Konzertkritik | Kat Frankie in der Berliner Philharmonie - Die magische Kraft der Stimme

Di 14.11.23 | 10:13 Uhr | Von Hendrik Schröder
Kat Frankie in Konzert (Quelle: dpa)
Audio: rbb24 Inforadio | 14.10.2023 | Hendrik Schröder | Bild: dpa

Kat Frankie ist seit 20 Jahren fester Bestandteil der Berliner Musikszene. Jetzt hat die Singer-Songwriterin ihr A-Capella Projekt "Bodies" neu aufgelegt und rührte bei ihrem Konzert in der Philharmonie zu Tränen. Von Hendrik Schröder

Die Philharmonie ist ausverkauft und nicht wenige der 2.400 Fans werden in den kommende gut 90 Minuten immer mal wieder Tränen in den Augen haben, Gänsehaut und erhöhten Puls, bei dem was diese acht Frauen da auf die Bühne bringen. Seit Jahrzehnten wohnt die gebürtige Australierin Kat Frankie in Berlin, es ist ein Heimspiel an diesem Abend, das merkt man schon am riesigen Jubel, noch bevor überhaupt ein Ton gesungen ist.

Anfangs stehen Kat Frankie und ihre Musikerinnen noch im Halbdunkel, es ist stecknadelfallstill im Saal. Stimmen schichten sich übereinander, bis sie klingen wie eins und nicht mehr auseinanderzuhalten sind. Auch wenn man manchmal denkt, da seien ein paar Streicher zu hören, nein, das machen sie alles mit ihren Stimmen.

Keine Sonderstellung

Dann geht das Licht so richtig an, es folgen Songs mit Text, begleitet von leisem Schnipsen, kleinen Stampfern oder pointierten Klatschern. Schnell fallen zwei Sachen auf, die für die Tiefe, die Wucht, das Berührende dieses Abends wirklich wichtig sind. Erstens ist Kat Frankie zwar die Hauptfigur und macht die Ansagen (zum Beispiel eine sehr lustige darüber, dass sie lange gebraucht hatte, nachdem sie nach Berlin gezogen war, um zu verstehen, warum die Kids in den Clubs nie schlafen, natürlich weil sie alle auf Drogen sind, so naiv war sei sie damals gewesen).

Sie ist die Hauptstimme, es sind ihre Songs, die hier gespielt werden, klar. Aber Kat Frankie steht da trotzdem zwischen den anderen wie ein Teil des Kollektivs und beansprucht keine Sonderstellung, das macht das ganze Gebilde gleich so viel kraftvoller.

Kat Frankie in Konzert (Quelle: dpa)
Bild: dpa

Alles Individualistinnen

Und die zweite Sache ist, so profan das klingt, neben den tollen Texten und Themen, dass alle acht Sängerinnen andere Klamotten anhaben. Die eine steht da im Wollkleid, die andere mit einem Umhang aus Pailletten, eine in Hemd und Hose. Und eben nicht alle wie es üblich wäre ganz in schwarz oder in eigens gestylten Kostümen. Das gibt allen was Individuelles, was ganz eigenes - und trotzdem sind sie eine Gang.

Wenn sie singen, wenn sie im Takt über die Bühne stapfen, wenn sie sich im Kreis ganz dicht zusammenstellen, damit sie miteinander resonieren wie ein einziger Körper, wenn sie sich voreinander hinstellen und im Wechselgesang über die schöne neue Arbeitswelt philosophieren und die Zuschauer und Zuschauerinnen doch echt kichern müssen, weil das lustig ist. Vor allem, als sie sich vor handelsübliche Standventilatoren setzen und direkt in die surrenden Rotorblätter hinein singen, was ein schönes Tremolo gibt und herrliche beknackt aussieht. Das habe sie in den heißen australischen Sommern gelernt, sagt Kat Frankie.

Kichern (fast) verboten

Obwohl das große ehrwürdige Haus, auch bekannt als: Philharmonie, so dominant ist, dass man sich die Kicherei kaum traut. Mitklatschen oder singen oder zwischendurch aufstehen oder irgendwas reinrufen? Wie das halt so ist bei Popkonzerten? Um Himmels Willen. Wo der strenge Platzanweiser jeden mit Winterjacke an wieder zur Garderobe geschickt hat.

Aber alles egal, denn der Sound dieser Stimmen ist so einmalig und stark hier. Sie wolle jetzt nicht sentimental werden, aber: Was für eine Ehre, was für ein unfassbar wahr gewordener Traum hier spielen zu dürfen, sagt Kat Frankie am Schluss. Wow. Echt. Wow.

Sendung: rbb24 Inforadio | 14.11.2023 | 6:55 Uhr

Beitrag von Hendrik Schröder

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