Analyse | BrandenburgTrend - Das sind die Gründe für das Umfragehoch der Brandenburger AfD

Mi 13.09.23 | 18:20 Uhr
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Archivbild: Abgeordnete der AfD-Fraktion sitzen während einer Abstimmung im Plenarsaal im Landtag. (Quelle: dpa/M. Skolimowska)
Video: rbb|24 | 13.09.2023 | Material: rbb24 Brandenburg Aktuell | Bild: dpa/M. Skolimowska

Die AfD-Umfragewerte steigen geradezu ungebremst. Besonders auffällig: Immer weniger Menschen interessiert, wie rechtsextrem und verfassungsfeindlich Teile der AfD agieren. Geht die Strategie der AfD auf? Von Hanno Christ

  • AfD erreicht Allzeithoch in Brandenburg
  • Heizungsgesetz und Migration sind die wichtigsten Themen
  • Immer weniger Menschen haben ein Problem mit Rechtsextremismus in der AfD

Deutschland hadert mit seinen Regierungen, im Bund wie im Land. Die Unzufriedenheit der Menschen mit der Politik der Bundesregierung hat im ARD-Deutschland-Trend einen neuen Tiefstwert erreicht. Gerade mal 19 Prozent finden, dass die Bundesregierung einen guten Job macht. Mit den Bewertungen der Bundespolitiker purzeln auch die der Landesregierungen.

Von dieser Entwicklung profitiert vor allem die AfD, die im BrandenburgTrend des rbb einen neuen Höchstwert erklimmt. Mit nun 32 Prozent legt sie noch einmal neun Prozentpunkte im Vergleich zur letzten Umfrage des rbb im April zu. Gut ein Jahr vor der Landtagswahl ist die Zustimmung für die AfD in Brandenburg damit auf einem Allzeithoch.

AfD vorne in drei Ost-Bundesländern

Wer nach weiteren Gründen für das derzeitige AfD-Hoch sucht, wird vor allem in der Bundespolitik fündig. Gefragt danach, was für sie in den vergangenen Tagen die wichtigsten politischen Themen waren, antworteten 27 Prozent der Befragten mit dem Heizungsgesetz und der Energiepolitik, gefolgt von Zuwanderung (19 Prozent), Ukraine-Krieg (14) und steigenden Preisen. Alles Themen, bei denen die Länder wenig bis keine Mitsprachemöglichkeiten haben.

Klassische Landesbereiche wie Bildung beschäftigten hingegen nur fünf Prozent der Befragten. Auch die Bedrohung durch den Klimawandel treibt nur elf Prozent der Befragten um.

Mit dem AfD-Hoch schließt sich Brandenburg der Entwicklung in anderen Bundesländern an. Im Juli lag die AfD in Thüringen in einer Umfrage des MDR bei 34 Prozent [mdr.de]. In Sachsen liegt die Partei bei 35 Prozent, wie Ende August eine Umfrage großer Tageszeitungen ergab. Auch in Thüringen und Sachsen finden nächstes Jahr im September Landtagswahlen statt, drei Wochen vor der Wahl in Brandenburg. Dazu kommt: In Brandenburg verlieren gleichzeitig die regierenden Parteien SPD, Grüne und CDU an Zuspruch.

Mehr Zuspruch trotz Beobachtung durch Verfassungsschutz

Bemerkenswert dabei auch: Es ist ein Umfrage-Hoch trotz anhaltend kritischer Einschätzungen des Verfassungsschutzes. Die AfD in Brandenburg wird dort seit Jahren als rechtsextremer Verdachtsfall gesehen. Die Jugendorganisation der Partei, die Junge Alternative (JA), gilt mittlerweile als gesichert rechtsextremistisch.

Vielen Wählern scheint das kein Kriterium bei der Beurteilung der AfD zu sein. Im BrandenburgTrend des rbb sagten nur noch 58 Prozent der Befragten, die AfD distanziere sich nicht genug von rechtsextremen Inhalten. Das sind 19 Prozentpunkte weniger als noch 2019. Und auch unter der AfD-Anhängerschaft meint nur jeder Dritte, dass es an Distanzierung von rechtsextremen Inhalten fehle.

38 Prozent der Befragten hätten kein Problem mit einer AfD in der Landesregierung, eine Einschätzung, die auch unter Anhänger von Linken (21 Prozent) und CDU (24 Prozent) Verbreitung findet.

Mehrheit der Brandenburger unzufrieden mit der Regierungsarbeit

AfD punktet als Stimmungspartei

Während Parteien wie SPD und CDU im Wahlkampf stark auf ihre Spitzenkandidaten Dietmar Woidke und Jan Redmann setzen, spielt das Personal bei der AfD nur eine untergeordnete Rolle. Bislang punktet die Partei eher durch Stimmungen als durch Köpfe.

In Brandenburg ist bislang noch unklar, mit wem die AfD in den Landtagswahlkampf ziehen wird. So hatte der Fraktionschef im Landtag, Hans-Christoph Berndt, unlängst seine Bereitschaft signalisiert, aber auch die Landeschefin Birgit Bessin will offenbar kandidieren. Beide stehen im Fokus des Verfassungsschutzes, Berndt wird dort als Rechtsextremist geführt.

Bessin und Berndt haben ähnliche politische Inhalte mit dem Ziel einer Regierungsbeteiligung, unterscheiden sich aber im Politikstil. Bessin pflegt weiterhin den rauen Ton harscher Fundamentalopposition ohne klares Programm; das Lager um Berndt, den parlamentarischen Geschäftsführer Dennis Hohloch und den Bundestagsabgeordneten René Springer dagegen schlägt einen eher rechtsintellektuellen Weg ein. Die AfD, so das Konzept, müsse sich wandeln, weg von einer reinen Protestpartei. Der Machtkampf in der Brandenburger AfD – und damit auch deren Ausrichtung - wird erst auf einem Landesparteitag entschieden, für den aber bislang weder Ort noch Zeitpunkt geklärt ist.

AfD-Strategie gegen Medien, Migranten und Eliten

Die Strategie der AfD ist deutlich: Es geht vor allem gegen "die da oben". Bei einer Kundgebung in Oranienburg vergangene Woche wetterten der Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke, Bessin und der AfD-Kreisvorsitzende (und Landtagsvizepräsident) Andreas Galau nicht nur gegen die Regierung, sondern auch gegen Migranten, Medien ("Totengräber der Demokratie"), gegen den Verfassungsschutz und gegen die Gerichte.

Die Verächtlichmachung von staatlichen Institutionen und Funktionsträgern ist Teil der Erzählung der AfD. Eine "Anti-Elite" beherrsche dieses Land, so Höcke in Oranienburg vor einer johlenden Menge von etwa 450 Zuhörern.

Die Partei zeigt sich zunehmend selbstbewusst, spricht auch im Landtag in Ausschüssen und Pressekonferenzen gerne von einer künftigen Regierungsbeteiligung, obgleich sich bislang niemand findet, der mit ihr gemeinsame Sache machen möchte. Die AfD-Abgeordnete Lena Kotré drohte unlängst dem Verfassungsschutz-Chef Jörg Müller mit dessen Ablösung, sollte die AfD an die Macht gelangen.

Parallel zu den verbalen Attacken auf Verfassungsorgane und Amtsträger arbeitet die Partei daran, ihre radikalen Inhalte zum eigentlichen Normalzustand zu erklären. Mit dem Slogan "Deutschland aber normal" legte die Partei vor der Bundestagswahl 2021 die Marschrichtung fest. Geht es nach den Umfragewerten, scheint die Partei mit dieser Strategie nun langsam Erfolg zu haben.

Spitzenkandidaten von SPD und CDU schwächeln

Fraglich ist nun, wie die anderen Parteien reagieren werden. Schon bei der vergangenen Wahl 2019 zeichnete sich ein enges Rennen zwischen SPD und AfD ab, bei dem am Ende die SPD einen deutlichen Vorsprung herausgearbeitet hatte, auch aufgrund der Strategie, an die Einigkeit im Land zu appellieren und viel auf die Zugkraft eines SPD-Ministerpräsidenten wie Dietmar Woidke zu setzen.

Derzeit schwächelt aber auch die Zugkraft des Landeschef: Woidke ist zwar noch immer der bekannteste und beliebteste Spitzenpolitiker im Land, aber sein Beliebtheitswert ist rückläufig. Er liegt aktuell im Vergleich zu November 2020 16 Prozentpunkte niedriger bei 51 Prozent. Der Landesvorsitzende der CDU, Jan Redmann, ist vielen im Land noch immer wenig bekannt.

Den Parteien bleibt noch ein Jahr Zeit, das aber weiterhin reich an Krisen sein dürfte: Die Energiekrise ist nicht ausgestanden, ein Ende des Kriegs in der Ukraine nicht abzusehen und die Auswirkungen des Klimawandels sind immer deutlicher zu spüren. Genug Krise, um Menschen zu verunsichern - und reichlich Treibstoff für die AfD.

Zum Thema sendet der rbb am Donnerstag um 20:15 Uhr ein Spezial unter dem Titel "Ein Jahr vor der Wahl - rasanter Stimmungsumschwung im Land"

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 13.09.2023, 19.30 Uhr


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192 Kommentare

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  1. 192.

    Ich glaube, dass wir ein Bildungsproblem haben:
    HONkS - Hauptschulabschlusses ohne nennenswerte Kenntnisse dürfen wählen ! Zwei Klassenstufen weiter kann man mit Glück lernen, was ein Österreichischer Typ mit der Welt angestellt hat. Jetzt bewirbt sich eine in der Schweiz lebende Dame um die Kanzlerschaft - wie beschränkt muss man sein, wenn man hier keine Parallelen aus der Geschichte zieht ???

  2. 191.

    "[...] Ich kann selber lesen und denken."

    Aber den rechtsextremen Mist haben Sie nicht gelesen und sind unfähig ihn zu finden? Ich mag Ihren Humor...

  3. 190.

    Das haben Sie falsch verstanden. Nicht Links von Erklärbären des ÖRR. Sondern einfach nur den Text, verstehst?

  4. 189.

    "[...] Viele Leute sind so gebildet, dass sie keinen Erklärer benötigen."

    Naja, offensichtlich schon. Wer in der afd die Lösung sieht, ist halt entweder rechtsextrem oder eben nicht sonderlich gebildet. Wohin das führen kann, hat die Geschichte gezeigt.

  5. 188.

    Möchten Sie wirklich eine Antwort? Was finden Sie denn am 10 Punkte Plan der AfD schlecht?

  6. 187.

    Desaströs ist Ihre Wahrnehmung, nicht aber die Arbeit unserer Regierung, die allerdings besser kommunizieren könnte. In meinem Kommentar #171 habe ich entsprechenden Link eingestellt. Dass Sie an Fakten interessiert sind, bezweifle ich allerdings.

  7. 186.

    Wenn Sie lesen können, sollten Sie auch Google bedienen können, aber ich bin da gern behilflich: https://rene-bochmann.de/wp-content/uploads/2023/09/Positionspapier-Oberhof-01.09.2023.pdf

    Viele potenzielle Wähler dürften sich über die „aktivierende Grundsicherung“ freuen. Es sind etliche schöne Worthülsen enthalten. Am Ende soll aber bitte niemand behaupten, dass man es vorher ja nicht hätte ahnen können.

  8. 185.

    Tja... das ist wie in der Ausbildung. Wenn der Stoff nicht verstanden wird muß man ihn wiederholen bis er verstanden wird.

    *Ironieoff*

    Sie wiederholen sich ja auch ständig. Mit einen entscheidenden Unterschied, meine Behauptungen kann ich belegen.

    https://www.zdf.de/nachrichten/politik/afd-zehn-punkte-programm-umfrage-hoch-100.html

  9. 184.

    Unsinn. In andere Staaten regieren diese auch mit ohne dass da alles zusammenbricht. Wenn es woanders geht, warum nicht auch hier? Mit dem Feind reden heißt, ihn beeinflussen zu können. Ignoriere ich ihn, wird er nur stärker.

  10. 183.

    Da sie sich ständig wiederholen und auf keine Argumente eingehen, wiederhole ich einfach meinen Kommentar auf den sie geantwortet haben:

    Sozialleistung für Rentner sind also keine Sozialleistungen? Nennt sich Grundsicherung.

    Auf den kläglichen Rest ihrer AfD Propaganda kann und möchte ich nicht eingehen. Auf meine weiteren Argumente gehen sie erst gar nicht ein. Warum wohl?

    Weil sie eben kein "Quatsch" sind, sondern knallharte Fakten, die man Punkt für Punkt beweisen kann.

    Mir sind, offen gesagt, ihre kläglichen Versuche abzulenken einfach zu dumm. Diese Vorgehensweise ist sattsam bekannt.

  11. 182.

    "Aber fast ein Drittel der Brandenburger sieht das eben anders und auch das ist zu akzeptieren."

    Warum ist eine rechtsextreme und demokratiefeindliche Einstellung zu akzeptieren? Wer sagt das?

    "Das ist auch eine Folge des pauschalen Gebrauchs der Nazi-Keule, sie ist abgenutzt, weil sie verharmlosend genutzt wurde."

    Das ist kompletter Unsinn, im Gegenteil nicht wenige Faschisten und Neonazis stellen sich weiterhin als "konservativ" oder gar "bürgerlich" hin. Kommt ihnen das nicht bekannt vor?

  12. 181.

    Deswegen macht Söder in Bayern auch Wahlkampf gegen die Grünen. Zurecht.

  13. 180.

    "Klarstellung: es ist nicht MEINE AfD! "

    Aha... und warum machen sie dann unentwegt Werbung für den faschistischen und völkisch-nationalen Haufen?

    "Da die AfD bisher nirgendwo in Regierungsverantwortung war sind das Spekulationen/Vermutungen, aber keine Tatsachen! "

    Und schon wieder! Es ist Aufgabe der Opposition Alternativen aufzuzeigen wenn man kritisiert, das macht die AgD aber nicht.

    Das 10 Punkte "Programm" der AgD ist ein schlechter Witz. Der aber beweist, dass die AgD NICHT regierungsfähig wäre.

    "Nach Fratzschers Meinung verfolge AfD "eine Politik, die populistisch ist, die nach unten tritt, die Menschen ausgrenzen will und viele AfD-Wählerinnen und -Wähler realisieren, glaube ich, nicht, dass, wenn eine solche Politik umgesetzt würde, nicht nur Ausländer und Geflüchtete einen hohen Preis zahlen würden, sondern letztlich auch sie."

    Mein Reden.

  14. 179.

    Auf der Seite der AfD. Wie bei jeder anderen Partei kann man immer direkt lesen. Ohne Umwege.

  15. 178.

    Beim Russischen Überfall könnten Sie Recht haben, aber sonst nehmen Sie den Mund ziemlich voll. Es gibt zahlreiche Erhebungen zum Heizungsgesetz und zur Migration, wo eine große Zahl von Bürgern das anders sieht. Das ist ja schließlich die Erklärung für den Höhenflug der AfD in Umfragen. Nicht nur in Brandenburg.

  16. 177.

    Herr Laschet hat gelacht.
    Ich mache auch die Medien mit verantwortlich dass Herr Laschet, den ich als sehr fähigen, klugen Mann halte, nicht Kanzler wurde.

    Herr Aiwanger hat standgehalten, als wieder einmal auch die Medien meinten, eine Wahl beeinflussen zu können.

    Ich kann mir allerdings keine Regierung mehr mit CDU und Grün oder Rot vorstellen.
    Bayern hat die FW--die FDP kann diese Rolle in anderen Ländern nicht übernehmen.
    Was also bleibt?
    Dass Herr Ramelow jetzt in Thüringen ausflippt--einfach mal nachgoogeln, wer den AfD-Landtagsvizepräsidenten mitgewählt hat. Moral-Politik vom Feinsten.

  17. 176.

    Interessant, Erzählen Sie mal, wo kann man das Zehn Punkte Programm finden? Sie scheinen es ja gelesen zu haben. Bite nicht weitere Links ü b e r das ZehnPunkte-Programm. Ich kann selber lesen und denken.

  18. 173.

    Hier schlägt m.e. die in allen Belangen desaströse Ampelpolitik durch. Nur, die sind derart selbstverliebt, dass sie das nicht auf sich beziehen. Auch bei schlechter Bundespolitik kann der Landespoitktiker nicht zaubern.

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