Nach Parteiwechsel zur SPD - Ex-Linkenabgeordneter Schlüsselburg will Mandat behalten

Mi 15.01.25 | 13:54 Uhr
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Saleh gratuliert Schlüsselburg nach SPD-Eintritt
Audio: rbb24 Inforadio | 15.01.2025 | Sebastian Schöbel | Bild: Schöbel/rbb

Der zur SPD übergetretene ehemalige Linken-Politiker Sebastian Schlüsselburg will sein Mandat im Abgeordnetenhaus nicht zurückgeben. Das sagte Schlüsselburg bei seiner Vorstellung als neues SPD-Mitglied am Morgen in Berlin. Zur Rückgabe seines Mandats hatte ihn zuvor die Linksfraktion aufgefordert und Schlüsselburg schließlich am Dienstag auch aus der Fraktion ausgeschlossen.

Durch den Wechsel Schlüsselburgs verfügt die SPD-Fraktion künftig über 35 Abgeordnete und damit einen mehr als die Grünen. Die Linksfraktion verkleinert sich auf 20 Sitze.

"Verbaler Radikalismus": Vorwurf an ehemalige Genossen

Er trete der SPD bei, so Schlüsselburg, "weil sich unsere Demokratie unter Druck befindet, wie es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr der Fall war". Rechtspopulisten und Rechtsextreme versuchten, die Demokratie zu zersetzen, sagte der 41-Jährige. "Dafür braucht es eine starke, interventionsfähige linke Kraft, und das ist die SPD."

Die Linke hingegen werde es künftig immer schwerer haben, relevante Stimmenanteile für eine Mitte-Links-Mehrheit zu gewinnen. "Ich muss leider feststellen, dass in der Vergangenheit Kräfte in der Partei einflussreicher geworden sind, die diesen Blick auf den radikalen Realismus ein Stück weit verloren haben oder mehr in Richtung verbalen Radikalismus abdriften", sagte Schlüsselburg im gespräch mit radioeins vom rbb. und deswegen sind auch viele Wählerinnen und Wähler weggelaufen.

"Eine Große Koalition sollte eine absolute Ausnahme sein"

An seinen politischen Positionen halte er weiter fest, dazu gehöre auch die Forderung nach einer Schuldenbremse und einem Mietendeckel. Auch den Koalitionspartner CDU und den schwarz-roten Senat werde er weiterhin kritisieren, so Schlüsselburg. Dazu gehöre aktuell zum Beispiel die neue Investitionsplanung. "Ich bin demokratischer Sozialist und bleibe das auch". Große Koalitionen sollten eine absolute Ausnahme sein, so Schlüsselburg, und es sei "traurig, dass andere Mehrheiten schwieriger geworden sind". Ziel bei der anstehenden Bundestagswahl müsse es sein, eine Regierung links der Mitte und ohne die Union zu bilden.

Als weitere Gründe für seinen Austritt bei der Linken nannte Schlüsselburg unter anderem die parteiinterne Auseinandersetzung über den Nahostkonflikt und die "mangelnde Abgrenzung zu linkem Antisemitismus". Er war zusammen mit den ehemaligen Senatoren Klaus Lederer, Sebastian Scheel und Elke Breitenbach, sowie dem früheren Fraktionschef Carsten Schatz aus der Linken ausgetreten. Der Fraktion gehörte er weiter an, allerdings habe sich das Arbeitsklima zuletzt verschlechtert, so Schlüsselburg. So habe er unter anderem seine Funktion als haushalts- und rechtspolitischer Sprecher abgeben müssen, obwohl er diese Rollen gerne bis zum Ender der Legislaturperiode fortgeführt hätte.

Linke wirft Schlüsselburg Vertrauensbruch vor

Bei seinen ehemaligen Parteigenossen stieß Schlüsselburgs Wechsel auf Unverständnis und teils scharfe Kritik. Vor allem der Zeitpunkt mitten im Bundeswahlkampf wird als unpassend und problematisch bezeichnet, zudem seien damit interne Absprachen verletzt worden, sagte Linken-Fraktionschef Tonbias Schulze dem rbb. "Er hat damit viel Vertrauen zerstört und auch Vertrauen missbraucht." Nun müsse er unter anderem die Haushaltspolitik des schwarz-roten Senats, die er zuvor scharf kritisiert hat, mittragen und verteidigen. "Wie er das mit seinem Gewissen vereinbart, ist seine Sache, aber für uns ist da keine Zusammenarbeit mehr möglich."

Die Fraktion widersprach zudem Schlüsselburgs Darstellung, wonach er zur Aufgabe von Funktionen gezwungen worden sei. So habe er für die Linke unter anderem die Haushaltsverhandlungen bis zum Schluss geführt, und auch seine Rolle als rechtspolitischer Sprecher sei nicht in Frage gestellt worden. "Herr Schlüsselburg hat in dem Übertritt offenbar einen Weg gesehen, seine eigene politische Karriere fortzusetzen", kritisierte Schulze. Er begrüßte ausdrücklich, dass die anderen Ex-Linken um Lederer und Breitenbach explizit keinen Wechsel zu anderen Parteien anstreben und auch ohne Parteimitgliedschaft in der Linksfraktion mitarbeiten wollen.

Schlüsselburg zog erstmals 2016 ins Berliner Abgeordnetenhaus ein und gewann in seinem Lichtenberger Wahlkreis drei Mal in Folge das Direktmandat. Der Bezirk war einst eine Hochburg der Linken und gilt politisch als überlebenswichtig für die Partei.

Zwei Bezirkspolitiker der Linken wechseln ebenfalls zur SPD

Welche Rolle Schlüsselburg in der SPD-Fraktion übernehmen wird, sei noch offen. SPD-Fraktionschef Raed Saleh erklärte, man sei nicht aktiv auf Schlüsselburg zugegangen, freue sich aber auf seine Expertise. In der parlamentarischen Auseinandersetzung habe er es der SPD "nicht immer leicht gemacht", so Saleh, "was gut ist in einer Demokratie". Vor allem in der Haushaltspolitik war Schlüsselburg oft ein scharfer Kritiker der Sozialdemokraten. Auch das Zustandekommen des aktuellen Doppelhaushalts und des Nachtragshaushalts mit milliardenschweren Kürzungen hatte Schlüsselburg immer wieder in Konflikt mit der SPD und dem CDU-Finanzsenator Stefan Evers gebracht.

Neben Schlüsselburg treten auch die früheren Linken-Politiker Oliver Nöll und Michael Grunst der SPD bei. Nöll ist Bezirksstadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg und will das Amt behalten. Grunst war bis zur Berliner Wiederholungswahl Bezirksbürgermeister von Lichtenberg.

Grunst war von 2016 bis 2023 Bezirksbürgermeister von Lichtenberg. Diesen Posten verlor er nach der Wiederholungswahl im Februar 2023, als in der Bezirksverordnetenversammlung CDU, SPD und Grünen eine Zusammenarbeit vereinbarten. In politischen Debatten meldete Grunst sich weiterhin zu Wort und kritisierte unter anderem "antiisraelische Positionen" in der Linkspartei.

Sendung: rbb24 Inforadio, 15.01.2025, 11:00 Uhr

17 Kommentare

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  1. 17.

    Mir leuchtet nicht ein, weshalb die SPD einen solch karriereorientierten Politiker unbedingt aufnehmen will. Sieht es für die SPD schlecht aus, wechselt er womöglich erneut die Partei,9

  2. 16.

    Hier geht es nicht um Politik sondern um Pöstchenschacherei - das ist nicht überzeugend!. Zugleich stützt das BSW (Koalitionspartner der SPD) die AfD in Sachen und aus der SPD ist bundesweit kein Protetst zu hören.
    Für mich ist die SPD unwählbar geworden, eine solche charakterlose Beliebigkeit ist nicht mehr zu akzeptieren.

  3. 15.

    Schlüsselburg macht das was gesetzlich legal ist. Schon vergessen? Zu Zeiten der Ostverträge veränderten sich Mehrheiten durch massenhaft überlaufene Abgeordnete, die alle ihr Mandat behalten durften. Davor haben bsw und afd Schiss.

  4. 14.

    Bei dem Altersdurchschnitt und dem steten Rechtsruck sind Kraftfahrer sicherlich ein gute Investition in die Sicherheit der bekanntesten Persönlichkeiten der Partei.

  5. 13.

    Ekelhaft, wieder der an seinem Posten klebt. Tja, wovon soll er auch leben? Null wählbar. Es gibt so viele offene Stellen im Handwerk.

  6. 12.

    Sollte er wirklich ein "liebchen" von Gesine gewesen sein, so ist er doch genug bestraft. Gönnt ihm doch seine Entscheidung für die Sozen.

  7. 9.

    Hauptsache ist doch, der Rubel rollt weiter. Beschämend ist das!

  8. 8.

    Herrn Schlüsselburg sollte man sich nicht zum Vorbild nehmen.Ein ganz charakterloser Typ,dem man nun in seiner neuen Burg auch nicht nicht vertrauen sollte.Mal sehen wann er sich in eine nächste Partei flüchtet.Hoffentlich bleibt uns sein grinsen von den Wahlplakaten erspart

  9. 7.

    Sebastian Schlüsselburg war nie ein guter Politiker und nie ein echter Linker.
    Er hat als Liebchen von Gesine Lötzsch deren Wahlkreis übernommen und macht seitdem schlechte Politik. Er hat Komplexe, weil er nie sein 2. juristisches Staatsexamen abgelegt hat und ist leider auch kein guter Jurist. Er ist ein visionsloser Karrierist, der jetzt zu einer visionslosen Partei geht. Möge er dort in der Versenkung verschwinden.

  10. 6.

    Wer einmal den goldenen Löffel im Mund hatte, möchte ihn nicht mehr abgeben. Da ist es doch völlig egal für welche Partei nun streiten möchte. Außerdem, was stört mich mein Geschwätz von gestern. Leider ist dieser Menschenschlag nicht nur bei den Linken zu finden.

  11. 5.

    Herrn Schlüsselburg ist mir als absolut arroganten Menschen in Erinnerung und deswegen kein Verlust für die Partei die Linke.Und meine Erkenntnis erschließt sich über meine 19jährige Tätigkeit als Kraftfahrer der Fraktion die Linke.

  12. 4.

    Wenn die Übertretenden helfen, den Auswüchsen der CDU ... veröffentlicht in den letzten Tagen ... mal etwas zukunftsorientiertes Denken entgegenzusetzen, ist das zu begrüßen.

  13. 3.

    Mandat behalten? Soll das erlaubt sein, oder verboten?

  14. 2.

    Sowas ist nun schon unanständig. Das rumgesurfe und Trittbrettfahren, der politischen Karriere wegen, ist inwischen politischer Alltag, aber das gleichzeitige Festkleben an den Stühlen macht Politik nicht unbedingt glaubwürdiger und führt nur zu weiterem Frust auf die lieben Volksvertreter.

  15. 1.

    Die Zeiten für die Linkspartei sind schwierig geworden. Schlüsselburg ist Berufspolitiker und sucht eine Anschlussverwendung. Allerdings mit einem gewissen Risiko, denn auch bei der Berliner SPD werden die Jobs knapper.

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