Interview | Volleys-Manager zum Saisonabbruch - "Man hätte durchaus zu einer anderen Lösung kommen können"

So 12.04.20 | 12:04 Uhr
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Kaweh Niroomand, Manager der BR Volleys. / imago images/Bernd König
Bild: imago images/Bernd König

Die BR Volleys waren ungeschlagen auf dem Weg zum Meistertitel. Dann folgte der Saisonabbruch wegen der Corona-Krise. Das tue immer noch weh, sagt Manager Kaweh Niroomand, der bereits selbst an dem Virus erkrankt war.

rbb|24: Herr Niroomand, Sie sind nicht nur als Manager der BR Volleys von der Corona-Krise betroffen, sondern auch ganz persönlich. Sie waren mit dem Virus infiziert. Wie geht es Ihnen?

Kaweh Niroomand: Inzwischen geht es mir ganz gut. Unsere Kinder waren vor vier Wochen in St. Anton zu einem Kurz-Skiurlaub. Wie sich hinterher herausstellte, war das ja das Epizentrum von Corona in Österreich - was damals auch so ein bisschen verschwiegen wurde. Sie haben es dann von dort mitgebracht und in die Familie weitergegeben.

Und Ihnen ging es eine Zeit überhaupt nicht gut ...

Gott sei Dank war es nicht so schlimm, dass ich ins Krankenhaus musste und Atem- oder Lungenprobleme hatte. Aber ich war sehr geschwächt. Das hat mich richtig für zehn, zwölf Tage niedergehauen, sodass ich wirklich mehr oder weniger nur geschlafen und dabei auch viel Kraft und Substanz verloren habe.

Als Manager waren Sie mit den Volleys auf dem besten Weg zum Double, bevor das Virus zugeschlagen hat: Den Pokal hatte die Mannschaft längst geholt und Platz eins nach der Hauptrunde war - komplett ungeschlagen - schon sicher. Dann ist die Saison abgebrochen worden, ohne einen Meister zu küren. Mit einigen Wochen Abstand: Wie bitter ist das rein sportlich?

Es ist sogar so: Je größer der Abstand wird, desto mehr tut es einem weh. Wir hatten sehr viel Geld in die Hand genommen. Wir haben eine tolle Mannschaft zusammengestellt, die nicht nur sportlich sehr gut war. Sie hat auch in sich sehr gut harmoniert. Die Leute hatten Spaß - und haben mit einer großen Freude und Motivation versucht, tatsächlich auch kein Spiel zu verlieren. Sie sind sehr professionell in jede Partie hineingegangen und haben tolle Auftritte gehabt. Wenn wir nicht das Verletzungspech gehabt hätten, hätten sie auch in Europa etwas reißen können. Zwei Spieltage vor Ende der Normalrunde hat dann der Vorstand der Volleyball-Bundesliga so entschieden, wie er entschieden hat.

Es klingt so, als seien Sie damit nicht wirklich glücklich ...

Ich denke, dadurch dass es eben nur noch zwei Spieltage waren, hätte man durchaus auch zu einer anderen Lösung kommen können. Alldieweil die Satzung auch vorsieht, dass wenn die Playoff-Runde - warum auch immer - nicht gespielt werden kann, der Erste der Hauptrunde deutscher Meister ist. Man hat das nicht gemacht. Viele Gründe dafür sind auch nachvollziehbar. Ich bin der Letzte, der nicht die Gesundheit der Bevölkerung und der Spieler an die erste Stelle stellt. Ich denke, an unserem sozialen Engagement und dem weiten gesellschaftlichen Blick, den wir jetzt während der ganzen Jahre gezeigt haben, braucht niemand zu zweifeln. Aber diese Entscheidung hätte auch anders ausfallen können. Und dann wären wir zumindest halbwegs befriedigt in diese Zwangspause gegangen.

Was Sie jetzt wissen müssen

Sie haben den Kader und Ihre Spieler angesprochen. Wie ist momentan der Kontakt zu ihnen - und können Sie für die kommende Saison schon seriös planen - auch mit Blick auf Neuverpflichtungen?

Also aus der Sicht eines Kaufmanns würde ich sagen: Nein, seriös kann man das nicht. Es gibt nämlich zwei offene Fragen, die bei einer Planung entscheidend sind. Die eine ist: Wie schließen wir die jetzige Saison ab? Viele Unternehmen, die uns unterstützen und mit vielen E-Mails und Zuschriften signalisiert haben, dass sie das auch weiterhin aufrechterhalten wollen und mit uns fühlen, sind wirtschaftlich von dieser Krise betroffen. Und wir haben aus der laufenden Saison noch einen sehr hohen sechsstelligen Betrag an ausstehenden Sponsorengeldern, die noch fließen müssen, damit wir die Saison halbwegs glimpflich abschließen. Das ist immer noch alles in guten Fristen.

Eine solide kaufmännische Planung ist in diesem Moment definitiv nicht möglich.

Und die zweite offene Frage?

Auf die haben wir unsere Sponsoren bewusst noch nicht angesprochen, weil ich denke, dass gegenwärtig jedes Unternehmen mit sich selbst genug zu tun hat. Das haben wir uns für die Zeit - hoffentlich Ende Mai, Anfang Juni - aufgehoben, wenn die Krise zumindest in ihren ersten Ausmaßen vorbei ist. Dann wollen wir an unsere Sponsoren herantreten und sehen, welche Mittel wir für die kommende Saison zur Verfügung haben. Das ist die kaufmännische Sicht. Aber da ist das Problem, dass der Spielmarkt dort, wo wir den Wettbewerb haben - in Italien, in Polen, in Russland -, gerade unglaublich am Kochen ist. Als würde es diese Krise gar nicht geben oder sogar als würde sie den Vereinen noch mehr Geld zugespült haben. Ich persönlich kann das überhaupt nicht nachvollziehen. Von daher sind wir natürlich unter enormem Druck, weil wir mit diesen Klubs ja auch in Zukunft in der Champions League konkurrieren wollen. Wir müssen also auf der einen Seite sehen, dass die Mannschaft nicht an großer Qualität verliert. Aber auf der anderen ist eine solide kaufmännische Planung in diesem Moment definitiv nicht möglich.

Die Situation in Deutschland ist sicherlich für alle Vereine schwierig - vielleicht sogar kritisch. Da drohen Insolvenzen. Der bayerische Bundesligist Eltmann ist ja schon vor der Corona-Krise in die Insolvenz gegangen. Jetzt zieht sich mit Rottenburg ein erster Klub - ein Bundesliga-Inventar - wegen der Pandemie zurück. Bei denen springen Sponsoren ab, sie haben einen sechsstelligen Fehlbetrag im Etat. Droht der Liga möglicherweise ein Domino-Effekt?

Wir sind durch die Entscheidung in Rottenburg alle so ein bisschen überrascht worden. Das war sicherlich kein Verein mit einem hohen Etat, aber seit 20 Jahren zugehörig zur Bundesliga - mit den zweithöchsten Zuschauerzahlen. Das war schon ein wichtiger Baustein der Volleyball-Bundesliga. Ich kann aus der Sicht von heute wirklich nicht sagen, wie viele Vereine diese Krise überstehen werden. Die anderen Klubs haben genau dieselben Fragen wie wir - vielleicht auf einem etwas anderen Niveau.

Aber klar, es gibt sicherlich drei oder vier Vereine, bei denen man sagt: Man ist nicht sicher, ob sie starten oder nicht. Die Perspektive, wie die Liga aussieht und welche Stärke sie hat - sowohl quantitativ als auch qualitativ - ist also aus der Sicht von heute sehr schwierig zu beziffern. Aber ich denke, da ist Volleyball auch nicht alleine. Andere Ligen haben ähnliche Probleme. Von der grundsätzlichen Thematik, nicht zu wissen, mit welchem Schaden man diese Saison abschließt und wie viel Geld man für die nächste zur Verfügung hat, sitzen wir alle im selben Boot.

Befürchten Sie insgesamt einen Rückschlag für den deutschen Volleyball - auch auf internationaler Ebene?

Definitiv. Diese Krise bringt die Länder, mit denen wir in erster Linie international konkurrieren, scheinbar nicht so aus der Fassung, wie sie uns trifft. Das liegt auch daran, dass wir die Finanzierung der Mannschaft auf einem sehr breiten Kreis von Sponsoren aufgebaut haben. Bei uns sind das ja inzwischen mehr als hundert Unternehmen, die uns in unterschiedlichster Größenordnung unterstützen. Das ist natürlich ganz anders, wenn ein russiches Team ein Energieunternehmen hat, das dir jährlich einfach ein paar Millionen auf den Tisch legt. Unsere Sponsoren - die Hotels, die Busunternehmen oder andere Dienstleister - sind alle von dieser Geschichte betroffen. Diese Struktur, die wir haben, ist zwar sehr schön in guten und vielleicht auch in diesen Zeiten, aber es wird nicht ohne eine Delle an uns vorbeigehen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Lars Becker für das Inforadio des rbb. Es handelt sich um eine redigierte und leicht gekürzte Fassung.

Sendung: Inforadio, 11.04.2020, 16:24 Uhr

7 Kommentare

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  1. 7.

    Ich wollt auch mal der Kaiser von China werden. Hatte aber kein Geldgeber. So muss ich halt meinen Lebensunterhalt selber verdienen. Sollten mal seine Mannen nicht so geldgierig sein, dann bräuchte der Mann jetzt nicht um Sponsoren werben. Im übrigen ist es mir vollkommen egal was die (allgemein) Sportler werden wollen.

  2. 6.

    „ Unsere Kinder waren vor vier Wochen in St. Anton zu einem Kurz-Skiurlaub. Wie sich hinterher herausstellte, war das ja das Epizentrum von Corona in Österreich - was damals auch so ein bisschen verschwiegen wurde. Sie haben es dann von dort mitgebracht und in die Familie weitergegeben“..., Ja, Schuld sind immer die anderen. Vor 4 Wochen? Ah ja... Und die restlichen Spiele hätte man durchziehen können? Ah ja...,Etwas blauäugig schadet normal nicht anderen, aber in diesem Fall... Tut mir Leid. Bisher fand ich den Verein sehr gut, aber mit solchen Leuten an der Spitze ... Da komme ich doch etwas ins Nachdenken.

  3. 5.

    Der Meistertitel ohne Geldstücke?
    Wer's glaubt, wird selig. Geld stinkt nicht.

  4. 4.

    So ein schwachfug, die wollten einfach nur Meister werden.
    Ich kann das total verstehen und nachvollziehen gerade wenn man die aktuellen Zahlen liest.

  5. 2.

    Geld regiert die Welt.

  6. 1.

    Geld regiert die Welt.

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