Drehort: Bar Tausend - Der Holländer

Fr 31.08.18 | 06:00 Uhr | Von Johanna Niedbalski
Standbild aus Babylon Berlin: Travestikünstler Gräf (Christian Friedel) mit rotem Hut und roter Pelzstola im golden glänzenden Nachtclub. (Bild: Frédéric Batier | X Filme | ARD Degeto | sky | Beta)
Bild: Frédéric Batier | X Filme | ARD Degeto | sky | Beta

"Der Holländer" ist ein verruchter Nachtclub. Homosexuelle und Transvestiten feiern hier, gut versteckt vor der Polizei. Gedreht wurde in der Bar Tausend, hip - und auch heute schwer zu finden hinter einer Eisentür am Schiffbauerdamm.

Gereon Rath und Charlotte Ritter verabreden sich in Episode 5 am Bahnhof Friedrichstraße, um den Nachtclub "Der Holländer" aufzusuchen. Denn, so meint Fräulein Ritter, ein Provinzler wie Rath könne das Lokal ohne ihre fachkundige Hilfe sowieso nicht finden. Sucht man heute die Bar Tausend, in der die Szenen im Holländer gedreht wurden, so glaubt man ihr sofort. Denn auch der Drehort ist schwer zu finden. Die Bar Tausend liegt am Schiffbauerdamm gegenüber der Fußgängerbrücke über die Spree im S-Bahnviadukt. Unter der Bahnbrücke ist es düster, da ist nur eine glatte Eisentür in der Backsteinwand, kein Schild und kein Hinweis auf das, was sich hinter ihr verbirgt.

Musik ab 22:00 Uhr

Dahinter befindet sich eine Nobelbar, bewacht von Türstehern. Im Inneren gibt’s eine lange Bar, die Wände und Decken sind mit Metallplatten und Spiegeln bedeckt, eine Lichtinstallation, ein riesiges Lichtauge, blickt den Gästen entgegen. Wie in der Serie braucht man nicht vor dem späten Abend aufzutauchen, Musik beginnt erst um 22.00 Uhr. Im Restaurant werden nicht ganz billige und edel angerichtete Speisen angeboten. Es ist trendig hier, eine angesagte Location.

Genau deswegen wird die Bar Tausend als Drehort ausgewählt: Ein heute moderner und hipper Ort soll einen damals modernen und hippen Ort repräsentieren. Es geht nicht darum, ein Nachtlokal im Originallook der Zwanzigerjahre zu zeigen, sondern ein heutiges Äquivalent. Die Bar Tausend soll als Bindeglied zwischen damals und heute fungieren.

Standbild aus Babylon Berlin: Travestikünstler Gräf (Christian Friedel) mit rotem Hut und roter Pelzstola im golden glänzenden Nachtclub. (Bild: Frédéric Batier | X Filme | ARD Degeto | sky | Beta)Travestiekünstler Gräf im Holländer

Die Angst vor der Polizei

Das Erstaunen über die Ausgehmöglichkeiten in der Hauptstadt ist Gereon Rath ins Gesicht geschrieben. Und es kommt noch dicker: "Sie sind Polizei", sagt Charlotte Ritter, mit ihm würde im Holländer niemand sprechen. Warum nicht, wird ihm vor Ort schnell klar: Im Holländer verkehren Homosexuelle und Transvestiten. Zwar sind die Zwanzigerjahre einerseits eine Blütezeit homosexuellen Lebens. Andererseits wird der gefürchtete Paragraph 175, der homosexuelle Handlungen unter Strafe stellt, während der Weimarer Republik nicht abgeschafft.  Sex unter Männern und vor allem männliche Prostitution werden auch weiterhin konsequent polizeilich verfolgt.

Immerhin können sich Lesben und Schwule nun zu Organisationen und Interessenvertretungen zusammenschließen. Der "Bund für Menschenrechte" setzt sich für die Belange homosexueller Frauen und Männer ein. Zeitschriften betreiben Interessenpolitik und veröffentlichen Inserate, Bilder und Berichte zum Thema gleichgeschlechtliche Liebe. Magnus Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaften genießt auch international Anerkennung. Lokale, in denen Homosexuelle verkehren, sind wichtige Treffpunkte. In Berlin gibt es nach zeitgenössischen Schätzungen zwischen 90 und 100 solcher Bars, Cafés und Tanzsäle. Sie liegen in der südlichen Friedrichstadt, der Linien- oder der Marienstraße. Oder sie befinden sich in den Vergnügungsvierteln des Berliner Westens, vor allem rund um die Bülowstraße.

Der Reiz des Verruchten

Es gibt geschlossene Veranstaltungen, die eher den Charakter klandestiner Treffpunkte haben und in denen Männer oder Frauen unter sich bleiben. Es gibt aber auch Lokale, die bei Menschen jeglicher sexueller Orientierung beliebt sind. Einen besonderen Reiz üben Nachtclubs aus, in denen Transvestiten verkehren und Crossdressing angesagt ist – so wie im Holländer in der Serie. Das leicht Verruchte und Ungewöhnliche finden alle Menschen anziehend. Mitunter werden solche Orte so populär, dass die ursprünglichen Stammgäste "sich auf ein paar hohe Stühle an der Bar" beschränken müssen und "mit Mühe ein paar Winkel behaupten", wie es Curt Moreck, ein Beobachter des Nachtlebens der Zwanzigerjahre, beschreibt. (1)

1) Moreck, Curt, Führer durch das lasterhafte Berlin, S. 128, be.bra-Ausgabe 2018

Beitrag von Johanna Niedbalski

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