Interview | Kombi-Impfung gegen Corona und Grippe - "Ich würde mich freuen, wenn ich nicht zweimal gestochen werde"
Die Wissenschaft forscht an einer neuen Kombi-Impfung - gegen Corona und die Grippe zugleich. Die Cottbuser Mikrobiologin Heidrun Peltroche über Chancen, Risiken und was bis zum Jahresende schon möglich sein könnte.
rbb|24: Frau Peltroche, Sie untersuchen im Cottbuser Carl-Thiem Klinikum in einem Referenzlabor Mutationen des Corona-Virus. Was sagen Sie denn zu den Plänen, Corona-Impfungen mit einem Grippeschutzserum zu kombinieren?
Heidrun Peltroche: Der Wunsch besteht natürlich, dass man mit nur einer Injektion gleich für beide Erkrankungen den Impfschutz erwerben kann. Ich sehe das aber, nachdem ich mir Unterlagen von entsprechenden Studien angesehen habe, als noch sehr schwierig und sehr langwierig an. Dass das Ende des Jahres einfach mal so möglich sein wird, glaube ich nicht. Was aber mit Sicherheit möglich sein wird, dass man beide Impfungen zeitgleich bekommt. Da ist die Wahrscheinlickeit hoch, dass das wirklich funktionieren wird.
Wo werden denn gerade Studien zu einer Kombi-Impfung gegen Corona mit integriertem Grippeschutz gemacht?
Die Firma heißt Novavax und ist ein US-amerkanisches Biotechnologie-Unternehmen. Dieses hat auch eine neue Impftechnologie, die auf Nano-Partikel und Gentechnik ausgelegt ist. Das sollte man nicht unterschätzen. Allerdings musste man bei der Forschung in die Gentechnik, weil man zum Beispiel schon 2009 bei der Schweinegrippe gemerkt hat, dass man das Virus bei einer Pandemie zu Forschungszwecken nicht mehr auf Hühnereiern vermehren kann. Das schafft man nicht, da ist man einfach nicht schnell genug. Also braucht man die Gentechnik, um gewisse Viren mit speziellen Eigenschaften zu erzeugen. Firmen, wie Novavax, haben dadurch einen Schub bekommen.
Was sind diese Nano-Partikel?
Das sind Insektenzellen, die von Viren infiziert werden können. Und man schafft es über diese Zellen Partikel herzustellen, die wie das Spike-Protein aussehen ( Anmerkung der Red: ein Spike-Protein ist eine nach außen ragende Proteinstruktur einer Virushülle. Spike-Proteine werden auf einer elektronenmikroskopischen Abbildung sichtbar. Sie haben eine Funktion bei der Bindung an die Wirtszelle). Diese Spike-Partikel werden frei, wenn man die Spitze bekommen hat. Dann kann das Immunsystem stimuliert werden. Dieses Procedere funktioniert genauso bei einer Influenza-Impfung. Deshalb kann man sich ganz gut vorstellen, dass man diese Nano-Partikel einfach mischen könnte in nur einer Spritze.
Wie lange könnte es dauern, bis der Kombi-Impfstoff auf dem Markt ist?
Das braucht eine ganze Weile, weil dafür ja auch noch klinische Studien notwendig sind. Zum Einen zur Verträglichkeit, was wahrscheinlich weniger ein Problem sein wird und zum Anderen zur Wirksamkeit. Schafft das das Immunsystem für beide Bestandteile des Kombi-Impfstoffs auch Antikörper zu bilden? Das muss man prüfen und das sind relativ aufwendige Studien.
Erste Untersuchungen der Firma Novavax haben allerdings schon gezeigt, dass das miteinander verträglich ist. Dabei wurde gesunden Probanden der Impfstoff gegen Corona in den einen und der Impfstoff gegen Influenza in den anderen Arm gespritzt. Und das hat bei den Testpersonen dazu geführt, dass gegen beide Erkrankungen Antikörper gebildet wurden.
Warum sind Auffrischungsimpfungen auch bei möglichen neuen Impfstoffen erforderlich?
Weil sich das Virus ständig verändert. Viren haben ein unterschiedliches Tempo Veränderungen zu erwerben. Das Corona-Virus ist zum Beispiel nicht mal besonders schnell. Das Influenza-Virus ist vier mal schneller. Und eines der Hauptziele bei Impfungen gegen Corona und Influenza ist, dass das Virus verschwindet. Aber natürlich geht es auch daraum sich und andere selbst zu schützen.
Sie sind also für eine Kombi-Impfung? Egal ob in einem Impfstoff oder zwei separaten?
Ich würde mich auch freuen, wenn ich nicht zweimal gestochen werde, allerdings glaube ich, dass wir dringendere Probleme haben, als eine Spritze zu vermeiden. Wenn es mit zwei Injektionen geht am selben Tag gegen Influenza und gegen Corona, das wäre schön und ich glaube, dass schaffen die auch noch bis Ende des Jahres.
Das Gespräch führte für rbb|24 Josefine Jahn.
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