Ursachenforschung für das Fischsterben - Landeslabor ermittelt erhöhte Pestizid-Werte in der Oder - Polen spricht von "Fake News"

Die Behörden verfolgen bei der Aufklärung des Fischsterbens in der Oder eine neue Spur: Im Wasser wurden erhöhte Pestizid-Werte nachgewiesen. Als alleiniger Verursacher könne das aber nicht gelten. Polen widerspricht derweil vehement.
Auf der Suche nach den Ursachen für das massenhafte Fischsterben in der Oder hat das Landeslabor Berlin-Brandenburg überhöhte Pestizid-Werte nachgewiesen. Bei Proben, die an der Messstelle Frankfurt (Oder) in der Zeit vom 7. bis 9. August entnommen wurden, seien hohe Konzentrationen eines Pestizids mit dem Wirkstoff 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure gefunden worden, teilte das Brandenburger Umweltministerium am Samstag mit.
Es sei aber davon auszugehen, dass die nachgewiesene Dosis nicht unmittelbar tödlich für Fische gewesen sei. Der Wirkstoff wird etwa zur Bekämpfung von Unkraut eingesetzt.
Man müsse weiter davon ausgehen, dass die Umweltkatastrophe mehrere Ursachen gehabt habe, erklärte das Ministerium. Die überhöhe Konzentration des Pestizids über mehrere Tage habe aber sicher Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen gehabt. Möglicherweise sei das Pestizid am Oberlauf der Oder in noch höheren Konzentrationen vorhanden und am Messpunkt Frankfurt (Oder) bereits stark verdünnt gewesen.
Polens Regierung spricht von "Fake News" aus Deutschland
Die polnische Umweltministerin spricht in diesem Kontext von Falschmeldungen aus Deutschland. "Achtung, eine weitere Fake News wird in Deutschland verbreitet!!! Pestizide und Herbizide. In Polen wurde der Stoff getestet und unterhalb der Bestimmungsgrenze nachgewiesen, d. h. ohne Auswirkungen auf Fische oder andere Tiere, und ohne Verbindung zum Fischsterben", schrieb Anna Moskwa am Samstagabend auf Twitter. Die Substanzen seien in Fischen nicht entdeckt worden, so Moskwa in einem weiteren Tweet, "Ein ungerechtfertigter Angriff auf die Landwirtschaft. Erst die Industrie, jetzt die Landwirtschaft? Was kommt als Nächstes?"
Polens nationalkonservative PiS-Regierung steht unter Druck, weil polnische Behörden nur zögerlich auf erste Hinweise zu dem Fischsterben reagierten. Auch in Deutschland wurde bemängelt, dass polnische Behörden die international vereinbarten Informationsketten nicht eingehalten hätten. Vertreter der PiS reagierten darauf wiederholt mit antideutschen Tönen - und mit Attacken gegen die polnische Opposition. Dieser unterstellen sie, das deutsche Narrativ über mögliche Ursachen der Umweltkatastrophe willig zu übernehmen.
160 Tonnen tote Fische in Polen geborgen
Unterdessen hat die polnische Feuerwehr nach eigenen Angaben bislang fast 160 Tonnen toter Fische aus der Oder und einem kleineren Fluss geborgen. Das sagte die Sprecherin der Feuerwehr-Hauptverwaltung am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Der Großteil entfalle dabei auf die verendeten Fische aus der Oder. In Brandenburg wurden nach früheren Angaben des Umweltministeriums mindestens 36 Tonnen geborgen.
Bei dem kleinen Fluss in Polen handelt es sich um den Ner, der südlich von Lodz entspringt und in die Warthe mündet. Er hat keine Verbindung zur Oder. Seit ein paar Tagen treiben auch im Ner tote Fische. Die Ursache ist noch nicht geklärt.
In der Oder regt sich wieder Leben
Am Freitag hatte es derweil erstmals positive Nachrichten aus dem Krisengebiet gegeben. Bei einer ersten Probefischung bei Brieskow-Finkenheerd (Oder-Spree) haben Wissenschaftler des Potsdamer Instituts für Binnenfischerei am Freitag zahlreiche lebende Fische verschiedener Arten nachgewiesen. Auch Flusskrebse und Muscheln seien wieder in der Oder unterwegs und wirkten gesund. Der Landesanglerverband sprach von einer guten Nachricht, die Hoffnung mache.
Das massenhafte Fischsterben im Grenzfluss Oder wurde auf deutscher Seite vor mittlerweile knapp zwei Wochen, am 9. August, bekannt. Ein Schiffskapitän in Brandenburg hatte verendete Tiere gesichtet. Die deutschen Behörden warfen Polen zuletzt vor, zu spät informiert zu haben. Helfer auf deutscher und polnischer Seite haben in den vergangenen Tagen tonnenweise verendeten Fisch aus der Oder geborgen.
Bei der Ursachenforschung werden derzeit nach Angaben des Bundesumweltministeriums Hunderte von verschiedenen Stoffen in den Fischen untersucht. Wissenschaftlern zufolge könnte eine giftige Algenart ein entscheidender Faktor für das Fischsterben sein. Nachgewiesen ist das aber noch nicht.
Sendung: Antenne Brandenburg, 20. August 2022, 11 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 20.08.2020 um 16:06 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.