage, Berlin zu regieren.

  27. 4.

    "SPD will Berlinerinnen und Berliner durch Krise führen" solche Ankündigungen machen mir Angst.
    Und, wenn die beiden Akteure auf dem Artikelbild sehe, sie die Doktorarbeitkopierende, er der farblose Bedeutungslose, in Verbindung mit der Partei, die sie präsentieren, die Berlin so etwas von abgewirtschaftet hat, kann ich nur sagen, diese populistischen Ankündigungenoffenbaren nur eins: die Angst von Neuwahlen, die Angst vor dem Verlust ihrer Pfründe, die Angst vor der Machtlosigkeit.
    Und was die Bundes-SPD hält, zeigt sich darin, dass Hinterbänkler des Bundeskabinett anreist.

  28. 3.

    Die Berliner SPD soll sich erstmal SELBST aus der Krise führen - dann klappts auch wieder mit den Bürgern!

  29. 2.

    Wenn diese beiden Politiker Berlin durch die Krise führen sol/ will , ist Berlin den Untergang geweiht.

  30. 1.

    Die SPD will die Berliner aus der Krise führen? Der war gut. Mit ihren Gesetzen und Verordnungen sind die meisten Krisen doch erst entstanden!

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