Berliner Politik diskutiert Silvesterkrawalle - Jarasch warnt vor Stigmatisierung Jugendlicher - CDU fragt nach Vornamen

Fr 06.01.23 | 14:34 Uhr
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Abgebrannte Feuerwerkskörper liegen am 01.01.2023 auf der Straße © imago images/Marius Schwarz
Video: rbb24 | 06.01.2023 | Material: rbb24 Abendschau | Bild: imago images/Marius Schwarz

Böllerverbot? Härtere und schnellere Verfahren? Veröffentlichung der Vornamen von Tatverdächtigen? Nach den Attacken auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht diskutiert die Berliner Politik, wie reagiert werden soll.

Nach den Angriffen auf Polizei und Rettungskräfte haben die Silvesterkrawalle in Berlin den Wahlkampf zur bevorstehenden Abgeordnetenhauswahl erreicht.

Die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch hat in dem Zusammenhang betont, dass ihrer Ansicht nach vor allem im Jugendstrafrecht schnell Strafen auf die jeweiligen Taten folgen müssen. Für den Umgang mit Jugendgewalt seien klare Grenzen und Perspektiven wichtig. "Zu den klaren Grenzen gehört nicht die Debatte über Strafmaße, die wir jetzt schon wieder haben, sondern dass die Strafen sofort auf die Tat folgen", sagte die Verkehrssenatorin am Freitag rbb24 Inforadio. Dazu gehöre aber auch, dass "die Gerichte entsprechend ausgestattet sind".

Jarasch betonte zudem, dass aus ihrer Sicht der Migrationshintergrund vieler Tatverdächtiger für die Problemlösung keinen Unterschied mache. "Die Täter haben zu zwei Drittel Migrationshintergrund, das entspricht ungefähr auch insgesamt der Jugend in Berlin", sagte die Grünen-Politikerin. "Diese Jugendlichen, die nächste Berliner Generation, hat überwiegend Migrationshintergrund. Daran sollten sich alle mal gewöhnen."

Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD), hatte in dieser Woche einen Gipfel gegen Jugendgewalt angekündigt. Die Vorfälle in der Silvesternacht hatte Giffey am Mittwoch im rbb "absolut unakzeptabel und zu verurteilen und konsequent zu verfolgen" genannt. Als Antwort auf die "massive Respektlosigkeit" und die Gewalt brauche es einen "Mix aus ausgestreckter Hand und Stopp-Signal", forderte Giffey im rbb24 Inforadio. Taten müssten konsequent und schnell bestraft werden, so Giffey. Sie erinnerte an das Neuköllner Modell der ehemaligen Jugendrichterin Kirsten Heisig. Die hatte sich für das Prinzip eingesetzt, dass bei jugendlichen Straf- und Intensivtätern die Strafe auf dem Fuß folgen müsse.

CDU fragt nach Vornamen deutscher Tatverdächtiger

Kritik für Giffeys Vorstoß kam von der CDU. "Statt konkret das Gewaltproblem in der Silvesternacht anzupacken, will es Frau Giffey bei warmen Worten auf einem Gipfel zur Jugendkriminalität belassen", erklärte am Mittwoch CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner.

Wegner forderte konkrete Hilfe für die Berliner Polizei und "die volle Stärke des Rechtsstaats" für die Täter. "Wie weit wir mit Kuschelpädagogik und Gesprächskreisen gekommen sind, haben wir in der Silvesternacht gesehen", ergänzte er. Die Berliner CDU forderte unterdessen vom Innenausschuss die Bekanntgabe der Vornamen der deutschen Tatverdächtigen.

Der innenpolitische Sprecher der CDU, Frank Balzer, begründete die Frage nach den Vornamen der Verdächtigen mit mangelnder Transparenz. Die bisherigen Angaben der Polizei zu deren Nationalität reichten nicht aus, sagte er. Man wolle wissen, ob es einen Migrationshintergrund gebe bei Verdächtigen mit deutschem Pass. Nach Angaben der Einsatzkräfte sei dies der Fall. "Wenn es dort ein Problem gibt, müssen wir es wissen und es ohne Vorurteile offenlegen", so Balzer.

Innenpolitiker der Fraktionen von SPD, Grünen und Linke warfen der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus Populismus vor. Nach bisherigen Angaben der Berliner Polizei waren unter den 145 vorübergehend festgenommenen Verdächtigen 45 Deutsche und 17 weitere Nationalitäten, darunter 27 Afghanen und 21 Syrer. 94 der 145 sind jünger als 25 Jahre, darunter 27 Minderjährige.

Brinker fordert Straftäter zu "entbürgern"

Die Spitzenkandidatin der Berliner AfD, Kristin Brinker, sagte mit Blick auf die Staatsangehörigkeit der Gewalttäter: "Ein Teil sind Deutsche, aber wir wissen ja noch gar nicht, ob sie vor kurzem erst eingebürgert worden sind oder ob sie gebürtige Deutsche sind. Wenn solche jungen Straftäter tatsächlich auch die doppelte Staatsbürgerschaft haben, dann kann man auch den Weg mal gehen, jemanden zu entbürgern, auszubürgern. Warum denn nicht?"

Zudem forderte sie ein härteres Durchgreifen des Staates. Sie habe nicht den Eindruck, dass ein Runder Tisch gegen Jugendgewalt, wie ihn Giffey angekündigt hat, weiterbringe, sagte Brinker am Donnerstag im rbb24 Inforadio. "Wir müssen die Tatsachen und Fakten klar benennen." Es handle sich nicht um "ein Jugendgewaltsthema im klassischen Sinne", sondern vor allem auch um eines, das auch mit Migration zu tun habe, so die AfD-Politikerin. "Da fehlt mir die deutliche klare Ansage, dass wir hier ein großes Problem haben." Nur wenn dieses Problem klar angesprochen werde, könne es auch klar gelöst werden. "Das kommt mir hier in der politischen Debatte viel zu kurz."

Lederer fordert Böllerverkaufsverbot

Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hatte sich nach den Angriffen in der Silvesternacht auf Polizei und Feuerwehr für ein Böllerverkaufsverbot ausgesprochen. "Das müsste bundesrechtlich geregelt werden", sagte er am Montag dem rbb.

Die Angriffe auf Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei nannte Lederer "inakzeptabel" und forderte, der Senat müsse schnell über Konsequenzen sprechen. Eine Ausweitung der Böllerverbotszonen - wie sie die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) ins Spiel brachte - sehe er kritisch, weil für die Durchsetzung viele Einsatzkräfte benötigt würden, so Lederer im rbb24 Inforadio. "Ich wünsche mir eigentlich, dass wir unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte für das einsetzen, für was sie da sind, und nicht für Katz-und-Maus-Spiele in der Stadt."

Sendung: rbb24 Inforadio, 06.01.2023, 06:45 Uhr

 

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84 Kommentare

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  1. 84.

    Das will nur keiner der Verantwortlichen hören oder sehen. Wir wissen auch nicht ob das nicht so gewollt ist. Bei den Corona Demos waren ja genug Polizisten vor Ort, obwohl die nur alte und harmlose Leute umgeworfen haben.

  2. 83.

    Giffey und ihr großes Vorbild hatten doch selbst lange den Bürgermeisterposten in Neukölln inne. Als Vorbild taugen ihre Ideen und ihr Gerede also ganz offensichtlich nicht.
    Anstatt jetzt die x-te Integrationsdebatte aufzumachen, muss schnell ein Böllerverbot her. Sonst haben wir in 360 Tagen erneut viele Verletzte.

  3. 82.

    Unglaublich, woran wir uns noch alles gewöhnen müssen. Abgesehen von der schlicht falschen Anwendung der Mathematik wenn über die Herkunft der Täter Auskunft gegeben wird bis hin zu den angewendeten Straftatparagraphen. Für den Feuerlöscher - Werfer auf den Krankenwagen wird wegen "Sachbeschädigung" ermittelt.
    Hier offenbart sich, dass die verantwortlichen Politiker unisono links-/grün-verblendet der Ideologie einer gemeinschaftlichen bunten Welt hinterher hecheln als zu gewissenhaft zu handeln

  4. 81.

    @ Mike, vielleicht liegt es noch nicht einmal an einer einzelnen Partei, sondern an der Koalition, in der jede einzelne Partei sich profilieren will. Ich sehe da wenig Zusammenarbeit.
    Die Linke will sich von den Sozialen abgrenzen und Frau Jarasch geht es mehr um Karriere als berliner Belange.
    Für das Thema "Silvesterkrawalle" ist es wenig hilfreich, dass wir mitten im Wahlkampf sind (wobei Frau Jarasch gefühlt seit Koalitionbildung im Wahlkampfmodus ist)

  5. 80.

    Und ich glaube inzwischen aufgrund meiner Erfahrungen der letzten Jahre, dass dieses Land gerade wegen der massenhaften, unkontrollierten Einwanderung demnächst zusammenbricht. Hoffentlich bietet Ihnen dann einer von diesen, vom braven Deutschen Michel vollverpflegten Zuwanderern, ein Plätzchen in seiner großräumigen Sozialwohnung an. Viel Glück! Die Hoffnung stirbt zuletzt.

  6. 77.

    Diese Frau Jarasch ahnt gar nicht, was sie Jugendlichen mit Migrationshintergrund mit dieser Aussage eigentlich pauschal antut. Sie stachelt die Mehrheitsgesellschaft an und bürstet diejenigen ab, die klar und deutlich benennen wollen, wer die Täter waren. Man sieht es schon jetzt. Es geht aller Orten um den "Migrationshintergrund". Den haben praktisch alle Einwanderer aus der ganzen Welt. Tatsächlich ist es doch aber ein Teil einer ganz bestimmte Migrantengruppe, die derart auffällig wird. Das aber leider erheblich. Es hilft niemandem, wenn die Diskussion darüber immer und immer wieder derart pauschalisiert und abgebunden wird.

  7. 76.

    Man kann nur für die Berliner und Berlinerinnen hoffen, daß Frau Jarasch nicht die künftige Regierende Bürgermeisterin wird. Sonst ändert sich nichts in Berlin.

  8. 75.

    "Jarasch warnt vor Stigmatisierung Jugendlicher - CDU fragt nach Vornamen"

    Der Mist ist nun keine 6 Tage her und schon wieder wird abgewiegelt und relativiert , was min. genauso blöd ist, wie nach Vornamen zu fragen (wer kommt auf so einen Schwachsinn, und was soll man dann mit der Info anfangen ).
    Eine unfassbare Hilflosigkeit und Blödheit wird hier zu Schau getragen, und dann soll man am 12.2. wählen gehen ???

  9. 74.

    "Jarasch warnt vor Stigmatisierung Jugendlicher": Wähler aufgepasst! Ein klarer Hinweis, wo es nach der Wahl mit ihr als Bürgermeisterin von Berlin hingehen würde.

  10. 73.

    Fakt ist nach all den Stellungnahmen aus der Politik; Wer in dieser Stadt Gewalt sät der erntet am Ende noch Respekt. Im schlimmsten Fall sogar noch Mitleid.

  11. 72.

    Es geht darum, die Täter, die jeden Respekt vor der körperlichen Unversehrtheit der übrigen Mitbürger verloren haben und z.T. mit brutalster Gewalt gegen andere Bürger, Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste agieren, zur Verantwortung zu ziehen, und abschließend zu handeln. Einen Feuerlöscher in die Frontscheibe eines Rettungsfahrzeugs zu werfen, ist aus meiner Sicht der Straftatbestand „vorsätzlicher Mordversuch“. Was hat diese Randale mit der AfD zu tun? Da bin ich gerne auch AfD!

  12. 71.

    Auf einem Dorf hab ich am Schwarzen Brett mal einen Zettel gelesen, auf dem sich eine Frau X bei Frau Y für üble Nachrede öffentlich entschuldigte - bei voller Namensnennung. Vielleicht sollte man generell zur Abschreckung einführen, dass Täter bei vollem Namen genannt werden. Überführte Täter aber bitte nur, nicht Tatverdächtige. Anderseits sind uns viele Täter, zum Beispiel Steuerbetrüger, namentlich bekannt und sie machen trotzdem weiter. Was bringt es also, wenn die Vornamen von Tatverdächtigen öffentlich genannt werden, außer Unfrieden? Wird dann jeder Mohammed oder Ibrahim in der Nachbarschaft schief angesehen oder angepöbelt, weil er eventuell einer der Tatverdächtigen sein könnte? Von Dezember 2011 bis Dezember 2014 stellte die CDU den Berliner Justizsenator. Die bekannte Jugendrichterin Kirsten Heisig forderte schon lange vor ihrem Tod 2010, dass sich jugendliche Straftäter möglichst schnell für ihre Taten verantworten müssen. Warum hat die CDU damals nichts unternommen?

  13. 70.

    Vielleicht hat ja Frau Jarasch in den letzten Tagen hier die eine oder andere Kommentarspalte mitgelesen? ;-)
    Bei den unzähligen Kommentaren àla "Ausländer raus!" verwundert es nicht, dass derlei als Stigmatisierung ankommt, oder?
    Solche Töne hört man nämlich nicht einmal von der CDU - jedenfalls von Leuten, die (im Unterschied zu Wegener) was von Integrationspolitik verstehen. (Siehe etwa Neuköllner Bezirksstadtrat Falko Liecke.)

    Und an all die Grünen-Hasser hier: Glaubt ihr tatsächlich, dass unter CDU-Führung irgendwas auch nur einen Deut besser laufen würde? Bitte Beispiele von vergangenen CDU-Innensenatoren, die, außer Spaltung, in Integrationsfragen irgendwas vorangebracht hätten!

  14. 69.

    Es geht nicht um Migrationshintergrund sondern extreme patriarchale Strukturen, ein ungesundes Männerbild und Verachtung von Menschen, die als „schwach“ angesehen werden, weil sie nicht auf Gewalt stehen. Tatsache ist allerdings, dass das sehr häufig, wenn auch nicht ausschließlich, auf Männer mit (muslimischen) Migrationshintergrund zutrifft. Die eher links ausgerichteten Parteien müssen endlich auch annehmen, dass es so ist.
    Allerdings trifft das oben genannte auch auf rechte Querdenker zu.

  15. 68.

    In Wahlkampfzeiten zeigen sich die populistischen Peinlichkeiten der CDU vollends!
    Meine Kinder haben zum Beispiel ungarische Vornamen. Was würde die CDU im Falle einer Beteiligung an den üblen Ausschreitungen daraus für Schlüsse ziehen?
    Generell:

    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-interview-krawalle-gewalt-expertin-stadtsoziologin-talja-blokland-humboldt-universitaet-zur-silvesternacht-keine-ueberraschung-dass-es-jetzt-knallt-li.303845

  16. 67.

    Immer wieder erstaunlich, wieviele Experten für Jugendpädagogik auf einmal unterwegs sind. Außerdem erstaunt mich, dass für viele wichtiger ist was im Pass steht, anstatt nach den Ursachen zu fragen, wieso Jugendliche sich so verhalten...

  17. 66.

    Ich wusste gar nicht das Männer Kinder gebären können. Ich zu mein Teil, habe Kinder geboren. Enkel und Urenkel sind auch schon da. Und sie sind mit Liebe aufgezogen. Sie sind fleißig und Respektvoll zu anderen Menschen. Was die Jugendlichen Migranten von Sylvester nicht sind. Vielleicht liegt es an der Erziehung.

  18. 65.

    Die Aussagen Jarraschs und Giffeys lassen eine gewisse Hilflosigkeit erahnen. Mögen diese beiden Damen bitte am 12.2. abgewählt werden.

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