Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst - Warnstreiks bei Berliner Stadtreinigung und in Kliniken fortgesetzt

Fr 24.03.23 | 17:06 Uhr
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Einsatz von rauchender Pyrotechnik in den Farben der Berliner Stadtreinigung (BSR) mit Teilnehmern und Beschaeftigten bei einer Demonstration und Warnstreik der Gewerkschaft Verdi fuer eine Tariferhöhung im öffentlichen Dienst in Berlin am 09.02.2023.(Quelle:dpa/J.Krick)
Bild: dpa/J.Krick

Berlin steht auch am Freitag im Zeichen von Arbeitsniederlegungen: Die am Donnerstag gestartete neue Warnstreikwelle im öffentlichen Dienst geht weiter, auch am Montag. Dann gesellt sich noch ein weiterer wesentlich größerer Streik hinzu.

Beschäftigte im öffentlichen Dienst haben am Freitag in Berlin ihre Warnstreiks fortgesetzt. Dazu aufgerufen hatte die Gewerkschaft Verdi. Betroffen sind, wie schon am Donnerstag, unter anderem die Kliniken Charité und Vivantes, die Wasserbetriebe, das Studierendenwerk sowie die die Stadtreinigung BSR. Deren Recyclinghöfe werden auch am Samstag bestreikt.

Bei Vivantes ergeben sich durch den Streik laut eigenen Angaben nur wenige Einschränkungen. "Wir mussten vereinzelt einige OPs verschieben, aber die Gesundheitsversorgung und der Betrieb sind nur geringfügig eingeschränkt", sagte ein Sprecher am Freitag.

In Brandenburg offenbar keine neuen Warnstreiks

Am Donnerstag hatten nach Verdi-Angaben in Berlin etwa 7.000 Beschäftigte von Einrichtungen der Stadt und des Bundes die Arbeit niedergelegt, unter anderem bei der Deutschen Rentenversicherung. Bei den kommunalen Krankenhäusern Charité, Vivantes und dem Jüdischen Krankenhaus waren nach Gewerkschaftsangaben 1.000 Beschäftigte in den Warnstreik getreten.

Zudem hatten sich am Donnerstag in Brandenburg in Verwaltungen in kommunalen Kitas mehrere hundert Menschen an Warnstreiks beteiligt. Betroffen waren Frankfurt (Oder) und Eisenhüttenstadt. Über Warnstreiks in Brandenburg am Freitag liegen dem rbb bislang keine Informationen vor.

Hintergrund ist der Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Verdi und der Beamtenbund dbb fordern 10,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 500 Euro. Die Tarifverhandlungen werden am Montag in Potsdam fortgesetzt. Dann soll es wieder bundesweit Streiks in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes geben.

Der große Streik wirft seine Schatten voraus

Parallel dazu haben Verdi und Eisenbahngewerkschaft EVG für Montag zu einem Streik aufgerufen, der den Fern- und Regionalbahnverkehr voraussichtlich fast vollständig lahmlegen wird. Grund für den Aufruf der EVG sind Tarifverhandlungen mit Bus- und Bahnunternehmen.

In Berlin und Brandenburg sind neben dem Fernverkehr der Bahn auch der Regionalverkehr und die Berliner S-Bahn betroffen. "Es wird leider zu massiven Einschränkungen kommen", teilte die Berliner S-Bahn mit. "Die Voraussetzung für den Zugbetrieb bei der S-Bahn ist, dass Beschäftigte in der Netz-Betriebszentrale und den Werkstätten ihren Dienst antreten." Genaueres sei noch nicht absehbar.

Die BVG wird dagegen ihr Angebot per U-Bahn, Tram und Bus aufrechterhalten, weil ihre Beschäftigten einen eigenen Tarifvertrag haben und hier noch bis Ende des Jahres eine Friedenspflicht gilt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.03.2023, 7 Uhr

Aktuelle Tarifkonflikte

Verdi und Beamtenbund dbb: Für die bundesweit 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst mehr Lohn. In den vergangenen Wochen waren verschiedene Bereichen in Berlin und Brandenburg von Warnstreiks betroffen: kommunale Krankenhäuser, Kindertagesstätten, Wasserbetriebe, Bäderbetriebe und Stadtreinigung, Wasserschifffahrtsamt, Studierendenwerk und Arbeitsagenturen - bis hin zum Nahverkehr und dem Flughafen. Die Gewerkschaften fordern konkret 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Lohn. Die Arbeitgeber bieten schrittweise fünf Prozent mehr bei zweijähriger Laufzeit sowie 2.500 Euro Einmalzahlung. Die dritte Verhandlungsrunde beginnt am 27. März.

Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG): Sie verhandelt zurzeit mit bundesweiten Bahn- und Busunternehmen über Tarife. Die Gewerkschaft fordert unter anderem bei einer Laufzeit von einem Jahr Lohnerhöhungen von insgesamt zwölf Prozent, mindestens aber 650 Euro als "soziale Komponente". Die Deutsche Bahn bot in der zweiten Runde insgesamt fünf Prozent mehr Lohn in zwei Schritten vor, außerdem Inflationsausgleichsprämien. Nächster regulärer Termin für Tarifverhandlungen für 180.000 Beschäftigte bei der DB ist der 24. und 25. April.

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): Sie fordert kleinere Klassen in den Berliner Schulen und Verhandlungen mit dem Senat über einen Tarifvertrag. Seit 2021 organisierte die GEW für ihr Anliegen bereits mehrere Warnstreiks. Der Berliner Senat verweist jedoch darauf, dass Berlin der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) angehört. Ohne Zustimmung der Tarifgemeinschaft könne der Senat keine Tarifverhandlungen über die Klassengröße aufnehmen - und die TdL lehne solche Verhandlungen ab. In Berlin gibt es rund 34.000 Lehrerinnen und Lehrer, viele davon sind Angestellte und dürfen - anders als Beamte - streiken.

Gewerkschaft Marburger Bund: Der Marburger Bund fordert für rund 55.000 Ärztinnen und Ärzte in den Kliniken einen Inflationsausgleich für die Zeit seit der jüngsten Entgelterhöhung im Herbst 2021 sowie zusätzlich eine Gehaltsanhebung um 2,5 Prozent. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) wies das bisher aus zu hoch zurück. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 3. und 4. April 2023 angesetzt.

Luftsicherheitsbeschäftigte an Flughäfen: In diesem Tarifkonflikt, der zuletzt am 12. März zu einem Warnstreik auch am BER-Flughafen geführt hatte, stehen sich die Beschäftigten der Luftsicherheit und der Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) gegenüber. Die Gewerkschaft Verdi fordert unter anderem einen Zuschlag für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsschichten. Entsprechende Verhandlungen gibt es seit Jahren.

23 Kommentare

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  1. 23.

    Sie haben ja Vorstellungen von diesem Job
    Warum machen sie ihn nicht selbst, wenn der Job ihrer Meinung nach so Fürstlich ist

  2. 22.

    Hochachtung für die Arbeiter, die diese Drecksarbeit machen, Leuten wie ," Krähe " den Müll wegzuräumen

  3. 21.

    "Der Begriff der Bildung zielt auf die geistige, gestalterische und moralische Entwicklung, die aus Vernunft und Freiheit heraus und ohne direkte Abhängigkeit von Politik und Wirtschaft geschieht."
    Ist aus einem Lexikon. Gefällt mir ganz gut.

  4. 20.

    Mir erschließt sich nicht, warum ausgerechnet die Müllwerker hier so in den Himmel gehobenen werden? Die werden jetzt schon fürstlich bezahlt, von denen geht keiner unter 2.700 € netto nach hause und sie bekommen dazu noch fürstliche Sozialleistungen, auch die Arbeitskleidung wird gestellt. Sie fahren um 6 Uhr vom Betriebshof und gehen um 14 Uhr geduscht nachhause. Dafür noch mehr Geld? NEIN, keinen Cent!

  5. 19.

    So wie sie sich hier aufführen glaubt ihnen kein Mensch das sie mal mit den Müllmännern gearbeitet haben
    Hochachtung vor der Arbeit die diese Drecksarbeit machen und Leuten wie sie den Müll wegmachen

  6. 17.

    Es ist unglaublich wie sich hier so einige über Streiks und Tarifverbesserungen aufregen. Mir scheint so als ob sich mal wieder alle in Dinge einmischen und ihre Meinung zu Themen äußern von denen sie keine Ahnung haben. Wenn ein paar aus der Elite gegen die Verbesserungen der arbeitenden Schicht sind ist es schon schlimm genug aber wenn Menschen aus der einfachen Schicht sich so gegen das Recht von Tarifverhandlungen äußern. Zeigt es nur ein Mangel an Bildung, purer egoistischer Neid oder dass sie medial manipuliert wurden ohne es zu wissen. (Was dann auch letztlich nur mit Dummheit gleichzusetzen ist .)

  7. 16.

    Hab ich schon. Mach ich jeden Tag. Also erzählen Sie mir nichts.

  8. 15.

    Leute wie Sie kann man Vergessen!! Ja sicherlich gehören Sie zu den Bürgern die sowieso ihren Dreck fallen lassen.Arbeiten Sie mal einen Tag mit den Müllwerkern mit.Ich denke das Sie dann ihren Schabel nicht mehr so weit aufreissen

  9. 14.

    Eine höhere Bildung erkennt man nicht daran, was in ersten Jahren in deutschen Schulen gelehrt wird, außerdem hat Deutschland ein hohen Anteil an Einwohnern mit Migrationshintergrund, die keine hiesige Schule besucht haben.

  10. 13.

    1.000,-€ Plus Inflationsausgleich, schließlich muss ja irgend wie / wer die Personalkosten des Ö.- Dienstes und Co. finanzieren / finanziert werden, das Freut bestimmt die Gewerkschaft Verdi die demnächst für die IG Metall/ Chemie / Elektro in den Streik zieht. Das freut auch die Handwerksinnung bei Ihrer Preisgestalltung?

  11. 12.

    Höhere Bildung erkennt man unter anderem an einem korrekten Satzbau, einer richtigen Kommasetzung, einer korrekten Unterscheidung zwischen das und dass, wenn und wen, denn und den. Das waren nur einige schnelle Beispiele.

    Und es liegt einfach in der Natur der Sache, dass in einem Unternehmen auch Menschen mit geringerer Bildung angestellt sind. Die leiten aber keine Abteilungen oder Unternehmen.

  12. 11.

    ohne höhere Bildung. Irgendwann reicht es auch mal. Das öffentliche Leben muss finanzierbar bleiben. Im Müllgewerbe verschwindet eh schon unnötig viel Geld, Müll wird verbrannt statt recycelt."
    Ich wage mal zu behaupten-die wahren Profiteure im Müllgeschäft sind nicht die Tonnenschieber und Straßenfeger.
    Das sind eher die, die Schiffsladungen mit Müll um die Welt schippern lassen, sich das hier teuer bezahlen lassen und den Menschen in der Dritten Welt vor die Füße kippen.
    Und es mag schon so sein-für solche Art von Raffgier brauchts keine höhere Bildung.
    Aber wer bin ich schon, das ich mir anmaße Menschen nach ihrem Bildungsniveau zu beurteilen.
    Das überlasse ich lieber anderen, berufenern.

  13. 10.

    Wie in meinem vorherigen Kommentar geschrieben, habe ich grosse Achtung vor denen, die an der Basis arbeiten. Dazu gehört neben der BSR auch das medizinische Personal. Auch hier ist m.E. eine wesentlich bessere Bezahlung erforderlich. Was das Klatschen betrifft : Das war eine Aktion von vielen Otto-Normalverbrauchern, die keinen Einfluss auf Arbeitsbedingungen und Bezahlung haben, damit aber Achtung und Dankbarkeit bekunden wollten.

  14. 9.

    Haste in der Schule nicht aufgepasst - wirste eben Strassenfeger. Nee - so läuft das nichtmehr ! Und wer "produziert" denn den Müll? Wohl fast jeder! Aber den bei Wind und Wetter oder 30 Grad im Schatten wegräumen? Ich habe Achtung vor denen, die diese Arbeit machen - fernab der Schreibtische der höher bezahlten Chefetagen. Meines Erachtens haben alle, die an der Basis die Arbeit machen, eine ordentliche Entlohnung verdient.

  15. 8.

    "Das öffentliche Leben muss finanzierbar bleiben."
    Ja, das stimmt, aber die, die unser aller Dreck täglich und bei Wind und Wetter wegräumen, dabei ggf. noch angepöbelt werden wollen auch gern am öffentlichen Leben teilhaben. Dafür haben die BSR-ler auch jeden Cent mehr verdient. Für'n Händedruck bekommen die nämlich auch kein Brötchen.
    Es wird statt dessen geneidet, diskreditiert und der vermeintliche Bildungsgrad hervorgehoben. Wäre dem so, würde statt "verbrennen" eher "thermische Verwertung" in Frage kommen.

  16. 7.

    Woher wissen Sie das Menschen die bei der BSR arbeiten Menschen ohne höhere Bildung sind ?? Haben Sie eine höhere Bildung um so etwas zu äußern??

  17. 6.

    Ich verstehe es auch nicht. Die Stellen als Müllwerker sind so beliebt, dass selten freie zu finden sind. Kein Wunder: eine exzellente Bezahlung mit Zulagen und Weihnachtsgeld, Betriebsrente, festen Arbeitszeiten, keine Nacht- oder Sonntagsdienste. Man darf auch nicht vergessen, das sind oft Leute ohne höhere Bildung. Irgendwann reicht es auch mal. Das öffentliche Leben muss finanzierbar bleiben. Im Müllgewerbe verschwindet eh schon unnötig viel Geld, Müll wird verbrannt statt recycelt.

  18. 5.

    Liebe Frau Holstein, meine Kollegen und ich haben schon 2 x aufgrund einer wirtschaftlichen Krise in unserer Firma auf Teile des Gehalts- mehr als 5%- verzichtet um unsere Arbeitsplätze zu erhalten. Während Corona waren wir in Kurzarbeit. Kurzarbeit und und Angst den Arbeitsplatz zu verlieren kennen die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst nicht. Diese jetzigen Lohnforderungen und Kompromisslosigkeiten und Streiks kann ich u.a. aus diesen Gründen nicht nachvollziehen.

  19. 4.

    Mit Streiks bei der BSR erzielt Verdi keinerlei Druck auf den Arbeitgeber sondern verhilft dem Unternehmen zu einem großen wirtschaftlichen Vorteil, weil die Kunden auch für die Nicht-Leistung bezahlen müssen während das Unternehmen Löhne und Betriebskosten einspart.

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